„kulturMontag“ am 16. September: Spitzenpolitik im Kultur-Check, Beckermann-Doku „Favoriten“ im Kino, Kunstmessen-Boom in Wien

„kulturMontag“ am 16. September: Spitzenpolitik im Kultur-Check, Beckermann-Doku „Favoriten“ im Kino, Kunstmessen-Boom in Wien

Ruth Beckermann mit Lehrerin Ilkay Idiskut im Studio; weiters: Doku „Wenn Wände sprechen könnten – Leben im Denkmal“ – ab 22.30 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON

Der von Martin Traxl präsentierte „kulturMontag“ am 16. September 2024 um 22.30 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON befasst sich kurz vor der bevorstehenden Nationalratswahl mit dem Kulturverständnis der österreichischen Spitzenpolitik sowie deren Forderungen und Ideen für die Zukunft. Weiters berichtet die Sendung u. a. über den demnächst im Kino startenden mehrfach preisgekrönten Film „Favoriten“ von Regisseurin Ruth Beckermann, der Kritik an der österreichischen Bildungspolitik übt, sowie über den Boom der Kunstmessen in Wien, die heuer um ein neues Format – die erstmals stattfindende Particolare – reicher sind. Anschließend an das Magazin ist die neue Dokumentation „Wenn Wände sprechen könnten – Leben im Denkmal“ (23.30 Uhr) zu sehen.

Wie steht‘s denn so mit der Kultur? Spitzenpolitiker:innen im Kultur-Check

Die vielgerühmte Kulturnation Österreich spielt im aktuellen Wahlkampf keine oder zumindest kaum eine Rolle. Und doch wird sie seitens fast aller politischen Couleurs immer wieder gerne heraufbeschworen. Aber wie hält es die Spitzenpolitik tatsächlich mit der Kultur? Der „kulturMontag“ hat anlässlich der Nationalratswahl mit Spitzenrepräsentantinnen und -repräsentanten der fünf im Parlament vertretenen Parteien über ihr persönliches Kulturverständnis und ihre Anliegen gesprochen. Was verstehen sie unter Kultur? Was hat sie kulturell geprägt? Welche geheimen Leidenschaften hegen sie? Was war ihr persönliches Kultur-Highlight in diesem Jahr? Wie interpretieren sie den Begriff „Leitkultur“? Und: was sind ihre wichtigsten kulturpolitischen Forderungen bzw. welche Ideen haben sie für Österreichs Kulturlandschaf? Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler von der ÖVP, FPÖ-Kultursprecher Thomas Spalt, Vizekanzler und Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, Werner Kogler von den Grünen, SPÖ-Bundesparteivorsitzender Andreas Babler und Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger haben sich den Fragen gestellt.

Was braucht es für einen guten Unterricht? Ruth Beckermanns Doku „Favoriten“ im Kino

Das österreichische Bildungssystem steckt in der Krise – vor allem in Wien haben die Schulen mit Lehrkräftemangel, fehlenden Sprachkenntnissen der Kinder und dem Familiennachzug zu kämpfen. Themen, die auch im neuen, mehrfach preisgekrönten Film „Favoriten“ von Ruth Beckermann zentral sind. Für die vom ORF im Rahmen des Film/Fernseh-Abkommens kofinanzierte Produktion, die ab 19. September in den heimischen Kinos zu sehen sein wird, hat die Regisseurin eine Volksschulklasse im zehnten Wiener Gemeindebezirk drei Jahre lang begleitet. Einfühlsam zeigt sie den Alltag von 25 Kindern, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. An dieser sogenannten Brennpunktschule bildet Beckermann die Probleme migrantischer Schülerinnen und Schüler, den Einsatz einer engagierten Lehrerin und das Versagen der Schulbehörde ab. Am Beispiel eines Klassenzimmers macht die Doku nachvollziehbar, wie eine Gesellschaft funktioniert, wie Menschen mit unterschiedlichen Herkünften und Ansichten miteinander auskommen. Derzeit gilt Favoriten in den Medien wieder als „Problembezirk“, aus dem auch politisches Kleingeld geschlagen wird. Beckermann setzt dieser Stimmungsmache viel Aufmerksamkeit, Geduld und Präzision entgegen: Sie zeigt, wo die Probleme wirklich liegen, aber auch, wie man sie angehen kann. Ihre Dokumentation ist eine Ode an das Kindsein, Lernen und das schulische Miteinander. Zu Gast im „kulturMontag“-Studio sind die mit dem Axel-Cort-Preis 2024 ausgezeichnete Filmemacherin Ruth Beckermann und Lehrerin Ilkay Idiskut.

