Parlamentarisches Symposium: Wie unabhängig und effektiv sind Österreichs Gleichbehandlungsstellen?
Parlamentarisches Symposium: Wie unabhängig und effektiv sind Österreichs Gleichbehandlungsstellen?
Dialog zu Rolle und Auftrag von Gleichbehandlungsstellen Dialog zu Rolle und Auftrag von Gleichbehandlungsstellen
Wie unabhängig und effektiv sind Österreichs Gleichbehandlungsstellen? Der Frage widmete sich das Parlamentarische Symposium zu Rolle und Auftrag der Gleichbehandlungsstellen im Parlament.
Die Europäische Union hat Mindeststandards für nationale Gleichbehandlungsstellen in ihren Mitgliedstaaten definiert. Ab jetzt gibt es also europaweit einheitliche Standards, damit die unterschiedlichen Gleichbehandlungsstellen in EU-Ländern Menschen besser schützen können. In einem Dialogpanel tauschten sich Leitungen österreichischer Gleichbehandlungsstellen darüber aus, was Gleichbehandlungsstellen brauchen, um ihren gesellschaftlichen Auftrag gut zu erfüllen.
Von Unabhängigkeit durch Budgetunabhängigkeit, berichtete Patrick Charlier, Leiter der belgischen Gleichbehandlungsstelle Unia im Rahmen eines Best Practice Beispiels.
WAS BEDEUTET UNABHÄNGIGKEIT UND EFFEKTIVITÄT AUS SICHT DER ÖSTERREICHISCHEN GLEICHBEHANDLUNGSSTELLEN?
Klaus Feurstein, Landesvolksanwalt Vorarlberg sprach über die besondere Situation seines Bundeslands. Als Landesvolksanwalt sei er vom Landtag mit der erforderlichen Dreiviertelmehrheit direkt gewählt worden und sei diesem verpflichtet. Bestellt werde seine Funktion mit einer zeitlichen Befristung von sechs Jahren, eine Wiederwahl sei möglich, berichtete Feurstein. Er genieße Personalhoheit und verfüge über ein eigenes Budget mit dem er Schwerpunkte setzen könne. Zudem habe er umfassende Akteneinsicht. Aus seiner Sicht seien Fortschritte bei der Einheitlichkeit auf Länderebene anzustreben.
Verbesserungen bedürfe es beim Zugang zur Klage, berichtete Isolde Kafka, Leiterin der Servicestelle Gleichbehandlung und Antidiskriminierung in Tirol. Im Moment verfüge die Servicestelle selbst über kein Klagsrecht. Es fehle an einer gesetzlichen Absicherung für die Einbindung und Mitwirkung an Projekten und Prozessen. Kafka setzte sich auch für eine rechtliche Absicherung der Ressourcen ein. Zudem machte sie sich für Entscheidungen durch eine Kommission stark, die auch vor Gericht als verwertbare Mittel dienen könnten.
Die Gleichbehandlungsanwaltschaft agiere unabhängig und sei dem Gesetz verpflichtet, führte Sandra Konstatzky, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft aus. Es gebe Berichtspflichten, auch vor dem Parlament. Obwohl das Budget erhöht wurde, brauche die Gleichbehandlungsanwaltschaft neue Personalressourcen, verwies sie auf den Anstieg der Fälle um 35 %. Es benötige den Ausbau von Ressourcen im präventiven Bereich, in der Kommunikation und in der Datenerfassung. Zur Unabhängigkeit der Gleichbehandlungsanwaltschaft verwies sie auf ein Bestellungsszenario mit Begutachtungskommission sowie ein offenes Ausschreibungsverfahren. Dabei sprach sie sich für eine NGO-Beteiligung aus. Als weiteren Schritt zur Unabhängigkeit nannte Konstatzky „Augenhöhe“ bei Personal- und Budgetverhandlungen.
„Wir haben null Euro Budget“ berichtete Eva Matt, Vorsitzende des Senates I der Gleichbehandlungskommission. Im Rahmen der ehrenamtlichen Tätigkeit würden alle Mitglieder von ihrer gewöhnlichen Tätigkeit freigestellt. Dazu bedürfe es einer Stelle im Bundesdienst. Die Mitarbeiter:innen agieren in ihrer Tätigkeit für die Gleichbehandlungskommission unabhängig und weisungsfrei, unterstrich sie. Ebenso wie Konstatzky berichtete Matt über steigende Fallzahlen. Die Ressourcen wurden dafür jedoch nicht angepasst, forderte sie 35 % mehr Personal. Matt setzte sich für die Einrichtung der Gleichbehandlungskommission als eigene Einrichtung mit personeller Ausstattung ein.
Es bedürfe Personal- und Budgetsicherheit, betonte Christine Steger, Leiterin der Behindertenanwaltschaft. Sie könne weisungsfrei und unabhängig agieren, jedoch verwies sie auf Abhängigkeiten bei den Ressourcen, denn die Behindertenanwaltschaft ist dem Sozialministerium zugeordnet. Personalverantwortlich ist Steger erst seit August dieses Jahres, davor habe es keine Personalhoheit gegeben, unterstrich sie. Es werde oft mit Praktikant:innen gearbeitet, was zu hoher Einarbeitungszeit führe und gut eingearbeitete Personen müssten gehen, wenn keine Planstelle frei ist. Steger machte auf die Last von Betroffenen aufmerksam, die nur auf eigene Kosten vor Gericht gehen können. Intersektionale Diskriminierungen ahnden zu können wäre Steger ein großes Anliegen, wandte sie sich an die Parlamentarier:innen.
CHARLIER: BELGISCHE GLEICHBEHANDLUNGSSTELLE UNIA „360 GRAD UNABHÄNGIG“
Von „Unabhängigkeit durch Budgetunabhängigkeit“ berichtete Patrick Charlier, Leiter der belgischen Gleichbehandlungsstelle Unia und gab Einblicke in die Arbeit der belgischen Institution. Unia ist eine unabhängige interföderale Einrichtung, die Diskriminierung bekämpft, gleiche Chancen fördert und Grundrechte schützt. Als Zeichen der Unabhängigkeit sei die Unia parlamentarisch eingerichtet worden. Es gebe einen Vorstand bestehend aus 17 Mitgliedern, der als letztinstanzliches Entscheidungsorgan fungiere. Es bedürfe keiner Bestätigung durch ein Ministerium, betonte er. Der Vorsitz sei als Kollegium eingerichtet, das von einem Mann und einer Frau zu besetzen ist, wobei eine Person die flämischen und eine die wallonischen Regionen repräsentiert. Die Unia verfüge über 100 Mitarbeiter:innen (90 Vollbeschäftigungsäquivalente).
Die Unia habe ein Budget von 11 Mio. Ꞓ pro Jahr, das entspreche 1 Ꞓ pro Person und Jahr. Die budgetäre Ausstattung sei ein Kriterium für Unabhängigkeit, betonte er. Laut Charlier besteht bei der belgischen Gleichbehandlungsstelle Unia „360 Grad Unabhängigkeit“, dazu gehöre die Unabhängigkeit von Behörden, der Zivilgesellschaft, gegenüber Medien ebenso wie Universitäten. Externe Kontrolle gebe es nicht. Eine interne Kontrolle überprüfe das gesetzeskonforme Vorgehen. (Fortsetzung Symposium) gla
HINWEIS: Fotos von diesem Symposium finden Sie im Webportal des Parlaments.
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