Hochwasserschutz im Nationalpark Hohe Tauern: Kontroverse Debatte im Rechnungshofausschuss
Hochwasserschutz im Nationalpark Hohe Tauern: Kontroverse Debatte im Rechnungshofausschuss
Weiteres Thema: Recycling von Kunststoffverpackungen
Eine kontroverse Diskussion führte der Rechnungshofausschuss zum Thema Hochwasserschutz im Nationalpark Hohe Tauern. Der Rechnungshof hat sich in einer Prüfung dem Nationalpark Hohe Tauern gewidmet. Der älteste Nationalpark Österreichs erstreckt sich über die Länder Kärnten, Salzburg und Tirol. Die aktuelle Organisationsform des Nationalparks sei historisch gewachsen und leide unter strukturellen Schwächen, legte Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker dar (III-982 d.B. ). Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2017 bis 2021.
Der Alpenraum und damit auch der Nationalpark seien besonders stark von der Klimaerhitzung betroffen. Dabei sprach Kraker von instabiler werdendem Gelände, zunehmende Wetterextremereignisse, geänderten Lebensräumen und klimatischen Bedingungen für geschützte Tier- und Pflanzenarten. Der Umgang mit den Entwicklungen sah Kraker als „eine der zentralen Herausforderungen des Nationalparks in den nächsten Jahren und Jahrzehnten“ an. Im Zentrum der Diskussion stand ein Hochwasserschutz im Nationalpark. Rede und Antwort im Rechnungshofausschuss standen den Abgeordneten neben der Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker Klimaschutzministerin Leonore Gewessler und Markus Graggaber vom Land Salzburg.
In einer weiteren Prüfung befasste sich der Rechnungshof mit der Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen aus Kunststoff (III-804 d.B.). Dabei lautete sein Fazit: Das System der Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen ist hochkomplex. Kritisch sahen die Prüfer:innen die gesetzlichen Bestimmungen für Verpackungsabfälle, die eine korrekte Entsorgung erschweren. Empfohlen wurde eine Vereinfachung der rechtlichen Vorgaben. Beide Berichte wurden einstimmig zur Kenntnis genommen.
DEBATTE: HOCHWASSERSCHUTZ IM NATIONALPARK HOHE TAUERN?
Zur Reduktion der negativen Auswirkungen von Hochwasserereignissen im Pinzgau ist beabsichtigt, Retentionsräume in den Seitentälern südlich der Salzach zu schaffen. Die Errichtung der Rückhaltebecken an den vorgesehenen Standorten könnte aus Sicht des Rechnungshofs die Schutzgüter des Nationalparks erheblich beeinträchtigen. Von der Hochwasserproblematik seien ungefähr 45.000 Einwohner:innen betroffen, führte Graggaber aus. Um den Schutz weiter auszubauen, wurden weitere Szenarien und Gutachten einschließlich Alternativenprüfungen beauftragt, die zu einem Gesamtgutachten zusammengeführt und dann veröffentlicht werden sollen. Mit Einreichungen werde im kommenden Jahr gerechnet.
Gewessler wollte den Hochwasserschutz nicht in Frage stellen, es sei „keine Frage des ob, vielmehr sind Alternativen außerhalb des Nationalparks eingehend zu prüfen“. Der Nationalpark erfülle verschiedene Funktionen, so Gewessler. Es handle sich um schutzwürdiges Gebiet, verwies sie auf das Artenreichtum der Tiere. Mit dem Schutzstatus sei sensibel umzugehen. Daher sei ein schwieriger Interessensausgleich zwischen Hochwasserschutz und den Schutzinteressen des Nationalpark zu schaffen. Gewessler plädierte dafür die Diskussion „nicht von Emotionen leiten zu lassen“. Alternative Standorte seien daher ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Wichtig sei maximale Transparenz.
Aus Sicht des Rechnungshofs wäre die tatsächliche Wirkung der Retentionsbecken abzuschätzen. Vor einer Realisierung der Rückhaltebecken für den Hochwasserschutz Oberer Pinzgau wären Alternativen zu suchen, die die Schutzgüter des Nationalparks weniger stark beeinträchtigen, betonte Kraker. Astrid Rössler (Grüne) interessierte sich für die Prüfung von alternativen Standorten und mögliche Gefährdungen durch das Hochwasserschutzprojekt. Sie sprach sich für eine Follow-Up-Überprüfung durch den Rechnungshof aus.
