Ärztekammer Wien: Die Erneuerung der Spitäler wird nur mit Anreizsystemen gelingen
Ärztekammer Wien: Die Erneuerung der Spitäler wird nur mit Anreizsystemen gelingen
Erste Vizepräsidentin Haninger-Vacariu sieht „freiwillige Verpflichtung“ als Wettbewerbsnachteil
Die erste Vizepräsidentin Natalja Haninger-Vacariu kritisiert das Modell einer sogenannten freiwilligen Verpflichtung von Medizinabsolventinnen und -absolventen. Das öffentliche Gesundheitswesen könne nur durch Anreizsysteme attraktiviert werden.****
Die Kurienobfrau der Kurie angestellte Ärzte der Ärztekammer für Wien, Natalja Haninger-Vacariu, steht Überlegungen der Politik hinsichtlich einer freiwilligen Verpflichtung skeptisch gegenüber: „Medizinabsolventinnen und -absolventen werden sich so vielleicht noch früher abwenden. Wir haben gerade im Spitalsbereich in Wien mit immer größeren Abwanderungswellen zu kämpfen, etwa ins Burgenland, das deutlich bessere Gehälter für Spitalsärztinnen und -ärzte zahlt. Der Wettbewerb um die besten Köpfe findet auch immer mehr auf internationaler Ebene statt. Wer will, dass Neumedizinerinnen und -mediziner nicht noch öfter in Deutschland oder der Schweiz aufschlagen, sollte weder eine Berufspflicht noch eine Berufspflicht light einführen.“
ZWTL.: VERANTWORTUNG NICHT AUF MEDIZINISCHEN NACHWUCHS ABWÄLZEN
Ein aktuelles Gutachten, das die sogenannte freiwillige Verpflichtung für grundsätzlich möglich erachtet, spielt den Ball ohnehin zum Spitalsträger. Haninger-Vacariu: „Von Gutachterseite heißt es: eine Quote für ‚freiwillig verpflichtete Medizinstudierende‘ stellt keinen Ersatz für das Bemühen eines Staates dar, für verbesserte Konditionen im öffentlichen Gesundheitswesen zu sorgen. Die Herausforderungen wird man nicht bewältigen, indem man die Verantwortung auf den medizinischen Nachwuchs abwälzt. Es ist schon die Politik, die kontinuierlich die strukturellen Probleme in den Spitälern angehen und Lösungen auf den Weg bringen muss. Von mehr Personal über Bürokratieabbau bis hin zu wettbewerbsfähigen Gehaltsschemata gibt es viel zu tun.“
Auch der Präsident der Wiener und Österreichischen Ärztekammer Johannes Steinhart betont, der Fokus müsse auf der Bekämpfung der tatsächlichen strukturellen Probleme im Spitalswesen liegen, „eine sogenannte freiwillige Verpflichtung ist nicht der richtige Ansatz“.
Darüber hinaus, so Haninger-Vacariu, gebe es bereits jetzt die prinzipielle Möglichkeit einer Zweckwidmung. Wichtiger als derartige Überlegungen sei nun, „dass sich die Stakeholder zeitnah zusammensetzen. Wir müssen endlich echte Anreize schaffen. Unser 10-Punkte-Plan zur Rettung der Wiener Spitäler liegt am Tisch und ist dafür eine gute Grundlage. Deshalb sind Gespräche mit der Stadtpolitik unabdingbar.“
ZWTL.: BESSERE TRANSPARENZ BEI DATEN ZUM SPITALSPERSONAL
Eine wichtige Basis zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen ist Haninger-Vacariu zufolge auch eine transparente Datenlage: „Auf den ersten Blick hört es sich ja ganz gut an, wenn der Wiener Gesundheitsverbund wie jüngst geschehen einen Schwung an Neuanwerbungen vermeldet. Allerdings würde ich gerne wissen, wie viele Kolleginnen und Kollegen in dieser Zeit abgewandert sind. Das würde die neuen Anstellungen wohl spürbar relativieren. Ebenso ist nicht klar, wie viele der neuen Arbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer in Teilzeit angestellt sind und wie viele davon ärztliches Personal darstellen. Hier wäre im Sinne einer gemeinsamen Bekämpfung der Probleme mehr Transparenz angezeigt.“
Ärztekammer für Wien
Benjamin Weiser, MA
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