Schallenberg verteidigt Bestrebungen zum Waffenstillstand im Nahen Osten

Schallenberg verteidigt Bestrebungen zum Waffenstillstand im Nahen Osten

Einstimmige Entschließung im Nationalrat zur gegenseitigen Anerkennung von Studienabschlüssen mit Italien

Im Nationalrat wurde vor dem Hintergrund des von der Regierung vorgelegten Außen- und europapolitischen Bericht s für das Jahr 2022 über die aktuelle Friedenspolitik, Sicherheitsstrategien und die Asylpolitik diskutiert. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) sah sich unter anderem mit dem Vorwurf konfrontiert, sich nicht für einen Waffenstillstand im Nahen Osten einzusetzen.

Einig waren sich alle Parlamentsfraktionen darüber, ein Abkommen mit Italien über die gegenseitige Anerkennung von Studienabschlüssen auszuweiten – konkret geht es dabei um Fachhochschulabschlüsse. Ein Allparteienantrag dazu wurde einstimmig angenommen.

DEBATTE ÜBER NAH-OST-KONFLIKT

Zur Debatte stand der Außen- und europapolitische Bericht 2022, der für Volker Reifenberger (FPÖ), Petra Bayr und Christoph Matznetter (beide SPÖ) „zu spät“ vorgelegt wurde. Der aktuelle Konflikt im Nahen Osten wurde vor diesem Hintergrund von beinahe allen Abgeordneten am Rednerpult thematisiert. SPÖ-Mandatarin Muna Duzdar führte Opferzahlen auf beiden Seiten ins Treffen, sie bezeichnete Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu als „Rechtsextremisten“, dem die Opfer egal seien. Die Zivilbevölkerung im Gazastreifen, wisse nicht mehr, wohin sie flüchten solle. Sie sprach Außenminister Schallenberg direkt an: „Herr Minister, von Ihnen habe ich noch kein kritisches Wort dazu vernommen.“ Selbst die USA habe Österreich in ihrer Kritik am militärischen Vorgehen Israels überholt. Sie ersuchte den Außenminister, einen sofortigen Waffenstillstand zu fordern, „das habe ich bisher von Ihnen in der Deutlichkeit noch nicht gehört.“ Diesen Vorwurf ließ Schallenberg nicht unkommentiert. „Ich habe das immer wieder gesagt, in Brüssel, in New York, in Amman“, zählte er auf. Genauso habe er immer wieder klargestellt, dass das internationale, humanitäre Völkerrecht unverhandelbar sei, es gelte immer und überall und „selbstverständlich auch für Israel und selbstverständlich auch im Gazastreifen“.

Für die FPÖ müsse das Interesse der Außenpolitik friedenstiftend sein und die Interessen der österreichischen Bevölkerung in den Mittelpunkt stellen – das wirke laut deren Abgeordneter Susanne Fürst „stabilisierend“. Sie betonte, dass die Aufgabe im Krieg zwischen Russland und der Ukraine lauten hätte müssen: Wie halte man Österreich aus dem Konflikt heraus und wie könne man die österreichische Bevölkerung vor negativen Auswirkungen durch den Krieg schützen. Kritik gab es für eine „bedingungslose“ Unterstützung von EU-Sanktionen und die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Österreich. Parteikollegin Petra Steger sprach vom Jahr 2022 als „absolutes Katastrophenjahr“. Sie nahm Bezug auf Migrationszahlen. Im Vorjahr seien 80.000 Migrant:innen angekommen, 110.000 im Jahr 2022, damit sei das Jahr 2015 noch übertroffen worden. Statt echtem Außengrenzschutz gebe es in der EU weiterhin nur ein Verwalten der Massenimmigration. Die Verträge mit Drittstaaten sind für sie „unnötig“, man mache sich nur abhängig. Die FPÖ forderte daher einmal mehr mit einem Entschließungsantrag eine „Festung Europa“ und damit Maßnahmen zur Eindämmung illegaler Migration. Mit ihren Forderungen blieben sie bei der Abstimmung im Plenum alleine.

SPÖ FORDERT AKTIVE NEUTRALITÄTSPOLITIK

ÖVP-Mandatar Georg Strasser zweifelte das Streben nach Sicherheit durch die PFÖ an. Er stellt die Frage, warum man sich gegen einen Raketenabwehrschirm wie Sky Shield stelle, wenn man das eigene Land schützen möchte. Der Beitritt zu Sky Shield diene der NATO, so FPÖ-Abgeordneter Volker Reifenberger. Für ihn geht es dabei um eine „konsequente Neutralitätspolitik“, die Neutralität sei nur dann etwas wert, wenn sie glaubhaft gelebt werde. Für die SPÖ sei ganz klar, dass Österreich mit einer aktiven Neutralitätspolitik einen Beitrag zur Friedenssicherung leisten könne, führte Abgeordneter Christoph Matznetter aus. Die Neutralität verbiete in Militärbündnisse einzutreten, nicht aber sich proaktiv als Plattform für Dialog anzubieten, so SPÖ-Nationalrätin Petra Bayr. Man könnte im Abrüstungs- und Nichtverbreitungsbereich deutliche Akzente setzen. Die SPÖ brachte einen entsprechenden Entschließungsantrag ein, unterstützt wurden sie von der FPÖ, eine Mehrheit gab es dafür im Hohen Haus nicht.

Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) betonte, dass man Zerstörer der friedlichen Weltordnung demokratisch abwählen müsse, daher sei es wichtig, dass man Werte wie Frieden, Freiheit, Sicherheit durch eine wertebasierte Außenpolitik aus Österreich nach außen trägt. Man setze sehr viele Aktivitäten gegen Atomwaffen, gegen automatisierte Waffensysteme, für Friedensverhandlungen. Sie zeigte sich überzeugt, dass Österreich weiterhin eine sehr wichtige Rolle als neutraler Staat in dieser Weltordnung einnehme.

