Gesetzesantrag zur Reparatur der Rechtsberatung von Asylwerber:innen passierte Innenausschuss

Gesetzesantrag zur Reparatur der Rechtsberatung von Asylwerber:innen passierte Innenausschuss

Koalition will damit VfGH-Urteil nachkommen, keine Zustimmung gab es von der FPÖ

Im Innenausschuss wurde die Rechtsberatung von Asylwerber:innen durch die Bundesbetreuungsagentur (BBU) thematisiert. Laut Verfassungsgerichtshof (VfGH) sei die Unabhängigkeit der Rechtsberatung für Asylwerber:innen und Fremde durch die BBU nicht hinreichend gesetzlich abgesichert. Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf werde verletzt.

Grüne und ÖVP legten einen Gesetzesantrag vor, um die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Rechtsberater:innen abzusichern (4130/A). Grünen-Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer hätte sich „niemals gedacht“, dass aus der BBU „etwas Gutes“ werden könnte, wie sie im Ausschuss ausführte. Die Praxis zeige jedoch, dass diese „extrem gut“ funktioniere. Mit dem vorliegenden Antrag sollen die vom VfGH aufgezeigten Schwachstellen beseitigt werden. So soll in der BBU ein eigener Geschäftsbereich Rechtsberatung eingerichtet werden. Zudem enthält der Gesetzesantrag besondere Regelungen zum Kündigungs- und Entlassungsschutz von Rechtsberater:innen. Auch ein Qualitätsbeirat soll gesetzlich bindend werden.

KEINE MEHRKOSTEN DURCH QUALITÄTSBEIRAT

FPÖ-Mandatar Philipp Schrangl bescheinigte der BBU ebenfalls eine gute Arbeit. Er erkundigte sich nach etwaigen Mehrkosten, die durch die Einrichtung des Qualitätsbeirats entstehen könnten. Ein Experte des Ressorts erklärte, dass keine zusätzlichen Ausgaben entstünden, da der Qualitätsbeirat faktisch bereits eingerichtet sei.

Während Ernst Gödl (ÖVP) begrüßte, dass es „nun so schnell“ gelinge, die angesprochenen „Schwachstellen“ zu bereinigen, kritisierte SPÖ-Mandatar Reinhold Einwallner, dass die Gesetzesänderung per Initiativantrag eingebracht wurde. Obwohl im Asylbereich tätige NGOs so keine Möglichkeit gehabt hätten, in einem Begutachtungsverfahren eingebunden zu werden, drückte Einwallner seitens der SPÖ dennoch Zustimmung zum Antrag aus.

Georg Bürstmayr (Grüne) warf ein, dass bei der Erarbeitung des Initiativantrags sehr wohl Stakeholder und NGOs eingebunden worden seien. Er merkte zudem an, dass eine gute Rechtsberatung für Asylwerber:innen auch allen anderen Rechtsschutzsuchenden diene, da unnötige Verfahrensverzögerungen vermieden werden könnten. Stephanie Krisper (NEOS) zeigte sich erfreut darüber, dass sich „die Regierungsparteien doch noch einigen konnten“ und betonte, dass den NEOS die Unabhängigkeit der Rechtsberatung „schon immer ein Anliegen“ gewesen sei.

Der Antrag der Koalition wurde ohne die Stimmen der FPÖ-Abgeordneten angenommen.

KATASTROPHENHILFEABKOMMEN MIT SERBIEN UND GEORGIEN

Einstimmigkeit herrschte jedoch bei der Abstimmung über Staatsverträge mit Serbien und Georgien zur Katastrophenhilfe. Um eine Rechtsgrundlage für Hilfe bei Natur- oder technischen Katastrophen sicherzustellen, hat Österreich mit mehreren Staaten Katastrophenhilfeabkommen geschlossen. Nun legte die Koalition zwei Staatsverträge für ein solches Abkommen mit Georgien (2411 d.B.) und Serbien (2562 d.B.) vor. „Unbürokratische Hilfeleistung“ solle dadurch „leicht ermöglicht“ werden, betonte ÖVP-Mandatar Andreas Minnich. Er führte aus, dass „unsere Hilfskräfte versicherungstechnisch im betroffenen Land besser abgesichert sind“.

„TRUTHFLUENCING“ GEGEN RADIKALISIERUNG VON JUGENDLICHEN UND KINDERN AUF TIKTOK

Außerdem wurde ein Entschließungsantrag (4128/A(E)) der Koalitionsparteien zum Schutz vor Radikalisierung auf TikTok angenommen.

Georg Bürstmayr (Grüne) führte aus, dass TikTok eine Plattform sei, die „besonders geeignet ist, junge Menschen zu radikalisieren“. Immer wieder sei in Berichten zu lesen, dass sich Terrorverdächtige „selbst radikalisiert“ hätten, oft werde dabei TikTok genannt. Im Antrag wird eine „Truthfluencing“-Offensive vorgeschlagen, die Bewusstsein schaffen soll, „wie riskant es ist“. Noch in dieser Legislaturperiode „fordern wir einen ersten Zwischenbericht“, betonte Bürstmayr. SPÖ-Abgeordnete Katharina Kucharowits begrüßte die Initiative. Sie betonte, dass es sinnvoll wäre, wenn der erwähnte Bericht „nachhaltig“ wäre und in die nächste Gesetzgebungsperiode „mitgehen“ würde, damit er im Ausschuss und „vielleicht auch öffentlich“ behandelt werden könnte. FPÖ-Mandatar Christian Ries bekundete, dass er die Zuständigkeit hierfür beim Minister für Digitalisierung sehe. Für die FPÖ nicht schlüssig sei, warum ausschließlich auf TikTok und nicht auch andere Plattformen eingegangen werde. Er betonte, dass Tatbestände – egal auf welchem Kanal – klar definiert und unter Strafe gestellt werden müssten. „Das würde uns weiterbringen“, ist er überzeugt.

