„Wir haben fertig“: Mattisburg Halle (Saale) wird an Träger übergeben
Halle (Saale) (ots) – Nach nur einem Jahr Bauzeit übergibt Johanna Ruoff, Geschäftsführerin der Stiftung „Ein Platz für Kinder“ das neu erbaute Kinderschutzhaus an den künftigen Träger der Einrichtung, den Caritas Regionalverband Halle e.V. Nach Hamburg und Hannover ist es die dritte Einrichtung der Stifterin in Deutschland. Gemeinsam mit der D. und H. Urban-Stiftung, dem Sternstunden e.V., „Ein Herz für Kinder – Bild hilft e.V.“, der Aktion Kindertraum gGmbH und vielen weiteren Spendern sowie Unterstützern entstand damit erstmals in Mitteldeutschland eine Mattisburg, die speziell für Kinder im Alter zwischen vier und zwölf Jahren ausgerichtet ist, die sexuellen Missbrauch, Gewalt und massive Vernachlässigung erlebt haben. Betreiber der Einrichtung ist ab sofort der Caritas Regionalverband Halle e.V. Als medizinischer Kooperations-partner konnte das Hallenser Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara gewonnen werden.
Mit der Übergabe des Hauses – welches über eine Gesamtfläche von 423 Quadratmetern verfügt – beginnt nun die intensive Schulung der Mitarbeiter vor Ort. Ab Mitte Februar werden die ersten Kinder in das Haus einziehen. „Wir sind froh und stolz zugleich, dass wir unser drittes Schutzhaus fertigstellen konnten. Damit können wir ab sofort noch mehr Kindern helfen. Das ist für uns Motivation und unser Antrieb weiterzumachen. Wer einmal in die Augen eines Mattisburg-Kindes geschaut hat, versteht, warum wir bundesweit für noch mehr Schutzhäuser dieser Art kämpfen müssen“, begründete Johanna Ruoff im Rahmen der Eröffnungsfeierlichkeiten ihren unermüdlichen Einsatz für die Stiftung.
Die Gäste des Eröffnungsfeierlichkeiten konnten sich vor Ort ein Bild von den Besonderheiten des Baus auf dem rund 1.008 qm großen Grundstück machen: beruhigende Farben, unkaputtbare Möbel, verletzungsarme Gestaltung der Räume, durchdachte Strukturen für den täglichen Ablauf und Kinderzimmer, die die Jungen und Mädchen je nach Geschmack ausgestalten können. Im Anschluss an die Feierlichkeiten wurde das Kinderschutzhaus von Propst Reinhard Hentschel gesegnet.
Das Konzept der „Mattisburgen“
Seit nunmehr fünfzehn Jahren widmet sich Johanna Ruoff, Gründerin der Stiftung „Ein Platz für Kinder“, gemeinsam mit Stifterin Dorothea Urban, D. und H. Urban-Stiftung, dem Bau von Schutzhäusern, um Kindern in besonderen Ausnahmesituationen ein Zuhause auf Zeit zu geben. Die Vier- bis 12-Jährigen haben Schlimmes erlebt. Niemand kennt ihre Geschichten. Aber aufgrund der erlebten Traumata konnten sie in ihren Familien, Heimen oder Pflegefamilien keinen Fuß fassen. Sie fallen durch besonderes Verhalten auf: Gewalt, Selbstzerstörung, totalen Rückzug von der Welt oder andere Kind untypische Verhaltensweisen. Die Gründe dafür liegen tief. Nicht selten befanden sich die Jungen und Mädchen in kinderpornografischen Strukturen oder erlitten jahrelangen sexuellen Missbrauch. Das Jugendamt verweist die kleinen Opfer in die Mattisburgen. In den folgenden zwei Jahren gilt es, das Vertrauen der Kinder zu gewinnen, ihnen zuzuhören und sie zu verstehen. Die Betreuer sind in dieser Zeit besonders gefordert, denn die Misshandlungen, die Gewalt oder die Vernachlässigungen haben tiefe Spuren in den Kinderseelen hinterlassen. Darum ist der Betreuungsschlüssel in den Mattisburgen im Verhältnis 1:0,59 angesetzt. Nach dem Aufenthalt in den Schutzhäusern wird gemeinsam mit dem Jugendamt entschieden, wo das Kind optimal untergebracht werden kann.
Die Partner der „Mattisburg Halle“
Das Kinderschutzhaus in Halle (Saale) ist im Jugendschutz für ganz Sachsen-Anhalt von besonderer Bedeutung, da es die erste Einrichtung dieser Art ist. Die Nähe zum Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara in Halle (Saale) und die Möglichkeit zum direkten fachlichen Austausch ist für die Caritas Halle als Träger der Mattisburg optimal.
„Mit der Mattisburg in Halle (Saale) können Kinder eine neue Lebensperspektive geben, die ohne diese Einrichtung durch das Raster der Jugendhilfe gefallen wären“, erläutert Caritas-Vorstand Susanne Willers. Mit diesem Kinderschutzhaus komplettieren wir unser breites Angebot im der Kinder- und Jugendhilfe um einen wichtigen Baustein. Wir freuen uns auf ‚unsere‘ ersten Mattisburg-Kinder“, so die engagierte Kinderschützerin weiter.
Dorothea Urban zeigte sich zufrieden, dass eine weitere Mattisburg fertiggestellt werden konnte: „Meinem verstorbenen Mann und mir war es wichtig, Kindern in Notsituationen Schutz zu geben. Das Mattisburgen-Konzept ist hervorragend geeignet, Kindern nachhaltig zu helfen.“
Thomas Jansing, Initiator und Geschäftsführer des Sternstunden e.V., begründet das Engagement des Vereins wie folgt: „Für uns ist die Mattisburg in Halle (Saale) ein Leuchtturmprojekt. Kindern, die so viel schlimmes erleben mussten, helfen zu können, war für uns eine Herzensangelegenheit. Das ist auch der Grund, warum wir die Stiftung „Ein Platz für Kinder“ außerhalb der Landesgrenzen Bayerns bei dem Bau des Schutzhauses unterstützt haben.
Der Geschäftsführer des St. Elisabeth und St. Barbara Krankenhauses in Halle (Saale), Thomas Wüstner, weiß um die Bedeutung der Mattisburg: „Unsere Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie verfügt über großes Know-how. Doch ein Aufenthalt in unserem Haus ist in der Regel zeitlich begrenzt. Die Möglichkeit, mit der Mattisburg Halle (Saale) zusammenarbeiten zu können, ist auch für unsere Patienten eine hervorragende Perspektive.“
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