Finanzausschuss: Aktualisierte Doppelbesteuerungsabkommen und neues Interbankenentgeltevollzugsgesetz erzielen Einstimmigkeit
Finanzausschuss: Aktualisierte Doppelbesteuerungsabkommen und neues Interbankenentgeltevollzugsgesetz erzielen Einstimmigkeit
Diskussion über Bürgerinitiative zur Finanztransaktionssteuer, Oppositionsanträge von ÖVP und Grünen vertagt
Eine Rechtsnovelle, die die österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen auf den neuesten Stand des internationalen Steuerrechts bringen soll, erhielt heute die einhellige Zustimmung des Finanzausschusses. Ebenso verhielt es sich mit dem neuen Interbankenentgeltevollzugsgesetz, mit dem eine EU-Verordnung über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge in österreichisches Recht umgesetzt werden soll.
Zudem widmeten sich die Abgeordneten einer Bürgerinitiative zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Sämtliche Fraktionen und Finanzminister Magnus Brunner drückten ihre grundsätzliche Unterstützung für das Anliegen aus. Es wird im Plenum des Nationalrats weiterbehandelt.
Die von den Oppositionsfraktionen eingebrachten Entschließungsanträge wurden allesamt von ÖVP und Grünen vertagt. Während die SPÖ mehr Personal für die Finanzämter fordert, treten die NEOS für einen Vollzeitbonus, größere Steuerbegünstigungen für Überstundenzuschläge sowie für die rasche Verknüpfung von Registerdaten ein. Die FPÖ will, dass der Klimabonus nur an Österreicher:innen ausbezahlt wird.
AKTUALISIERUNG VON DOPPELBESTEUERUNGSABKOMMEN EINHELLIG ANGENOMMEN
Eine Rechtsnovelle soll österreichische Doppelbesteuerungsabkommen auf den neuesten Stand des internationalen Steuerrechts heben. Konkret geht es dabei um eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des „Mehrseitigen Übereinkommens zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung“. Weitere 34 österreichische Doppelbesteuerungsabkommen werden in den bestehenden Anwendungsbereich aufgenommen. Zudem werden neue Vorbehalte und Erklärungen eingeführt (1847 d.B.). Mit dieser Änderung sollen alle österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen in den Geltungsbereich fallen, die zurzeit nicht die entsprechenden Mindeststandards erfüllen und die nicht bereits auf bilateralem Wege verhandelt werden. Dies ist unabhängig davon, ob der jeweilige Abkommenspartner Österreich bereits notifiziert hat oder nicht.
Im Ausschuss signalisierten sämtliche Fraktionen ihre Unterstützung für das Vorhaben und die Novelle wurde einstimmig angenommen. Maximilian Lercher (SPÖ) sah jedoch einen „sehr konservativen“ Umgang Österreichs mit den Anwendungsmöglichkeiten und fragte Finanzminister Magnus Brunner, warum lediglich der „Mindeststandard“ umgesetzt werde, insbesondere wenn es um Steuervermeidung gehe. Eine generelle Debatte über die Höhe von Steuern vor dem Hintergrund des internationalen Standortwettbewerbs, regte Gerhard Kaniak (FPÖ) an.
Eine zu konservative Anwendung sah Brunner nicht, da die Betriebsstätten voll erfasst seien. Die Standortrelevanz von Unternehmenssteuern erachtete auch er für wesentlich und verwies auf die ökosoziale Steuerreform, in deren Zuge auch die Körperschaftssteuer gesenkt worden sei. Dies habe bedeutend zur Attraktivierung Österreichs als Wirtschaftsstandort beigetragen, erklärte Brunner.
EINSTIMMIGKEIT FÜR NEUES INTERBANKENENTGELTEVOLLZUGSGESETZ
Die EU-Verordnung über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge soll in österreichisches Recht umgesetzt werden. Dazu sollen das „Interbankenentgeltevollzugsgesetz – IEVG“ erlassen und das E-Geldgesetz 2010, das Wettbewerbsgesetz sowie das Zahlungsdienstegesetz 2018 geändert werden. Im Zentrum stehen dabei Sanktionen für Verstöße gegen die europäische Verordnung und die begleitenden Aufsichts- und Verfahrensvorschriften (1957 d.B.). Die Bundeswettbewerbsbehörde soll als zuständige Behörde tätig werden und die notwendigen Befugnisse erhalten, um die Einhaltung der Verordnung sicherzustellen. ÖVP und Grüne brachten einen Abänderungsantrag mit rein technischen Änderungen ein.