Die Freiheitlichen stimmten dem Antrag nicht zu. Unterstützung erhielten Grüne und ÖVP von NEOS und SPÖ. Vertagt wurde hingegen zum wiederholten Mal ein Antrag der NEOS, mit dem die Abgeordneten Maßnahmen gegen Extremismus fordern (3674/A(E)).

FPÖ GEGEN SCHENGEN-BEITRITT VON BULGARIEN UND RUMÄNIEN

Ein Anliegen der FPÖ ist es, dass Bulgarien und Rumänien keine Schengen-Mitglieder werden(3284/A(E)). Als Grund wird der Außengrenzschutz ins Treffen geführt. Hannes Ammesbauer wollte vom Minister wissen, ob er an dem Veto, das er auf EU-Ebene gegen den Beitritt eingelegt habe, festhalte. Zu Wort meldete sich ÖVP-Mandatar Minnich. Man habe mit dem Veto aufgezeigt, dass „einiges im Argen liegt“ und den Fokus auf den gemeinsamen Außengrenzschutz gelegt. „Da wurde gute Arbeit geleistet“, betonte er. Minnich führte Zahlen an der burgenländischen Grenze auf, um den „erfolgreichen Weg“, den es gebe, zu untermauern. Heuer seien es 290 Aufgriffe gewesen, 16.482 im Vergleichszeitraum 2022. Stephanie Krisper (NEOS) kritisierte hingegen das Veto Österreichs. Auch den Antrag der Freiheitlichen lehnte sie ab. Mit dem Beitritt Rumäniens und Bulgariens würde man eine durchgehende EU-Außengrenze haben. Man könnte „gemeinsam“ kontrollieren, „nur Zusammenarbeit kann effektives Grenzmanagement ermöglichen“, ist die Abgeordnete überzeugt. Die FPÖ-Initiative wurde durch die Koalitionsparteien vertagt. Wieder vertagt wurde auch ein Entschließungsantrag, mit dem die Freiheitlichen Rücknahmeabkommen mit u. a. Syrien, Irak oder Bangladesch fordern (2291/A(E)).

NEOS FORDERN WOHNSITZAUFLAGE FÜR ASYLBERECHTIGTE

Stephanie Krisper argumentierte im Ausschuss, warum es auch eine Wohnsitzauflage für Schutzsuchende, deren Asylverfahren positiv ausgegangen sei, eine Wohnsitzauflage brauche (4020/A(E)). Die Zahl der Geflüchteten sei in Österreich ungleich verteilt. Während Wien die „selbst auferlegte Quote übererfülle“, würden die meisten anderen Bundesländer ihre Quote nicht erfüllen. Viele Menschen blieben nach dem Verfahren in Wien, andere würden nach Wien ziehen. Krisper hält eine Verteilung für „integrationspolitisch sinnvoll“ und fordert, dass „die Integrationsmaßnahmen einheitlich in den Bundesländern“ gefördert werden und dann „eine Wohnsitzauflage eingeführt wird“. Barbara Sirka Prammer (Grüne) betonte, dass eine solche „derzeit nicht sinnvoll“ sei. Sinnvoll sei hingegen, die Quoten einzuhalten. Wichtig wäre auch ab dem Zeitpunkt, an dem die Geflüchteten in einem Quartier untergebracht werden, Integrationsmaßnahmen zu setzen. Man müsste „schauen, wie man sie im Ort integrieren kann. Wie bringe ich sie in Vereine oder zur Feuerwehr?“, so Prammer. Sie ist überzeugt: „Wenn die Menschen dort erst einmal Fuß gefasst haben, werden sie sich auch nicht mehr auf den Weg machen.“ Der Antrag wurde von den Koalitionsparteien vertagt.

NEOS FÜR REFORM DER STAATSBÜRGERSCHAFT

Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS) forderte im Ausschuss eine Reform der Staatsbürgerschaftsvergabe (3832/A(E)). Die Initiative sei unter anderem darauf gerichtet, „bürokratische Hürden“ zu senken. Es müsste die „Art und Weise der Berechnung der erforderlichen Einkommensnachweise“ geändert sowie „Schikanen“ bei der Berechnung der Aufenthaltsdauer beseitigt werden. Kritik übte er auch am derzeitigen Staatsbürgerschaftstest, sinnvoller als der „Millionenshow-Test“ wäre ein vertiefendes mündliches Gespräch, ist Arlamovsky überzeugt. ÖVP-Abgeordneter Klaus Fürlinger entgegnete: „Wir sind nicht allein auf dieser Welt, wenn wir einen Pass vergeben, ist das auch woanders ein Zutrittsschein.“ Er stellte klar, dass dieses Thema keine Priorität in dieser Gesetzgebungsperiode habe. „Es steht nicht im Regierungsprogramm“. Fürlingers Vertagungsantrag wurde angenommen.

Erst kürzlich debattierten die Ausschussmitglieder zwei SPÖ-Anträge betreffend Maßnahmen wegen fehlender Polizist:innen (4019/A(E)) und zur Umsetzung des Aktionsplans Deepfakes noch vor den Nationalratswahlen (3979/A(E)). Diese standen erneut auf der Tagesordnung. ÖVP-Mandatar Wolfgang Gerstl stellte den Antrag auf Vertagung unter anderem, weil sie „erst vor 14 Tagen“ im Ausschuss behandelt worden seien. Die Fraktionskolleg:innen sowie die Abgeordneten der Grünen stimmten zu. (Fortsetzung Innenausschuss) map

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