Aus für Sterbehilfe-Verbot: Deutscher Hospiz- und Palliativverband (DHPV) sieht steigenden sozialen Druck auf Ältere
Aus für Sterbehilfe-Verbot: Deutscher Hospiz- und Palliativverband (DHPV) sieht steigenden sozialen Druck auf Ältere
Osnabrück (ots) – Aus für Sterbehilfe-Verbot: Deutscher Hospiz- und Palliativverband (DHPV) sieht steigenden sozialen Druck auf Ältere
Hardinghaus: Karlsruhe hat Risiko verstärkt – Gesetzgeber muss Sterbehilfe-Missbrauch verhindern
Osnabrück. Der Deutsche Hospiz- und Palliativverband (DHPV) befürchtet nach dem Sterbehilfe-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes einen gefährlichen Dammbruch. „Schon heute spüren viele Menschen sozialen Druck, aus dem Leben zu scheiden. Und dieses Gefühl wird steigen“, sagte DHPV-Chef Winfried Hardinghaus der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Der Arzt verwies auf eine neue Studie aus den Niederlanden, in der 40 Prozent der Suizidalen das Motiv genannt hätten, niemandem zur Last fallen zu wollen. „Das Gefühl ist für sehr viele Betroffene ganz stark und ganz gefährlich. Junge Angehörige setzen ältere Familienmitglieder unter Druck. Die Älteren sind oft von sich aus bereit, in den Tod zu gehen. Statt dieser Gefahr entgegenzuwirken, hat Karlsruhe das Risiko noch verstärkt“, so Hardinghaus.
„Es ist bedenklich, dass künftig mit Suizidbeihilfe Geld verdient werden kann“, sagte Hardinghaus, der als Sachverständiger an dem Prozess in Karlsruhe beteiligt war. „Das Gericht hat Selbstbestimmung über alles gestellt und gesellschaftspolitische, religiöse oder andere Gesichtspunkte völlig außer Acht gelassen. Jetzt besteht die große Gefahr, dass die Liberalisierung zu Missbrauch führt.“ Auch diejenigen, die grünes Licht für aktive Sterbehilfe forderten, würden durch den Urteilsspruch ermutigt, sagte der Palliativmediziner. „Die Gefahr für einen solchen Dammbruch ist durch das Urteil enorm gestiegen. Das wäre eine fatale Entwicklung und muss gestoppt werden.“
Den Gesetzgeber forderte Hardinghaus auf, Schutzvorkehrungen zu ermöglichen, um Sterbehilfe-Missbrauch zu verhindern. „Es braucht Beratungsverfahren mit klaren Kriterien. Dazu gehört eine vollumfängliche Informierung über Alternativen“ für Suizidenten. In der Palliativmedizin gebe es schon die Möglichkeit, jeden Menschen schmerzfrei zu machen und ein Sterben in Würde zu garantieren. „Deswegen ist Suizidbeihilfe nicht notwendig“, erklärte er.
Es müsse auch eindeutig geklärt werden, ob die Betroffenen wirklich freiverantwortlich handelten, sagte der Arzt weiter. „Aber das ist kaum leistbar. 90 Prozent der Suizidenten leiden psychisch. Bei ihnen ist es besonders schwer zu entscheiden, ob sie freiverantwortlich handeln“, sagte Hardinghaus. Dass den Verfassungsrichtern zufolge künftig auch gesunde, aber lebenssatte Menschen Hilfe erhalten sollen, um sich das Leben zu nehmen, bezeichnete der Arzt als „sehr böse Überraschung“. Das Urteil wolle eine „maximale Liberalisierung“, die Vorstellungen gingen über vieles hinaus, was seinerzeit im Bundestag debattiert worden sei.
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