Nationalrat: Gender Pay Gap im Fokus der Debatte über RH-Einkommensbericht

Nationalrat: Gender Pay Gap im Fokus der Debatte über RH-Einkommensbericht

Einstimmige Kenntnisnahme mehrerer Rechnungshofberichte, Debatte über Petitionen und Bürgerinitiativen

Zu Beginn der Nationalratssitzung nach den Budgetberatungen debattierten die Abgeordneten über eine Reihe von Rechnungshofberichten, die sie einstimmig zur Kenntnis nahmen. Zum Allgemeinen Einkommensbericht des Rechnungshofs für die Berichtsjahre 2020 und 2021 wurde etwa der Gender Pay Gap bzw. die nach wie vor bestehende Lohnlücke von Frauen gegenüber Männern thematisiert. Rechnungshofberichte zu COVID-19-Maßnahmen in Kunst und Kultur wiederum verorten etwa Verbesserungsbedarf bei der nachgelagerten Kontrolle der bezogenen Förderungen. Einen Sammelbericht über Petitionen und Bürgerinitiativen nahm der Nationalrat mit breiter Mehrheit zur Kenntnis.

ALLGEMEINER EINKOMMENSBERICHT DES RECHNUNGSHOFS

Laut dem Allgemeinen Einkommensbericht 2022 des Rechnungshofs für die Berichtsjahre 2020 und 2021 stieg zwischen 2012 und 2021 die Beschäftigtenzahl um 10,8 % von 4,07 Mio. auf 4,51 Mio. Menschen an, wie Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker erläuterte. Von diesen waren 2021 ganzjährig rund 1,02 Mio. teilzeitbeschäftigt und 2,14 Mio. vollzeitbeschäftigt. Der Frauenanteil lag bei den ganzjährig Vollzeitbeschäftigten bei 33  % und bei den ganzjährig Teilzeitbeschäftigten bei 81  %. Insgesamt hat der Anteil der Teilzeitbeschäftigten über die Jahre zugenommen, die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden bleibe damit seit 2008 konstant, so Kraker.

Das mittlere Bruttojahreseinkommen aller unselbstständig Erwerbstätigen lag 2021 bei 31.407 €, erläuterte die Rechnungshofpräsidentin. Bei Arbeiter:innen betrug dieses 23.248 €, bei Angestellten 35.302 €, bei Vertragsbediensteten 37.770 € und bei Beamt:innen 61.389 €. Regional gesehen haben Personen mit Wohnsitz in Niederösterreich das höchste und Personen mit Wohnsitz in Wien und Tirol das niedrigste Bruttojahreseinkommen. Trotz einer leichten Angleichung der Einkommenshöhe von Frauen und Männern lag das Einkommen der Männer in allen Beschäftigungsgruppen über jenem der Frauen. Insgesamt betrug das Bruttojahreseinkommen von unselbstständig beschäftigten Frauen 2021 64 % von jenem der Männer.

Die Einkommensnachteile der Frauen lassen sich zum Teil auf Teilzeitbeschäftigung zurückführen, meinte Kraker. Aber auch bei den Vollbeschäftigten würden den Frauen im Vergleich mit Männern immer noch 13 % beim Einkommen fehlen. Unterscheiden müsse man auch zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Teilzeit. Gründe für Teilzeit bei Frauen seien eher Kinder und Pflege, bei Männern eher, dass sie sich schulisch oder beruflich weiterbilden wollen. Auf dieses Phänomen gelte es, näher einzugehen, so die Rechnungshofpräsidentin. Wichtig sei jedenfalls der Ausbau der Kinderbetreuung. Darüber hinaus seien etwa auch bei den Pensionen Einkommensnachteile der Frauen erkennbar.

Bildung und Weiterbildung seien insgesamt wichtige Faktoren für ein gutes Einkommen, hob Martina Kaufmann (ÖVP) hervor. Was den großen Unterschied der Einkommen von Frauen gegenüber Männern betrifft, gelte es, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Frauen gleich viel verdienen wie ihre männlichen Kollegen. Karin Greiner (SPÖ) forderte zum einen eine sofortige Umsetzung der EU-Richtlinie zur Lohntransparenz. Nicht akzeptiert werden können etwa auch, dass Frauen in der Pension bis zu 30 % weniger Einkommen als Männer haben. Das diesbezüglich aus ihrer Sicht leere Versprechen der Bundesregierung, 4,5 Mrd. € für den Ausbau der Kinderbetreuung zur Verfügung zu stellen, sei umso bitterer, meinte sie. Sofort mit der Umsetzung beginnen müsse man aus ihrer Sicht auch mit dem Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt.