Neutralität heiße nicht Gleichgültigkeit, so Schallenberg. Er appellierte: „Bitte verhalten wir uns nicht wie ein Staat, der auf der Straße sieht, dass eine Person niedergeschlagen oder ausgeraubt wird oder ihr sonstige Gewalt angetan wird und wir sagen: Nein, das betrifft uns nicht, da gehen wir lieber weiter, da sind wir lieber neutral.“ Selbstisolierung werde Österreich nicht sicherer machen, ist er überzeugt.

FORDERUNG NACH VORLAGE DER SICHERHEITS- UND AFRIKASTRATEGIE

Stichwort Sicherheitsstrategie: SPÖ-Abgeordnete Bayr wies darauf hin, dass sie nach wie vor die Sicherheitsstrategie vermisse. Die NEOS brachten einen Antrag ein, mit dem sie die Regierungsparteien dazu auffordern, noch im Mai dem Nationalrat den Entwurf für die neue österreichische Sicherheitsstrategie vorzulegen. Unterstützung gab es von der SPÖ. Gewartet würde auch auf die Afrikastrategie, führte Henrike Brandstötter aus, eigentlich sei diese schon vor über einem Jahr von den Regierungsparteien versprochen worden. Brandstötter weist darauf hin, dass geopolitische Strategien Funktionen hätten, etwa um Ziele zu definieren und auch klar in der Politik nach außen kommuniziert werden könnten. Für sie „irrlichtert“ die Bundesregierung hier herum. Bettina Rausch-Amon (ÖVP) entgegnete, dass zwar keine Strategie schriftlich vorliege, man aber die Strategie deduktiv ableiten könne. „Das Vorgehen in Sachen Afrika ist differenziert, es gibt viele Herausforderungen“, so Rausch-Amon. Ein Entschließungsantrag der NEOS, der die Regierung zur Vorlage einer Afrikastrategie auffordert, wurde im Plenum nicht angenommen. Ebenso eine Absage erhielt der von SPÖ-Mandatar Robert Laimer eingebrachte Entschließungsantrag zur Verschärfung der Exportkontrollen für Kriegswaffen und zur effektiveren Reglementierung der Waffen-Lobby. Unterstützung gab es nur von den NEOS.

Der Außenpolitische Bericht 2022 wurde mit Ausnahme der Stimmen der FPÖ zur Kenntnis genommen.

FH-STUDIENABSCHLÜSSE SOLLEN KÜNFTIG IN ITALIEN ANERKANNT WERDEN

Für eine Ausweitung bestehender Abkommen mit Italien zur gegenseitigen Anerkennung von Studienabschlüssen auf Fachhochschulen setzen sich alle Fraktionsparteien im Parlament ein. Bereits im Pariser Vertrag 1946 gebe es ein Übereinkommen zwischen Österreich und Italien, dass man sich gegenseitig bei der Anerkennung akademischer Titel unterstütze, 2009 sei dies mit einem bilateralen Abkommen weiter vorangetrieben worden, die Liste der Studien sei laufend ergänzt worden, so die Abgeordneten Hermann Weratschnig (Grüne) und Hermann Gahr (ÖVP). Besondere Bedeutung haben die Vereinbarungen für aktuell rund 7.000 Südtiroler Studierende in Österreich, so Gahr, für sie würden so Erleichterungen geschaffen. Bisher werden FH-Abschlüsse nicht anerkannt, das bezeichnet auch Selma Yildirim (SPÖ) als Lücke, oft seien langwierige und kostenaufwendige Anerkennungsverfahren die Konsequenz. Für Abgeordnete Martina Künsberg Sarre (NEOS) fördert die Anerkennung von Studienabschlüssen die gesamte Mobilität zwischen österreichischen und italienischen Studierenden. Für sie ist es ein Baustein, um die europäische Bildungsfreizügigkeit in der EU zu verankern, denn „grenzenlose Bildung muss eine Selbstverständlichkeit sein“. Mit einem Allparteien-Entschließungsantrag zum Hochschul-Abkommen mit Italien, der im Nationalrat angenommen wurde, werden die zuständigen Minister nun auf den Weg geschickt, das Thema mitzunehmen.

Thematisiert wurde im Zuge der Debatte auch die Südtiroler Autonomie. Ein Entschließungsantrag wurde eingebracht, der die Bundesregierung dazu auffordert, die Südtiroler Landesregierung dabei zu unterstützen, die durch die italienische Verfassungsreform 2001 verloren gegangenen Rechte wiederherzustellen. Für Weratschnig (Grüne)  müsste das ganz klar im „Rahmen der ausgestalteten Südtiroler Autonomie auch auf der Grundlage der Streitbeilegung 1992“ passieren. Der Antrag wurde einstimmig angenommen.

Die FPÖ thematisierte im Bezug auf Südtirol die Schutzmachtfunktion Österreichs. Diese sei laut Abgeordneten Peter Wurm verloren gegangen. Nun fordere selbst die Südtiroler Volkspartei, diese Schutzmachtfunktion wieder aktiv einzubringen, so Wurm. Zudem wollte die FPÖ mit einem Entschließungsantrag erreichen, dass der 105-jährigen Hermine Orian die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen wird. Es sei der „letzte Herzenswunsch“ der „Altösterreicherin“, so FPÖ-Nationalrat Peter Wurm, sie habe ihr Leben dem Kampf für die Rechte der Südtiroler gewidmet und wolle nun als Österreicherin sterben. Der Antrag fand bei den anderen Parteien keine Unterstützung. (Fortsetzung) map

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