WKÖ-Gewerbe und Handwerk: Fünf Jahre reales Umsatzminus in Folge

WKÖ-Gewerbe und Handwerk: Fünf Jahre reales Umsatzminus in Folge

2024 Geschäftsentwicklung erneut rückläufig – Obfrau Scheichelbauer-Schuster will Balance aus Wachstum und Konsolidierung, Fokus auf Qualifizierung und Bürokratie-Abbau.

2024 war für das Gewerbe und Handwerk in Österreich ein überaus schwieriges Jahr: Nach den vorläufigen Schätzungen von KMU Forschung Austria schließt das Gewerbe und Handwerk das Jahr mit einem realen (mengenmäßigen) Umsatzminus von -4,5 Prozent ab. Nominell (wertmäßig) betrug das Minus -1,0 Prozent.

Damit ist 2024 schon das fünfte Jahr in Folge mit einem realen Umsatzminus. Seit 2019 (damals ging sich es ein zartes mengenmäßiges Plus von 0,5 Prozent aus) ist die Entwicklung durchgehend rückläufig.

„Corona-Pandemie, Lieferkettenprobleme, Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation, Zinshoch und zudem noch Fachkräftemangel: Diese dramatischen Umstände haben zur längsten Rezessionsphase der Nachkriegszeit geführt. Jetzt gilt es zu verhindern, dass sich diese Schwächephase strukturell verfestigt“, sagte Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), am Donnerstag bei einem Pressegespräch: „Wir brauchen rasch eine handlungsfähige Regierung, die die Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort entschlossen in Angriff nimmt.“

EXPORTBRANCHEN UNTER DRUCK

Besonders schwierig war 2024 für das investitionsabhängige Baugewerbe bzw. den Holzbau sowie für exportorientierte Branchen wie Metalltechniker und Kunststoffverarbeiter.

Auch für die konsumnahen Branchen war das letzte Jahresviertel mehrheitlich negativ geprägt. Zu diesen zählen Bereiche wie Mode, Lebensmittelgewerbe, Friseur:innen bis hin zu Personaldienstleistern, Sicherheitsgewerbe, Mechatronik und Fahrzeugtechnik. Nur 17 Prozent dieser Betriebe meldeten für den Zeitraum Oktober bis Dezember höhere Umsätze als im Jahr davor. Für 53 Prozent blieben diese gleich, 30 Prozent meldeten Rückgänge. Somit ist der Saldo mit -13 Prozentpunkten ähnlich negativ wie zu Jahresende 2022 und 2023.

Besonders schwach war das vierte Quartal für die stark von der Industriekonjunktur abhängigen Personaldienstleister und das Sicherheitsgewerbe, die Berufsfotografie und die sehr am Export und dem produzierenden Bereich ausgerichtete Mechatronik.

AUSBLICK FÜR 2025

Wie sind die Unternehmen in das Jahr 2025 gestartet? „Der Pessimismus nimmt weiter zu, ein Aufwärtstrend ist derzeit leider nicht in Sicht“, sagte Christina Enichlmair von KMU Forschung Austria mit Blick auf die Auftrags- und Umsatzerwartungen für das erste Quartal.

Lediglich bei den Friseuren überwiegen die hoffnungsfrohen Betriebe um einen Prozentpunkt, bei Fußpflege, Kosmetik und Massage halten sich die Erwartungen aktuell die Waage. In allen anderen Branchen – sowohl im investitionsgüter- wie im konsumnahen Bereich – überwiegen unter den befragten Unternehmen jene, die Geschäftsrückgänge befürchten. Besonders negativ sind die Erwartungen im Holzbau, wo die pessimistischen Betriebe einen Überhang von -43 Prozentpunkten haben, im Bauhilfsgewerbe (-34 Prozentpunkte), Metalltechnik (-33) und Berufsfotografie (-30).

PUNKTGENAUE IMPULSE

Angesichts der notwendigen Budgetsanierung brauche es nun die richtige Balance aus Konsolidierung und Wachstum. „Klug gesetzte und effiziente Impulse müssen den Betrieben Zuversicht geben, mehr zu investieren“, sagte Scheichelbauer-Schuster. So koste es beispielsweise nichts, sich von überschießenden Auflagen oder Vorschriften zu befreien, erklärte die Obfrau mit Blick auf die KIM-Verordnung der Finanzmarktaufsicht: Diese hatte seit 2022 Baufinanzierungen behindert und den Wohnungsneubau nahezu zum Stillstand gebracht. Die Sparte begrüßt, dass die Maßnahme Mitte 2025 endlich ausläuft.

WENIGER BÜROKRATIE

„Das günstigste und effizienteste Konjunktur-Paket ist der Abbau von Bürokratie“, ergänzte Spartengeschäftsführer Reinhard Kainz. Ein Zurückfahren des bürokratischen Mehraufwandes um nur 10 Prozent würde die Betriebe im Gewerbe und Handwerk um 430 Mio. Euro pro Jahr entlasten und 4.200 Vollzeitbeschäftige für produktive Tätigkeiten freispielen. Auch auf europäischer Ebene hätten die Berichte von Enrico Letta und Mario Draghi das Problem der Überregulierung klar adressiert, so Kainz: „Wir mahnen nun bei der EU-Kommission konkrete Maßnahmen zum Bürokratie-Abbau ein.“ Das wird auch Thema bei einer Europäischen Handwerkskonferenz im März in München sein.

FOKUS AUF QUALIFIZIERUNG

Drittens: Für die Wettbewerbsfähigkeit im Handwerk und Gewerbe ist die Qualifikation der Mitarbeiter:innen besonders entscheidend. Deshalb plädiert die Sparte für einen verstärkten Fokus auf Höher- bzw. Umqualifizierungen.

Sehr positiv haben sich indes 2024 mit einem Plus von sechs Prozent die Meister- und Befähigungsprüfungen entwickelt. Im Gegenzug sinken – primär demografisch bedingt – die Lehrlingszahlen, was den Fachkräftemangel zu verschärfen droht. Die Betriebe erbringen mit ihrer Ausbildungsleistung einen enormen gesellschaftlichen Mehrwert, der jedoch hohen Personal- und Kostenaufwand verursacht. „Es muss auch für kleinere Betriebe möglich sein, Lehrlinge auszubilden, denn das hat Österreich so erfolgreich gemacht“, betont Scheichelbauer-Schuster.

Zumal die betriebliche Lehrlingsausbildung dem Staat sogar sparen hilft: Die Kosten eines Lehrlings sind für die öffentliche Hand mit 7.700 Euro pro Jahr nachweislich niedriger als für BMS- bzw. BHS-Schüler:innen (12.000 Euro) oder Jugendliche in der Überbetrieblichen Ausbildung (23.000 Euro).

Abschließend zeigt sich Scheichelbauer-Schuster überzeugt: „Wenn für unsere Betriebe die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen passen, findet Österreich rasch wieder zurück zu Wohlstand, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit.“ (PWK013/HSP)

Presseunterlagen finden Sie hier.

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