Auch bezüglich dieser Gesetzesinitiative gab es keinen grundsätzlichen Dissens im Finanzausschuss und sämtliche Fraktionen stimmten zu. Reinhold Einwallner (SPÖ), Gerhard Kaniak (FPÖ) und Michael Bernhard fragten jedoch nach, warum die Kontrollbefugnisse bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und nicht bei der aus ihrer Sicht besser geeigneten Finanzmarktaufsicht (FMA) angesiedelt seien. Das IEVG könne als Sonderkartellrecht klassifiziert werden und passe deswegen besser in die BWB, was auch der Verfassungsdienst geprüft habe, so Finanzminister Brunner. Die FMA befasse sich eher mit der Solvenzaufsicht von Finanzdienstleistern.
BÜRGERINITIATIVE DRÄNGT AUF RASCHE UMSETZUNG DER FINANZTRANSAKTIONSSTEUER
Für die rasche Einführung einer Finanztransaktionssteuer, tritt eine Bürgerinitiative ein, die seit 2019 im Parlament liegt (58/BI bzw. 8/BI). Damals wurde unter Finanzminister Hartwig Löger eine Stellungnahme vom Finanzministerium eingeholt. Eine Finanztransaktionssteuer sei längst überfällig und würde zu einer Regulierung der Finanzmärkte, zu mehr Gerechtigkeit sowie einer Eindämmung der Gefahren von Finanzkrisen beitragen, argumentieren die Unterstützer:innen der Bürgerinitiative, die 639 Unterschriften erzielte.
Aufgrund „unvereinbarer Positionen“ auf europäischer Ebene seien die Verhandlungen über die Steuer bisher zu keinem Abschluss gekommen, wie ÖVP-Mandatar Karl Schmidhofer ausführte. Ein dahingehender Vorschlag Deutschlands sei von Österreich nicht akzeptiert worden. Die Europäische Kommission werde aber bis voraussichtlich Juni 2024 einen neuen Vorschlag einbringen. Man debattiere die Thematik bereits seit 2012, hielt Maximilian Lercher (SPÖ) fest und forderte einen „proaktiven Part“ Österreichs in den Verhandlungen. Es gehe auch darum, den Hochfrequenzhandel einzubremsen und somit die Finanzmärkte zu stabilisieren, ergänzte Christoph Matznetter (SPÖ) und hielt ebenfalls „mehr Druck“ Österreichs für notwendig.
Auch Michael Bernhard (NEOS) sprach sich für eine „geringfügige“ Finanztransaktionssteuer auf bestimmte Produkte aus, betonte jedoch, dass die Besteuerung auf Arbeit im gleichen Maße abnehmen müsse, wie jene auf Kapital zunehme. Jakob Schwarz (Grüne) drückte ebenfalls seine Unterstützung aus. Finanzminister Brunner nahm die Appelle der Abgeordneten auf, sich auf EU-Ebene verstärkt für die Umsetzung der Steuer einzusetzen. Die Bürgerinitiative wird im Plenum weiterbehandelt.
SPÖ FORDERT MEHR PERSONAL FÜR DIE FINANZÄMTER
Die SPÖ setzte sich für mehr Personal für die Finanzämter ein. Damit soll sichergestellt werden, dass Anträge auf Familienbeihilfe schnellstmöglich bearbeitet werden und es zu keinen existenzbedrohenden Situationen aufgrund der fehlenden Auszahlung der Familienbeihilfe kommt. Dabei beziehen sich die Sozialdemokrat:innen auf eine Anfragebeantwortung durch Finanzminister Magnus Brunner, wonach die durchschnittliche Durchlaufzeit 53 Tage beträgt (3027/A(E)).
Die Personalprobleme in den Finanzämtern seien das Ergebnis der von der ehemaligen ÖVP-FPÖ-Regierung eingeführten, EU-rechtswidrigen Indexierung der Familienbeihilfe für EU-Bürger:innen, erklärte Selma Yildirim (SPÖ). Durch die Abarbeitung sei es zu einer Mehrbelastung der Finanzverwaltung gekommen. Dem schloss sich Michael Bernhard (NEOS) an. Es sei „zwingend erforderlich“, eine unkomplizierte und einfache Lösung zu finden. Obwohl die Begründung im Antrag „absurd“ sei, bestehe „dringender Handlungsbedarf“, da junge Mütter teilweise lange auf ihr Geld warten müssten, betonte Gerhard Kaniak (FPÖ).
Es handle sich um eine pandemiebedingte längere Wartezeit bei den Anträgen, widersprach Christoph Zarits (ÖVP) der Darstellung der SPÖ. Der Rückstau sei durch die Modernisierung der Finanzverwaltung sowie durch die Aufnahme von Leiharbeitskräften bereits abgearbeitet. Das sah Finanzminister Magnus Brunner ähnlich. Um dem Rückstau entgegenzuwirken, habe man im heurigen Jänner und Februar zusätzliche 200 Personen aufgenommen.