Darf‘s ein bisserl mehr sein? Der Wiener Kunstmessen-Hype

Zu Herbstbeginn ist die Dichte der Kultur-Events hoch. Nicht nur Theater und Museen starten voller Elan in die neue Saison, auch die Kunstmessen locken das Publikum mit opulentem Programm. In diesem Jahr ist der Kunstherbst sogar um ein neues Format reicher: Neben der Viennacontemporary, die heuer wieder auf dem Wiener Messegelände stattfindet, ist das ursprüngliche Underground-Format Parallel Vienna längst im Establishment angekommen. Auf dem Otto-Wagner-Areal wird in der mittlerweile 13. Ausgabe Unkonventionelles, Frisches und Cooles geboten, aber längst trifft der Kunst-Connaisseur hier wie da teils auf dieselben ausstellenden Galerien und Kunstschaffenden. Neu ist, dass die Parallel mittels Kombi-Ticketing seit heuer mit der Viennacontemporary kooperiert. Etwas weniger klassische Kunst, dafür mehr Salon-Charakter will die nun erstmals stattfindende Particolare versprühen. Ins Leben gerufen hat sie Dimitry Aksenov, ehemaliger Eigentümer der Betreibergesellschaft der Viennacontemporary. Er versucht sein neues Ausstellungsformat im Kursalon Hübner mit Musik, Performance und technischen Innovationen zu ergänzen. Der Boom an Kunstmessen und Salons – ist er eine Bereicherung für den Kunstmarkt, lockt er neue Sammler:innen an oder führen die zahlreichen Events zu einer Übersättigung? Der „kulturMontag“ hat sich bei Publikum, Sammlerinnen und Sammlern sowie Galeristen umgehört.

Dokumentation: „Wenn Wände sprechen könnten – Leben im Denkmal“ (23.30 Uhr)

Wohnen in Gemäuern, in denen einst Maria Theresia oder Kaiser Franz Joseph I. sommers residierten; Leben im schicken Loft im Backsteinbau der ehemaligen Anker Brotfabrik, der in der Zwischenkriegszeit Sitz des größten Brotherstellers auf dem europäischen Kontinent war. Oder: Zu Hause sein im durch die Februarkämpfe geschichtsträchtigsten Gemeindebau Wiens, dem Karl-Marx-Hof: Wohnen ist immer etwas zutiefst Persönliches, Individuelles – umso mehr in einem baulichen Denkmal. Atmen alte Gemäuer tatsächlich Geschichte? Was machen sie mit den Bewohnern? Und wenn Wände sprechen könnten – was würden sie erzählen? Regisseurin Dorit Muzicant hat für ihre Dokumentation ganz genau hingehört.

Taxifahrerinnen und -fahrer staunen nicht schlecht, wenn Kulturpublizistin Gabriela Koschatzky-Elias Schloss Schönbrunn als ihre Heimatadresse angibt. Tatsächlich stehen in Österreichs meistbesuchtem kostenpflichtigen Denkmal, das zum UNESCO-Welterbe zählt, Wohnungen zur Miete. Jene von Frau Koschatzky-Elias war einst als Altersresidenz für Österreichs Bundespräsidenten vorgesehen. Karl Renner und Theodor Körner lebten dann allerdings – wohl ahnungslos – in einer von den Nazis geraubten Grinzinger Villa. Koschatzky-Elias stößt sich nicht an dem touristischen Rummel rund um ihren Wohnsitz. Die prachtvollen Räume, der barocke Schlosspark sind mehr als nur Kompensation dafür. Zu einem Mietvertrag kam sie, weil ihr Vater Staatsbeamter war und schon seit 1970 im Schloss wohnte.

Steht das barocke Schönbrunn im Rang des Versailles Österreichs, so ist der Wiener Karl-Marx-Hof in Wien-Döbling das „Versailles der Arbeiter“. Und wenn die dort logierende Hausbesorgerin Bernadette Lorenz auch nicht auf einen Schlosspark blickt, dann doch auf die weitläufigen Grünflächen der Anlage. Entstanden zwischen 1927 und 1933, in der Blütezeit des so genannten „Roten Wien“, ist sie mit einer Erstreckung von über einem Kilometer der längste zusammenhängende Wohnbau Europas. Aufgrund der Dimension auch als „Superblock“ bekannt, ist der Karl-Marx-Hof Ausdruck der so genannten „Monumentalarchitektur“. Seine Wände erzählen auch von finsteren Zeiten: Im Februar 1934 herrscht Bürgerkrieg in Wien. Die Wohnanlage wird Schauplatz blutiger Gefechte. Vorausgegangen sind den Februarkämpfen Jahre der Verzweiflung, der Weltwirtschaftskrise und ein immer autoritärer agierender Staat unter Engelbert Dollfuß.

Schicke, moderne Funktionalität, eingepflanzt in einen alten Backsteinbau: In fünfjähriger Bauzeit hat der Künstler Philipp Penz sein Loft in der Anker Brotfabrik in Wien Favoriten errichtet. Deren Firmengeschichte reicht bis ins vorletzte Jahrhundert zurück. 1891 durch die Brüder Heinrich und Fritz Mendl gegründet, entwickelte sie sich in den folgenden Jahren zum größten Brothersteller Europas. 1938 wird die jüdische Inhaberfamilie von den Nazis enteignet. Lange wusste Penz nicht, dass das Gebäude auch als Lager für jüdische Zwangsarbeiter diente. Dass er in dem alten – historisch belasteten – Kontext Neues geschaffen hat, ist ihm besonders wichtig.

Ein Menschenleben verläuft nicht linear – es ist voller Unebenheiten. Diesen Gedanken implementierte Friedensreich Hundertwasser auch in seine Architektur: keine gerade Fläche, keine ebenen Böden befinden sich in dem von ihm entworfenen Gemeindebau in Wien-Landstraße, dessen Grundsteinlegung 1983 erfolgte. Elfriede Koller-Forte ist Malerin, war persönlich mit Hundertwasser bekannt und ist Mieterin im Haus. Die Architektur inspiriert sie, die organische Bauweise weiß sie zu schätzen – und die Terrasse ihrer Wohnung dient ihr als Freilichtatelier.

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