Nationalrat behandelt Volksbegehren gegen Bargeld-Obergrenze

Nationalrat behandelt Volksbegehren gegen Bargeld-Obergrenze

Debatte über die Gefahren der Bargeldabschaffung und des digitalen Euro

Bargeld bedeute Freiheit und dürfe weder beschränkt noch abgeschafft werden, heißt es in der Begründung des Volksbegehrens “ Bargeld-Zahlung: Obergrenze NEIN! „, dem sich die Abgeordneten in der heutigen Nationalratssitzung widmeten. Die Intentionen der EU und mehrerer Parteien in Österreich, Bargeld-Zahlungen zu beschränken, empfinden die Initiatoren als unzulässigen Eingriff in die demokratischen Rechte. 121.350 Unterzeichner:innen fordern daher den Beschluss eines Bundesverfassungsgesetzes zur dauerhaften Absicherung von uneingeschränkten Bargeldzahlungen. Das Volksbegehren wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Insbesondere die Freiheitlichen stellten sich hinter die Zielsetzungen des Volksbegehrens und warnten eindringlich vor den Gefahren einer Bargeldabschaffung sowie der auf EU-Ebene angedachten Einführung eines digitalen Euros. Letztere betrachteten auch die NEOS als problematisch für die Privatsphäre der Bürger:innen. Der SPÖ war eher die Verfügbarkeit von Bargeld speziell im ländlichen Raum ein Anliegen. Sie forderte per Entschließungsvertrag unter anderem die Sicherstellung einer wohnortnahen Bargeldversorgung.

ÖVP und Grüne bekannten sich ebenfalls zur Erhaltung des Bargelds, sahen aber weder auf nationaler noch auf EU-Ebene Bestrebungen zu dessen Abschaffung. Die Grünen warfen der FPÖ dahingehende „Verunsicherung“ der Bürger:innen vor.

ÖVP SIEHT KEINE BESTREBUNGEN BARGELD ABZUSCHAFFEN UND BEKENNT SICH ZU DESSEN ERHALTUNG

Dass die Beibehaltung des Bargeldes ein Thema ist, dass die Österreicherinnen und Österreicher „sehr bewegt“ hätten auch schon vorangegangene Volksbegehren mit ähnlichem Inhalt und teilweise noch mehr Unterzeichner:innen demonstriert, schickte ÖVP-Abgeordneter Peter Haubner voraus. Er versicherte, dass es seitens seiner Fraktion keinerlei Bestrebungen gebe, Bargeld abzuschaffen, da Bargeld Freiheit bedeute und auch Menschen ohne ein Bankkonto – davon gebe es 13 Mio. in Europa – eine soziale Eingliederung ermögliche. Zudem bewirke es aufgrund der Übersichtlichkeit einen besseren Umgang mit den eigenen Finanzen, erklärte Haubner. Auch auf europäischer Ebene werde nicht an eine Bargeldabschaffung gedacht, doch sei hinsichtlich der Überlegungen zum digitalen Euro Vorsicht geboten, da dieser mehr Probleme schaffen könnte, als er löse. Haubner sprach sich auch gegen eine Obergrenze für Bargeldzahlungen aus. Wenn diese einmal eingeführt sei, könnte sie permanent weiter abgesenkt werden.

SPÖ ERACHTET BARGELDVERSORGUNG ALS DRINGENDERES PROBLEM

Seitens der SPÖ nahm Andreas Kollross die Gelegenheit zum Anlass, zu einem „dringenderen Thema“ Stellung zu nehmen. Für ihn lag die Hauptproblematik in der Bargeldversorgung – insbesondere im ländlichen Raum. Mittlerweile gebe es in Österreich 317 Gemeinden ohne einen Bankomaten, geschweige denn eine Bankfiliale. Wie Kollross berichtete würden auch viele Gemeinden bereits für die Errichtung und das Betreiben eines Bankomaten bezahlen, obwohl die Bargeldversorgung eine Aufgabe der Banken sei. Es könne nicht sein, dass deren „Gewinne privatisiert, aber die Aufgaben sozialisiert“ würden. Kollross brachte einen Entschließungsantrag ein, in dem die SPÖ die Sicherstellung einer wohnortnahen Bargeldversorgung, die Durchsetzung der bestehenden Annahmepflicht von Bargeld und die Gewährleistung von Datenschutz, unabhängig von der Bezahlform fordert. Zudem soll der Finanzminister prüfen, welche Legitimations- und Sorgfaltspflichten notwendig sind, um den Missbrauch einer uneingeschränkten Bargeldzahlung, vor allem durch die organisierte Kriminalität, zu verhindern. Der Antrag blieb in der Minderheit.

FPÖ: BARGELDABSCHAFFUNG UND DIGITALER EURO ERMÖGLICHEN SOZIALE KONTROLLE DER BÜRGER:INNEN ANALOG ZU CHINA

FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm zeigte sich „immer wieder verblüfft“, wie positiv sich ÖVP und SPÖ angesichts mehrerer Volksbegehren zum Thema Bargelderhaltung äußerten. Wenn es jedoch darum gehe, entsprechende Beschlüsse zu fassen, stehe die FPÖ seit Jahren „alleine da“. Wurm vermutete, dass den Bürger:innen noch bis zur Europawahl im Juni 2024 von allen anderen Parteien „Sand in die Augen gestreut“ werde und danach, mit der Einführung der Bargeld-Obergrenze, die „böse Überraschung“ folge. Diese „Unehrlichkeit“ sei kaum noch erträglich, klagte Wurm und stellte die Frage in den Raum, wann der von Bundeskanzler Nehammer im Sommer angekündigte Bargeld-Gipfel stattfinde.

