45. Wiener Gemeinderat (23)

45. Wiener Gemeinderat (23)

Beratung der Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen

GRin Sabine Keri (ÖVP) kritisierte die Wortwahl ihrer Vorrednerin Bakos (NEOS), denn per se sei es nichts Schlechtes, wenn sich Frauen dafür entscheiden würden, bei den Kindern zu Hause zu bleiben. „Die Politik“ solle zwar über die Konsequenzen der Entscheidung wie Altersarmut aufklären, aber keine Urteile über die Entscheidung selbst fällen, meinte Keri. Mittlerweile sei nicht mehr jede fünfte, sondern jede dritte Frau von Gewalt betroffen. Keri äußerte die Befürchtung, dass der Konsens über die Null-Toleranz gegenüber Gewalt an Frauen „ein bisschen“ aufbreche. Man müsse sich die Täter – meist Partner oder Ex-Partner – ganz genau anschauen, denn ganz lange sei die Herkunft der Täter nicht beachtet worden. Eine Umfrage zeige, dass rund die Hälfte aller frisch Zugewanderten, die österreichische Lebensweise von Frauen als zu freizügig betrachten würden. „Das betrifft vor allem Syrer, Afghanen und Türken“, sagte Keri. Bezüglich Femizide fragte Keri in Richtung SPÖ: „Warum seid ihr so leise, wenn etwas vor unserer Haustüre passiert, aber laut, wenn es irgendwo weit weg passiert?“ Die von der Stadt geförderten Projekte im Bereich der Präventionsarbeit müssten einer Evaluierung unterzogen werden, verlangte Keri. Die überfraktionelle Zusammenarbeit zwischen den Frauen sei ihr sehr wichtig, aber zuletzt habe sie einen Mangel an Sensibilität verspürt. In Sachen WC-Tür-Anhänger, die auf niederschwellige Hilfe aufmerksam machen und laut Keri von der ÖVP in 20 abgelehnten Anträgen gefordert worden seien, sei sie nicht über die Präsentation informiert worden und habe „leider nur aus den Medien davon erfahren. Das ist unfair. In der Frauenpolitik sollten wir zusammenarbeiten“, verlangte Keri in Richtung Regierungsparteien.

GRin Martina Ludwig-Faymann (SPÖ) stellte ebenfalls eine Forderung: Das Frauenressort solle bei der nächsten Budget-Debatte an erster und nicht an letzter Stelle stehen. Dass ihre direkte Vorrednerin bei der Präsentation der Türanhänger nicht eingeladen worden sei, bedauere sie sehr. Das Projekt StoP werde – im Gegensatz zu einer Behauptung einer ihrer Vorrednerinnen – sehr wohl aus Mitteln der Stadt Wien gefördert, aber eben nicht aus dem Frauenbudget. Auch die notwendige Täterarbeit werde aus einem anderen Budgetposten finanziert. Sie finde das beste Mittel gegen Gewalt an Frauen, sei die Gleichstellungspolitik. Die Ursache von Gewalt liege nämlich nicht darin, dass junge Männer aus anderen Kulturen kommen würden, sondern an den patriarchalen Strukturen unserer Gesellschaft. „Gewalt wird nicht importiert, es fehlt immer noch die Gleichstellung in unserer Gesellschaft – das ist die wahre Ursache der Gewalt.“ Ludwig-Faymann stellte das Projekt Respekt vor, das derzeit in zehn Wiener Schule durchgeführt werde, sie hoffe, dass es auf ganz Wien ausgerollt werde. Erfreut habe sie bemerkt, dass Frauenpolitik immer mehr zur Querschnittspolitik über alle Ressorts hinweg werde, sagte Ludwig-Faymann, die auch dem Frauenbüro der Stadt Wien zur Verleihung eines Gütesiegels gratulierte. „Frauen, die nichts fordern, werden beim Wort genommen: Sie bekommen nichts“, zitierte Ludwig-Faymann die Schriftstellerin, Philosophin und Feministin Simone de Beauvoir. Darum müssten Frauen gemeinsam „laut und lästig“ sein, denn dass Männer freiwillig Macht abgeben würden – „darauf können wir lange warten“, meinte Ludwig-Faymann.

