Parlament: TOP im Nationalrat am 24. November 2023
Parlament: TOP im Nationalrat am 24. November 2023
Medienförderung, Nachtschwerarbeits-Beitrag, Rettungsorganisationen, Meldegesetz, Grundversorgung von Flüchtlingen, Nationalfonds
Am Freitag nach den Budgetverhandlungen werden sich die Abgeordneten in einer weiteren Nationalratssitzung unter anderem mit zahlreichen Rechnungshofberichten befassen. Im Bereich Arbeit und Soziales geht es dann etwa um das weitere Einfrieren des Nachtschwerarbeits-Beitrags. Außerdem stehen Gesetzesvorlagen für eine Unterstützung von Rettungs- und Zivilschutzorganisationen, für die Weiterentwicklung elektronischer Meldeverfahren sowie eine Vereinbarung zwischen Bund und Wien zur Grundversorgung von Flüchtlingen zur Debatte. Einstimmigkeit ist für einen Entschließungsantrag für Solidarität mit Israel und humanitäre Korridore im Gazastreifen zu erwarten.
Kurzfristig wurde die Tagesordnung außerdem um die geplante Qualitätsförderung für Medien ergänzt, nachdem das Vorhaben der Regierungsparteien laut Medienministerin Susanne Raab nunmehr grünes Licht von der EU erhalten hat. Ebenso steht eine erst am Montag plenumsreif gemachte Gesetzesnovelle zur Debatte, die darauf abzielt, den Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus für die Zukunft auszurichten und die Instandsetzung jüdischer Friedhöfe zu beschleunigen.
RECHNUNGSHOFBERICHTE ZU COVID-19-MASSNAHMEN IN KUNST UND KULTUR
Der letzte Plenartag startet um 9.00 Uhr mit einer Reihe von Rechnungshofberichten. Dabei geht es zum Auftakt um die Bewältigung der COVID-19-Krise im Bereich Kunst und Kultur. Im Prüfungszeitraum von März 2020 bis März 2021 leistete der Bund rund 200 Mio. € an Beihilfen und Förderungen für diesen Bereich. Der Rechnungshof erkannte dabei mehrere Probleme: Aufgrund unzureichender Datenlage bleibe unklar, wie viele Kunstschaffende und Kulturvermittler:innen durch die Hilfsmaßnahmen erreicht wurden. Dies habe auch Prognosen erschwert, wie viele Personen Hilfe benötigen. Zudem sei das Förderkriterium der „wirtschaftlich signifikanten Bedrohung“ bei den drei Förderstellen nicht einheitlich definiert gewesen. Bei einem Wechsel zwischen den drei Fonds habe es zudem unterschiedliche Anrechnungsregeln gegeben. Auch bei der nachgelagerten Kontrolle der bezogenen Förderungen sah der Rechnungshof Verbesserungsbedarf. Er empfiehlt daher, ein klar definiertes Konzept für die nachgelagerte Kontrolle zu erstellen, um unzulässige Mehrfachförderungen beziehungsweise zu Unrecht bezogene Beihilfen oder Förderungen aufzudecken. Zudem sollte die Verbesserung der statistischen Datenlage vorangetrieben werden.
Vom Rechnungshofausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen wurde ein weiterer Rechnungshofbericht über neue Formen der Kulturvermittlung aufgrund der COVID-19-Pandemie.
ALLGEMEINER EINKOMMENSBERICHT 2022
Alle zwei Jahre veröffentlicht der Rechnungshof eine umfassende Darstellung über die durchschnittlichen Einkommen der Bevölkerung in Österreich. Laut dem Allgemeinen Einkommensbericht 2022 für die Berichtsjahre 2020 und 2021 stieg zwischen 2012 und 2021 die Beschäftigtenzahl um 10,8 % von 4,07 Mio. auf 4,51 Mio. Menschen an. Von diesen waren 2021 ganzjährig rund 1,02 Mio. teilzeitbeschäftigt und 2,14 Mio. vollzeitbeschäftigt. Der Frauenanteil lag bei den ganzjährig Vollzeitbeschäftigten bei 33 % und bei den ganzjährig Teilzeitbeschäftigten bei 81 %. Insgesamt hat der Anteil der Teilzeitbeschäftigten über die Jahre zugenommen.
