Stelzer: Länder und Gemeinden sind nah an den Bürger:innen, brauchen aber Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben
Stelzer: Länder und Gemeinden sind nah an den Bürger:innen, brauchen aber Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben
Erklärung des oberösterreichischen Landeshauptmanns im Bundesrat zu Herausforderungen des Föderalismus
„Verlässlich fürs Land. Nah bei den Menschen“, unter diesem Motto stellt der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer seinen Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz. Anlässlich der Übernahme des Vorsitzes im Bundesrat durch Oberösterreich gab Stelzer in der Länderkammer eine Erklärung ab, in der er seine Sicht auf die aktuellen Herausforderungen des Föderalismus präsentierte. Länder und Kommunen müssten die nötigen Mittel für ihre vielfältigen Aufgaben erhalten, betonte Stelzer. Die Bundesländer seien aber auch bereit, ihren Beitrag zum Erfolg des Bundesstaates zu leisten.
STELZER: BUNDESLÄNDER TRAGEN WESENTLICH ZUM ERFOLG DES GESAMTSTAATES BEI
Landeshauptmann Stelzer unterstrich den Beitrag der Bundesländer zum Erfolg des Gesamtstaates. Als selbständige Mitglieder und Mitgestalter des Bundesstaates seien sie sich ihrer Verantwortung bewusst und bemüht, die ihnen zufallenden Aufgaben bestmöglich zu erfüllen. Dazu müssten sie aber auch die entsprechenden Mittel erhalten. Der jüngste Finanzausgleich habe hier einen wichtigen Schritt nach vorne gebracht, vor allem bei den Mitteln für Gesundheitsversorgung und Pflege, für die auch eine Valorisierung erzielt worden sei. Stelzer betonte aber, dass die Debatte über die Verteilungsschlüssel des Finanzausgleichs noch weitergeführt werden müsse. Die Mittelverteilung müsse mit den wachsenden Aufgaben von Ländern und Gemeinden Schritt halten.
Die Länder seien im Gegenzug bereit, Verpflichtungen für den Gesamtstaat zu übernehmen. Das komme mit dem Motto „Verlässlich fürs Land. Nah bei den Menschen“ zum Ausdruck. In den Ländern und den Gemeinden erfolge der Kontakt mit den Bürger:innen direkt. Die Erfahrung zeige, dass besonders auf Gemeindeebene viele Menschen bereit seien, sich einzubringen. Nur so sei es möglich, dass in Österreich viele Bereiche der öffentlichen Sicherheit oder der Gesundheitsversorgung durch das Ehrenamt getragen werden. Wichtig sei ihm daher, das Ehrenamt abzusichern.
BUNDESLÄNDER KÖNNEN ZUR STANDORTSICHERUNG BEITRAGEN
Oberösterreich nehme für sich in Anspruch, ein Land der Kultur zu sein, sagte Stelzer. Kultur sei „der Humus für gelingende Lebensgestaltung und Innovationsgeist“. Dieser Innovationsgeist habe Europa, Österreich und nicht zuletzt Oberösterreich stets ausgezeichnet. Nun gelte es, Innovation weiter als Standortvorteil einzusetzen. Gesichert und erarbeitet werden müssten auch die finanziellen Grundlagen des Wohlstands. Tatsache sei aber, dass der Industriestandort Europa in den letzten Jahren zurückgefallen sei. Stelzer unterstrich die Bedeutung einer guten gesamteuropäischen Standortpolitik, die von Technologieoffenheit, dem Abbau von Überregulierungen und der Unterstützung europäischer Produktion geprägt sein müsse. Auch die Landesebene könne ihren Beitrag leisten, etwa mit der Beschleunigung bei Genehmigungsverfahren und der Entbürokratisierung, aber auch durch Forschung und den Ausbau der Infrastruktur.
Große Herausforderungen ortete Stelzer im Gesundheits- und Pflegebereich. Hier gehe es auch um die Wahrung der Menschenwürde. Niemand, der Hilfe brauche, dürfe alleingelassen werden, das gelte für die Pflegebedürftigen wie für ihre Angehörigen. Stelzer forderte eine gemeinsame Strategie für die Anwerbung von Pflegekräften und die rasche Anerkennung von Qualifikationen. Der niedergelassene Bereich müsse gestärkt werden, um die Spitalsambulanzen zu entlasten.
