Iran und Afghanistan im Fokus des Parlaments

Iran und Afghanistan im Fokus des Parlaments

Diskussion über katastrophale Lage der Menschenrechte in religiösen Diktaturen Diskussion über katastrophale Lage der Menschenrechte in religiösen Diktaturen

Die Lage der Menschenrechte im Iran und in Afghanistan wurden heute im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung im Parlament beleuchtet. In beiden Ländern sind etwa die Presse- und Versammlungsfreiheit stark eingeschränkt. Besonders Frauen und ethnische Minderheiten sind von Diskriminierung betroffen. Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich, und Fahima Safa von “Vienna Process for a democratic Afghanistan” hielten Vorträge über die aktuelle Situation in ihren Geburtsländern. Im Anschluss diskutierten Vertreter:innen der im österreichischen Parlament vertretenen Parteien etwa die Rolle der Medien, Zivilcourage und Österreichs Wirkungsmöglichkeiten.

“Österreich steht für die Einhaltung der Grund- und Menschenrechte. Das ist eine Grundkonstante der österreichischen Außen- und Sicherheitspolitik, das Parlament bemüht sich, diese zu fördern und zu unterstützen”, sagte Parlamentsdirektor Harald Dossi bei der Eröffnung. Er übergab das Wort an Siroos Mirzaei, Sprecher der Ärztegruppe für Menschenrechte im Iran und des Iranischen Forums Wien.

Mirzaei bedankte sich für die Möglichkeit, “die katastrophale Menschenrechtslage in diesen beiden Ländern unter religiöser Diktatur” darstellen zu können. Er zeigte sich überzeugt, dass die religiöse Diktatur im Nahen Osten auf Hass auf den Westen und insbesondere Israel beruhe, zudem auf der Furcht vor elektoraler Demokratie, Freiheit für Frauen, freiem Journalismus und Meinungsfreiheit. Er betonte, dass die Völker dieser Staaten den Ausweg aus “dem schwarzen Loch” selbst finden müssten, jedoch dürften die Verantwortlichen für die gravierenden Menschenrechtsverletzungen im Ausland nicht hofiert werden. So müsste zum Beispiel sichergestellt sein, dass sie in demokratischen Ländern kein Eigentum erwerben, Geschäfte oder religiöse Zentren führen oder aufbauen könnten. Er forderte, dass die “Iranische Revolutionsgarde” von der EU als Terrororganisationen eingestuft wird.

DAS RECHT AUF PROTEST

Auf die einleitenden Worte folgten zwei Vorträge. Den ersten hielt Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich. Sie ging auf das Recht auf Protest ein, “das grundlegend für unser Verständnis von Demokratie und Menschrechte ist”. Das Recht auf Protest sei ein komplexes Geflecht aus verschiedenen Menschenrechten: Das Recht auf Versammlungsfreiheit, auf freie Meinungsäußerung, auf Vereinigungsfreiheit und auf Teilhabe am öffentlichen Leben. Diese seien in zahlreichen internationalen Abkommen verankert – insbesondere in der Allgemeinen Erklärung für Menschenrechte und im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte.

Hashemi ging auf die “Frau, Leben, Freiheit”-Bewegung im Iran ein. “Wir haben Bilder von mutigen Frauen gesehen, die ihre Kopftücher ablegten und ihre Haare abschnitten – kraftvolle Symbole des Widerstands gegen repressive Gesetze.” Trotz massiver Einschüchterung und Gewalt seien Tausende auf die Straßen gegangen, die iranische Regierung habe mit beispielloser Härte auf die Proteste reagiert, erinnerte sie. Nicht nur Tote und Verletzte seien die Folge gewesen, das Internet wurde von den Behörden gedrosselt, soziale Medien blockiert und Journalist:innen an der Arbeit gehindert. “All dies sind schwere Verletzungen des Rechts auf Protest”, betonte Hashemi. Um das Recht auf Protest zu schützen und sicherzustellen, dass die Stimmen der Protestierenden gehört und in politischen Maßnahmen umgesetzt werden, schlägt sie mehrere Maßnahmen vor. Unter anderem, dass klare rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die das Recht auf friedlichen Protest schützen und klar definieren. Der Einsatz von Gewalt sollte immer “das letzte Mittel sein und muss verhältnismäßig bleiben”, stellte sie klar. Auch soziale Medien und Online-Plattformen müssten anerkannt werden, sie würden eine entscheidende Rolle bei der Organisation und Verbreitung von Protest spielen. Regierungen dürften das Internet nicht als Instrument der Zensur missbrauchen. Der Dialog zwischen Protestierenden und Entscheider:innen müsste gefördert werden. Als letzten Punkt nannte die gebürtige Iranerin die Bedeutung der internationalen Solidarität, die gestärkt werden müsste.

Um die “Frauen, Leben, Freiheit”-Bewegung zu unterstützen, müssten internationale Gemeinschaften Druck auf die iranische Regierung aufrechterhalten, Menschenrechtsverletzungen dokumentieren und verurteilen, unter anderem mit gezielten Sanktionen für die Verantwortlichen der Menschenrechtsverletzungen.