GRin Mag. Laura Sachslehner, BA (ÖVP) begann mit einem Anliegen: Natürlich seien nicht nur kulturelle Hintergründe die Ursache für Gewalt an Frauen, aber eben auch – „Es gibt eine importierte Frauenfeindlichkeit. Dass Sie das nicht ordentliche benennen können, ist leider ein Teil des Problems“, sagte Sachslehner in Richtung SPÖ. Die zuletzt gehäuften Meldungen zu Antisemitismus aus einem traurigen Anlass seien in ihren Augen nur die Spitze des Eisbergs. Die Behauptung der Verantwortlichen der Stadt, dass antisemitische Beschmierungen umgehend innerhalb von 24 Stunden in der Stadt entfernt würden, „ist eine Lüge“, sagte Sachslehner, die für diese Aussage einen Ordnungsruf angedroht bekam. Sachslehner brachte einen Antrag ein, den Theodor Herzl-Hof in einen Zustand zu bringen, der der historischen Bedeutung gerecht werde.

GR Mag. Marcus Schober (SPÖ) sei froh darüber, dass Wien in den letzten 30 Jahren eine wachsende Stadt geworden sei, denn sonst wären zahlreiche Wohnbauprojekte so nicht umgesetzt worden. Im vergangenen Juni sei ihm wieder einmal bewusst gewesen, in welcher besonderer Stadt er lebe, denn als deutsche TV-Reporter ihn auf die „Schaufel“ nehmen wollten, seien diese sehr bald von den Leistungen der Stadt am Wohnbausektor beeindruckt gewesen. Gemeindebauten und Genossenschaftswohnungen zusammen seien knapp 420.000 Wohnungen, 60 Prozent der Wiener*innen würden im geförderten Wohnbau leben. „Trotz dieser bereits hohen Quote setzt sich die Stadt weiter dafür ein, dass diese Quote noch weiter erhöht wird“, sagte Schober.