Die Rolle der Länder im Föderalismus sei es, sich gestaltend einzubringen und ein Vorbild für den Umgang miteinander zu sein, sagte Stelzer. Der Zusammenhalt sei eine wesentliche Basis für ein Zusammenleben in Frieden und Freiheit. Im Zeichen des Versprechens zur Zusammenarbeit stehe auch sein Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz, sagte Stelzer.
ÖVP: BRAUCHEN EINSATZ FÜR NACHHALTIGE STANDORTPOLITIK
Johanna Miesenberger (ÖVP/OÖ) sagte, Oberösterreich sei bekannt als Standort von Industrie und Gewerbe, aber auch für seine einmalige Kulturlandschaft. Zweifellos stelle der Föderalismus hohe Anforderungen. Er eröffne aber auch die Möglichkeit, Probleme nahe an den Menschen zu lösen. Miesenberger wies hier auf den 2020 vorgestellten Oberösterreich-Plan und seine Schwerpunkte Zukunftsinvestitionen, Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen und Standortpolitik hin. Das Ziel sei eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung. In der Frage der Nachhaltigkeit, des Klima- und Umweltschutzes komme der Landwirtschaft eine zentrale Rolle zu. Bäuerinnen und Bauern müssten für ihre Leistungen ein faires Einkommen erzielen können.
Oberösterreich ist laut Miesenberger führend bei der Energieeffizienz und dem Ausbau erneuerbarer Energien. Herausforderungen ortete sie bei der Mobilität. Ballungszentren müssten von Verkehr entlastet, aber auch die Mobilität im ländlichen Raum gesichert werden. Weitere Bereiche, die besonderes Augenmerk brauchen, sind laut der Bundesrätin die Pflege und Familien.
Bernhard Ruf (ÖVP/OÖ) begrüßte das von Landeshauptmann Stelzer angekündigte „Revitalisierungspaket für Industrie und Standort“. Die Bundesländer müssten zusammenwirken, damit Österreich in seiner Gesamtheit lebenswert und erfolgreich bleiben könne, sagte er.
SPÖ: GEMEINDEN BEI ERFÜLLUNG IHRER AUFGABEN UNTERSTÜTZEN
Dominik Reisinger (SPÖ/OÖ) sah große Herausforderungen für die föderale Struktur und forderte mehr Unterstützung für Gemeinden und Regionen. Die Gemeindeautonomie werde zusehends untergraben, vielen Kommunen drohe ein Finanzkollaps, warnte er. Die Gemeinden sollten immer mehr Aufgaben wahrnehmen, seien aber gleichzeitig chronisch unterfinanziert. Viele Pläne der Gemeinden würden daher in der Schublade bleiben und nicht umgesetzt werden, was sich auch negativ auf die Arbeitsplätze auswirke. Einmalhilfen würden das Problem nicht beheben. Der Finanzausgleich müsse neu gestaltet und der Verteilungsschlüssel angepasst werden, forderte Reisinger. Viel Aufholbedarf sah er bei der Kinderbetreuung und der Kinderbildung. Oberösterreich sei Schlusslicht beim Kinderbetreuungsangebot, beklagte der Bundesrat.
Die oberösterreichische SPÖ-Bundesrätin Bettina Lancaster kritisierte Pläne zur Kürzung des AMS-Budgets. Das Fehlen von Mitteln zur Fortbildung treffe vor allem junge Menschen und Frauen sowie Menschen, die auf soziale Unternehmen angewiesen seien, da sie Schwierigkeiten hätten, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die Dekarbonisierung der Industrieproduktion sei zu begrüßen, werde aber mehr nachhaltig produzierte elektrische Energie erfordern. Daher müsse der Leitungsbau forciert werden. Auch der Breitbandausbau im ländlichen Raum müsse als Teil der Daseinsvorsorge vorangetrieben werden. Lancaster brach zudem eine Lanze für die Leistungen von kleinen Gemeinden, wenn es darum gehe, ein lebenswertes Umfeld zu schaffen. Sie sprach sich hier dezidiert gegen eine „Strukturbereinigung“ aus, die nur auf Effizienzkriterien ausgelegt sei, aber grundlegende Werte wie Lebensqualität außer Acht lasse.
