Nationalrat genehmigt Änderung der Grundversorgungsvereinbarung mit den Ländern

Nationalrat genehmigt Änderung der Grundversorgungsvereinbarung mit den Ländern

Kostenhöchstsätze für vulnerable Flüchtlinge werden angehoben

Mit der Genehmigung einer Bund-Länder-Vereinbarung betreffend die Grundversorgung von Flüchtlingen und der Dritten Lesung einer Geschäftsordnungsgesetz-Novelle hat der Nationalrat heute seine Plenarwoche beendet. Danach wurde nur noch über formale Fragen – etwa über die Beendigung der Tagung, die Permanenzerklärung von Ausschüssen und verschiedene Fristsetzungsanträge – abgestimmt, samt zugehöriger Geschäftsordnungsdebatte. Insgesamt hat der Nationalrat in der letzten Plenarwoche vor dem Sommer 58 Gesetzesbeschlüsse gefasst sowie fünf internationale Staatsverträge und vier Bund-Länder-Vereinbarungen genehmigt.

ERHÖHUNG DER KOSTENSÄTZE FÜR VULNERABLE SCHUTZSUCHENDE

Für die Bund-Länder-Vereinbarung, die aufgrund einer am Mittwoch beschlossenen Fristsetzung auf der Tagesordnung stand und mit der die bestehende Grundversorgungsvereinbarung abgeändert wird, stimmten alle Fraktionen mit Ausnahme der FPÖ. Sie sieht höhere Kostensätze für die Betreuung von besonders vulnerablen Flüchtlingen wie unbegleiteten Minderjährigen oder hilfs- und schutzbedürftigen Personen rückwirkend mit 1. Jänner 2024 vor. Damit soll vor dem Hintergrund der Teuerung sichergestellt werden, dass ausreichend Versorgungsplätze zur Verfügung gestellt werden. So wird nun etwa ein Kostenersatz von 112 € für die Sonderunterbringung pflegebedürftiger Personen sowie für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung unbegleiteter Minderjähriger gewährt. Sind die Minderjährigen in Einrichtungen im Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe untergebracht, steigt der Satz auf 130 €.

Laut Erläuterungen zur Vereinbarung befanden sich mit Stichtag 26. April 2024 rund 74.800 Personen in der Grundversorgung, 73.100 davon in der Grundversorgung der Länder, darunter 1.337 unbegleitete minderjährige Fremde und 618 hilfs- und schutzbedürfte Fremde in Sonderunterbringung und Sonderbetreuung.

In der Debatte wies Johanna Jachs (ÖVP) darauf hin, dass die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen oder Flüchtlingen mit Behinderung kostenintensiver sei als die normale Grundversorgung. Durch die Erhöhung der Kostensätze würden nicht die betroffenen Asylwerber:innen mehr Geld erhalten, sondern die Betreuungseinrichtungen, betonte sie. Grundsätzlich hielt Jachs fest, wer in Österreich Schutz und Hilfe suche, bekomme sie, Asylwerber:innen hätten aber auch Pflichten und müssten sich “an unsere Werten halten”.

Als “sehr notwendig” bezeichnete Reinhold Einwallner (SPÖ) die Erhöhung der Kostensätze. In diesem Sinn zeigte er sich darüber erfreut, dass es gelungen sei, die Bund-Länder-Vereinbarung noch vor dem Sommer zu beschließen, nachdem diese offenbar erst mit einiger Verzögerung den Weg vom Ministerrat ins Parlament gefunden habe. Mittelfristig strebt er Realkostensätze – wie bereits mit Wien vereinbart – an.

GRÜNE UND NEOS KRITISIEREN LÄNDER

Laut Georg Bürstmayr (Grüne) werden die Kostensätze für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge um ein Viertel und jene für Menschen mit Pflegebedarf um ein Drittel erhöht. Damit schaffe man einen sicheren finanziellen Rahmen für Hilfsorganisationen, meinte er, wobei er sich für deren Arbeit ausdrücklich bedankte. Er hofft, dass die Erhöhung der Kostensätze zu einer “engmaschigeren” Betreuung Betroffener führen wird. Gute Betreuung und Unterbringung seien der Schlüssel zu einer geglückten Integration, meinte er. Gerügt wurden von Bürstmayr die Länder, die ihrer Pflicht zur Übernahme von Asylwerber:innen nicht nachkommen würden.

Generell hob der Abgeordnete hervor, dass man in dieser Legislaturperiode ohne Verschärfung des Asylrechts ausgekommen sei. Vielmehr sei es gelungen, mit vielen kleinen Maßnahmen Verbesserungen zu erwirken.

Kritik an den Ländern übte auch Stephanie Krisper (NEOS). Kein Bundesland außer Wien halte die vereinbarten Übernahmequoten ein, beklagte sie. Das führe dazu, dass viele Kinder dort, wo sie sich eigentlich nur kurz aufhalten sollten, nämlich in Traiskirchen, bleiben müssten. So leben ihr zufolge sogar zwei Unmündige schon seit Monaten dort, weil kein Bundesland sie aufnehmen wolle. Krisper hofft, dass die Erhöhung der Kostensätze dazu beitragen wird, dass Kinder künftig eine kindgerechte Betreuung erhalten. In Richtung Koalitionsparteien hielt Krisper fest, das Ziel der Obsorge von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ab Tag 1 sei auch in dieser Legislaturperiode nicht erreicht worden.

Abgelehnt wurde die Vereinbarung von der FPÖ, wobei Abgeordneter Hannes Amesbauer dafür keine Begründung nannte.

DATENSCHUTZ IM BEREICH DER GESETZGEBUNG

Bereits im Juni hat der Nationalrat in Reaktion auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Anwendung der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) durch Parlamente ein umfangreiches Gesetzespaket beschlossen, das neben einer Verfassungsnovelle unter anderem Änderungen im Informationsordnungsgesetz und im Datenschutzgesetz vorsieht (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 627/2024). So wurden etwa Vorkehrungen dafür getroffen, dass Abgeordnete ihrer parlamentarischen Arbeit weiterhin unbehindert nachgehen können, und die Einrichtung einer eigenen datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörde für den Nationalrat, den Bundesrat, den Rechnungshof und die Volksanwaltschaft beschlossen. Letzter noch fehlender Mosaikstein im Gesetzespaket war eine Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrats, die heute endgültig beschlossen wurde. Eine Debatte dazu fand nicht mehr statt. (Fortsetzung Nationalrat) gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

————————-

Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
http://www.parlament.gv.at
www.facebook.com/OeParl
www.twitter.com/oeparl

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender