Finanzausschuss berät über Ukraine-Hilfe und digitalen Euro
Finanzausschuss berät über Ukraine-Hilfe und digitalen Euro
Debatte auch über Maßnahmen zu Finanzbildung
Im weiteren Verlauf des heutigen Finanzausschusses stand die aktuelle EU-Finanzpolitik im Fokus. Die Abgeordneten diskutierten mit Finanzminister Magnus Brunner über die österreichische Haltung zum digitalen Euro und über die weitere Unterstützung der Ukraine. Zudem berichtete Brunner über Maßnahmen im Bereich der Finanzbildung, sowie über Wiederauffüllungen von internationalen Entwicklungsfonds. Die Berichte wurden mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Ein Antrag der SPÖ zur steuerlichen Gleichbehandlung von Milch und pflanzlichen Milchalternativen wurde von den Regierungsparteien vertagt.
EU-FINANZPOLITIK: UNTERSTÜTZUNG DER UKRAINE FORTSETZEN
Die belgische Ratspräsidentschaft will die Kapitalmarktunion und Bankenunion weiter vertiefen, um den Binnenmarkt zu stärken. Im Steuerbereich nennt die Präsidentschaft die Verringerung der Mehrwertsteuerlücke als erste Priorität. Finanzminister Magnus Brunner informierte die Mitglieder des Finanzausschusses über aktuelle Themen aus der EU-Finanzpolitik (III-1110 d.B. sowie III-843-BR/2024 d.B.). Relevante EU-Vorhaben im Finanzbereich liegen laut Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission beim Green Deal und stehen im Einklang mit der Bekämpfung der Energiekrise.
Österreich bekenne sich zur fortgesetzten Unterstützung der Ukraine, heißt es im Bericht. Beim EU-Beitrittsprozess der Ukraine stehe Österreich gegen ein verkürztes Verfahren, denn Prinzipien, Kriterien und Prozesse seien einzuhalten. Unter anderem sollte dies im Rahmen der Ukraine-Fazilität durch strikte Konditionen und eine starke Rolle des Rates sichergestellt werden. Für die Unterstützung der Ukraine sei auch eine Beteiligung des Privatsektors von großer Bedeutung. Beratungen über die Nutzung von unter Sanktionen fallendem russischen Vermögen für den Wiederaufbau werden unterstützt. Es müsse allerdings jedenfalls im Einklang mit nationalem und internationalem Recht vorgegangen werden. Aus österreichischer Sicht habe die Errichtung einer Kapitalmarktunion durch den Brexit, die wirtschaftlichen Folgen der COVID-Pandemie sowie den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zusätzlich an Bedeutung gewonnen, so der Bericht des Finanzministeriums für die EU-Jahresvorschau.
Karin Doppelbauer (NEOS) fragte Finanzminister Magnus Brunner, ob er befürworte eingefrorenes Geld aus Russland für den Wiederaufbau der Ukraine heranzuziehen. Christoph Matznetter (SPÖ) erkundigte sich diesbezüglich nach der Folgenabschätzung und Maximilian Linder (FPÖ) wollte wissen, wieviel Geld bereits an die Ukraine geflossen sei und wofür dieses verwendet werde.
Die Frage des Einsatzes von „Frozen Assets“ für den Wiederaufbau der Ukraine werde derzeit intensiv diskutiert, sagte Brunner. Die potentiell erwirtschafteten Gewinne aus diesen Geldern sollen „selbstverständlich“ in den Wiederaufbau fließen, dies sei laut Expert:innen rechtlich möglich und könne nur im Zusammenspiel mit den G7 und der EZB erfolgen. Was die Verwendung des eingefrorenen Kapitals angehe, sei nicht klar, ob dies rechtlich möglich sei. Die möglichen Folgewirkungen würden analysiert werden, so Brunner. Es stehe weiters außer Zweifel, dass die Kosten für den Wiederaufbau enorm seien. Für die nächsten zehn Jahre werden die Kosten auf 486 Milliarden US-Dollar geschätzt. Die Ukraine-Fazilität bestehe aus drei Säulen, diese sind der „Ukraine-Plan“, das Ukraine Investment Framework und die technische Hilfe. Österreich stelle sowohl bilateral Hilfe in der Höhe von 210 Mio. Euro zur Verfügung und beteilige sich auch an der europäischen Hilfeleistung. Der Österreichanteil an den verschiedenen EU-Programmen für die Ukraine liege bei 2,8 %. Der genaue Betrag sei derzeit noch nicht seriös ermittelbar, so Brunner.
