Parlament: TOP im Nationalrat am 11. Dezember 2024
Parlament: TOP im Nationalrat am 11. Dezember 2024
Handysicherstellung, Hochwasserhilfe, Beamtengehälter, Nulllohnrunde für Politiker:innen, Auslieferungsbegehren, Europastunde
Wien (PK)- Auch am dritten Plenartag nach den Wahlen sind im Nationalrat einige Gesetzesbeschlüsse zu erwarten. So werden die Abgeordneten, gerade noch rechtzeitig vor dem Auslaufen der geltenden Bestimmungen, über neue Regeln für die Sicherstellung und Auswertung von Handys und anderen Datenträgern beraten. Für die entsprechende Strafprozessreform, die auch Maßnahmen zur Beschleunigung von Verfahren und zur Verbesserung des Opferschutzes enthält, hat der Budgetausschuss heute Vormittag mit breiter Mehrheit grünes Licht gegeben. Außerdem stehen der zwischen Regierung und Gewerkschaft vereinbarte Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst, eine Nulllohnrunde für Politiker:innen, Sonderzahlungen des Bundes an die Länder zur Unterstützung von Hochwasseropfern sowie eine Novelle zum Bundeshaushaltsgesetz zur Diskussion.
Schließt der Immunitätsausschuss seine Beratungen zeitgerecht ab, werden die Abgeordneten darüber hinaus über vier Auslieferungsbegehren beraten. Es geht um mögliche Falschaussagen im Rot-Blauen Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss und einen etwaigen Verstoß gegen das NS-Verbotsgesetz.
Erst im Jänner soll die Wahl weiterer Fachausschüsse erfolgen, wobei sich die Fraktionen bereits auf die Zahl der Ausschüsse, die Verteilung der Ausschussfunktionen und einen Terminfahrplan geeinigt haben.
AKTUELLE STUNDE
Die Sitzung startet um 9.00 Uhr mit einer Aktuellen Stunde, für die die ÖVP das Thema „Asylbremse: Maßnahmen, die wirken“ ausgewählt hat.
AKTUELLE EUROPASTUNDE
In der anschließenden Aktuellen Europastunde werden die Abgeordneten auf Wunsch der FPÖ über von ihr geortete Fehlentwicklungen in der EU diskutieren. Im Wortlaut lautet das Thema: „Kriegstreiber statt Friedensstifter, Teuro statt Schilling, Massenmigration statt Grenzschutz, Zentralismus statt Souveränität – nach 30 Jahren EU-Mitgliedschaft ist eine Kurskorrektur zwingend notwendig!“
HANDYSICHERSTELLUNG UND STPO-REFORM
Mit einer breiten Mehrheit von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen hat der Budgetausschuss einen Initiativantrag zur vieldiskutierten Handysicherstellung ins Plenum geschickt. Aufgrund eines Urteils des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) ist eine Neuregelung der Materie bis 1. Jänner 2025 erforderlich, die sich damit noch ausgehen sollte. Die Beschlagnahme von Datenträgern und Daten wie etwa Handys oder Laptops wird demnach künftig einer vorherigen richterlichen Genehmigung bedürfen. Generell soll die Sicherstellung solcher Datenträger als neue Ermittlungsmaßnahme von der Sicherstellung von anderen Gegenständen getrennt werden. Ohne richterliche Bewilligung bestehen bleiben soll die bisherige Möglichkeit der Sicherstellung etwa von Handys zu materiellen Zwecken sowie von punktuellen Daten aus dem öffentlichen Raum wie etwa Bilder von Überwachungskameras.
Ermöglicht wird die Beschlagnahme auch von Daten in der Cloud bzw. sonstigen Servern. Eng definierte Ausnahmen von der richterlichen Vorabbewilligung soll es – etwa mit einer Protokollierungspflicht – bei Gefahr im Verzug geben. Die Verwertung von Zufallsfunden soll weiterhin erlaubt bleiben, wobei auch hier der Zugriff auf das jeweilige richterlich genehmigte Datenausmaß begrenzt bleiben soll. Zur Umsetzung der richterlichen Entscheidung soll ausschließlich eine Arbeitskopie der Daten verwendet werden. Der Kriminalpolizei und der Staatsanwaltschaft soll eine Einsichtnahme damit nur in jene Daten zukommen, die der gerichtlichen Bewilligung entsprechen. Festgelegt werden weiters Beteiligungsmöglichkeiten von Beschuldigten und Opfern bei der Selektion von „erheblichen Tatsachen“ und entsprechende Informationspflichten der Behörden.
