Corona-Krise: Eltern mit Homeschooling überfordert

Corona-Krise: Eltern mit Homeschooling überfordert

Leverkusen (ots) – Kinderärzte sehen Doppelbelastung der Eltern als größtes Problem, wie eine Studie der pronova BKK zeigt/ Kinder leiden unter Mangel an sozialen Kontakten

Das größte Problem beim Homeschooling war aus kinderärztlicher Sicht die Überforderung der Eltern in Folge der Doppelbelastung durch Arbeit und Betreuung. Den Kindern fehlten in den ersten Monaten der Corona-Krise in erster Linie die Treffen mit Freunden, feste Strukturen und Sport, sagen Pädiaterinnen und Pädiater. Ihre jungen Patienten seien während der Schließung von Schulen und Kitas teils enormen Belastungen ausgesetzt gewesen. Dies sind Ergebnisse der Studie „Homeschooling und Gesundheit 2020“ der pronova BKK, für die 150 niedergelassene Kinderärztinnen und Kinderärzte befragt wurden.

Generell haben Kinder stark unter den in der Corona-Krise geltenden Kontaktbeschränkungen gelitten. 85 Prozent der Kinderärzte sagen, ihre jungen Patienten hätten vor allem ihre Freunde vermisst. 80 Prozent stellten fest, dass den Kindern feste Gruppen und Strukturen wie in Kita, Klasse oder Sportverein fehlten. Knapp 60 Prozent der Ärzte bemängeln, dass der Nachwuchs während des Lockdowns zu wenig Sport gemacht habe.

Überforderte Eltern, allein gelassene Kinder

Auch die Probleme, die während der Schul- und Kitaschließungen beim Homeschooling auftraten, erreichten die Kinderarztpraxen. Neun von zehn Ärzten berichten von überforderten Eltern, die monatelang neben ihrer Arbeit ihre Kinder betreuen und bei den Schulaufgaben unterstützen mussten. Sieben von zehn Ärzte sehen die Herausforderung, mehreren Kindern gerecht zu werden, als Teil dieser Überforderung. Etwa ebenso viele Mediziner berichten von fehlendem Kontakt ihrer Schützlinge zu Lehrkräften. Sechs von zehn der befragten Ärzte haben beobachtet, dass die Kinder zu wenig Unterstützung und Anleitung beim Lernen und beim Organisieren ihrer Aufgaben bekommen hätten. „Kinder wurden zu häufig allein gelassen. Eltern konnten die schulischen Umstellungen nicht immer auffangen, selbst wenn sie es versucht haben“, sagt Dr. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte.

Aus dem Schulalltag gerissen

Auch ihre Lerngruppen haben die Kinder vermisst. 65 Prozent der Pädiater halten den über Wochen fehlenden direkten Kontakt zu Mitschülern für problematisch. Zugleich hätten die Kinder zu viel Zeit vor dem Bildschirm verbracht und sich zu wenig bewegt, stellt mehr als die Hälfte der Medizinerinnen und Mediziner fest. „Schule ist so viel mehr als die Vermittlung von Lerninhalten“, sagt Fischbach. „Schule ist ein sozialer Ort der Begegnung und des Austauschs mit Gleichaltrigen. Sport, Theater, Musik und andere Projekte, die Schulgemeinschaft mit ihren Festen sind wichtige Fixpunkte für die Kinder, die krisenbedingt plötzlich entfallen mussten.“

Wie schwierig die Lage für viele Familien in der Corona-Krise war, damit wurden die Mediziner auch direkt in ihren Sprechstunden konfrontiert. Etwa jeder achte Kinderarzt berichtet, dass Eltern seit Beginn der Corona-Krise häufiger von sich aus um Medikamente für ihre Kinder zur Behandlung von Verhaltensauffälligkeiten oder psychischen Problemen bitten. Solche Anfragen erleben besonders Praxen in sozial schwächeren Gebieten: Dort erlebt gut ein Viertel der Ärztinnen und Ärzte, dass sich Eltern nicht mehr zu helfen wissen und vermehrt nach Medikamenten für ihre verhaltensauffälligen Kinder fragen.

Kinder brauchen Strukturen

Der wichtigste Ratschlag der Ärzte an die Eltern, um im Homeschooling zu bestehen, lautet: Alltagsstrukturen schaffen. Das sagen drei Viertel der Mediziner. „Schulen und Kitas geschlossen, Freizeitaktivitäten wie Vereinssport oder Musik ausgesetzt, alle Spielplätze gesperrt – vielen Kindern wurde auf einen Schlag ihr Alltag genommen“, sagt Experte Fischbach. „Deshalb ist es so wichtig, dass Eltern für neue Strukturen sorgen, die den Kindern Halt und Orientierung geben. In Homeschooling-Phasen kann ein Familien-Stundenplan helfen. Dann sehen die Kinder, wann gearbeitet, gegessen oder gespielt wird.“

Ebenfalls eine wichtige Rolle spielen aus kinderärztlicher Sicht klare Regeln bei der Mediennutzung. So sollten Eltern die Dauer begrenzen sowie überprüfen, ob Filme und Spiele altersgerecht sind. „Zu wenig regulierter Medienkonsum war aus kinderärztlicher Sicht schon vor der Corona-Krise ein Problem. Das hat sich im Shutdown nicht entschärft, im Gegenteil“, sagt Fischbach.

Zur Studie

Die Kinderärztebefragung „Homeschooling und Gesundheit 2020“ wurde im Juni und Juli 2020 im Auftrag der pronova BKK im Rahmen einer Online-Befragung durchgeführt. Bundesweit nahmen 150 niedergelassene Pädiaterinnen und Pädiater daran teil.

Über die pronova BKK

Die pronova BKK ist aus Zusammenschlüssen der Betriebskrankenkassen namhafter Weltkonzerne wie BASF, Bayer, Continental und Ford entstanden. Bundesweit für alle Interessenten geöffnet, vertrauen der Krankenkasse bereits über 650.000 Versicherte ihre Gesundheit an. Ob per App, im Chat, über das rund um die Uhr erreichbare Servicetelefon oder in den 60 Kundenservices vor Ort – die pronova BKK kümmert sich jederzeit um die Anliegen ihrer Kundinnen und Kunden. Weitere Informationen auf pronovabkk.de.

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