Gefragt von Franz Leonhard Eßl (ÖVP) nach einer möglichen Verlängerung des Programms „Next Generation EU“, dem Konjunkturpaket der EU zur Eindämmung der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, antwortete Brunner, dass dieses Programm bis längstens 2026 vorgesehen sei, derzeit kein Vorschlag für eine Verlängerung vorliege und er einer solchen auch nicht zustimmen würde.
DIGITALER EURO ALS ERGÄNZUNG ZU BARGELD
Unter der Voraussetzung, dass der digitale Euro lediglich als Ergänzung zur Verwendung von Bargeld verstanden wird, werden die Arbeiten an einem digitalen Euro aus österreichischer Position unterstützt, heißt es aus dem Finanzministerium. Die Wahlfreiheit bei der Nutzung von Bargeld müsse gewahrt bleiben. Es sei wichtig, dass fundamentale Entscheidungen über die Gestaltung des digitalen Euros von den EU-Gesetzgebern und nicht allein von der Europäischen Zentralbank getroffen werden, so das Finanzministerium. Insbesondere dürfe der digitale Euro nicht die Finanzmarktstabilität gefährden. Bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung spricht sich Österreich gegen eine Barzahlungsobergrenze aus. Während der Verhandlungen im Rat wurde deutlich, dass diese Position nicht von den anderen Mitgliedstaaten geteilt werde. Aufgrund der Wichtigkeit des Pakets zur Geldwäschebekämpfung wurde dem Gesamtkompromiss des Rats daher zugestimmt, wobei aber auch wichtige Ausnahmebestimmungen durchgesetzt werden konnten, heißt es seitens des Finanzministeriums.
Karin Doppelbauer (NEOS) wollte von Finanzminister Brunner wissen, ob es für den digitalen Euro nicht eine externe Aufsicht bräuchte und was die konkreten Ziele des digitalen Euros seien. Gerhard Kaniak (FPÖ) erkundigte sich, ob der digitale Euro programmierbar sein werde.
Die Details zum digitalen Euro seien noch nicht besprochen worden, sagte Brunner. Bisher sei der Vorgang „rein technisch“ und das Vorhaben werde noch nicht auf politischer Ebene diskutiert. Geplant sei, dass der digitale Euro „über Wallets bei den Banken laufen“ werde. Die Wahlfreiheit müsse auf jeden Fall gewährleistet bleiben. Was der Mehrwert des digitalen Euros sei, habe ihn noch niemand erklären können, sagte Brunner.
FINANZBILDUNG 2023: WORKSHOPS, KURSE UND INFORMATIONSPORTALE
Derzeit erarbeiten das Finanzministerium und die Oesterreichische Nationalbank gemeinsam ein Finanzbildungsportal für die gesamte Bevölkerung. Es soll ein One-Stop-Shop für Finanzbildung entstehen, um die Finanzkompetenzen der Bürger:innen im Land zu erhöhen, berichtete Finanzminister Magnus Brunner über Bildungsmaßnahmen im Finanzbereich (III-1084 d.B.). Der Aktionsplan der Nationalen Finanzbildungsstrategie laufe über einen Zeitraum von 2021 bis 2026. 139 österreichische Finanzbildungsmaßnahmen wurden 2023 gesetzt (Stand 11.11.2023), darunter fallen Workshops, Kurse und Informationsportale.
Für 2024 und 2025 ist die Einführung von Finanzbildung als Teil des verpflichtenden fächerübergreifenden Themas Wirtschafts-, Finanz- und Verbraucher:innenbildung an österreichischen Schulen geplant. Gearbeitet wird auch an der Schaffung eines besseren Verständnisses für die Funktionsweise des Konjunkturzyklus und für die Auswirkungen von Entwicklungen auf den Finanzmärkten. Im Jahr 2025 soll die Unterstützung und Koordination von Pilotprojekten für die Vermittlung von Finanzwissen in Schulen im Vordergrund stehen.
Karin Doppelbauer (NEOS) bedankte sich für die Vorlage des ausführlichen Berichts und wies darauf hin, dass online viele Informationen dazu abrufbar seien. Sie fragte, ob die Einführung eines Gütesiegels oder einer Zertifizierung geplant sei, die über die Wirkung der Maßnahmen im Rahmen der Finanzbildung Auskunft geben könnten. Gerhard Kaniak (FPÖ) meinte, dass die Maßnahmen erst spät kommen, dies zeige die hohe Insolvenz- und Schuldenquote junger Menschen. Franz Leonhard Eßl (ÖVP) wollte wissen, wie man die Effekte der Maßnahmen messen könne.