Darüber hinaus beinhaltet das von ÖVP und Grünen vorgelegte Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2024 eine Reform der Strafprozessordnung (StPO) – unter anderem zur Stärkung des Opferschutzes, zur Prozessbegleitung für minderjährige Zeugen von Gewalt sowie für einfachere Verfahrensregeln für Opfer von Hass im Netz. Außerdem ist im Sinn der Verfahrensbeschleunigung geplant, die Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens von drei auf zwei Jahre herabzusetzen. Für Verfahren wegen häuslicher Gewalt sollen künftig bei den Bezirksgerichten und Gerichten erster Instanz Spezialzuständigkeiten verankert werden. Anpassungen sind unter anderem auch im Bereich Cyberkriminalität sowie zu Kryptowerten vorgesehen.
Bei der Abstimmung im Ausschuss berücksichtigt wurde ein Abänderungsantrag von ÖVP und Grünen, mit dem etwa Anpassungen und Klarstelllungen zur staatsanwaltlichen Entscheidungsfrist in der Anfangsphase des Ermittlungsverfahrens und zur Sicherstellung punktueller Daten getroffen werden.
Einen eigenen Antrag zur Neuregelung der Handysicherstellung hat die FPÖ vorgelegt, der im Ausschuss von den anderen Fraktionen jedoch abgelehnt wurde. Die Freiheitlichen sprachen sich insbesondere für eine organisatorische Trennung der Datenauswertung von den eigentlich ermittelnden Behörden aus. Aus ihrer Sicht sollte die Aufbereitung der Daten durch das Gericht erfolgen.
ÄNDERUNGEN IM HAUSHALTSRECHT
Viele kleine technische Änderungen bringt eine von der Regierung vorgeschlagene Novelle zum Bundeshaushaltsgesetz, die im Budgetausschuss einhellige Zustimmung erhielt. Damit wollen die Abgeordneten auf Erfahrungen mit der letzten Haushaltsrechtreform reagieren und Verwaltungsabläufe vereinfachen. Konkret geplant sind etwa Klarstellungen beim Förderungsbegriff und bei der vereinfachten wirkungsorientierten Folgenabschätzung (WFA), ein Wegfall der bundesinternen Verrechnung von Mieten für historische Gebäude, die von der Burghauptmannschaft verwaltet werden, und die Vereinheitlichung der Berichtspflichten zum Personalstand in ausgegliederten Einrichtungen. Außerdem soll es künftig mehr Transparenz bei Personalausgaben sowie bei Finanzerträgen respektive Finanzaufwänden geben. Nicht mehr benötigte Sachgüter sollen künftig auch unentgeltlich einem anderen Bundesorgan überlassen werden können.
Nicht Teil der ersten Regierungsvorlage der neuen Gesetzgebungsperiode sind umstrittenere Punkte im Haushaltsrecht, etwa was Rücklagen und die Frage der Wirkungsorientierung betrifft. Sie sollen laut Erläuterungen in ein zweites Evaluierungspaket einfließen.
HOCHWASSERHILFE: ZWECKZUSCHUSS AN DIE LÄNDER
Auf das verheerende Hochwasser vom September wollen die Abgeordneten mit einem einmaligen Zweckzuschuss des Bundes an die betroffenen Länder reagieren. Damit sollen Beihilfen zur Beseitigung der Schäden finanziert werden, wie es in einem gemeinsamen Antrag von ÖVP und Grünen heißt. Vor allem in Niederösterreich hat es durch anhaltende Regenfälle massive Überflutungen mit gravierenden Folgen für die Bevölkerung gegeben. Ein konkreter Betrag ist im vorliegenden Gesetzesantrag allerdings noch nicht festgelegt, seine Höhe soll nicht zuletzt davon abhängen, wie viel Gelder auf EU-Ebene frei gemacht werden können. Im Budgetausschuss erhielt der Antrag einhellige Zustimmung.
