Selbstmächtigkeit statt Selbstzweifel
Selbstmächtigkeit statt Selbstzweifel
Reinhold Messner und Armin Laschet diskutierten auf Einladung der Brost-Stiftung über Motivation durch Widerstände (FOTO)
Eines vorweg: Wer bei der angekündigten Analyse von Scheitern und Gegenwind an diesem Abend aus dem Mund von Armin Laschet die große Abrechnung mit Markus Söder erwartet hatte, wurde eher enttäuscht. Im bis auf den letzten Platz gefüllten „Oktogon“ auf Zeche Zollverein in Essen erlebten die Gäste dennoch eine höchst unterhaltende Diskussion zwischen dem früheren CDU-Kanzlerkandidaten und Bergsteigerlegende Reinhold Messner. Unter dem Titel „An Widerständen wachsen“ entwickelte sich ein Plädoyer für Mut und Menschlichkeit, begleitet vom Bekenntnis zu einer Kultur des Scheiterns.
Obwohl in sehr unterschiedlichen Lebenswelten unterwegs, wiesen die Erzählungen dieser beiden ungewöhnlichen Persönlichkeiten zahlreiche Ähnlichkeiten auf, beginnend mit einer prägenden Vaterfigur. Gleichwohl stellte Armin Laschet den entscheidenden Unterschied heraus: „Scheitern war in meinem Fall nicht so existenziell wie bei Reinhold Messner.“ Während für den gebürtigen Aachener das von den Eltern vorgelebte Engagement für die Gemeinschaft zentrale Motivation war, wollte Messner vor allem die Grenzen menschlicher Leistung ausloten.
Nichts ist unmöglich!?
„Hermann Buhl, der Erstbesteiger des Nanga Parbat, hat das Durchsteigen der Rupal-Wand, der höchste Steilwand der Erde, als unmöglich beschrieben. Mein Bruder und ich haben es trotzdem geschafft.“ Günther Messner kam beim Abstieg ums Leben – bis heute wird sein Bruder Reinhold dafür verantwortlich gemacht. „Im Kampf gegen die Öffentlichkeit habe ich eine Selbstmächtigkeit ohnegleichen erreicht“, beschreibt Reinhold Messner sein persönliches Wachsen am Widerstand. „Ich habe mit aller Radikalität weiter gemacht.“ Übrigens ist er dabei öfter als alle anderen beim Gipfelsturm auf die 14 Achttausender der Welt gescheitert, dreizehnmal nach eigener Darstellung…
_“Meine Motivation war immer, das zu schaffen, was andere als unmöglich definiert haben.“_
Reinhold Messner
Armin Laschet trieb eine berufliche Lebenslinie in Wellenform immer wieder zum Weitermachen an: „Es geht immer auf und ab.“ Nach gewonnenem Direktmandat für den Bundestag 1994 verlor er seinen Wahlkreis 1998 bei der Abwahl von Helmut Kohl wieder, nach fünf Jahren als NRW-Minister folgte auf die Wahlpleite 2010 die Niederlage im Kampf um den NRW-Vorsitz. Der Höhepunkt 2017 mit der Wahl zum Ministerpräsidenten ging dem vorläufigen Tiefpunkt bei der Kanzlerkandidatur 2021 voraus. Laschet: „Die Niederlage war denkbar knapp mit 24 zu 26 Prozent. Wäre es 15 zu 30 ausgegangen, hätte ich mich wohl aus der Politik zurückgezogen.“
„Politik funktioniert nicht am Berg“
Im Gespräch mit Journalistin Dagmar Rosenfeld stellten die beiden, nicht nur auf Grundlage gemeinsamer Erfahrungen (von 1999 bis 2004 saßen sie im Europaparlament), den maßgeblichen Unterschied zwischen Politik und Bergsteigen heraus. „In der Politik ist man immer auf Andere angewiesen“, so Laschet. Messners Gegenrede: „Politik funktioniert nicht am Berg. Auf 8000 Metern kann man keinen Kompromiss machen, sondern muss eine Entscheidung treffen und durchsetzen.“ Er betrachtet Laschets Betätigungsfeld dennoch voller Respekt: „Politik ist eine Notwendigkeit, wir brauchen eine funktionierende Demokratie. Was wir tun, ist nutzlos und dekadent.“
_“Wir brauchen eine Kultur des Scheiterns und wieder Aufstehens. Vielleicht klappt es ja dann beim 10. Mal!“_
Armin Laschet
Im Blick zurück und nach vorne forderten Bergsteiger und Politiker mehr Mut zum Scheitern, nur dabei könne man Fehler erkennen und im nächsten Anlauf vermeiden. Statt Ermutigung kennzeichne die aktuelle Politik aber ein wachsender Berg von Vorschriften mit dem Ziel der Risikobegrenzung wie etwa durch „sechs verschiedene Helme für Kinder“ (Laschet). Im Projekt „Ruhr Natur“ der Brost-Stiftung vermittelt der Extremsportler als Pate den Schülern aus dem Ruhrgebiet beim Besuch in Südtirol dagegen ein „haptisches Naturerlebnis“, bei dem sie sich selbst erfahren können. Kinder aus Duisburg und Essen, die daran teilnehmen, durften Messner und Laschet über Videoschalte die finalen Fragen stellen. Noch bewegt vom gemeinsamen Basteln tibetanischer Gebetsfahnen auf Schloss Juval im Vinschgau wollten sie u.a. wissen, welchen Zukunftswunsch die beiden auf ihre Fahne schreiben würden. Während Laschet „das Gute, was wir haben, bewahren, Europa erhalten und die Kriege beenden“ möchte, wünscht sich Messner: „Die Empathie muss zunehmen und der Egoismus ab. Gerade ist es leider in allen Ländern Europas umgekehrt.“
Hoffnungsvolle Worte, von Applaus begleitet, zum Ende eines mutmachenden Abends.
Anna-Lea Loges
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