Selbst beim „bereinigten“ Equal Pay Day, aus dem alle Unterschiede wie etwa Bundesland oder Branchen herausgerechnet worden seien, betrage der Unterschied immer noch unerklärliche 11 %, errechnete Elisabeth Götze (Grüne). Riesig falle der Unterschied bei Angestellten und Arbeiter:innen aus, bei Selbständigen falle die Kluft sogar von 43 % auf 55 % auseinander. Es werde hier weiter daran gearbeitet, dass auch mit Betreuungspflichten die Wahlmöglichkeit bestehe. Gerald Loacker (NEOS) entnimmt dem RH-Bericht auch andere Ungerechtigkeiten wie etwa eklatant hohe Beamtenpensionen im Vergleich zu anderen Gruppen. Er kritisierte, dass das Ergebnis der Alterssicherungskommission nicht dem Nationalrat vorgelegt werden soll, obwohl auf das massive Probleme aufmerksam gemacht werde, dass Pensionen schneller steigen würden als die Einkommen Erbwebstätiger.

Wolfgang Zanger (FPÖ) kritisierte in diesem Zusammenhang vor allem, dass von manchen Politiker:innen etwa auf Gemeindeebene Umwidmungen vorgenommen würden, die nicht im Interesse der Allgemeinheit liege, sondern im eigenen Ansinnen seien. Auch wenn das rechtlich gedeckt sei, müsse hier immer die Moral das Maß sein, so Zanger. Peter Schmiedlechner (FPÖ) warf der ÖVP vor, dass sich aufgrund der Politik der Regierung die Menschen das Leben nicht mehr leisten könnten. Am schlechtesten würden Arbeiter:innen verdienen, weit darunter liege dann noch das Einkommen in der Landwirtschaft pro Kopf, so Schmiedlechner.

RECHNUNGSHOFBERICHTE ZU COVID-19-MASSNAHMEN IN KUNST UND KULTUR

Laut dem Rechnungshofbericht zur Bewältigung der COVID-19-Krise im Bereich Kunst und Kultur leistete der Bund im Prüfungszeitraum von März 2020 bis März 2021 rund 200 Mio. € an Beihilfen und Förderungen für diesen Bereich. Der Rechnungshof erkannte dabei mehrere Probleme: Aufgrund unzureichender Datenlage bleibe unklar, wie viele Kunstschaffende und Kulturvermittler:innen durch die Hilfsmaßnahmen erreicht wurden. Dies habe auch Prognosen erschwert, wie viele Personen Hilfe benötigen. Zudem sei das Förderkriterium der „wirtschaftlich signifikanten Bedrohung“ bei den drei Förderstellen nicht einheitlich definiert gewesen. Bei einem Wechsel zwischen den drei Fonds habe es zudem unterschiedliche Anrechnungsregeln gegeben. Auch bei der nachgelagerten Kontrolle der bezogenen Förderungen sah der Rechnungshof Verbesserungsbedarf. Er empfiehlt daher, ein klar definiertes Konzept für die nachgelagerte Kontrolle zu erstellen, um unzulässige Mehrfachförderungen beziehungsweise zu Unrecht bezogene Beihilfen oder Förderungen aufzudecken. Zudem sollte die Verbesserung der statistischen Datenlage vorangetrieben werden, wie Rechnungshofpräsidentin Kraker ausführte. Der Bericht wurde ebenso einstimmig zur Kenntnis genommen wie ein weiterer Rechnungshofbericht über neue Formen der Kulturvermittlung aufgrund der COVID-19-Pandemie.

Anzuerkennen sei, dass nunmehr an der Datenlage und an einem Satellitenkonto gearbeitet werde, so Kraker. Auch nachgelagerte Kontrollkonzepte würden ihren Informationen zufolge nun erstellt.

Hans Stefan Hintner (ÖVP) merkte zu den Kritikpunkten des Berichts an, dass in der Corona-Situation den Künstler:innen mit schnellen, treffsicheren Maßnahmen geholfen worden sei. Alle würden hoffen, dass es zu solchen dringenden Notwendigkeiten im Zuge einer Pandemie nicht mehr kommen müsse. Auch wenn die Kritik des Rechnungshofs berechtigt sei, habe man auch aufgrund der Heterogenität der Gruppen in Kunst und Kultur so reagieren müssen, meinte Eva Blimlinger (Grüne). Man habe die Auswirkungen der Corona-Krise sehr gut abgefangen, sodass in den letzten eineinhalb Jahren wieder sehr viel im Kulturbetrieb möglich sei.