Gertraud Salzmann (ÖVP) setzte sich für den Hochwasserschutz im Sinne der Bevölkerung ein. Unterstützung bekam sie dafür von Fraktionskollegen Franz Hörl. Der Hochwasserschutz sei erforderlich, verwies er auf eine Spitalsevakuierung, und sprach sich dafür aus, im Nationalpark den Schutzstatus für die Bevölkerung umsetzen. Seitens der FPÖ setzte sich Peter Schmiedlechner für Hochwasser-Schutzmaßnahmen ein, um vor zukünftigen Hochwassern zu schützen. Johannes Margreiter (NEOS) erkundigte sich über die Entschädigungen der Grundeigentümer:innen bei den angedachten Hochwasserschutzmaßnahmen.
RECHNUNGSHOF POCHT AUF SCHLANKERE UND EFFIZIENTERE ORGANISATIONSSTRUKTUR
Die Verwaltung und Steuerung des Nationalparks wurde von Rechnungshof als komplex angesehen zumal die Länder Kärnten, Salzburg und Tirol über jeweils eigene Dienststellen verfügen (Nationalparkverwaltungen). Zusätzlich seien eigene Nationalparkfonds für die Vollziehung auf Ebene der Länder zuständig. Die Fonds haben jeweils ein entscheidungsbefugtes Organ, das Nationalparkkuratorium, und ein Organ, erklärte Kraker. Die Verwaltung des Nationalparks sollte aus Sicht des Prüforgans vereinfacht werden. Daher wurde eine Neuorganisation des Nationalparks mit einer einheitlichen Bund-Länderübergreifenden Struktur und einer einheitlichen Führung in Form einer gemeinsamen GmbH von Ländern und Bund empfohlen. Im Vergleich seien der länderübergreifende Nationalpark Donau-Auen und drei der insgesamt sechs österreichischen Nationalparks als GmbHs organisiert, unterstrich Kraker.
Die NEOS sprachen sich dafür aus, die Effizienz der Verwaltung des Nationalparks zu steigern und eine Neuorganisation anzustreben. Karin Greiner (SPÖ) machte den Vorschlag einer Bund-Länder-Vereinbarung. Die vom Rechnungshof angedachte Neuorganisation stelle nicht eine Zentralisierung in den Vordergrund, vielmehr gehe es um Synergiepotentiale und Vereinfachungen durch eine einheitliche Struktur bei gemeinsamer Verantwortlichkeit. Dabei erkannte Gewessler durchaus die Vorteile einer GmbH. Dem Vorschlag der SPÖ nach einer 15a-Vereinbarung für die einheitliche Regelung von Strafen erteilte sie jedoch eine Absage auf rechtlicher Ebene.
Die Länder sehen Stärken in der aktuellen Organisationsstruktur aufgrund der Einbindung der Grundeigentümer:innen und Gemeinden, unterstrich Graggaber. Dabei pochte er auf die Akzeptanz der Grundeigentümer:innen bei der Errichtung von Schutzmaßnahmen auf deren Eigentum. Kraker konkretisierte: Der Rechnungshof lege Wert auf eine schlankere und effizientere Struktur, es gehe nicht um Zentralisierung.
VERPACKUNGSABFÄLLE AUS KUNSTSTOFF: RECHNUNGSHOF GEGEN UNTERSCHEIDUNG ZWISCHEN HAUSHALTSVERPACKUNGEN UND GEWERBLICHEN VERPACKUNGEN
Anschließend widmete sich der Rechnungshofausschuss der Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen aus Kunststoff. Derzeit wird im Abfallwirtschafsgesetz 2002 zwischen Haushaltsverpackungen und gewerblichen Verpackungen unterschieden. Von den im Jahr 2020 in Österreich angefallenen rund 300.000 Tonnen Verpackungsabfällen aus Kunststoff waren zwei Drittel Haushaltsverpackungen und ein Drittel gewerbliche Verpackungen. Die Unterscheidung führe zu unterschiedlichen rechtlichen Verpflichtungen bei den Sammel- und Verwertungssystemen, zu unterschiedlichen Lizenzgebühren und Sammelinfrastrukturen sowie zu einer Vielzahl an vertraglichen Beziehungen, so der kritische Bericht des Rechnungshofs.
