„Die 80er Jahre“: Teil 4 der „Menschen & Mächte“-Serie „Jahrzehnte in Rot-Weiß-Rot“ am 15. Juni um 20.15 Uhr in ORF 2

„Die 80er Jahre“: Teil 4 der „Menschen & Mächte“-Serie „Jahrzehnte in Rot-Weiß-Rot“ am 15. Juni um 20.15 Uhr in ORF 2

Wien (OTS) – Mit der sechsteiligen „Menschen & Mächte“-Serie „Jahrzehnte in Rot-Weiß-Rot“ zeigt der ORF ab 18. Mai jeweils Montag um 20.15 Uhr in ORF 2 eine von Andreas Novak konzipierte Zeitgeschichte-Serie über Österreichs Alltags-, Politik- und Gesellschaftsgeschichte zwischen 1950 und den 2000er Jahren. Am 15. Juni steht die von Wolfgang Stickler und Andreas Novak gestaltete Dokumentation über „Die 80er Jahre“ auf dem Programm: Der Film zeichnet den dramatischen Wandel, den die Zweite Republik in den 1980er Jahren durchlebte. Zahlreiche prominente Zeitzeuginnen und Zeitzeugen analysieren die gesellschaftspolitischen Entwicklungen und geben Einblick in das Lebensgefühl der 80er Jahre.

„Die Skandale haben mich reich gemacht“, bekennt Manfred Deix im Interview mit Wolfgang Stickler. Die 80er Jahre, ein wunderbares Jahrzehnt für Karikaturisten. Oft übertrifft die Wirklichkeit die künstlerisch zugespitzte Reproduktion. „Super war das Wort der 80er, alles war super“, erinnert sich Robert Kratky, Ö3-Moderator und Muntermacher der Nation. Kurz war es tatsächlich „super“. Anfang der 80er Jahre sieht es nicht schlecht aus auf der „Insel der Seligen“. Wohlstand, Beschäftigungsrekorde, soziale Sicherheit. Zehn Jahre Kreisky, wer sonst? So lange war noch nie einer Kanzler. Österreich ist wieder wer in der Welt. Doch dann machen die Anschläge palästinensischer Terrorkommandos recht brutal deutlich, dass es vorbei ist mit Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Die Arbeitsmarktprognosen werden düster, die Budgetdefizite steigen. Österreich ist keine „Insel der Seligen“ mehr. Willkommen in der Realität und Normalität Europas. Die normative Kraft des Faktischen zieht ins Land.

1983, nach Kreiskys Rücktritt, wird ein Mann Bundeskanzler, der schon nicht Vizekanzler werden wollte: Fred Sinowatz. „Das hat er ausschließlich aus Loyalität zu Kreisky gemacht“, analysiert die Innenpolitik-Journalistin Anneliese Rohrer. Als Unterrichtsminister war er die Popularitätslokomotive der Kreisky-Regierungen. Nun wird er in den Chefsessel eines politischen Experiments gezwungen, das zwei Altvordere basteln, Bruno Kreisky und Friedrich Peter: Die sozial-liberale Koalition aus SPÖ und FPÖ ist von Krisen geprägt. Österreich wird zur Skandalrepublik: der Konflikt um die Hainburger Au und der umstrittene Polizeieinsatz, der Handschlag des FPÖ-Verteidigungsministers Friedhelm Frischenschlager mit Walter Reder oder die Waldheim-Affäre. Zu allem Übel gibt es auch noch „Reblaus-Alarm“. Durch den Pantscher-Skandal bricht 1985 der Weinexport völlig zusammen. „AKH“, „Noricum“ und „Lucona“ werden ebenfalls zu Synonymen für politische Skandale. 1986, nach dem Waldheim-Sieg, tritt Kanzler Sinowatz zurück und übergibt an seinen Wunschnachfolger Franz Vranitzky.

