Dringliche Anfrage im Bundesrat: SPÖ kritisiert Personalmangel bei der Polizei
Dringliche Anfrage im Bundesrat: SPÖ kritisiert Personalmangel bei der Polizei
Innenminister Gerhard Karner verweist auf Rekrutierungsoffensive und Allzeithoch beim Personalstand
Die SPÖ stellte in der heutigen Bundesratssitzung die Dringliche Anfrage unter dem Titel „4.000 fehlende Polizist:innen – handeln Sie endlich im Sinne der Sicherheit, Herr Innenminister“ an Innenminister Gerhard Karner. Mehr Polizei auf der Straße für die Sicherheit der Bevölkerung und bessere Arbeitsbedingungen für Polizist:innen forderte Antragsteller Dominik Reisinger (SPÖ/O) und kritisierte, dass es heute um 4.000 „dienstbare“ Polizist:innen weniger gebe als noch vor vier Jahren.
Innenminister Gerhard Karner betonte, dass er immer gesagt habe, dass mehr Polizist:innen gebraucht werden. Daher habe man eine Rekrutierungsoffensive gestartet. Der Personalstand sei derzeit mit mehr als 32.000 Personen auf einem Allzeithoch, sagte der Minister. Die SPÖ habe in den letzten Jahren unterschiedliche Anfragen mit unterschiedlichen Anfrageparametern gestellt, daher seien bei Beantwortungen unterschiedliche Zahlen genannt worden.
POLIZEIBERUF ATTRAKTIVEREN: SPÖ FORDERT DIENSTRECHTSRECHTSREFORM
Die Personalsituation werde immer angespannter, vor allem Wien sei sehr betroffen, heißt es in der Dringlichen Anfrage der SPÖ. Parlamentarische Anfragen hätten seit Beginn der Legislaturperiode einen starken und stetigen Abgang der dienstbaren Vollbeschäftigungsäquivalente (VBÄ) – also einsetzbare Polizist:innen – an den Polizeidienststellen im Innenministerium gezeigt. Der Personalmangel schlage sich auch in „horrenden Überstundenzahlen“ nieder. Rechne man die Journalstunden, dies „seien billige Überstunden, die als Normstunden vergolten werden, jedoch über die Normalarbeitszeit hinausgehen“, zusammen, so leisten die Polizist:innen in Österreich mehr als 10 Mio. Mehrdienstleistungen pro Jahr, rechnet die SPÖ vor.
Dominik Reisinger (SPÖ/O) sagte, er wolle dem Innenminister das Bemühen nicht absprechen, sich für die Rekrutierung junger Menschen für den Polizeiberuf einzusetzen, doch es brauche auch eine Dienstrechtsreform um den Polizeiberuf attraktiver zu machen. Dazu zähle ein „ordentliches Grundgehalt und ein familienfreundliches Dienstrechtsmodell“, so Reisinger. Zudem müsse man alles tun, um aktive Polizist:innen im Beruf zu halten. Reisinger rief zudem zur Unterstützung des Volksbegehrens „Polizei – kritischer Personalmangel“ auf.
KARNER: 3.400 MENSCHEN DERZEIT BEI DER POLIZEI IN GRUNDAUSBILDUNG
Der „Global Peace Index“ weise Österreich als drittfriedlichstes und drittsicherstes Land der Welt aus, betonte Innenminister Gerhard Karner. Für diese gute Platzierung gebe es viele Gründe unter anderem das gut ineinandergreifende Sicherheitssystem in welchem ehren- und hauptamtliche Einsatzkräfte zusammenarbeiten. Neben beispielsweise Bergrettung, Wasserrettung und Freiwilligen Feuerwehren zähle dazu unter anderem auch die Polizei. Das Innenministerium beschäftige 38.000 Mitarbeiter:innen, davon 32.000 Polizist:innen legte Karner dar. Er betonte, dass Österreich dennoch nicht eine Insel der Seligen sei und es zahlreiche Herausforderungen gebe wie beispielsweise die stark ansteigende Cyberkriminalität, Extremismus in unterschiedlichen Ausprägungen, Radikalisierung in Sozialen Medien im Darknet sowie illegale Migration und Jugendkriminalität. Daher werde viel Geld in eine moderne Ausrüstung der Polizei investiert, sagte Karner.
Personalmangel gebe es in vielen Berufsfeldern und betreffe auch den Sicherheitsbereich, daher habe man bereits eine Personaloffensive gestartet, führte der Innenminister aus. Zudem habe man das Grundgehalt während der Grundausbildungszeit von Polizist:innen erhöht, es gebe das Klimaticket für Polizeischüler:innen sowie die Möglichkeit den Führerschein zu machen. Es gebe auch eine Prämie für Polizist:innen, die neue Kolleg:innen anwerben. Auch das Tragen von sichtbaren Tattoos sei im Polizeidienst nun erlaubt. Diese Maßnahmen würden bereits greifen und rund 3.400 Menschen sich derzeit in der Grundausbildung für den Polizeiberuf befinden.
PENSIONIERUNGEN KÖNNEN NACHBESETZT WERDEN
Im Zuge der Beantwortung der im Rahmen der Dringlichen Anfrage an ihn gestellten Fragen, sagte Karner, dass es seit 2018 keine Schließungen von Dienststellen gegeben habe. Es seien ausschließlich die notwendigen organisatorischen Maßnahmen zu Standortverlegungen und -fusionierungen durchgeführt worden. Im Jahr 2023 haben 1.295 Polizeischüler:innen ihre Ausbildung abgeschlossen, im Jahr 2024 waren es bis Ende Mai 631 Personen, informierte Karner. Alle wurden nach Abschluss ihrer Ausbildung in den regulären Dienst übernommen. Um gezielt Frauen für den Polizeiberuf zu gewinnen, werden Veranstaltungen wie beispielsweise der Girls Day durchgeführt. Von 2015 bis 2024 konnte der Frauenanteil der Exekutivbediensteten um rund 10 % auf 25 % gesteigert werden. Insgesamt liege der Frauenanteil im BMI (Bundesministerium für Inneres) bei 31 %.