Das mittlere Bruttojahreseinkommen aller unselbstständig Erwerbstätigen lag 2021 bei 31.407 €. Bei Arbeiter:innen betrug dieses 23.248 €, bei Angestellten 35.302 €, bei Vertragsbediensteten 37.770 € und bei Beamt:innen 61.389 €. Regional gesehen haben Personen mit Wohnsitz in Niederösterreich das höchste und Personen mit Wohnsitz in Wien und Tirol das niedrigste Bruttojahreseinkommen. Trotz einer leichten Angleichung der Einkommenshöhe von Frauen und Männern lag das Einkommen der Männer in allen Beschäftigungsgruppen über jenem der Frauen. Insgesamt betrug das Bruttojahreseinkommen von unselbstständig beschäftigten Frauen 2021 64 % von jenem der Männer.
FOLLOW-UP-ÜBERPRÜFUNG ZUR AUSTRIATECH GESELLSCHAFT
Die AustriaTech Gesellschaft des Bundes für technologiepolitische Maßnahmen GmbH berät das Klimaschutzministerium bei Veränderungsprozessen in den Bereichen Verkehr und Mobilität. Zwischen 2018 und 2021 wurden 59 Projekte abgewickelt, wovon aber nur 14 % Bezug zu E-Mobilität, Dekarbonisierung bzw. zu Mobilitätsservices und Ökosystemen hatten, stellte der Rechnungshof in einer Follow-Up-Überprüfung fest. Aus Sicht des Prüforgans spiegelt sich der ministerielle Schwerpunkt „Klimaneutralität im Verkehrssektor“ demnach nicht ausreichend in der bisherigen Tätigkeit wider, obwohl sich der Anteil innovativer Projekte erhöht habe. Eine weitere Follow-Up-Empfehlung zielte darauf ab, die Eigentümerstrategie zu aktualisieren, was mittlerweile allerdings geschehen sei. Im Ausschuss betonte Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker den Bedarf einer klareren Strukturierung der Schnittstellen zwischen Ressort und AustriaTech mitsamt schriftlicher Dokumentation der Aufgabenverteilung für einen verbindlichen Handlungsrahmen. Außerdem sollten Prämien an ambitionierte Zielvorgaben geknüpft sein.
RECHNUNGSHOFPRÜFUNG DES NATIONALPARKS HOHE TAUERN
In einer weiteren Prüfung hat sich der Rechnungshof dem Nationalpark Hohe Tauern gewidmet. Der älteste Nationalpark Österreichs erstreckt sich über die Länder Kärnten, Salzburg und Tirol. Die aktuelle Organisationsform des Nationalparks sei historisch gewachsen und leide unter strukturellen Schwächen, so der Bericht, in dem die Jahre 2017 bis 2021 überprüft wurden. Im Rechnungshofausschuss stand ein Hochwasserschutz im Nationalpark im Zentrum der Debatte. Zur Reduktion der negativen Auswirkungen von Hochwasserereignissen im Pinzgau ist beabsichtigt, Retentionsräume in den Seitentälern südlich der Salzach zu schaffen. Die Errichtung der Rückhaltebecken an den vorgesehenen Standorten könnte aus Sicht des Rechnungshofs die Schutzgüter des Nationalparks erheblich beeinträchtigen. Vor einer Realisierung der Rückhaltebecken für den Hochwasserschutz Oberer Pinzgau wären daher Alternativen zu suchen, die die Schutzgüter des Nationalparks weniger stark beeinträchtigen, so der Rechnungshof. Vereinfacht werden sollte aus Sicht des Prüfungsorgans die Verwaltung des Nationalparks. Daher wurde eine Neuorganisation des Nationalparks mit einer einheitlichen Bund-Länder-übergreifenden Struktur und einer einheitlichen Führung in Form einer gemeinsamen GmbH von Ländern und Bund empfohlen.