Das Thema Finanzbildung werde von ihm sehr ernst genommen, sagte Magnus Brunner. Informationen werden im Onlinefinanzbildungsportal bereitgestellt, es gab eine Überarbeitung des Unterrichtsmaterials für Schulen, eine Teilnahme an der „Global Money Week“ und zudem sei man viel in Schulen unterwegs. Zur Bekämpfung von Jugendverschuldung wurde eine Kampagne durchgeführt, weiters gab es einen „Frauenschwerpunkt“. Das Portal solle neu aufgestellt werden, sodass die Informationen für die Bürger:innen klarer dargestellt werden können. Zur Evaluierung der Effekte sei ein Monitoring-Bericht in Arbeit, der noch im ersten Halbjahr veröffentlicht werden solle, so Brunner.
BERICHT ÜBER WIEDERAUFFÜLLUNGEN VON INTERNATIONALEN ENTWICKLUNGSFONDS
Das Finanzministerium berichtet über Entwicklungen bei internationalen Entwicklungsorganisationen (III-124 d.B.). Eine starke Nachfrage nach Finanzierungen wurde etwa bei der Internationalen Entwicklungsorganisation verzeichnet. Der Asiatische Entwicklungsfonds erhielt eine positive Bewertung trotz Verzögerungen. Dem Finanzministerium zufolge verzeichnete der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung Erfolge beim Anteil der Klimafinanzierungen und Ressourcenmobilisierung. Beim Afrikanischen Entwicklungsfonds wird von geänderten Prioritäten und Verzögerungen bei der Konzeption von Operationen berichtet.
Michel Reimon (Grüne) fragte nach der Einschätzung des Finanzministers ob bilaterale Entwicklungshilfe oder die Entwicklungshilfe durch internationale Fonds besser sei. Beide Formen greifen ineinander und wirken komplementär, sagte Brunner. Bilaterale Entwicklungshilfe eigne sich zur Förderung konkreter Projekte. Multilaterale Hilfe habe eine andere Hebelwirkung, weil die größeren Mittel anders eingesetzt werden können, beispielsweise für Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels.
Gerhard Kaniak (FPÖ) wollte wissen, wieviel Geld zur Bekämpfung von Migration eingesetzt werde. Entwicklungshilfe trage dazu bei, dass Fluchtursachen vor Ort bekämpft werden, antwortete eine Expertin des Finanzministeriums. Dazu zählen Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenssituationen der Menschen vor Ort beispielsweise durch Schaffung von Jobs, Infrastruktur und Gesundheitseinrichtungen.
Christoph Matznetter (SPÖ) erkundigte sich, wie Österreich in den Entwicklungsbanken vertreten sei. Die Repräsentation Österreichs sei dauerhaft und sehr gut, so die Expertin des Finanzministeriums.
STEUERLICHE GLEICHBEHANDLUNG VON MILCH UND PFLANZLICHEN MILCHALTERNATIVEN
Die SPÖ forderte mit einem Entschließungsantrag den Mehrwertsteuersatz für pflanzliche Milchersatzprodukte (20 %) an jenen für Milch und Milcherzeugnisse in der Höhe von 10 % anzupassen (3817/A(E)). Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.
Durch die ungleiche Besteuerung seien aktuell pflanzliche Milchalternativen für Konsument:innen teurer, obwohl für viele Menschen mit dem Wandel der Ernährungsgewohnheiten Pflanzenmilch eine alltägliche Alternative zu Kuhmilch wurde. Zudem leide eine beträchtliche Anzahl von Menschen in Österreich an Laktoseintoleranz und Allergien. Es sei nicht erklärlich, warum Menschen, die sich vegan ernähren, steuerlich benachteiligt werden, sagte Kai Jan Krainer (SPÖ).
Auch von ihrer Fraktion sei ein nahezu wortgleicher Antrag bereits einmal eingebracht worden, sagte Karin Doppelbauer (NEOS). Dieser sei jedoch „vom Bauernbund“ vertagt worden mit dem Verweis darauf, dass man den Bäuer:innen das Einkommen nicht wegnehmen wolle. Da aber beispielsweise auch Hafer für die Hafermilch von Bäuer:innen angepflanzt werde, solle man sich „hier nicht so fürchten“, meinte Doppelbauer.
Es gehe hier um ein nur „ganz kleines Segment“ und man solle nicht über die Besteuerung einzelner Getränke reden, sondern besser eine allgemeine Mehrwertsteuer-Debatte führen, sagte Gerhard Kaniak (FPÖ).
Aus Hafer könne man keine Milch machen, meinte Franz Leonhard Eßl (ÖVP). Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) stellte die Frage, ob der Handel die Preisreduktion durch eine Mehrwertsteuersenkung auf diese Produkte an die Konsument:innen tatsächlich weitergeben würde und wies darauf hin, dass die budgetären Auswirkungen dieser Maßnahme unklar seien. Sie stellte daher den Vertagungsantrag. (Fortsetzung Finanzausschuss) bea
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