Neue österreichische Ausstellung in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau eröffnet
Neue österreichische Ausstellung in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau eröffnet
Nationalratspräsident Sobotka betont Handlungsauftrag für die Zukunft
Wien (PK) – Wien/Auschwitz (PK) – Die neu gestaltete österreichische Ausstellung an der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau wurde heute feierlich eröffnet. Die Gedenkfeier fand auf Einladung des Vorsitzenden des Kuratoriums des Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, und des Direktors des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau, Piotr M. A. Cywiński, statt. Von Seiten des offiziellen Österreichs nahmen zudem Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures, Bundesratspräsident Peter Raggl, Außenminister Alexander Schallenberg, Europaministerin Karoline Edtstadler, Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein, Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer sowie der Tiroler Landeshauptmann und Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz Günther Platter teil.
Sobotka: Konfrontation mit unserer Geschichte kann keine Konfrontation mit einer halben Geschichte sein
„Gedenken verlangt nach Konsequenzen“, betonte Nationalratspräsident Sobotka bei der Eröffnung der Ausstellung. Einige Konsequenzen würden klar auf der Hand liegen: Es könne keinen Kompromiss mit dem Antisemitismus geben. Das bedeute auch, dem Antizionismus und der Delegitimierung des Staates Israel mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten. „Keine Weltanschauung, keine Bewegung, keine Partei und auch keine Religion hat das Recht, sich über andere, über die Demokratie und den Rechtsstaat zu erheben“, sagte Sobotka.
Die neue Ausstellung sei für Österreich ungeheuer wichtig. Sie offenbare Brüche des Landes, die bis ins Heute hineinwirken, und einen klaren Handlungsauftrag für die Zukunft mitgeben. Für Sobotka sei es wichtig, dass in der Ausstellung auch und gerade die Täter und ihre Taten ins Licht gerückt würden. „Konfrontation mit unserer Geschichte kann keine Konfrontation mit einer halben Geschichte sein“, sagte er. Er wünsche sich, dass BesucherInnen der Ausstellung der Opfer von Auschwitz gedenken und sich zurück im Alltag als BotschafterInnen für ein menschliches Miteinander engagieren.
Van der Bellen: Auschwitz ist nicht vom Himmel gefallen
Die TäterInnenschaft vieler Menschen in Österreich thematisierte auch Bundespräsident Alexander van der Bellen. „Der Rassismus und der Antisemitismus der Nationalsozialisten sind nicht vom Himmel gefallen. Auschwitz ist nicht vom Himmel gefallen“, sagte er und erinnerte daran, dass der Samen für die Entwürdigung, Diskriminierung und schließlich Ermordung von Jüdinnen und Juden bereits vor 1938 gesät war. „Es ist unser Wille und unsere Verpflichtung, die Erinnerung an die Opfer zu bewahren“, so Van der Bellen. Man müsse auch daran erinnern, dass nicht nur Opfer, sondern auch TäterInnen Teil unserer Gesellschaft waren und von ihr geprägt waren. Man werde dem Andenken der Opfer des Holocaust nur gerecht, wenn man dafür sorge, dass „Menschenverachtung, Sündenbockdenken und Gewalt niemals wieder als politische Instrumente eingesetzt werden“, betonte der Bundespräsident. „‚Niemals wieder‘ bedeutet vor allem ‚Keine Toleranz gegenüber Rassismus und Antisemitismus‘.“
Auch die Generalsekretärin des Nationalfonds Hannah M. Lessing, die die Gedenkfeier moderierte, unterstrich, dass die Folgen des Nationalsozialismus uns alle bis heute etwas angehen. Sie zeigte sich erfreut, dass jetzt in einer Zeit, wo es weniger um Schuld, sondern mehr um Verantwortung geht, eine neue österreichische Ausstellung in historischer Differenziertheit und Klarheit geschaffen wurde.
Historisch überarbeitete Ausstellung „Entfernung“
Im März 1978 wurde im sogenannten Block 17 des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers und nunmehrigen Staatsmuseums Auschwitz-Birkenau erstmals der österreichische Beitrag zu den Länderausstellungen an der Gedenkstätte eröffnet. Damals sah sich Österreich, entgegen dem heutigen Geschichtsbild, noch als „Erstes Opfer des Nationalsozialismus“. Die Mittäterschaft wurde weitgehend ausgeblendet. Die neue, historisch überarbeitete Österreichausstellung widmet sich neben dem Schicksal der österreichischen Opfer in Auschwitz und dem Widerstand von österreichischen Häftlingen im Konzentrationslager auch der Involvierung von ÖsterreicherInnen als TäterInnen und HelferInnen an den dort begangenen Verbrechen. Der Titel „Entfernung“ steht dabei nicht nur für die geografische Distanz zwischen Österreich und Auschwitz, sondern vor allem für die Entfernung der nach Auschwitz deportierten Menschen – aus Österreich und aus dem Leben.
Mit der Neugestaltung der Ausstellung war der beim Nationalrat angesiedelte Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus beauftragt. Die Generalsekretärin des Nationalfonds Hannah M. Lessing sowie die Leiterin der Koordinierungsstelle im Nationalfonds Claire Fritsch und ihr Team koordinierten die Neugestaltung. Das Konzept der Ausstellung stammt von einem wissenschaftlich-kuratorischen Team um Hannes Sulzenbacher und Albert Lichtblau und dem Architekten Martin Kohlbauer.
Initiativen des Parlaments gegen Antisemitismus
Das österreichische Parlament treibt die Aufarbeitung der Geschichte und den Kampf gegen Antisemitismus mit einer Reihe von Initiativen voran. Neben der Etablierung des Simon-Wiesenthal-Preises und einer Antisemitismusstudie, die alle zwei Jahre wiederholt wird, setzt der Nationalratspräsident auf Bildungsmaßnahmen für Jugendliche. Das österreichische Parlament ist zudem Teil der weltweiten Gedenkkampagne #WeRemember, an der sich 2022 alle europäischen Parlamente beteiligen werden. (Fortsetzung) kar
HINWEIS: Fotos von der Eröffnung der neuen Länderausstellung finden Sie auf der Website des Parlaments. Die Gedenkfeier ist on demand in der Mediathek abrufbar.
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