Durch die unterschiedlichen Förderstellen habe sich bei den Kunst- und Kulturschaffenden Verwirrung breitgemacht, bemängelte Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Zudem habe nach der Pandemie vor allem auch diese Gruppe an der Teuerung zu leiden. Es sei wichtig, dass man sich dem Thema Einkommensentgang widme. Aber auch sie hoffe, dass eine Situation wie jene anlässlich von Corona sich nie mehr wiederhole. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) sieht demgegenüber einige wenige „moralisierende Künstler“, die Millionenbeträge an Förderungen „abgehoben“ hätten. Die Krux liege darin, dass nicht unbedingt jene, die wenig verdienen, die notwendigen Förderungen erhalten hätten.

Julia Seidl (NEOS) zufolge gilt es, die Kritik des Rechnungshofs ernst zu nehmen und die Strukturen in Zukunft zu verbessern. Durch Parallelstrukturen sei ein hoher bürokratischer Aufwand, für die Betroffenen auch Unsicherheit, entstanden. Seidl sprach sich neuerlich für ein Kultursatellitenkonto und eine Förder-ID aus, um nachzuvollziehen, wer welche Förderung bekommt. Der größte Fehler sei aber die COFAG als „Blackbox“ gewesen, wo selbst das Parlament keine Einschaumöglichkeit habe.

FOLLOW-UP-ÜBERPRÜFUNG ZUR AUSTRIATECH GESELLSCHAFT

Ein weiterer RH-Bericht betrifft die AustriaTech Gesellschaft des Bundes für technologiepolitische Maßnahmen GmbH, die das Klimaschutzministerium bei Veränderungsprozessen in den Bereichen Verkehr und Mobilität berät. Zwischen 2018 und 2021 wurden 59 Projekte abgewickelt, wovon aber nur 14 % Bezug zu E-Mobilität, Dekarbonisierung bzw. zu Mobilitätsservices und Ökosystemen hatten, stellte der Rechnungshof in einer Follow-Up-Überprüfung fest. Aus Sicht des Prüforgans spiegelt sich der ministerielle Schwerpunkt „Klimaneutralität im Verkehrssektor“ demnach nicht ausreichend in der bisherigen Tätigkeit wider, obwohl sich der Anteil innovativer Projekte erhöht habe. Eine weitere Follow-Up-Empfehlung zielte darauf ab, die Eigentümerstrategie zu aktualisieren, was mittlerweile allerdings geschehen sei.

RECHNUNGSHOFPRÜFUNG DES NATIONALPARKS HOHE TAUERN

In einer anderen Prüfung hat sich der Rechnungshof dem Nationalpark Hohe Tauern gewidmet. Die aktuelle Organisationsform des Nationalparks sei historisch gewachsen und leide unter strukturellen Schwächen, so der Bericht, in dem die Jahre 2017 bis 2021 überprüft wurden. Zur Reduktion der negativen Auswirkungen von Hochwasserereignissen im Pinzgau ist beabsichtigt, Retentionsräume in den Seitentälern südlich der Salzach zu schaffen. Die Errichtung der Rückhaltebecken an den vorgesehenen Standorten könnte aus Sicht des Rechnungshofs die Schutzgüter des Nationalparks erheblich beeinträchtigen. Vor einer Realisierung der Rückhaltebecken für den Hochwasserschutz Oberer Pinzgau wären daher Alternativen zu suchen, die die Schutzgüter des Nationalparks weniger stark beeinträchtigen, so der Rechnungshof. Vereinfacht werden sollte aus Sicht des Prüfungsorgans die Verwaltung des Nationalparks. Daher wurde eine Neuorganisation des Nationalparks mit einer einheitlichen Bund-Länder-übergreifenden Struktur und einer einheitlichen Führung in Form einer gemeinsamen GmbH von Ländern und Bund empfohlen.