Diese Frage stellte auch FPÖ-Mandatarin Susanne Fürst und ging näher auf den digitalen Euro und seinen von ihr vermuteten Nutzen ein. Dieser eigne sich „vorzüglich als Geldbeschaffungsmethode“ für die EU, die ihre Mittel unter anderem für Unterstützungszahlungen an die Ukraine „mit beiden Händen beim Fenster hinaus“ werfe. Zudem biete der digitale Euro „unendliche Möglichkeiten“, das Kaufverhalten der Nutzer:innen zu kontrollieren, so Fürst. Die Bürger:innen würden mit Gebührenfreiheit und Bequemlichkeit gelockt, doch die dahinterliegenden Motive seien andere.

Diese würden etwa die Steuerung des sozialen Verhaltens betreffen, ergänzte Axel Kassegger (FPÖ). So könnte im Rahmen des digitalen Euros ein „Systemadministrator“ beurteilen, ob jemand etwa „auf der falschen Demo war“ und folglich Zahlungen blockieren. Generell habe die FPÖ ein anderes „Gesellschaftsbild“, als etwa die Grünen, die die Rolle des Staates in der Versorgung und Kontrolle der Bürger:innen sehen würden, führte Kassegger aus. Die Freiheitlichen wollten den Staat hingegen auf seine Kernaufgaben beschränken und die Bürger:innen in ihrer Privatsphäre „in Ruhe lassen“.

Auch Hannes Amesbauer (FPÖ) wandte sich gegen den digitalen Euro, der einen „gläsernen Bürger“ produzieren und ein Sozialkreditsystem analog zu China ermöglichen würde. Zudem verschärfe er die Verwundbarkeit gegenüber Cyber-Attacken und Blackouts. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) betonte ebenfalls die „Gefährlichkeit“ der Bargeldabschaffung bzw. des digitalen Euro und erinnerte an den Lockdown für Ungeimpfte vor zwei Jahren. Die Bürger:innen hätten sich gemerkt mit welcher „Leichtigkeit“ ihnen damals mit dieser und anderen COVID-19-Maßnahmen die Freiheit genommen worden sei. Daher werde sich die FPÖ und ein „Volkskanzler Kickl“ auch mit Brüssel anlegen, um weitere Instrumente der Freiheitseinschränkung wie den digitalen Euro zu verhindern, so Belakowitsch.

GRÜNE: VERUNSICHERUNG IST „POLITISCHES LEBENSELIXIER“ DER FPÖ

Vor allem die FPÖ verwechsle bewusst oder unbewusst die Schaffung von Obergrenzen für Bargeld mit dessen Abschaffung, entgegnete Nina Tomaselli von den Grünen. Dies diene lediglich der Verunsicherung der Bürger:innen, was das „politische Lebenselixier“ der Freiheitlichen darstelle. Auf EU-Ebene gebe es entgegen der freiheitlichen Darstellungen eher Bestrebungen das Bargeld zu erhalten. Gleichzeitig werde laut Tomaselli die Einführung eines digitalen Euro verfolgt, der den Vorteil besitze, dass der von der EZB und keinem privater Konzern ausgehe. Bezüglich der Obergrenze für Bargeld-Zahlungen betonte sie, dass es dabei um Kriminalitätsbekämpfung gehe – „wenn etwa ein Parteichef eine Sporttasche voller Bargeld in den Verkehr bringen möchte“.

Tomasellis Fraktionskollegin Ulrike Fischer stellte klar, dass es um die Erhaltung der Wahlfreiheit zwischen digitalen Zahlungsmethoden und Bargeld gehen müsse. Bezüglich des Entschließungsantrags der SPÖ erklärte sie, dass bereits eine gesetzliche Annahmepflicht für Bargeld bestehe.

NEOS: BARGELDOBERGRENZE IST ANGESICHTS INFLATION KONTRAPRODUKTIV

NEOS-Mandatar Gerald Loacker stimmte der FPÖ zu, dass es sich beim digitalen Euro um eine „gefährliche Geschichte“ für die Privatsphäre handle. Doch habe dieser Idee auch der Gouverneur der Österreichischen Nationalbank, Robert Holzmann, zugestimmt, der auf einem FPÖ-Ticket in diese Funktion gekommen sei.

Den Grünen warf Loacker vor, Bargeld immer mit Kriminalität in Verbindung zu bringen. Auch müsse hinsichtlich einer Bargeldobergrenze etwa in der Höhe von 10.000 € bedacht werden, dass man sich damit angesichts der Inflationsentwicklung in zehn Jahren „nicht einmal ein Fahrrad kaufen können wird.“ Zum Antrag der SPÖ, gab Loacker zu bedenken, dass das Aufstellen, Warten und Befüllen von Bankomaten Geld koste und unter dem ehemaligen SPÖ-Bundesminister Alois Stöger die Bankomatgebühren abgeschafft worden seien. „Natürlich“ rentiere sich da das Aufstellen von Bankomaten in vielen Gemeinden nicht, und die SPÖ habe dies zu verantworten. Loacker plädierte dafür, so oft als möglich bar zu bezahlen, da dies den besten Schutz des Bargelds darstelle. (Fortsetzung Nationalrat) wit

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