Das Recht auf Protest sei “der Herzschlag einer lebendigen Demokratie. Es ist das Mittel durch das marginalisierte Gruppen ihre Stimme erheben können”, so Hashemi. Das Recht auf Protest sei “der Herzschlag einer lebendigen Demokratie. Es ist das Mittel durch das marginalisierte Gruppen ihre Stimme erheben können”, betonte Hashemi.

SYSTEMATISCHE MENSCHRECHTSVERLETZUNGEN IN AFGHANISTAN

Fahima Safa von “Vienna Process for a democratic Afghanistan” wurde in Afghanistan geboren, studierte in Kabul Elektrotechnik und musste die Heimat auf Grund ihrer politischen Aktivitäten mit 19 Jahren verlassen, wie sie in ihrem Vortrag erläuterte. Seit Jahrzehnten engagiert sie sich in humanitären Organisationen. 1981 kam sie zum Studieren nach Österreich. Seit die Taliban die Führung in Afghanistan übernommen haben, hätte sich die Situation dramatisch verschlechtert, Frauen dürften nicht mehr studieren, Mädchen nur bis zur sechsten Stufe in die Schule gehen, schilderte Safa.

Mit dem Zusammenbruch der Republik Afghanistan im Jahr 2021 hätten sich “trotz aller Schwierigkeiten über die Jahre aufrechte Hoffnungen” aufgelöst. “Alle Problemlösungen wurden vom Ausland und von dort fließenden Geldern erwartet. Das lähmte Initiativen, um aus eigener Kraft endlich die notwendige Stabilität im Land zu erreichen”, so Fahima Safa. Seit den Taliban gelte Afghanistan wieder als “mittelalterlich”. Drastische religiöse Regeln seien nie Teil afghanischer Tradition gewesen, sie seien ein “neues Phänomen”. “Absurd übersteigerte Patriarchatsvorstellungen machen Mädchen und Frauen zu vorrangigen Opfern”, betonte sie. Es herrsche Zensur und Folter, politische Parteien würden nicht geduldet, den Menschen seien die Grundrechte entzogen worden. Sie erzählte von physischen und psychischen Misshandlungen durch die Taliban. “In weltpolitischem Maßstab entscheidend wäre, dass die internationale Staatengemeinschaft auf dominierende islamisch orientierte Staaten einwirkt, den Islam durch Liberalisierung seiner Alltagsregeln wieder kompatibler mit der Welt zu machen”, forderte Safa. Um Ermittlungen und Verfahren bei Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan einzuleiten, müsste der Internationale Strafgerichtshof und der Internationale Gerichtshof Mechanismen zur rechtlichen und gerichtlichen Rechenschaftspflicht aktivieren.

ÖSTERREICHISCHE PERSPEKTIVE

In der anschließenden Podiumsdiskussion waren sich die Vertreter:innen von ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne und NEOS einig, dass man im österreichischen Parlament gut zusammengearbeitet habe, wenn es darum ging, Menschenrechtsverletzungen im Iran und Afghanistan klar zu verurteilen. Gudrun Kugler (ÖVP) zeigte sich überzeugt, Wirtschaft, Diplomatie, Entwicklungszusammenarbeit und zusammenarbeitende Staaten könnten etwas erreichen. Internationale Player müssten zusammenhalten, auch über die EU hinaus und möglichst vereint vorgehen.

Eva Ernst-Dziedzic (GRÜNE)·betonte, dass man sich als internationale Staatengemeinschaft nicht an Staaten, die Grund- und Menschenrechte verletzen, anbiedern dürfte – etwa bei Verhandlungen zu Atomprogrammen oder bei Abschiebungen nach Afghanistan – sonst könnte man gar nichts erreichen. Man müsse politischen Druck aufbauen, klar machen, dass man nicht verhandle. Dazu nannte die Grünen-Mandatarin folgende Hebel: Die Genderapartheit in Afghanistan beim Namen nennen und die Revolution im Iran direkt unterstützen.

Für Ernst Troch (SPÖ) braucht es gezielte Sanktionen, “gezielte Nadelstiche gegen Kriminelle in der Politik”, denn allgemeine würden oft die Armen treffen. Als Negativbeispiel nannte Troch etwa einen Stopp von Medikamentenlieferung. “Kommunikationskanäle aufrechterhalten und miteinander reden”, ist für ihn, wie für Michael Schilchegger (FPÖ) wichtig. Schilchegger warnte davor, noch mehr Druck aufzubauen und mehr wirtschaftliche Sanktionen zu verhängen, “der Westen hat nicht mehr die wirtschaftliche Macht, wie vor 20 Jahren”.

Stephanie Krisper (NEOS) betonte, dass Werte im Zentrum der Außenpolitik stehen müssten und das müsste auch konkret gelebt werden. Man müsste auf EU-Ebene die Stimme stärker erheben und nicht nur “Trittbrettfahrer” sein.

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung sowie eine Nachschau auf vergangene Veranstaltungen finden Sie im Webportal des Parlaments.

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