Nationalrat beschließt einstimmig Hochwasserschutzprojekt am Rhein mit umfassender Renaturierung
Nationalrat beschließt einstimmig Hochwasserschutzprojekt am Rhein mit umfassender Renaturierung
Bundesämtergesetz schafft neue organisatorische Möglichkeiten im Bereich der Agrarforschung
Der Nationalrat sprach sich in seiner heutigen Sitzung für die Aufrüstung des Hochwasserschutzes am Rhein bis zum Jahr 2052 aus. Auf den Weg gebracht wird das Projekt „Rhesi“ durch die Ratifikation eines Staatsvertrags zwischen Österreich und der Schweiz. Einstimmigkeit gab es auch für eine Bund-Länder-Vereinbarung, mit der die Kostenbeteiligung des Bundeslands Vorarlberg geregelt wird. Die Gesamtzeit der Umsetzung des Hochwasserschutzprojekts, mit dem eine umfassende Renaturierung des Alpenrheins verbunden sein soll, wird auf 20 Jahre veranschlagt.
Zudem stimmte der Nationalrat mehrheitlich einer Initiative von ÖVP und Grünen zur Änderung des Bundesämtergesetzes zu. Damit wird nachgeordneten Dienststellen des Landwirtschaftsministeriums ermöglicht, Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit zu schaffen. Nicht mitgehen wollten die Abgeordneten von SPÖ und FPÖ, die unter anderem ungeklärte Kostenfragen ins Treffen führten.
„JAHRHUNDERTPROJEKT“ IM HOCHWASSERSCHUTZ AM RHEIN
Der Hochwasserschutz am Rhein soll weiter verbessert werden und für ein 300-jährliches Hochwasser gerüstet werden. Ziel ist demnach eine Erhöhung der Abflusskapazität auf 4.300 m³/s durch flussbautechnische Maßnahmen. Auch die Verbesserung des ökologischen Potenzials des Rheins in der Grenzstrecke von Vorarlberg und der Schweiz soll dadurch erreicht werden. Dazu liegt ein entsprechender Staatsvertrag zwischen Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Genehmigung vor. Ausgegangen wird von einer 20-jährigen Bauzeit. Gestartet wird mit dem Bau voraussichtlich am 1. Juli 2027.
Die kalkulierten Gesamtkosten (inklusive Risikokosten, einer angenommenen Teuerung von 2 % und Mehrwertsteuer) liegen bei ca. 2,1 Mrd. €. Die Nettokosten sollen von der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zu gleichen Teilen getragen werden. Eine Beteiligung des Landes Vorarlberg an den für den Bund anfallenden Kosten wird in einer Bund-Länder-Vereinbarung geregelt. Diese wurde heute ebenfalls einstimmig angenommen. Bis zum Jahr 2052 wird für Österreich von Gesamtkosten von rund 1,1 Mrd. € ausgegangen. Das Land Vorarlberg soll davon etwa ein Viertel tragen, maximal jedoch 273,7 Mio. €.
Der Alpenrhein habe in jüngster Vergangenheit immer wieder starkes Hochwasser geführt, erinnerte Norbert Sieber (ÖVP). Studien hätten gezeigt, dass eine Verbesserung des Hochwasserschutzes unbedingt erforderlich sei. Daher werde nun das Projekt „Rhesi“, das bedeute „Rhein – Erholung – Sicherheit“ nach einer langen Planungsphase auf den Weg gebracht. Damit werde das Rheintal für ein 300-jähriges Hochwasser sicher gemacht. Österreich setze damit auch ein umfassendes Projekt der Renaturierung um. Andreas Kühberger (ÖVP) zeigte sich erfreut über die Aufstockung der Mittel für den Hochwasserschutz. Angesichts des hohen Schadenpotenzials, das ein Jahrhunderthochwasser für die dicht besiedelten Gebiete am Rhein mit sich bringe, sei es notwendig, das Projekt umzusetzen. Die ÖVP sei stets für sinnvolle Renaturierung, bei diesem Projekt treffe das zu. Dem EU-Renaturierungsgesetz stehe seine Fraktion aber kritisch gegenüber, da es viele Fragen offen lasse und dazu führen könnte, dass Österreichs Landwirt:innen Maßnahmen aufgezwungen würden, sagte er in Richtung der Grünen.
