IG-Milch: „A faire Milch“ wird nach 14 Jahren beendet
IG-Milch: „A faire Milch“ wird nach 14 Jahren beendet
„A faire Milch“ wird nach 14 Jahren beendet
Mit viel Hoffnung wurde am 18. Juli 2006 das Projekt „A faire Milch“ von der IG Milch der Öffentlichkeit präsentiert. Große Aufmerksamkeit und ständig steigende Verkaufszahlen waren sehr motivierend und gipfelten in der Verleihung des Staatspreises für Marketing im Jahr 2006. „Heute müssen wir das Ende dieses Erfolgsprojektes bekannt geben.“
Der jetzt internationale Milchexperte und Bauer Ernst Halbmayr und der Obmann der IG-Milch Ewald Grünzweil zum Aus des Projektes „A faire Milch“ und dem Warum: „Während am Anfang viele Aktionen, Verkostungen und Events mit großem Engagement und Freude von Bäuerinnen und Bauern durchgeführt wurden, war es in weiterer Folge praktisch unmöglich und wurde es unmöglich gemacht, diese Marketingaktivitäten fortzusetzen. Offene und versteckte Drohungen von den Molkereien taten ihre Wirkung. Die Gründung der ‚Freien Milch Austria‘ und das Stellen der Machtfrage, wer letztendlich über die Milch verfügt, haben Macht- und Abhängigkeits-Systeme zum Vorschein gebracht, die niemand für möglich gehalten hat. Es wurden Absprachen unter den Molkereien getätigt, keine wechselwilligen Betriebe aufzunehmen. Das war für Bauern, die mit ihrer Milchlieferung wechseln wollten, praktisch eine gezielte Existenzvernichtung. Jeder Bauer ist von der Milchabholung abhängig. Kritikern wurde der Ausschluss aus der Genossenschaft angedroht. Gleichzeitig wurden Schütt- und Strafgebühren eingeführt und die Direktvermarktung systematisch verhindert. Dazu kamen Vertragsänderungen in den Milchlieferverträgen, die jedem modernen Rechtssystem widersprechen. Den Bauern wird beispielsweise vertraglich festgehalten das öffentliche Reden über ihre Bedingungen verboten. Daher haben wir uns entschlossen, das Projekt „A faire Milch“ einzustellen.“
Es geht um Sippenhaftung
Während der Bauernbund und die Landwirtschaftskammern immer die christlichen Werte der Genossenschaften und deren Wichtigkeit für Bäuerinnen und Bauern betonen, betreibt man gleichzeitig und gezielt ein Bashing des Lebensmittelhandels. Der ständige Hinweis auf die Macht der Lebensmittelketten in Österreich ist eine gezielte Ablenkung von der eigenen Machtposition. Keine Handelskette hat eine annähernde Machtkonzentration wie die Berglandmilch mit 50 % des nationalen Milchaufkommens. Der besondere rechtliche Status in der Genossenschaft wird jedoch dazu verwendet, immer noch Dutzende Betriebe mit Strafzahlungen zu versehen und die betroffenen Betriebe werden gezwungen, jedes Jahr um einen neuen Liefervertrag zu betteln. Jetzt stellt sich heraus, dass die „Bestrafungen“ auch auf die nächste Generation am Hof übergehen. Das ist Sippenhaftung und erinnert an ehemalige feudale Zeiten. Während in anderen Ländern sich Bäuerinnen und Bauern auf funktionierende Kartellgerichte und Wettbewerbshüter verlassen können, sind in Österreich diese ihren eigenen Genossenschaften schutzlos ausgeliefert.
Es geht um die systematische Behinderung der Direktvermarktung
Die COVID-Krise hat die Verletzlichkeit der globalen Versorgungssysteme deutlich aufgezeigt. Umso unverständlicher ist beispielsweise die neue Regelung der Ennstal-Milch, die durch neue Maßnahmen die Direktvermarktung verhindert und unwirtschaftlich macht. Obwohl diese tourismusstarke Region genau diese Produkte für ihr Selbstverständnis benötigt, wird mit den neuen Regelungen keine Direktvermarktung wirtschaftlich möglich sein. Fünf Cent Strafzahlung pro Liter Milch, wenn ein Bauer einmal im Monat unregelmäßig liefert, ist unverhältnismäßig und ein Eingriff in die Erwerbsfreiheit sowie das Entziehen der Verfügungsgewalt über die eigene Milch. Diese Eingriffe in Grundrechte dürfen nicht akzeptiert werden. „Auf Augenhöhe“ ist ein Fremdwort geworden. Diese direkte Abhängigkeit kommt einer Leibeigenschaft sehr nahe.
Abschließende Forderungen
* Wir fordern Ministerin Elisabeth Köstinger auf, sich den absurden und die Bauern demütigenden Vorgängen in der österreichischen Milchwirtschaft zu widmen. Ungeschminkt sollten die Vorgänge und Zusammenhänge offengelegt werden und eine Ökologisierung der Beziehungen starten.
* Weiters fordern wir Kartellgericht und Bundeswettbewerbsbehörde auf, auch in der Milchwirtschaft eine eingehende Untersuchung der unhaltbaren Zustände einzuleiten und eine rechtliche Klärung der missbräuchlichen Anwendung der Marktmacht herbeizuführen. Der Niedergang des ländlichen Raums steht in ursächlichem Zusammenhang mit dem Niedergang der Preise der landwirtschaftlichen Produkte.
* Im „Basis- und Richtungs-Manifest für eine klima- und mitweltgerechte Landwirtschaft“ fordern wir in sieben Punkten den Umbau auf eine zukunftsfähige Landwirtschaft. Ein guter Fahrplan für eine faire Zukunft. Das bedeutet einen Umbau in Richtung Ökologisierung der bäuerlichen Lebenswelt und damit auch eine Entlastung der Bauern vom Leistungs- und Optimierungszwang. Die Natur ist für Landwirte keine industriell-technisch-chemische Produktionsstätte, sondern die ökologische Lebensbasis auf Generationen.
Link zum Basis- und Richtungsmanifest (Kurz- und Langversion):
[www.ig-milch.at]
(https://www.ig-milch.at/basis-und-richtungs-manifest)
Ewald Grünzweil, Obmann IG-Milch, 0664 2023869, office@ig-milch.at, www.ig-milch.at
Ernst Halbmayr, Projektleiter A faire Milch, 0664 9249635
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