VERWERTUNG VON VERPACKUNGSABFÄLLEN
Ein weiterer Prüfbericht des Rechnungshofs betrifft die Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen aus Kunststoff. Dabei lautet das Fazit: Das System der Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen ist hochkomplex. Kritisch sahen die Prüfer:innen die gesetzlichen Bestimmungen für Verpackungsabfälle, die eine korrekte Entsorgung erschweren. Empfohlen wurde eine Vereinfachung der rechtlichen Vorgaben. Derzeit wird im Abfallwirtschafsgesetz 2002 zwischen Haushaltsverpackungen und gewerblichen Verpackungen unterschieden. Von den im Jahr 2020 in Österreich angefallenen rund 300.000 Tonnen Verpackungsabfällen aus Kunststoff waren zwei Drittel Haushaltsverpackungen und ein Drittel gewerbliche Verpackungen. Die Unterscheidung führe zu unterschiedlichen rechtlichen Verpflichtungen bei den Sammel- und Verwertungssystemen, zu unterschiedlichen Lizenzgebühren und Sammelinfrastrukturen sowie zu einer Vielzahl an vertraglichen Beziehungen, so der kritische Bericht des Rechnungshofs. Aus Sicht des Prüforgans erschwerte die Komplexität der Bestimmungen im Überprüfungszeitraum 2016 bis 2020 die korrekte Entsorgung von Verpackungsabfällen und deren Kontrolle. Positiv sah der Rechnungshof die Verpackungsverordnungs-Novelle, wodurch Vereinfachungen umgesetzt worden seien.
KONTROLLE DER EISENBAHNKREUZUNGEN
In einem weiteren Bericht empfiehlt der Rechnungshof, Eisenbahnkreuzungen besser zu sichern. Besonders jene mit erhöhtem Risikopotenzial sollten mit Schranken und Lichtzeichen abgesichert werden, wird angesichts mehrerer, teils tödlicher, Unfälle im Prüfungszeitraum 2017 bis 2021 vorgeschlagen. Unfälle würden auch hohe Kosten verursachen. Eingemahnt wird auch ein schnelleres Tempo bei der vorgeschriebenen Überprüfung der öffentlichen Eisenbahnkreuzungen. Sie sollten bis 2024 vollumfänglich auf ihre Sicherheit überprüft werden. Bis Ende 2021 seien jedoch weniger als die Hälfte kontrolliert worden. Oft sei außerdem strittig, wer die Kosten für Neuerrichtungen oder Anpassungen trage: die Eisenbahnunternehmen, die Länder oder die Gemeinden. Laut Rechnungshof wäre ein gesetzlich normierter Verteilungsschlüssel wünschenswert.
Ins Plenum schickte der Rechnungshofausschuss ferner Prüfberichte zur Ökostromförderung durch Windkraft und Photovoltaik, zur Luftverschmutzung durch Verkehr, zu Anpassungen an den Klimawandel in der Stadt Linz, zur Erweiterung des Terminal 3 am Flughafen Wien, zur Austro Control Digital Services GmbH und zu Straßenbahnprojekten in Graz, Innsbruck und Linz.
