Verkehrsausschuss spricht sich für Verbesserungen der Fahrgastrechte von Bahnkund:innen aus

Verkehrsausschuss spricht sich für Verbesserungen der Fahrgastrechte von Bahnkund:innen aus

Neues Eisenbahngesetz soll optimierte Kapazitätsplanung und rasches Reagieren auf Streckensperren ermöglichen

Österreich setzt eine neue EU-Verordnung zu Fahrgastrechten im Schienenverkehr mit einer Fahrgastrechtnovelle um. In Hinblick auf die erweiterten Fahrgastrechte wird auch die Stellung der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf) aufgewertet. Die Novelle wurde heute vom Verkehrsausschuss mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS beschlossen. Berücksichtigt wurde dabei ein Abänderungsantrag, der ein redaktionelles Versehen beheben soll.

Die Sozialdemokrat:innen wünschen noch weitere Verbesserungen bei den Fahrgastrechten und stimmten der Novelle nicht zu. Sie kündigten an, dass ihre Zustimmung im Nationalrat davon abhängig sei, ob ihre Forderungen noch in die Novelle aufgenommen werden. Ihr Abänderungsantrag in diesem Sinne wurde vom Ausschuss allerdings mit den Stimmen von ÖVP und Grünen abgelehnt.

Eine Novellierung des Eisenbahngesetzes soll neben Klärungen von Zuständigkeiten und Verfahrenserleichterung auch die notwendige gesetzliche Handhabe für Kapazitätszuteilungen im Bahnverkehr bieten. Damit soll es möglich werden, auf vorhersehbare längere Streckensperren in Deutschland in den nächsten Jahren zu reagieren, führte Verkehrsministerin Leonore Gewessler im Ausschuss aus. Für die Novelle stimmten nur ÖVP und Grüne. Auch hierzu hatte die SPÖ einen Abänderungsantrag vorgelegt, der keine Mehrheit fand.

Vertagt wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen ein Initiativantrag der SPÖ zu einem Gesetz, das eine Befassung des Nationalrats bei der Festlegung des Zielnetzes Bahninfrastruktur vorsieht.

Auf Initiative von ÖVP und Grünen sprachen sich die Abgeordneten mehrheitlich für die Förderung der Barrierefreiheit von Bahnhöfen und Bahnhaltestellen aus. Nicht mitgehen wollten die Freiheitlichen. Ein Entschließungsantrag von ÖVP und Grünen zum Ausbau des transeuropäischen Eisenbahnverkehrs fand die Mehrheit der beiden antragstellenden Fraktionen und der NEOS.

Vertagt wurde von ÖVP und Grünen auch die Forderung der NEOS, das Instrument der Direktvergaben bei der Bestellung gemeinwirtschaftlicher Leistungen im öffentlichen Verkehr nur sehr restriktiv einzusetzen.

GEWESSLER: ENTSCHÄDIGUNGSREGELUNGEN FÜR BAHNKUND:INNEN WERDEN AUSGEWEITET

Am 7. Juni 2023 ist eine neue EU-Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr in Kraft getreten und hat die bisherige dazu geltende Verordnung ersetzt. Mit der Fahrgastrechtenovelle 2024 (2601 d.B.) wird nun das Eisenbahn-Beförderungs- und Fahrgastrechtegesetz (EisbBFG) in Hinblick auf das neue EU-Recht ergänzt und adaptiert. Die Novelle hat auch Auswirkung auf das Eisenbahngesetz (EisBG) und die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf).

