36. Wiener Gemeinderat (4)

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Hauptdebatte: Flächenwidmung im 10. Bezirk, KatGen Oberlaa Stadt, Oberlaa Land, Rothneusiedl und Unterlaa

GRin Dipl.-Ing. Selma Arapovic (NEOS) begann ihre Rede mit der Feststellung in Richtung ihres Vorredners, dass „die Bevölkerung“ sein „Spiel“ durchschaue. Sie sagte, die Gegend um die Kurbadstraße sei anders als die anderen vorliegenden Plandokumenten. Dort sei in den 1960-er Jahren erst „belebt“ worden, indem dort eine Therme errichtet wurde. Zusätzlich habe die Internationale Gartenschau einen bleibenden Eindruck im öffentlichen Raum hinterlassen. Durch die hochrangige Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz durch die U-Bahn sei diese Gegend für leistbaren Wohnbau sehr gut geeignet, betonte Arapovic. Durch beruhigte Zwischenräume und geänderte Mobilität sei dieser auch mit den Klimazielen der Stadt vereinbar. Die Voraussetzungen in den Bereichen Verkehr und Grünraum seien auch wichtig bei der Frage, was die Gegend an zusätzlichem Wohnbau vertrage und trage den Sorgen der Bevölkerung vor weiterer unkontrollierter Verbauung Rechnung, so Arapovic abschließend. 

GRin Mag. Heidemarie Sequenz (GRÜNE) verwies darauf, dass vier der debattierten Plandokumente Ausweitungen von Schutzzonen beträfen und es nur bei einem um eine tatsächliche Widmung gehe. Es werde heute nicht über das Stadtentwicklungsgebiet Rothneusiedl abgestimmt, betonte sie. Umwidmungen seien etwas, das auf der ganzen Welt vorkomme, sagte Sequenz. Es gehe nicht darum, diese zu verhindern, sondern um die Fragen nach Stadtplanung, Baumaterialien, öffentlichen Raum und Wohnqualität. Angesichts dessen, dass moderne Gebäude „bis zu 150 Jahre stehen“, müsse so geplant werden, dass neuer Städtebau einer „Welt in 150 Jahren gerecht werde“. Sequenz führte als Beispiel das Stadtentwicklungsgebiet Heidjöchl an. Dieses sei zwar sehr dicht bebaut, jedoch sei das auch erforderlich, wenn man eine „fußläufige Stadt“ haben wolle. Sequenz wies auf die Diskrepanz zwischen vorgestellten Plänen und Grafiken und tatsächlich „drohenden“ Veränderungen des Umfelds der Anrainer*innen. So seien Straßenbahnen überproportional dargestellt, „dicke fette“ Straßen hingegen nicht. Sie kritisierte, dass im Zuge der Errichtung von Wohngegenden wie am Heidjöchl „Hochleistungsstraßen“ in unmittelbarer Nähe geplant würden. Auch am Donaufeld sei trotz sehr guter öffentlicher Anbindung eine Straße „mitten durch das Viertel“ geplant. In Rothneusiedl bestehe zudem die Sorge, dass „wichtige landwirtschaftliche Flächen“ versiegelt würden. Die Pläne aus dem Jahr 1991 würden den heutigen Sorgen der Bevölkerung nicht Rechnung tragen, gab Sequenz zusätzlich zu bedenken. Es sei „grotesk“, dass in Wien „Straßen Ackerflächen fressen“. Dies sei mit einem klimafreundlichen Stadtbau nicht zu vereinbaren. Sequenz forderte, „Potenziale zur Schaffung von Wohnraum“ auszuschöpfen, bevor „zusätzlich Fläche versiegelt werden“: Etwa Maßnahmen wie Leerstandsabgaben oder ein Verbot des gewerblichen Untervermietens von Privatwohnungen über Plattformen wie Airbnb. Sequenz stellte die Zustimmung zu allen fünf Plandokumenten in Aussicht, da es sich – wie eingangs erwähnt – um die Definition von Schutzzonen und eine Widmung handle, bei der keine zusätzliche Fläche versiegelt werde.