NEOS FORDERN VOLLZEITBONUS SOWIE GRÖSSERE BEGÜNSTIGUNG DER ÜBERSTUNDENZUSCHLÄGE
Vollzeit zu arbeiten, müsse sich steuerlich wieder auszahlen, argumentierte Michael Bernhard (NEOS). Wegen des Arbeitskräftemangels fordern die NEOS mehr Anreize für Vollbeschäftigung in Form eines „Vollzeitbonus“. Für jeden Monat Vollzeitbeschäftigung sollte dem Entschließungsantrag zufolge ein Absetzbetrag von 100 € gutgeschrieben werden ( 3176/A).
Ein Vollzeitbonus entschärfe den Arbeitskräftemangel in Österreich und bedeute eine „ausgleichende Gerechtigkeit“ für mittlere Einkommen, um weiterhin Vollzeit zu arbeiten, betonte Michael Bernhard (NEOS). Für Gerhard Kaniak (FPÖ) geht die Intention des Antrags „in die richtige Richtung“. Es brauche Anreize, damit sich eine höhere Arbeitsleistung wieder lohne. Der NEOS-Vorschlag bringe keine Vereinfachung des Steuersystems, wofür die NEOS ansonsten immer plädieren würden, kritisierte Grünen-Mandatar Jakob Schwarz. Zudem handle es sich um eine teure Maßnahme, die rund 3,5 Mrd. € kosten würde. Christoph Matznetter (SPÖ) sprach von einem „frauenfeindlichen Antrag“ und einer „unternehmerfeindlichen Regelung“, die zusätzliche Bürokratie bedeuten würde.
Der demografische Wandel führe dazu, dass in den nächsten 1O Jahren jährlich 40.000 Beschäftigte mehr den Arbeitsmarkt verlassen als junge Arbeitskräfte nachrücken, rufen die NEOS in einem weiteren Entschließungsantrag ins Bewusstsein. Unternehmen seien zunehmend auf Beschäftigte angewiesen, die bereit sind Überstunden zu leisten. Der Vorschlag der NEOS beinhaltet daher die bestehende Steuerbegünstigung für die Überstundenzuschläge von 10 auf 20 Stunden auszuweiten (3178/A).
Für Karin Doppelbauer (NEOS) geht es darum, zusätzlich erbrachte Leistungen der Beschäftigten auch entsprechend zu belohnen. „Mehr Leistung bedeutet mehr Einkommen“ und könne auch zur Armutsbekämpfung beitragen, hielt Gerhard Kaniak (FPÖ) fest. Aufgrund des Fachkräftemangels braucht es für Ausschussvorsitzenden Karlheinz Kopf (ÖVP) alle Anstrengungen, um die Arbeitskapazitäten zu erhöhen. Ganztägige und flächendeckende Kinderbetreuung sei jedoch eine Voraussetzung dafür. Jakob Schwarz (Grüne) ortete geschlechter- und verteilungspolitische Nachteile im NEOS-Antrag. Für den Grünen-Mandatar sind neben dem Ausbau der Kinderbetreuung auch die Fragen der qualifizierten Zuwanderung zu klären. Selma Yildirim und Christoph Matznetter (beide SPÖ) zeigten sich skeptisch, da vor allem Frauen oftmals zur Teilzeitbeschäftigung „gezwungen“ seien und so von der Regelung ausgeschlossen wären. Yildirim erinnerte an die SPÖ-Forderung zu einem Rechtsanspruch für eine kostenlose Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr.
NEOS FÜR VERKNÜPFUNG DER REGISTERDATEN
Aus Sicht der NEOS haben Corona-Pandemie und Energiekrise Lücken im österreichischen Datensystem aufgezeigt. Dem Staat fehlen gezielte Informationen, um Krisen konsequent entgegenzusteuern und staatliche Hilfen treffsicher einzusetzen. Daher sollte die Verknüpfung der Registerdaten im Registerverbundsystem deutlich rascher als bisher vorangetrieben werden, um die Datenbasis für eine evidenzbasierte Politik zu schaffen, führte Karin Doppelbauer (NEOS) aus (3189/A(E)). Einen ähnlich lautenden Entschließungsantrag haben die NEOS auch dem Ausschuss für Forschung, Innovation und Digitalisierung vorgelegt (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 230/2023).
Aktuell seien sechs digitale Register miteinander verbunden, mit Ende des Jahres 2023 rechne man mit insgesamt 21 Register, informierte Angela Baumgartner (ÖVP). Man habe aus den aktuellen Krisen die Lehre gezogen, die notwendigen Hilfen effizient einzusetzen.
Im Ausschuss von ÖVP und Grünen erneut vertagt wurde zudem ein Vorstoß der FPÖ, wonach der Klimabonus ausschließlich an Österreicher:innen ausbezahlt werden soll, sofern diese nicht gerade in Haft sind (2816/A(E)). (Schluss Finanzausschuss) wit/med/gla
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