BERICHT DES PETITIONSAUSSCHUSSES
Nach den Rechnungshofberichten wird sich der Nationalrat mit einem Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen befassen, der zwölf Petitionen und vier Bürgerinitiativen umfasst. Dabei geht es unter anderem um einen aktiven Einsatz Österreichs für Friedensverhandlungen und einen Waffenstillstand im russischen Krieg gegen die Ukraine, höhere Mittel für Länder und Gemeinden für den weiteren Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, Verbandsklage-Befugnisse für den Verbraucherschutzverein VSV und den gemeinnützigen Verein „COBIN claims“ sowie den Erhalt der sozialwissenschaftlichen Bibliothek an der Wirtschaftsuniversität Wien. Auch mehr Freiheiten bei der Kennzeichnung pflanzlicher Fleisch-, Fisch- und Milchalternativprodukte sowie ein ausdrückliches Benachteiligungsverbot für Personen, die keine gendergerechte Sprache verwenden, gehören zu den Bürgeranliegen.
Im Verkehrsbereich werden unter anderem Verbesserungen bei den Schülertransporten, die Einführung einer Spritpreisbremse zur Entlastung von Pendler:innen, der vierspurige Vollausbau der S3 zwischen Stockerau und Hollabrunn sowie Verbesserungen an der S3 zwischen Großstelzendorf und Göllersdorf gefordert. Zur Traisental- Schnellstraße gibt es hingegen konträre Zugänge: Während eine Petition auf deren schnellstmögliche Errichtung pocht, wird in einer anderen auf eine Abkehr von diesem Straßenbauprojekt gedrängt. Über zwei Petitionen zur barrierefreien Gestaltung des Bahnhofs Ernsthofen (NÖ) wird der Verkehrsausschuss weiterberaten.
SOLIDARITÄT MIT ISRAEL UND HUMANITÄRE KORRIDORE
Die Abgeordneten stehen in Solidarität an der Seite Israels und seiner Bevölkerung und verurteilen die Hamas und ihre brutalen Terroranschläge in Israel, wie aus einem Entschließungsantrag von ÖVP, Grüne, SPÖ und NEOS vom 19. Oktober hervorgeht. Im Außenpolitischen Ausschuss sprachen sich alle Fraktionen einstimmig für die Initiative aus.
Konkret fordern die Abgeordneten von der Regierung, weiterhin intensiv bilateral sowie im Verbund mit der EU und internationalen Partnern alle politischen und diplomatischen Bemühungen zu unterstützen, um eine mögliche weitere Ausbreitung des Krieges zu unterbinden und alle diplomatischen Hebel zu nutzen, um ein Ende der Gewalt gegen die Zivilbevölkerung zu unterstützen, wie es im Entschließungstext heißt. Zudem sollen vonseiten Österreichs die Einhaltung des humanitären Völkerrechts durch alle Beteiligten und ein sicherer und uneingeschränkter Zugang zu humanitären Korridoren eingefordert sowie eine dauerhafte und nachhaltige Friedenslösung im Nahen Osten auf der Grundlage einer Zwei-Staaten-Lösung unterstützt werden. Die Bundesregierung solle sich außerdem dafür einzusetzen, dass die durch die Hamas und andere Terrorgruppen in den Gazastreifen verschleppten Geiseln ehestmöglich und bedingungslos freigelassen werden. Ein Anliegen ist es den Parlamentsfraktionen außerdem, dass die laufenden Bemühungen im Kampf gegen Antisemitismus, gegen jegliche Form von Rassismus und Extremismus sowie gegen Hetze und Hasspropaganda in Österreich und in ganz Europa intensiv und konsequent fortgesetzt sowie alle internationalen Maßnahmen gegen Terrorismus und gewalttätigen Extremismus weiter mit Vehemenz unterstützt werden.
DOPPELSTAATSBÜRGERSCHAFT FÜR SÜDTIROLER:INNEN
Mit einem Entschließungsantrag will die FPÖ für Angehörige der Volksgruppen deutscher und ladinischer Sprache in Südtirol die Möglichkeit schaffen, neben der italienischen Staatsbürgerschaft die österreichische zu erwerben. Die FPÖ weist darauf hin, dass diese Forderung bereits 2017 ein wesentlicher Teil des schwarz-blauen Regierungsprogramms gewesen sei, es allerdings bis dato an der Umsetzung mangle. Für den Antrag stimmte im Ausschuss nur die FPÖ, die damit in der Minderheit blieb.