GR Dr. Peter Sittler (ÖVP) ortete ein „Drüberfahren“ über Bürger*innen und erinnerte an den „Fall Hetzendorf“, bei dem der Flächenwidmungsplan beschlossen worden sei, ohne dazugehörige Petitionen zuvor zu behandeln. Das passiere jetzt auch in Oberlaa, so Sittler, der dies als „demokratiepolitisch sehr bedenklich“ bezeichnete. In Richtung der Grünen äußerte er Verwunderung darüber, dass diese „bei dieser Demokratiepolitik zusehen.“ Die aktuellen Widmungen würden den „ländlichen Charakter“ der Gegend „zerstören“, argumentierte Sittler. Er ortete „Bazar-Politik“ bei der Projektplanung, etwa wenn es um die Höhe der Gebäude gehe. Die Einbindung der Bürgerinitiativen sei bloß gespielt. Er wiederholte die Forderung einer seiner Vorredner, wonach es in Favoriten „keine Skyline“ geben dürfe und die alten Ortskerne zu erhalten seien. Es „kann nicht sein“, dass Menschen Petitionen starten und diese trotzdem von der Politik vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Oberlaa, Unterlaa und Rothneusiedl seien dörfliche Ortschaften mit Landwirtschaft und Weinbau. Es würden mit den Plänen jene „bestraft“, die „seit Generationen“ dort lebten. Die kommenden Einschränkungen in den geplanten Schutzzonen seien „unverhältnismäßig“ und „nicht sachlich begründbar“. Er kündigte einen Absetzungsantrag gemeinsam mit der FPÖ an und betonte noch einmal die Ablehnung der debattierten Plandokumente.

GR Erich Valentin (SPÖ) betonte in Richtung des Abgeordneten Berger, dass es keineswegs ungewöhnlich sei, dass nun „gleich fünf Widmungen“ abgestimmt würden. Im Vorfeld der Sitzung sei „natürlich“ allen Fraktionen die Tagesordnung und alle Schriftstücke vorgelegt worden, so Valentin. Es sei zudem nicht wahr, dass – wie von seinem Vorredner behauptet – auch die Höfe der Gebäude in die Schutzzonen gefallen wären. Er forderte seine Kolleg*innen im Plenum auf, die Fakten zu überprüfen. Valentin zeigte Bildmaterial, das zeige, „in welchem Zustand“ die Gegen gewesen sei und wie sehr sie sich „für eine Erweiterung“ eigne. Es seien keine Projekte entstanden, die übermäßig Fläche versiegeln würden. Es könne zudem keine Verschlechterung sein, wenn anstatt eines 55 Meter hohen Turmes, der vor Jahrzehnten gebaut wurde, nun ein 35 Meter hohes Gebäude entstehe. Zudem habe die vorausschauende Stadtplanung der Vergangenheit für Baulandreserven gesorgt. Es sei in den Beschlüssen ebenso festgeschrieben, welche Flächen der Landwirtschaft vorbehalten bleiben sollten. Das könne nicht „einfach so“ wieder geändert werden, wie es in den Vorwürfen laute, so Valentin. Er betonte angesichts des Bevölkerungswachstums die „enorme Leistung“ der Wiener Stadtregierungen der letzten 20 Jahre. Man könne stolz darauf sein, dass man künftig von den neuen Siedlungen in 15 Minuten bis in die Innenstadt fahren könne. Valentin betonte, dass ohne zusätzlichen Wohnbau die Mietpreise „explodiert“ seien und verwies hierbei auf London und München. Valentin unterstrich erneut, dass die heutigen Abstimmungen ein Schlussstrich unter einen Planungsprozess seien, der bereits seit 2016 laufe und „keinesfalls übereilt“ sei. Er sei überzeugt davon, dass die anstehenden Veränderungen Verbesserungen mit sich brächten. (Forts.) jaz

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