Die 80er Jahre sind ein Jahrzehnt der Wende, des Paradigmenwechsels, des Abschiednehmens von alten Dogmen und bisher wohlgeübter nationaler Selbstspiegelung. Das gilt auch für die Verstaatlichte Industrie und die jahrzehntelang praktizierte Subventionspolitik. Die Wirtschaftskonzepte der Nachkriegszeit oder die politischen Antworten der 70er Jahre, die Aufschwung, Wohlstand und Sicherheit gebracht hatten, taugen nicht mehr zur Lösung der Probleme der 80er Jahre. Den von europäischen Einflüssen weitgehend immunen „österreichischen Weg“ gibt es nicht mehr. Nicht nur die Wirtschaftspolitik muss zunehmend europäischer und globalisierter gedacht werden.

Immer stärker dringen die Medien in private Lebensbereiche vor. Die Phase der „Privatisierung von Politik“ beginnt. Politiker werden beim Sport, im trauten Heim, beim Skifahren oder Wandern abgelichtet. „Homestorys“ dienen der politischen Umwegrentabilität. Doch die kann sich rasch ins Gegenteil verkehren, denn das Medienzeitalter befördert auch den Aufdeckungsjournalismus, akribische Recherchen nach Beteiligten, Bestochenen und politischen Verantwortlichen von Skandalen. Die Affären der 80er Jahre führen zu einer Erosion der politischen Glaubwürdigkeit. Skandalpolitiker in der Skandalrepublik, davon sollte künftig ein Jungpolitiker profitieren: Jörg Haider, der in diesem Jahrzehnt die Republik von Kärnten aus „aufzurollen“ beginnt. Politische Missstände und wachsendes Bewusstsein für die Schattenseiten von Wachstum und Wohlstand fördern die Stärkung der Zivilgesellschaft und deren Öffentlichkeitsfaktor. Bürgerbewegungen werden zu politischen Parteien. Nach der Hainburgkrise kommen „Die Grünen“ ins Parlament.

„Aus der Idee Bruno Kreiskys, alle Lebensbereiche mit Demokratie zu durchfluten, wird in den 80er Jahren eine Durchflutung aller Gesellschaftsbereiche mit Konsum“, analysiert der ehemalige Verstaatlichten- und Finanzminister Ferdinand Lacina. Die Generation der Yuppies erobert die Börse und macht das noch unförmig große Mobiltelefon zum Symbol eines neuen Lebensstils. „Die 80er waren das Jahrzehnt der Neonfarben und der Schulterpolster – mehr Schein als Sein“, fasst Robert Kratky den Zeitgeist zusammen. Und die Kabarettistin Andrea Händler meint: „Eine recht hedonistische Ich-Gesellschaft.“

Willkommen in der Zukunft. In den 80er Jahren beginnt das digitale Zeitalter, die „Invasion der technischen Fremdkörper“. Die ersten Computer halten Einzug in den Büros, die ersten Videospiele in den Kinderzimmern. Nur wenige ahnten die beginnende Revolution der Beschleunigung von Kommunikation und Information. „Am Anfang stand noch das Spielerische im Vordergrund“, erinnert sich Rainhard Fendrich an seine ersten Begegnungen mit Samplern und digitaler Studiotechnik. Mit seinem Titel „I am from Austria“ gelingt ihm Ende des Jahrzehnts ein Hit, der zur heimlichen Bundeshymne Österreichs werden sollte.

„Die 80er Jahre sind eines der spannendsten Jahrzehnte der Zweiten Republik“, meint Franz Vranitzky, ab 1984 Finanzminister und ab 1986 Bundeskanzler. „Es passierte Ungeheuerliches in einer Dramatik und Beschleunigung, wie ich sie vorher und nachher nicht erlebt habe“, so der Politologe Anton Pelinka, einer der besten Kenner und Analytiker dieses Jahrzehnts. Am Ende des Jahrzehnts steht eine neue globale Ordnung: Ostblock und Warschauer Pakt brechen zusammen.

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