NACHBESSERUNGEN BEIM PFLEGEBONUS FÜR ANGEHÖRIGE
Seit Juli 2023 erhalten pflegende Angehörige unter bestimmten Voraussetzungen einen jährlichen Pflegebonus von 1.500 €, der in 12 Monatsraten ausgezahlt wird (heuer also 750 €). Voraussetzung dafür ist, dass der bzw. die nahe Angehörige Anspruch auf Pflegegeld zumindest der Stufe 4 hat. Zudem darf das eigene monatliche Durchschnittseinkommen 1.500 € netto nicht überschreiten, sofern man für die Pflege nicht ohnehin seinen Job aufgegeben hat bzw. als pflegende Angehörige oder pflegender Angehöriger versichert ist.
Mit dem vorliegenden Gesetzesantrag wollen die Koalitionsparteien nun einige legistische Klarstellungen im Bundespflegegeldgesetz vornehmen, die unter anderem den Einkommensnachweis von pflegenden Angehörigen sowie Meldepflichten betreffen. Außerdem braucht es für die vorgesehene Zuständigkeit der Sozialgerichte im Falle von Rechtsstreitigkeiten eine gesetzliche Grundlage, die nunmehr nachgeholt wird. Dabei geht es etwa um Beschwerden von Angehörigen, die aus ihrer Sicht zu Unrecht keinen Angehörigenbonus erhalten, und um etwaige Rückforderungsansprüche. Der Antrag erhielt im Ausschuss lediglich die Stimmen von ÖVP und Grünen, die FPÖ behielt sich aber eine Zustimmung im Plenum vor.
NACHTSCHWERARBEITS-BEITRAG BLEIBT EINGEFROREN
Beschäftigte, die über einen längeren Zeitraum hinweg Nachtschwerarbeit leisten, haben Anspruch auf Sonderruhegeld. Dieses ermöglicht es ihnen, schon vor Erreichen anderer Frühpensionsarten in den Ruhestand zu treten. Mitfinanziert wird diese Pensionsleistung durch den Nachtschwerarbeits-Beitrag, den Arbeitgeber:innen für Beschäftigte entrichten müssen, die Nachtschwerarbeit leisten. Nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen hätte dieser Beitrag im Jahr 2024 auf 5,2 % der Beitragsgrundlage zur Sozialversicherung angehoben werden müssen, er soll einem Gesetzesantrag der Koalitionsparteien zufolge aber weiterhin bei 3,8 % eingefroren bleiben. Damit entgehen der Pensionsversicherung den Erläuterungen zufolge Einnahmen in der Höhe von rund 22,1 Mio. €, was Mehraufwendungen für den Bund in gleicher Höhe zur Folge hat.
Der Antrag kann im Plenum mit einer breiten Mehrheit rechnen, nachdem er im Sozialausschuss auch von SPÖ und FPÖ mitunterstützt wurde. Die NEOS kritisierten hingegen, dass die Steuerzahler:innen gesundheitsschädliche Nachtschwerarbeit subventionieren müssten, für die eigentlich die Arbeitgeber:innen aufkommen müssten.
UNTERSTÜTZUNG FÜR RETTUNGS- UND ZIVILSCHUTZORGANISATIONEN
Mit Zweckzuschüssen in der Höhe von 18 Mio. € pro Jahr für die Rettungsorganisationen in den Ländern und Zuwendungen von jährlich jeweils 2 Mio. € für deren Dachorganisationen auf Bundesebene sowie für den Österreichischen Zivilschutzverband will die Bunderegierung auf steigende Anforderungen an Rettungswesen und Zivilschutz reagieren. Das von ihr vorgelegte Rettungs- und Zivilschutzorganisationen-Unterstützungsgesetz fand im Innenausschuss die einhellige Zustimmung.