3,5 PROZENT MEHR GEHALT FÜR ÖFFENTLICH BEDIENSTETE
Regierung und Beamtengewerkschaft haben sich Ende November darauf verständigt, die Gehälter von Beamt:innen und Vertragsbediensteten des Bundes im kommenden Jahr um 3,5 % zu erhöhen. Gleichzeitig wurde ein Mindestbetrag von 82,4 Ꞓ und ein Deckel von 437,8 Ꞓ vereinbart, womit die niedrigsten Gehälter etwas stärker als die übrigen steigen werden. Für 2026 ist ein Plus in der Höhe der Inflationsrate inklusive eines Aufschlags von 0,3 Prozentpunkten vorgesehen. Diese Vereinbarung soll nun mit der 2. Dienstrechts-Novelle 2024 gesetzlich umgesetzt werden. Zu erwarten ist eine breite Mehrheit im Nationalrat, im Budgetausschuss stimmten nicht nur die Antragsteller ÖVP, SPÖ und Grüne für den Entwurf, sondern auch die FPÖ. Die NEOS sehen den zweijährigen Gehaltsabschluss hingegen kritisch.
Abseits des Gehaltsabschlusses enthält die 2. Dienstrechts-Novelle einzelne Detailänderungen im Dienstrecht, etwa was die Führungskräfteausbildung für Vertragsbedienstete und die besondere Bewertung von Unterricht in Deutschförderklassen betrifft.
NULLLOHNRUNDE FÜR POLITIKER:INNEN
Die Vorberatungen über die Dienstrechts-Novelle im Budgetausschuss wurden von den Parteien außerdem kurzfristig dazu genutzt, um eine Nulllohnrunde für Politiker:innen auf den Weg zu bringen. Laut dem von ÖVP und SPÖ gemeinsam vorgelegten Antrag sollen nicht nur die Bezüge von Spitzenpolitiker:innen des Bundes – etwa Regierungsmitglieder und Bundespräsident – im kommenden Jahr eingefroren bleiben, sondern auch jene der Abgeordneten und Mitglieder des Bundesrats. Neben ÖVP und SPÖ stimmten auch NEOS und Grüne im Ausschuss für diese Initiative, wiewohl es die beiden kleineren Parteien bevorzugt hätten, auch Landespolitiker:innen in die Nulllohnrunde einzubeziehen. Ein diesbezüglicher Antrag der Grünen wurde jedoch nur von FPÖ und NEOS mitunterstützt und fand damit keine Minderheit. Die Länder sollten jeweils selbst entscheiden, argumentieren ÖVP und SPÖ.
Grundsätzlich sieht das Bezügebegrenzungsgesetz vor, Politikerbezüge jährlich automatisch an die Inflation anzupassen: Ohne Nationalratsbeschluss würden diese demnach 2025 jeweils um 4,6 % steigen. Für Spitzenpolitiker:innen und die Spitzen des Rechnungshofs und der Volksanwaltschaft ist es bereits die zweite Nulllohnrunde in Folge. Auch 2018, 2019 und 2021 blieben ihre Bezüge eingefroren. Abgeordnete und Bundesrät:innen erhielten 2024 die halbe Inflationsanpassung.
MÖGLICHE ERMITTLUNGEN GEGEN VIER FPÖ-ABGEORDNETE
Schließt der Immunitätsausschuss seine für Mittwoch Früh anberaumten Beratungen rechtzeitig ab, werden die Abgeordneten auch über vier Auslieferungsbegehren abstimmen. Zum einen will die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Vorwürfen gegen FPÖ-Klubchef Herbert Kickl wegen möglicher Falschaussagen im Rot-Blauen Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss nachgehen, zum anderen geht es um einen etwaigen Verstoß der FPÖ-Abgeordneten Martin Graf, Norbert Nemeth und Harald Stefan gegen das NS-Verbotsgesetz. Laut Medienberichten soll bei einem Begräbnis in Wien, an dem die drei Abgeordneten teilgenommen haben, auch ein von der SS verwendetes Lied gesungen worden sein. Der Immunitätsausschuss wird sich unmittelbar vor der Nationalratssitzung mit den Auslieferungsbegehren befassen. (Schluss) gs/mbu
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
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