FPÖ: KEIN AUSSPIELEN VON STRASSE UND ÖFFENTLICHEM VERKEHR GEGENEINANDER
Günter Pröller (FPÖ/OÖ) kritisierte, hohe Kosten und bürokratische Hürden würden dem Standort und der Wettbewerbsfähigkeit Österreichs schaden. Auf Bundesebene zeige sich hier ein Versagen der Politik der Koalition. Oberösterreich lebe ein anderes Modell der Zusammenarbeit der Parteien als die Bundesebene vor. Die Zeit der absoluten Mehrheiten sei vorbei, daher komme man nicht darum herum, dass unterschiedliche politische Kräfte zusammenarbeiten. Oberösterreich zeige etwa durch die Zusammenführung der Ressorts öffentlicher Verkehr und Straßenbau, wie gesamtheitliche Lösungen aussehen könnten. Ein Ausspielen von Straßenbau und öffentlichem Verkehr gegeneinander ist laut Pröller ein falscher, „ideologiegetriebener“ Ansatz. Aus seiner Sicht habe die schwarz-grüne Bundesregierung grundsätzlich das „Urvertrauen“ der Bürger:innen in die Demokratie beschädigt. Dieses Vertrauen wolle seine Fraktion wiederherstellen.
Der oberösterreichische FPÖ-Bundesrat Markus Steinmaurer sah sein Bundesland als Vorbild und „Wirtschaftsmotor der Republik“. Er forderte ein Umdenken in der politischen Zusammenarbeit im Sinne eines vorausschauenden Handelns. In Oberösterreich sei es gelungen, wichtige Projekte nachhaltiger Energiegewinnung und im Wohnbau umzusetzen. Die Wohnbau- und Sanierungsoffensive sichere auch viele Arbeitsplätze. Mit der Strategie der Nachverdichtung sei es gelungen, den Bodenverbrauch einzudämmen. Steinmaurer sah es auch als richtigen Zugang an, soziale Unterstützung für zugewanderte Menschen an eine Bereitschaft zur Integration zu knüpfen.
GRÜNE: STANDORTPOLITIK BRAUCHT AUCH ENERGIEWENDE UND BODENSCHUTZ
Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/OÖ) sagte, sie beobachte mit Sorge, dass der Ausbau der Windkraft und der Ausbau erneuerbarer Energien in Oberösterreich in den letzten Jahren ins Stocken geraten sei. Das Bundesland nutze derzeit nur 2 % seiner Windkraft. Bis 2030 sollten 20 % der Windkraft nutzbar gemacht werden. Diese Ziel sei technisch erreichbar und auch der gesetzliche Rahmen für die Energiewende sei gegeben, sagte Hauschildt-Buschberger. Für die Umsetzung der Klimaziele gelte es zu handeln. Sorge bereite ihr auch der „Flächenfraß“. Wertvolle Ackerflächen würden verbaut und die Zersiedelung schreite immer weiter voran, während in Ortszentren Leerstand herrsche. Hier müsse mit klaren Vorgaben Abhilfe geschaffen werden. Oberösterreich sei zweifellos ein Industrieland. Eine gute Standortpolitik erfordere aber auch eine aktive Energie- und Bodenschutzstrategie.
NEOS FORDERN STEUERAUTONOMIE FÜR LÄNDER
Bundesrätin Manuela-Anna Sumah-Vospernik (NEOS/W) betonte, Österreich müsse „fit für die Zukunft“ gemacht werden. Leider mangle es gerade auf Länderebene an Reformwillen, etwa in der Gestaltung des Gesundheitsbereichs. Grundsätzlich sei aus Sicht der NEOS die vollständige Steuerautonomie für die Länder notwendig. Wenn die Länder selbst Steuern einheben und ausgeben dürften, könnten sie auch gezielter und effektiver investieren. Damit wäre auch eine Steuerentlastung der Bürger:innen möglich, zeigte sich Sumah-Vospernik überzeugt. (Fortsetzung Bundesrat) sox
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