Verkehrsministerin Leonore Gewessler führte aus, dass die neuen unionsrechtlichen Bestimmungen unter anderem das Recht auf Beförderung von Personen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität stärken und die Fahrradmitnahme im Zug erleichtert werden sollen. Detailliert geregelt werden sollen auch die Ansprüche auf Entschädigungen, die Fahrgästen nicht nur bei Ausfall oder Verspätung eines Zuges zustehen sollen, sondern auch, wenn ihre Weiterreise wegen Überfüllung eines Zugs verzögert wurde. Ebenfalls werde der Anspruch der Kund:innen auf Informationen über Tarife und Beförderungsbedingungen, auf den Erwerb eines Fahrausweises ohne Nebengebühren im Zug, wenn keine Möglichkeit zum Erwerb im Voraus bestand, sowie der Anspruch auf Erstattungen bei nicht in Anspruch genommenen Sitzplatzreservierungen festgelegt. Zudem werde das Recht auf Fahrpreisentschädigung künftig nicht nur für Jahreskarten gelten, sondern auch Zeitfahrkarten mit einer Gültigkeitsdauer unter einem Jahr umfassen.

BREITE ZUSTIMMUNG, ABER AUCH WEITERGEHENDE FORDERUNGEN DER OPPOSITION

Die Ausweitung der Fahrgastrechte fand breite Zustimmung bei den Abgeordneten. Der Verkehrssprecher der Grünen, Hermann Weratschnig, begrüßte es, dass die Stellung der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf) durch ihre Festlegung als einheitliche nationale Durchsetzungs- und Schlichtungsstelle für alle Verkehrsbereiche gestärkt werde. Er brachte einen Abänderungsantrag zur Behebung eines redaktionellen Versehens im Gesetzestext ein. Auch ÖVP-Abgeordneter Johann Singer zeigte sich mit der Ausweitung der Fahrgastrechte zufrieden.

Dietmar Keck (SPÖ) sagte, aus Sicht seiner Fraktion gehe die Novelle nicht weit genug, weshalb sie eine Zustimmung im Plenum von der Berücksichtigung eines Abänderungsantrags abhängig mache. SPÖ-Verkehrssprecher Alois Stöger meinte, es brauche eine Ausweitung der Befugnisse der Schienen-Control GmbH, damit diese in Konfliktfällen besser im Sinne der Kund:innen agieren könne.

NEOS-Verkehrssprecher Johannes Margreiter sah einen wichtigen Schritt zur Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs.

FPÖ-Verkehrssprecher Gerhard Deimek sprach sich grundsätzlich für die Novelle, aber auch für die Berücksichtigung des Abänderungsantrags der SPÖ aus.

Novelle zum Eisenbahngesetz soll rasches Reagieren auf Kapazitätsprobleme erlauben und Taktfahrplan absichern

Eine umfangreiche Novelle zum Eisenbahngesetz (EisbG) (2603 d.B.) soll verschiedene Gesetzeslücken schließen und Klärungen in Zuständigkeitsfragen bringen. Übergeordnetes Ziel sei dabei zudem, wie Verkehrsministerin Gewessler im Ausschuss ausführte, die optimale Nutzung der Kapazitäten der österreichischen Eisenbahninfrastruktur. Damit soll im Fall einer hohen Auslastung der österreichischen Eisenbahninfrastruktur, die sich etwa aufgrund von Streckensperren im Ausland ergeben kann, schneller und gezielter gehandelt werden können. Zweitens soll der integrale Taktfahrplan abgesichert werden, insbesondere in Hinblick auf Seitenstrecken. Die Einführung eines Kapazitätsmodells soll den Kontrollbehörden daher erlauben, Konflikte zwischen Bestellungen in dem Sinne zu lösen, dass Kapazitäten möglichst effektiv genutzt werden können.

Handlungsbedarf bestehe vor allem deshalb, weil der deutsche Eisenbahninfrastrukturbetreiber (DB InfraGO) bereits mehrmonatige Streckensperren für die Jahre 2026 und 2027 angekündigt habe, merkte Gewessler an. Die Sperren sollen abwechselnd die aus österreichischer Sicht höchst kritischen Streckenabschnitte Passau – Obertraubling und Regensburg – Nürnberg sowie Freilassing – Rosenheim und Rosenheim – München betreffen. Daher gelte es, die Auswirkungen auf Bevölkerung und Wirtschaft so gering wie möglich zu halten.

