Verdeckte Werbung für „Casinos Austria“

Verdeckte Werbung für „Casinos Austria“

Wien (OTS) – Nach Meinung des Senats 3 verstoßen die Beiträge „Der Mensch im Fokus“, erschienen auf Seite 24 der Tageszeitung „KURIER“ vom 26.03.2021, und „Mensch im Fokus“, erschienen auf Seite 38 der „Kronen Zeitung“ vom 24.03.2021, gegen die Punkte 3 (Unterscheidbarkeit) und 4 (Einflussnahmen) des Ehrenkodex für die österreichische Presse.

In den oben genannten Beiträgen wird berichtet, dass die Casinos Austria und Österreichische Lotterien Gruppe seit Jahrzehnten gesellschaftliche Verantwortung übernehme. Als Beispiel hierfür wird etwa das „Neunerhaus“ in Wien angeführt, in dem Menschen in Notsituationen Obdach fänden. Schließlich wird angemerkt, dass die Unternehmensgruppe auch Partner der Kampagne „Österreich Impft“ des „Roten Kreuzes“ sei. Den Beiträgen zufolge würden auch helfende Hände zum Einsatz kommen; man stelle den Mitarbeitern im Rahmen des „Corporate-Volunteering-Programms“ bis zu fünf Arbeitstage pro Jahr für soziales Engagement zur Verfügung. Den Beiträgen ist jeweils dasselbe Foto von zwei Frauen mit dem Begleittext „Initiative Österreich impft“ beigefügt. Als Rechteinhaberin des Fotos werden die Österreichischen Lotterien angeführt.

Ein Leser wandte sich an den Presserat und kritisierte, dass die Beiträge als Werbung zu kennzeichnen gewesen wären. Der Leser verwies auf einen Beitrag in der Tageszeitung „Der Standard“ – dieser sei mit nahezu gleichem Text formuliert, im Gegensatz zu den oben genannten Beiträgen jedoch als „Bezahlte Anzeige“ ausgewiesen. Die Medieninhaberinnen nahmen nicht am Verfahren teil.

Der Senat verweist zunächst auf seine bisherige Entscheidungspraxis, wonach es für Leserinnen und Leser möglich sein muss, zwischen Werbung und redaktionellen Beiträgen unterscheiden zu können. Dabei tut es nichts zur Sache, ob für einen Beitrag mit Werbecharakter tatsächlich Geld entrichtet wurde. Auch wenn eine Werbung allein aus Gefälligkeit erbracht wird, ist sie als solche zu kennzeichnen, sofern die Aufmachung und das Layout dem redaktionellen Erscheinungsbild entsprechen.

Der Senat unterzieht die Beiträge sohin einer inhaltlichen Analyse. Entscheidend ist dabei, ob in den Beiträgen werbliche Formulierungen überwiegen: Die „Casinos Austria und Österreichische Lotterien Gruppe“ wird ausdrücklich genannt und ist sohin für die Leserinnen und Leser genau identifizierbar. Es wird angemerkt, dass die Unternehmensgruppe gesellschaftliche Verantwortung übernehme und auch das soziale Engagement ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördere. Außerdem werden mehrere soziale Einrichtungen aufgezählt, für die man ein verlässlicher Partner bzw. Unterstützer sei. Schließlich ist den Beiträgen dasselbe Kampagnenfoto beigefügt, das offenbar von den Österreichischen Lotterien zur Verfügung gestellt wurde.

Nach Auffassung des Senats wird das zivilgesellschaftliche Engagement der Unternehmensgruppe ähnlich wie in einer Werbebroschüre präsentiert; die Aktivitäten und Partnerschaften werden durchwegs positiv und unkritisch dargestellt, die Werbesprache überwiegt. Die Schreibweise in nahezu gleichem Wortlaut in den oben genannten Beiträgen, obwohl diese in unterschiedlichen Medien erschienen sind, ist ein weiteres Indiz dafür, dass es hier zu einer Einflussnahme von außen gekommen ist. In diesem Zusammenhang gilt es zu betonen, dass ein ähnlicher Beitrag auch in der Tageszeitung „Der Standard“ erschienen ist, dieser jedoch als „Bezahlte Anzeige“ gekennzeichnet wurde.

Im Ergebnis kann der Senat in den Beiträgen weder eine unabhängige redaktionelle Aufarbeitung noch die erforderliche journalistische Distanz erkennen. Da die Beiträge in Hinblick auf die Gestaltung und das Schriftbild wie redaktionelle Artikel aufbereitet wurden, hätte eine Kennzeichnung als „Werbung“, „Bezahlte Anzeige“ oder dergleichen erfolgen müssen. Die aus medienethischer Sicht erforderliche Unterscheidbarkeit zwischen Werbung und redaktionellen Inhalten im Sinne der Punkte 3 und 4 des Ehrenkodex wurde missachtet. Die Leserinnen und Leser wurden in die Irre geführt. Der Senat stellt den Verstoß gegen den Ehrenkodex und fordert die betroffenen Medieninhaberinnen auf, die Entscheidung freiwillig zu veröffentlichen oder bekanntzugeben.

SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUFGRUND EINER MITTEILUNG EINES LESERS

Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.

Im vorliegenden Fall führte der Senat 3 des Presserats aufgrund einer Mitteilung eines Lesers ein Verfahren durch (selbständiges Verfahren aufgrund einer Mitteilung). In diesem Verfahren äußert der Senat seine Meinung, ob eine Veröffentlichung den Grundsätzen der Medienethik entspricht.
Die Medieninhaberinnen der Tageszeitung „KURIER“ und der „Kronen Zeitung“ haben von der Möglichkeit, am Verfahren teilzunehmen, keinen Gebrauch gemacht.

Die Medieninhaberin der Tageszeitung „KURIER“ hat die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats anerkannt, die Medieninhaberin der „Kronen Zeitung“ hingegen bisher nicht.

Alexander Warzilek, Geschäftsführer, Tel.: +43 – 1 – 23 699 84 – 11

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