VBgm.in Kathrin Gaál (SPÖ) sagte, dass Wien bereits mehr als 100 Jahre mit einer fairen und sozialen Wohnpolitik dafür Sorge trage, „dass die Menschen gerne und gut in der Stadt leben“. Dies sei das Ergebnis „enormer Anstrengungen“ in der Vergangenheit. Darauf könne man „mit Stolz“ zurückblicken, so Gaál. Und man schaue auch weiter darauf, etwa mit einer Infrastruktur im unmittelbaren Wohnumfeld oder den hohen Erholungswert durch den großen Grünflächenanteil in den Wohnhausanlagen. Es sei eine „weltmeisterliche Leistung made in Vienna“ gewesen, dass vor 100 Jahren innerhalb von wenigen Jahren statt überfüllter Mietkasernen gut ausgestattete Sozialwohnungen entstanden seien. In der Gegenwart würden Kriege, Klima, Pandemie und die hohe Inflation aufs Gemüt drücken, doch die Stadt Wien übernehme Verantwortung, handle sozial und schaffe Perspektiven. Deswegen würden die Richtwert- und Kategoriemieten im Gemeindebau in den nächsten beiden Jahren eingefroren, obwohl bereits ein Gemeindebaubonus ausgezahlt und bald der Stufenbonus fällig werde. Zurecht unfair behandelt würden sich Mieter*innen in einem Privathaus fühlen, „nur ist hier die Bundesregierung am Zug, die seit einer gefühlten Ewigkeit wenig bis gar nichts tut“, sagte Gaál. In diesem Zusammenhang forderte Wiens Vizebürgermeisterin ein „faires, universelles Mietrecht“. Aber für privaten Mieter*innen in Wien gebe es trotzdem eine gute Nachricht: „Wir weiten mit Anfang 2024 unsere Wohnbeihilfe aus, unabhängig davon, ob es sich um eine geförderte oder Gemeindewohnung oder privater Altbau oder Neubau handelt. 151 Millionen Euro und damit um 90 Millionen mehr ist uns diese Entlastung wert.“ Als erfreulich bezeichnete Gaál das einstimmige Bekenntnis des Wiener Gemeinderates zum Gemeindebau und zum geförderten Wohnbau. Um den geförderten Wohnbau – laut Gaál ein ganz wesentliches Element des Wiener Wohnmodells – abzusichern, werde die Neubauverordnung novelliert und damit die Fördersätze für leistbaren Wohnraum um 115 Millionen Euro erhöht. Um den Abriss von Gebäuden aus wirtschaftlichen Gründen zu unterbinden, werde der Altbauschutz mit einem „Gebäudepickerl“ gestärkt. Und bei den Gutachten zur wirtschaftlichen Abbruchreife bestelle künftig die Baupolizei die allgemein beeideten Sachverständigen selbst, was ein Höchstmaß an Transparenz und Unabhängigkeit gewährleiste, sagte Vizebürgermeisterin Gaál. Die neuen Regelungen hätten auch positive Auswirkungen auf die Mieten in den Gründerzeithäusern. Leistbares Wohnen abzusichern, sei der Grund für die stärkere Regulierung von Kurzzeitvermietungen. Kostbarer Wohnraum dürfe dem Markt nicht dauerhaft entzogen werden, das gelte auch für den Gemeindebau: „Wer sich nicht an die Regeln hält, muss mit dem Verlust der Wohnung rechnen.“ Auch bei Fragen des Klimaschutzes gebe die Wiener Bauordnung Antworten. Wien nehme die Themen Sanierung und Dekarboniserung sehr ernst. Klimaschutz werde sowohl für Neubauten als auch für bestehende Gebäude immer wichtiger. Für Photovoltaik im Neubau gebe es künftig weitere Erleichterungen bei der Bewilligung. Sanierungen würden vereinfacht, und der Bezieher*innen-Kreis ausgeweitet. Hier würde Wien, ganz im Gegensatz zum Bund, mehr als „Ankündigungspolitik“ machen. Als zentrale Anlaufstelle für alle Fragen rund ums Sanieren habe sich laut Gaál die 2020 gegründete Hauskunft etabliert, die seit dem Start 6.300 kostenlose Beratungen durchgeführt habe. Dieser Service werde mit zusätzlichen Angeboten ausgebaut. Ein schönes Beispiel für „Raus aus Gas“ im Gemeindebau finde sich in der Penzinger Deutschordenstraße, wo Tiefenbohrungen stattgefunden hatten. „Für die Sozialdemokratie und auch die Fortschrittskoalition ist Wohnen mehr als nur ein Dach über dem Kopf“, sagte Gaál. Als Frauenstadträtin sei ihr besonders das Miteinander in den Schulen wichtig, vor allem die Stärkung von Mädchen. Sie sollten sich frei entfalten können und frei von Angst sein, so Gaál. Um die psychische Gesundheit zu stärken, werde mit Projekten wie „Respekt: Gemeinsam stärker“ angesetzt. Weitere Projekte einer Empowerment-Offensive für die jungen Wienerinnen seien der Wiener Töchtertag oder die erste Mädchen*zone in Favoriten. Mit der Roten Box werde sichergestellt, dass Periodenprodukte keine Geldfrage mehr sind, so Stadträtin Gaál. Die Rückmeldungen auf diese Aktion seien durchwegs positiv. Im Kampf gegen Gewalt laufe derzeit wieder die niederschwellige Aktion beim Lebensmittelhändler Spar mit Notrufnummern für Frauen auf den Kassabons. Ganz aktuell sei auch eine Kampagne des Frauenservice, die auf Cybergewalt aufmerksam macht. In Zeiten, wo man sich immer mehr im digitalen Raum bewege, sei Sensibilisierung besonders wichtig. Wien stehe jedenfalls 365 Tage im Jahr parat, wenn Unterstützung bei Gewalt gegen Frauen gebraucht werde. Der 24-Stunden Notruf hilft zu jeder Tages- und Nachtzeit, im Notfall würden der Verein Wiener Frauenhäuser rasch einen sicheren Ort für betroffene Frauen und deren Kinder bieten. Das Gewaltschutznetz in Wien sei gut ausgebaut, dennoch sei „Gleichberechtigung der beste Gewaltschutz“, so Gaál. Deswegen arbeite die Stadt ständig an Verbesserungen und freue sich über die zahlreichen motivierten Mitarbeiter*innen, sagte Gaál abschließend. (Forts.) nic/kri

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