NEOS-Verkehrssprecher Johannes Margreiter sagte, die Ziele der Novelle seien nachvollziehbar. Aufgrund der kurzfristigen Vorlage des umfangreichen Gesetzestextes könne seine Fraktion vorerst nicht zustimmen. Dietmar Keck (SPÖ) sah im Gesetzestext unklare Punkte, die eine Einschätzung der Auswirkungen der Novelle nicht erlauben würden. Auch für FPÖ-Verkehrssprecher Gerhard Deimek lässt die Novelle noch weitgehend offen, wie Einschränkungen für den Güter- und Personenverkehr aufgrund von Streckensperren vermieden werden können.

Hermann Weratschnig (Grüne) begrüßte die Einführung von Regelungen, die es der Schienen-Control ermöglichen, rasch zu reagieren, damit die Bahnkapazitäten optimal genutzt und der Taktfahrplan abgesichert werden könne. In diesem Sinne sprach sich auch Andreas Ottenschläger (ÖVP) für die Novelle aus.

Verkehrsministerin Gewessler sagte, Sinn der Gesetzesänderungen sei es, Verkehrsbewegungen auf der Schiene sinnvoll bündeln und priorisieren zu können. Sie konzedierte, dass die Novelle noch nicht alle Fragen lösen werde. Weitere Maßnahmen müssten folgen. So müsse etwa eine Abstimmung mit den Nachbarstaaten betreffend die möglichen Ausweichstrecken erfolgen. Sie führe bereits intensive Gespräche in dieser Frage auf Ministerebene, berichtete die Verkehrsministerin.

SPÖ FORDERT GESETZLICHE PLANUNGSSICHERHEIT FÜR DAS ZIELNETZ BAHNINFRASTRUKTUR

Eine breite Diskussion löste die Forderung von SPÖ-Verkehrssprecher Alois Stöger nach einem Bundesgesetz über ein Zielnetz für die Eisenbahninfrastruktur (Zielnetzgesetz) (4053/A) aus. Stöger argumentierte im Ausschuss, aktuell habe die Festlegung des Zielnetzes zu wenig Verbindlichkeit und biete zu wenig Planungssicherheit. Angesichts der geplanten Ausgaben müsse auch der Nationalrat ein Mitspracherecht haben. Das Zielnetz müsse als längerfristiges Planungsinstrument für den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur dienen und dabei auf einen mindestens fünfzehnjährigen Planungszeitraum abstellen. Die Ergebnisse sollen laut dem Vorschlag der öffentlichen Begutachtung unterzogen werden.

Skeptisch sahen den Antrag hingegen die ÖVP-Abgeordneten Johann Singer und Andreas Ottenschläger (ÖVP). Singer meinte, dass er die Intention des Antrags durchaus nachvollziehen könne. Eine gesetzliche Festlegung auf die Projekte, wie sie die SPÖ wolle, würde eine starke Budgetbelastung bedeuten und auch einen zu hohen Erwartungsdruck auf die Unternehmen auslösen, sagte Singer. Ottenschläger meinte, die Zielnetzvorgaben müssten stets zeitlich wie finanziell realistisch bleiben, der aktuelle Weg der Planung sei daher sinnvoll.

Hermann Weratschnig (Grüne) betonte, dass das Zielnetz bereits das Ergebnis eines breiten Abstimmungsprozesses sei und daher nicht nur abstrakte Vorgaben enthalte, sondern Projekte, über die eine Einigung erzielt worden sei.

FPÖ-Abgeordneter Walter Rauch bezweifelte, dass die angekündigte Aktualisierung des Zielnetzes noch in dieser Legislaturperiode erfolgen werde.

Verkehrsministerin Gewessler betonte, dass die Eisenbahnunternehmen davon ausgehen könnten, dass der Bahnausbau weitergehe. Die aktuellen Planungen seien zweifellos ambitioniert, aber machbar. Das Zielnetz diene der Priorisierung von Projekten und sei in diesem Sinne in erster Linie ein Arbeitsmittel von Expert:innen, um zu klären, was wann umgesetzt werden könne. Das stehe aber nicht im Widerspruch zu übergeordneten Verkehrszielen des Bundes. Sobald das aktualisierte Zielnetz vorliege, werde ihr Ressort dem Verkehrsausschuss selbstverständlich einen Bericht dazu vorlegen.