VERWERTUNG VON VERPACKUNGSABFÄLLEN

Ein weiterer Prüfbericht des Rechnungshofs betrifft die Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen aus Kunststoff. Dabei lautet das Fazit: Das System der Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen ist hochkomplex. Kritisch sahen die Prüfer:innen die gesetzlichen Bestimmungen für Verpackungsabfälle, die eine korrekte Entsorgung erschweren. Empfohlen wurde eine Vereinfachung der rechtlichen Vorgaben. Derzeit wird im Abfallwirtschafsgesetz 2002 zwischen Haushaltsverpackungen und gewerblichen Verpackungen unterschieden. Von den im Jahr 2020 in Österreich angefallenen rund 300.000 Tonnen Verpackungsabfällen aus Kunststoff waren zwei Drittel Haushaltsverpackungen und ein Drittel gewerbliche Verpackungen. Die Unterscheidung führe zu unterschiedlichen rechtlichen Verpflichtungen bei den Sammel- und Verwertungssystemen, zu unterschiedlichen Lizenzgebühren und Sammelinfrastrukturen sowie zu einer Vielzahl an vertraglichen Beziehungen, so der kritische Bericht des Rechnungshofs. Aus Sicht des Prüforgans erschwerte die Komplexität der Bestimmungen im Überprüfungszeitraum 2016 bis 2020 die korrekte Entsorgung von Verpackungsabfällen und deren Kontrolle. Positiv sah der Rechnungshof die Verpackungsverordnungs-Novelle, wodurch Vereinfachungen umgesetzt worden seien.

KONTROLLE DER EISENBAHNKREUZUNGEN

In einem weiteren Bericht empfiehlt der Rechnungshof, Eisenbahnkreuzungen besser zu sichern. Besonders jene mit erhöhtem Risikopotenzial sollten mit Schranken und Lichtzeichen abgesichert werden, wird angesichts mehrerer, teils tödlicher, Unfälle im Prüfungszeitraum 2017 bis 2021 vorgeschlagen. Unfälle würden auch hohe Kosten verursachen. Eingemahnt wird auch ein schnelleres Tempo bei der vorgeschriebenen Überprüfung der öffentlichen Eisenbahnkreuzungen. Sie sollten bis 2024 vollumfänglich auf ihre Sicherheit überprüft werden. Bis Ende 2021 seien jedoch weniger als die Hälfte kontrolliert worden. Oft sei außerdem strittig, wer die Kosten für Neuerrichtungen oder Anpassungen trage: die Eisenbahnunternehmen, die Länder oder die Gemeinden. Laut Rechnungshof wäre ein gesetzlich normierter Verteilungsschlüssel wünschenswert.

Einstimmig zur Kenntnis nahmen die Abgeordneten ferner Prüfberichte zur Ökostromförderung durch Windkraft und Photovoltaik, zur Luftverschmutzung durch Verkehr, zu Anpassungen an den Klimawandel in der Stadt Linz, zur Erweiterung des Terminal 3 am Flughafen Wien, zur Austro Control Digital Services GmbH und zu Straßenbahnprojekten in Graz, Innsbruck und Linz.

BERICHT DES PETITIONSAUSSCHUSSES

Nach den Rechnungshofberichten befasste sich der Nationalrat mit einem Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, der zwölf Petitionen und vier Bürgerinitiativen umfasst und mit Mehrheit zur Kenntnis genommen wurde. Dabei geht es unter anderem um einen aktiven Einsatz Österreichs für Friedensverhandlungen und einen Waffenstillstand im russischen Krieg gegen die Ukraine, höhere Mittel für Länder und Gemeinden für den weiteren Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, Verbandsklage-Befugnisse für den Verbraucherschutzverein VSV und den gemeinnützigen Verein „COBIN claims“ sowie den Erhalt der sozialwissenschaftlichen Bibliothek an der Wirtschaftsuniversität Wien. Auch mehr Freiheiten bei der Kennzeichnung pflanzlicher Fleisch-, Fisch- und Milchalternativprodukte sowie ein ausdrückliches Benachteiligungsverbot für Personen, die keine gendergerechte Sprache verwenden, gehören zu den Bürgeranliegen.

Im Verkehrsbereich werden unter anderem Verbesserungen bei den Schüler:innentransporten, die Einführung einer Spritpreisbremse zur Entlastung von Pendler:innen, der vierspurige Vollausbau der S3 zwischen Stockerau und Hollabrunn sowie Verbesserungen an der S3 zwischen Großstelzendorf und Göllersdorf gefordert. Zur Traisental- Schnellstraße gibt es hingegen konträre Zugänge: Während eine Petition auf deren schnellstmögliche Errichtung pocht, wird in einer anderen auf eine Abkehr von diesem Straßenbauprojekt gedrängt. (Fortsetzung Nationalrat) mbu/kar

HINWEISE: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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