WEITERENTWICKLUNG ELEKTRONISCHER MELDEVERFAHREN
Eine Novelle des Melde-, des Personenstands- und des Namensänderungsgesetzes soll in Zusammenhang mit einer EU-Verordnung der fortschreitenden Digitalisierung Rechnung tragen und Verwaltungsvereinfachungen mit sich bringen. Unter anderem soll es für Inhaber:innen eines Elektronischen Identitätsnachweises (E-ID) oder eines anderen anerkannten elektronischen Identifizierungsmittels spätestens ab 12. Dezember 2023 möglich sein, die Beantragung von Wohnsitznachweisen sowie die Meldung von Adressänderungen vollständig online abzuwickeln. Dieser Service ist auch für Staatsangehörige anderer EU-Länder vorgesehen, deren Daten bereits im Zentralen Melderegister (ZMR) vorhanden sind. Im Innenausschuss stimmten nur ÖVP und Grüne für die Novelle, zumindest die SPÖ zeigte sich aber aufgrund eines für die Plenarverhandlungen angekündigten Abänderungsantrags in Bezug auf Personenstandsangelegenheiten von Asylberechtigten noch gesprächsbereit.
VEREINBARUNG ZWISCHEN BUND UND WIEN ZUR GRUNDVERSORGUNG
Mit breiter Mehrheit passierte hingegen eine Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Wien den Ausschuss, mit der das Angebot an Unterkünften im Rahmen der Grundversorgung von Flüchtlingen auch angesichts von Herausforderungen wie der Teuerung und ansteigenden Migrationsströmen sichergestellt werden soll. Wien soll demnach jene Differenzbeträge anteilig abgegolten bekommen, die sich aus den verrechneten Kostenhöchstsätzen aus der Grundversorgungsvereinbarung und den tatsächlich entstandenen Kosten inklusive aller Steuern und Abgaben ergeben.
NEUE FÖRDERSCHIENE FÜR QUALITÄTSJOURNALISMUS
ÖVP und Grüne schlagen die Einrichtung eines neuen Fördertopfs für Qualitätsjournalismus vor. Er soll mit jährlich 20 Mio. € dotiert werden, wobei etwas mehr als 1,5 Mio. € von der Presseförderung umgeschichtet werden. Die Mittel sollen nicht nur Printmedien, sondern auch reinen Online-Medien zugute kommen, sofern sie bestimmte Kriterien – wie mindestens 150.000 Unique-User pro Monat – erfüllen, ein breites inhaltliches Informationsspektrum anbieten und mindestens drei hauptberuflich tätige Journalist:innen beim Medium beschäftigt sind. Tageszeitungen müssen mindestens sechs hauptberuflich tätige Journalist:innen beschäftigen, Wochenzeitungen und Magazine mindestens zwei, um anspruchsberechtigt zu sein. Grundsätzlich nicht förderwürdig werden Parteimedien und Nachrichtenagenturen sein.
Die Höhe der Grundförderung hängt von der Zahl der angestellten Journalist:innen ab. Dazu kommen Bonuszahlungen für Redaktionsstatute, Fehlermanagementsysteme zur Richtigstellung von Falschmeldungen, Qualitätssicherungssysteme – etwa zur Gewährleistung von Quellentransparenz – und Frauenförderpläne. Auch regionale und internationale Berichterstattung wird belohnt, wenn sie ein bestimmtes Ausmaß überschreitet. „Demokratiefeindliche“ Medien – also etwa solche, die in der Vergangenheit wiederholt zu Hass oder Gewalt gegen eine Gruppe aufgestachelt haben oder wegen Verhetzung verurteilt wurden – sind von Förderungen ausdrücklich ausgeschlossen.