ÖVP UND GRÜNE WOLLEN AUSBAU VON RAMPEN AN BAHNHÖFEN

ÖVP und Grüne treten in einem Entschließungsantrag für die Erhaltung bzw. zusätzliche Errichtung von Rampen zur Bahnsteigerschließung an Bahnhöfen und Bahnhaltestellen ein (4036/A(E)). Lukas Hammer (Grüne) verwies auf die positiven Erfahrungen, die dabei etwa in der Schweiz und in Vorarlberg mit fairen Risiko- und Kostenteilungsmodellen gemacht worden seien. Ziel müsse sein, dass Rampen an Verkehrsstationen auch bei Umbauten erhalten bleiben oder neu gebaut werden. Auch NEOS-Verkehrssprecher Margreiter begrüßte das Ziel des Antrags.

SPÖ-Abgeordneter Alois Schroll merkte an, die SPÖ weise seit Jahren auf Probleme der Barrierefreiheit der Bahn hin, sie stimme dem Antrag zu, auch wenn er Fragen offen lasse. Christian Hafenecker (FPÖ) wertete den Antrag als implizites Eingeständnis der Koalitionsfraktionen, in der abgelaufenen Legislaturperiode nicht genug gemacht zu haben, und lehnte den Antrag ab.

Verkehrsministerin Gewessler versicherte den Abgeordneten, dass sie das Anliegen der Barrierefreiheit sehr ernst nehme.

ÖVP UND GRÜNE: VERBESSERUNGEN FÜR DEN BAHNVERKEHR IN EUROPA

Die Abgeordneten Peter Weidinger (ÖVP) und Ulrike Fischer (Grüne) treten für Verbesserungen des transeuropäischen Bahnverkehrs ein (4110/A(E)). Ein harmonisiertes europäisches Eisenbahnnetz sei nicht nur ein Schlüssel zum Klimaschutz und zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Europa, sondern auch von essenzieller Bedeutung für die Regionen, argumentierte Weidinger. Fischer sagte, Bahnfahrer:innen würden von der Weiterentwicklung zu einem europäischen Eisenbahnraum mit einem transeuropäischen Buchungs- und Bezahlsystem weniger Grenzunterbrechungen und kürzere Fahrzeiten profitieren.

Unterstützung für den Antrag kam von den NEOS. SPÖ und FPÖ werteten ihn hingegen als überflüssige Aufforderung der Koalitionsfraktionen an sich selbst.

Verkehrsministerin Gewessler meinte, sie sehe den Antrag, wie auch andere Entschließungen des Nationalrats, als Unterstützung der Abgeordneten für die österreichische Position auf EU-Ebene.

NEOS: DIREKTVERGABEN BEI LEISTUNGSBESTELLUNGEN NUR RESTRIKTIV EINSETZEN

NEOS-Verkehrssprecher Johannes Margreiter fordert in einem Antrag eine Umstellung der Vergabepraxis bei gemeinwirtschaftlichen Leistungen im öffentlichen Verkehr. (3694/A(E)). Nach den neuen EU-Vorgaben sollte das wettbewerbliche Vergabeverfahren das Standardinstrument sein und die Direktvergaben nur äußerst restriktiv genutzt werden. Hermann Weratschnig (Grüne) sah die bisherige Handhabung der Vergaben als sinnvoll und stellte einen Vertagungsantrag.

Verkehrsministerin Gewessler betonte, Österreich habe die neuen EU-Vorgaben kritisch gesehen und immer darauf bestanden, dass die Möglichkeit der Direktvergabe erhalten bleibe. Direktvergaben seien aus ihrer Sicht ein sinnvolles verkehrspolitisches Instrument. Es werde entsprechend den EU-Vorgaben genützt, um ein ausreichendes Verkehrsangebot auf den Streckenabschnitten sicherzustellen, auf denen der Eisenbahnmarkt sonst kein ausreichendes Angebot sicherstellen würde. (Fortsetzung Verkehrsausschuss) sox

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