AK-Forschungsprojekt zu Gewalt am Arbeitsplatz: Unternehmen haben die Pflicht, ihre Beschäftigten besser zu schützen
AK-Forschungsprojekt zu Gewalt am Arbeitsplatz: Unternehmen haben die Pflicht, ihre Beschäftigten besser zu schützen
Linz (OTS) – Eine aktuelle, umfassende Studie der AK Oberösterreich beschreibt erstmals das Problemfeld „Gewalt am Arbeitsplatz“ – und liefert erschreckende Ergebnisse: Viel zu viele Beschäftigte sind mit physischer, psychischer oder sexualisierter Gewalt konfrontiert. Hier sind die Unternehmen gefordert, ihrer gesetzlich verankerten Fürsorgepflicht nachzukommen: „Sie müssen Betroffene besser schützen, Gewaltpotenziale minimieren und die Beschäftigten und ihre Führungskräfte sensibilisieren und schulen“, sagt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer.
Gewalt am Arbeitsplatz ist ein Tabuthema, das bis dato auch wissenschaftlich kaum erforscht wurde. Der Forschungsbericht „Berufsrisiko Gewalt. Ursachen / Folgen / Handlungsmöglichkeiten“ der AK Oberösterreich leistet hier Pionierarbeit und soll dazu beitragen, Ursachen und Folgen von Gewalt am Arbeitsplatz sowie Handlungsbedarfe herauszuarbeiten.
Von physischer Gewalt am Arbeitsplatz waren im vergangenen Jahr sieben Prozent der Arbeitnehmer/-innen betroffen. Acht Prozent wurden Zeugen/-innen eines körperlichen Gewaltvorfalles. Gewalt am Arbeitsplatz bedeutet aber nicht nur körperliche Gewalt, andere Formen von Gewalt kommen sogar noch häufiger vor als Tätlichkeiten und Handgreiflichkeiten: Ein Drittel der Beschäftigten in Österreich war schon von übler Nachrede, Tuscheln oder Gerüchten betroffen – fast die Hälfte hat es bei anderen beobachtet. 15 Prozent haben Ausgrenzung erlebt, elf Prozent Mobbing und Drohungen. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich die Situation nochmals verschärft: Laut einer brandaktuellen Auswertung haben Beschimpfungen, Beleidigungen, Mobbing und üble Nachrede um jeweils rund zehn Prozentpunkte zugenommen.
Zehn Prozent der Frauen unter 30 waren mit sexualisierter Gewalt konfrontiert – von der Belästigung bis zum Übergriff. Zum Beispiel eine junge Frau aus dem Raum Linz: Ihr Chef griff der Verkäuferin im Beisein anderer auf die Brüste und machte sexuelle Bemerkungen. Auf ihre Frage, was das soll, sagte der Chef: „Stell dich nicht so an.“ Ein anderer Arbeitnehmer bekam von seinem Vorgesetzten so viele zusätzliche Arbeitsaufgaben aufgehalst, dass ihm alles zu viel wurde. Fast täglich wurde er von seinem Chef bloßgestellt und beleidigt – bis er krank wurde und seinen Job verlor. Für beide Beschäftigte konnte die AK Schadenersatzzahlungen erkämpfen.
Gewalt und Konflikte am Arbeitsplatz werden oftmals als individuelle Probleme zwischen zwei oder mehr Personen abgetan. In der Praxis haben sie allerdings viel öfter strukturelle oder organisatorische Ursachen, die in den Arbeitsumständen und Tätigkeiten, in der Organisation oder auch in gesellschaftlichen und persönlichen Faktoren liegen können. Überfüllte, enge Räume, Nachtarbeit, Arbeits- und Leistungsdruck oder schlechtes Führungsverhalten sind einige Faktoren, die Gewalt am Arbeitsplatz begünstigen.
Die Folgen von Gewalt und Mobbing am Arbeitsplatz reichen von körperlichen und psychischen Schäden bis hin zum Verlust der Arbeitsfähigkeit. Sogar Kollegen/-innen, die einen Vorfall oder eine gewaltbehaftete Situation nur beobachtet haben, können unter einem erhöhten Stressempfinden leiden. All das hat natürlich negative Auswirkungen auf Arbeitsmotivation und Arbeitsleistung. Somit wird Gewalt auch zum Problem für Teams, Unternehmen und ganze Branchen:
schlechtes Arbeitsklima, geringere Produktivität, mehr Arbeitsunfälle, höhere Fluktuation – und letztlich entstehen hohe finanzielle Kosten.
„Unternehmen haben die gesetzlich verankerte Fürsorgepflicht und müssen sich permanent um die physische und psychische Unversehrtheit ihrer Beschäftigten kümmern. Es liegt in ihrer Verantwortung, die Prävention von Gewalt und den Umgang mit Gewalt ernst zu nehmen sowie Maßnahmen zu setzen, um Gewalt zu verhindern“, sagt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer und ergänzt: „Die Beschäftigten brauchen gewaltfreie Arbeitsplätze, kompetente Führungskräfte und klare Regelungen in Form von Betriebsvereinbarungen.“
Wenn Arbeitsplätze räumliche Barrieren und Rückzugsmöglichkeiten bieten und in den Betrieben Zeit- und Arbeitsdruck durch ausreichende Personalausstattung herausgenommen wird, sinkt das Risiko von Gewalt am Arbeitsplatz. „Und wenn das alles nichts hilft und Beschäftigten in der Arbeit Gewalt widerfährt, dann ist der Arbeitgeber im Rahmen der Fürsorgepflicht verantwortlich, die Betroffenen zu schützen und zu unterstützen. Dafür braucht es medizinische oder psychologische Angebote zur Nachsorge sowie das Recht auf einen Schadenersatz“, sagt der AK-Präsident.
Detaillierte Informationen zu den Inhalten dieser Aussendung finden Sie [hier.]
(https://ooe.arbeiterkammer.at/service/presse/PKU_2021-04-07-Berufsri
siko_Gewalt.pdf)
Arbeiterkammer Oberösterreich, Kommunikation
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