Auf eine Frage zu Quereinsteig:innen antwortete Karner, dass Menschen mit Berufs- und Lebenserfahrung die Polizei bereichern würden. Daher werde in laufenden Verhandlungen mit dem Bundesministerium für Kunst Kultur, Öffentlichen Dienst und Sport ein attraktives, konkurrenzfähiges Gehaltsschema gefordert. Abgänge aufgrund von Pensionierungen würden auch in den kommenden Jahren ersetzt werden können und Pensionierungen damit nicht zu Schließungen von Polizeidienststellen führen. Zu einer Frage hinsichtlich der Gewinnung von Menschen mit Migrationsbiografie für den Polizeidienst sagt Karner, dass die Polizei ein Querschnitt der Bevölkerung sei und sein solle. Die Polizei stehe in der Mitte unserer Gesellschaft und die Polizei komme auch aus der Mitte unserer Gesellschaft, betonte Karner.
SPÖ: MASSNAHMENPAKET GEFORDERT
Es gehe um „spürbare Sicherheit durch die Präsenz der Polizei für die Bevölkerung“, sagte Korinna Schumann (SPÖ/W). Sie kritisierte die hohe Zahl der im Polizeidienst geleisteten Überstunden und brachte daher einen Entschließungsantrag ein, der die Bundesregierung aufforderte, auf die „prekäre Personalsituation bei der Polizei“ zu reagieren und dem Nationalrat sowie dem Bundesrat ein Maßnahmenpakt zuzuleiten, mit der die Attraktivität des Polizeiberufes nachhaltig gesteigert werden könne“. Der Antrag fand keine Mehrheit und wurde damit abgelehnt.
Angesichts von 4.000 fehlenden Polizist:innen und 10 Mio. Überstunden sei „nicht alles in Ordnung“, meinte Michael Wanner (SPÖ/S) in Richtung der Regierungsfraktionen. Polizist:innen seien „am Limit“ und es gelte, sie zu unterstützen. Zwischen 2020 und 2023 hätten 3.000 dienstbare Polizist:innen gefehlt, kritisierte Günter Kovacs (SPÖ/B). Zudem sei zwischen 2000 und 2010 „kein einziger Polizist“ im Burgenland aufgenommen worden und man brauche sich daher nicht über den aktuellen „Personalnotstand“ wundern.
FPÖ: STRAFFÄLLIGE ASYLWERBER:INNEN ABSCHIEBEN
Seine Fraktion fordere mehr Polizist:innen sichtbar auf den Straßen, sowie bessere Arbeitsbedingungen für die Polizei, sagte Günter Pröller (FPÖ/O). Zudem brauche es dringend einen Asylstopp. Da Gewaltverbrecher:innen immer jünger seien, gebe es dringend Handlungsbedarf. Wer über Sicherheit redet, müsse über Abschiebungen reden, forderte Klemens Kofler (FPÖ/N) angesichts straffälliger Asylwerber:innen. „Wir wollen diese Leute nicht mehr bei uns haben, sie gehören raus!“, erklärte der freiheitliche Bundesrat. Der Personalmangel habe sich lange abgezeichnet und man habe nichts gemacht, meinte auch Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N). Herbert Kickl sei der „beste Innenminister“ gewesen, da er sich hinter die Polizist:innen gestellt habe. Es brauche endlich wieder Minister:innen, die sich hinter ihr Personal stellen, forderte er.
ÖVP: ZAHL AN POLIZIST:INNEN STEIGT
Philipp Kohl (ÖVP/B) sagte, dass bis 2020 bei der serienmäßigen Abfrage der SPÖ über den aktuellen Personalstand der österreichischen Polizei auch immer der aktuelle Stand an Polizeischüler:innen und sämtlichen Vertragsbediensteten mit Sondervertrag abgefragt wurde. Seit 2021 würden die Polizeischüler:innen und Vertragsbediensteten mit Sondervertrag nicht mehr mitabgefragt werden. Daher ergab sich dabei das Minus von 4.000 Personen. Bei gleicher Abfrage mit den gleichen Parametern wie 2020 ergebe sich für 2024 ein Plus von rund 250 Vollbeschäftigten, rechnete Kohl vor. Seit 2020 gebe es mehr Polizist:innen und mehr Bewerber:innen, erklärte auch Matthias Zauner (ÖVP/N). Die SPÖ würde mit ihrer Argumentation Ängste in der Bevölkerung schüren, kritisierte er. Kritik äußerte Harald Himmer (ÖVP/W) an der Selbstinszenierung der FPÖ, alleinig Probleme lösen zu können.
GRÜNE: BERUF ATTRAKTIV GESTALTEN
Der Polizeiberuf sei ein schöner und sozialer Beruf, der für das Zusammenleben der Menschen sehr wichtig ist, betonte Marco Schreuder (Grüne/W). Wie auch andere Bereiche sei die Polizei davon betroffen, dass es schwierig sei, neues Personal zu finden. Wichtig sei, den Beruf attraktiv zu gestalten und auch zu fragen, warum sich Menschen nicht bewerben. (Fortsetzung Bundesrat) bea/pst
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