Gefördert werden außerdem – wie schon bisher – die Aus- und Weiterbildung von Journalist:innen, Initiativen zur Vermittlung von Medienkompetenz, Selbstkontrolleinrichtungen wie der Presserat, Presseclubs sowie Forschungsprojekte im Medienbereich. Die Vergabe der Fördermittel wird der KommAustria obliegen.
Bei den Beratungen im Verfassungsausschuss, die bereits im April stattgefunden haben, erhielt der Gesetzentwurf lediglich die Zustimmung der Koalitionsparteien, wobei die SPÖ noch offen gelassen hat, ob sie dem Vorhaben im Plenum zustimmen wird. Unter anderem forderte sie mehr Unterstützung für den Presserat. Die FPÖ äußerte die Befürchtung, dass die Abhängigkeit der Medien von der Regierung weiter steigen werde und sprach von einem „Husch-Pfusch-Gesetz“. Die NEOS kritisierten „extrem niedrige“ Zugangskriterien für den Erhalt von Förderungen.
Dass der dritte Teil des Medienpakets der Regierungsparteien, der daneben mehr Transparenz für Regierungsinserate und eine Neuaufstellung der „Wiener Zeitung“ umfasste, erst jetzt ins Plenum kommt, liegt daran, dass zuvor noch eine beihilfenrechtliche Genehmigung von Seiten der EU eingeholt werden musste.
NATIONALFONDS SOLL ZWEIER-VORSTAND UND NEUE AUFGABEN BEKOMMEN
Der von den Koalitionsparteien vorgelegte Gesetzesantrag zielt darauf ab, den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus durch eine geänderte Struktur und neue Aufgaben für die Zukunft auszurichten sowie die Instandsetzung jüdischer Friedhöfe voranzutreiben.
Geplant sind unter anderem die Etablierung eines Zweier-Vorstands im Nationalfons und neue Berichtspflichten gegenüber dem Kuratorium. Außerdem soll der Fonds künftig auch Gedenkdiener:innen, Austauschprogramme für Schüler:innen und Lehrlinge, die Einrichtung einer NS-Gedenkstätte für Roma und Sinti sowie den Erhalt von Gräbern von Holocaust-Überlebenden aus den Reihen der Roma und Sinti unterstützen können. Bei der Förderung von Projekten und wissenschaftlichen Arbeiten soll es inhaltliche Schwerpunktsetzungen geben.
Im Verfassungsausschuss erhielt der Gesetzesantrag einhellige Zustimmung, nachdem zuvor noch einige Änderungen vorgenommen wurden. So ist nunmehr eine Erweiterung des Komitees anstelle des zunächst angedachten wissenschaftlich-künstlerischen Beirats in Aussicht genommen. Zudem soll der Hauptausschuss ein Zustimmungsrecht bei der Bestellung des Vorstands erhalten.
Was die Instandsetzung jüdischer Friedhöfe betrifft, sieht der Antrag vor, die Bestandsdauer des im Jahr 2010 eingerichteten Förderfonds von 20 auf 40 Jahre zu verlängern. Überdies soll der von der israelitischen Kultusgemeinde als Friedhofseigentümerin verpflichtend zu leistende Ko-Finanzierungsanteil auf ein Viertel der Zuwendungen des Bundes reduziert werden. Derzeit ist grundsätzlich die Hälfte der Mittel von der Kultusgemeinde aufzubringen.
NOVELLE ZUM KUNSTRÜCKGABEGESETZ
Mitverhandelt mit dem Gesetzesantrag zum Nationalfonds wird eine von ÖVP und Grünen initiierte Novelle zum Kunstrückgabegesetz, mit der eine gesetzliche Grundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten geschaffen werden soll. Konkret geht es dabei laut den Grünen vor allem darum, die Erbensuche durch eine amtswegige Einsicht in Akten zu erleichtern. Auch diese Gesetzesnovelle wurde vom Verfassungsausschuss einstimmig auf den Weg gebracht. (Schluss TOP im Nationalrat) gs/mbu/kar
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
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