Reinhold Einwallner (SPÖ) sagte, vor dem Hintergrund des Klimawandels und zunehmender extremer Wetterereignisse sei es wichtiger denn je, dass Vorarlberg auch für 300-jährliche Hochwässer gerüstet sei. Damit verbunden sei auch eines der größten Renaturierungsprojekte am Rhein. In dieses ambitionierte Projekt sei auch die Bevölkerung früh einbezogen werden. Die Kostenaufteilung sei seiner Meinung nach auch aus Sicht des Landes Vorarlbergs vertretbar gelöst worden.
Auch Alois Kainz (FPÖ) argumentierte, das steigende Gefahrenpotenzial durch Starkregen und veränderte Anforderungen an den Hochwasserschutz würden für das Projekt sprechen. Mit der Renaturierung des Flusslaufes werde auch ein neues Erholungsgebiet geschaffen.
Nina Tomaselli (Grüne) zeigte sich ebenfalls erfreut über die Renaturierung des Laufs des Rheins in Vorarlberg. Damit werde der typischen Flora und Fauna des Alpenrheins eine neue Chance geboten. Sie sah allerdings einen Widerspruch darin, dass von Seiten des Landes Vorarlberg eines der größten Renaturierungsprojekte in Europa gefeiert werde, das europäische Renaturierungsgesetz aber gleichzeitig abgelehnt werde. Ihre Fraktionskollegin Astrid Rössler betonte, dass Hochwasserschutz nur gemeinsam mit Renaturierungsmaßnahmen für Gewässer gedacht werden könne. Was das Renaturierungsgesetz der EU angehe, so sei dort vorgesehen, dass alle Pläne immer im Einverständnis mit allen Betroffenen erarbeitet würden, sagte Rössler in Richtung ÖVP.
TOTSCHNIG: PROJEKT HAT EINE REIHE POSITIVER EFFEKTE
Angesichts von zunehmenden Starkwetterereignissen habe Österreich sich mit der Schweiz auf dieses Hochwasserschutzprojekt für den Alpenrhein geeinigt, führte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig aus. Er freue sich über die einstimmige Zustimmung, denn es handle sich nicht nur um das bisher größte Hochwasserschutzprojekt in Österreich. Mit der massiven Ausweitung des Flusslaufes werde auch ein umfassendes Renaturierungsprojekt mit vielen positiven ökologischen, aber auch wirtschaftlichen Auswirkungen umgesetzt. Die Entscheidung im Schweizer Parlament werde im Herbst fallen, der tatsächliche Baubeginn sei mit 2027 zu erwarten.
NACHGEORDNETE DIENSTSTELLEN DES LANDWIRTSCHAFTSMINISTERIUMS KÖNNEN EINRICHTUNGEN MIT EIGENER RECHTSPERSÖNLICHKEIT SCHAFFEN
Nachgeordneten Dienststellen des Land- und Forstwirtschaftsministeriums soll es ermöglicht werden, im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit zu eröffnen. Dies solle einer stärkeren internationalen Vernetzung und dem Ausbau eines breiteren Kompetenzbereiches dieser Dienststellen dienen. ÖVP und Grüne haben dazu einen Antrag zur Änderung des Bundesämtergesetzes vorgelegt, der mit den Stimmen der beiden Fraktionen mehrheitlich angenommen wurde. In einem ersten Schritt sollen beim Bundesamt für Wasserwirtschaft und bei der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit eingerichtet werden.
Dietmar Keck (SPÖ) sah den Schritt kritisch. Zum einen könnten in den geplanten neuen Einrichtungen prekäre Dienstverhältnisse verfestigt werden, zum anderen seien diese aufgrund der rechtlichen Konstruktion der parlamentarischen Kontrolle entzogen. Einige der Bestimmungen in der Novelle würden für ihn „nach Postenschacher riechen“.
Georg Strasser (ÖVP) führte aus, die per Gesetz vorgesehene Möglichkeit bestehe bereits für eine Reihe von Institutionen, die wichtige Forschungsprojekte in der Agrarforschung durchführten. Nun gehe es darum, dass zwei weiteren Instituten die Möglichkeit gegeben werden solle, bessere rechtliche Rahmenbedingungen für die Einwerbung von Drittmitteln schaffen. Johann Weber (ÖVP) wies den Vorwurf des Postenschachers vehement zurück. Hier gehe es ausschließlich um eine verbesserte Forschungsförderung, betonte er.
Da es letztlich um die Interessen der Forschung und Entwicklung gehe, werde ihre Fraktion dem Gesetz die Zustimmung erteilen, führte Karin Doppelbauer (NEOS) aus. Wünschenswert wäre aber eine bessere Erläuterung des Vorhabens von Seiten des Landwirtschaftsministeriums gewesen. (Fortsetzung Nationalrat) sox
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