Aus Sicht des Prüforgans erschwerte die Komplexität der Bestimmungen im Überprüfungszeitraum 2016 bis 2020 die korrekte Entsorgung von Verpackungsabfällen und deren Kontrolle. Positiv sah der Rechnungshof die Verpackungsverordnungs-Novelle wodurch Vereinfachungen umgesetzt wurden. Kraker sprach sich gegen die Unterscheidung zwischen Haushaltsverpackungen und gewerblichen Verpackungen aus.
KRAKER: SYSTEM ZU KOMPLEX, TRITTBRETTFAHRER:INNEN, GETRENNTE SAMMLUNG UNZUREICHEND
Beim Umgang mit Verpackungsabfällen wurde durch den Rechnungshof eine hohe Quote an Trittbrettfahrern:innen festgestellt. Grundsätzlich ist in Österreich der Hersteller dafür verantwortlich seine Verpackungen kostenlos zurückzunehmen und zu verwerten oder ein Sammel- und Verwertungssystem damit zu beauftragen. In diesem Fall sind Lizenzgebühren zu bezahlen. Passiert dies nicht, so handelt es sich um sogenannte Trittbrettfahrer:innen. Die Trittbrettfahrer-Quote lag in den Jahren 2016 bis 2020 zwischen 22 und 31 %. Damit entgingen dem abfallwirtschaftlichen Gesamtsystem nicht nur finanzielle Mittel, hob Kraker ins Bewusstsein, die Unternehmen verschafften sich auch einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil.
Kraker plädierte dafür, die getrennte Sammlung zu steigern. Im Jahr 2020 wurden nur 58 % der gesamten Haushaltsverpackungen aus Kunststoff und nur rund 33 % der gewerblichen Verpackungen aus Kunststoff getrennt erfasst. Kraker wies auf das Recyclingziel für Kunststoffverpackungen von 50 % im Jahr 2025 und das Sammelziel für PET-Getränkeflaschen von 90 % bis 2029 hin. Dabei hielt sie fest, das System sei zu komplex, es gebe zu viele Trittbrettfahrer:innen, derzeit sei die getrennte Sammlung unzureichend und die Kapazitäten für die Aufsicht reichen nicht.
GEWESSLER ZUR SAMMELQUOTE: „BEI KUNSTSTOFF RICHTIG VIEL ZU TUN“
Österreich liege europaweit gut beim Recycling von Papier und Glas, jedoch sei „bei Kunststoff richtig viel zu tun“, führte Klimaschutzministerin Gewessler aus. Deshalb wurden Schritte zur Erhöhung der Sammelquote gesetzt. So kommen nun Kunststoffverpackungen in ganz Österreich in die gelbe Tonne bzw. den gelben Sack, zeigte sie sich erfreut. Erste Wirkungszahlen liegen dazu von Wien vor. Seit Jahresbeginn wurden 20 % mehr Leichtverpackungen gesammelt als 2022. Ebenfalls erwartet Gewessler Verbesserungen der Sammelmenge im gewerblichen Bereich. Keine Entscheidung wurde bisher zu dem vom Rechnungshof vorgeschlagenen Ende der Unterscheidung der beiden Systeme erzielt, so Gewessler. Jedoch sehe auch die EU eine Vereinheitlichung vor.
ABGEORDNETE INTERESSIERTEN SICH FÜR REDUKTION DER KUNSTSTOFFVERPACKUNGEN, LITTERING UND PFANDEINNAHMEN
Seitens der Abgeordneten ging Ruth Becher (SPÖ) auf die Empfehlungen des Rechnungshofs ein und interessierte sich für eine Initiative zur Reduktion der Kunststoffverpackungen. Zudem hinterfragte sie die durch Littering (dem achtlose Wegwerfen von Abfällen an öffentlichen Plätzen und in der Natur) verursachten Kosten in Österreich. Kurt Egger (ÖVP) sprach sich dafür aus, die Aufklärung über getrennte Sammlung zu intensivieren. Johannes Margreiter (NEOS) setzte sich für eine höhere Sammelquote ein und interessierte sich für das Vorgehen gegen Trittbrettfahrer:innen. Astrid Rössler (Grüne) machte auf die starke Marktkonzentration aufmerksam. Laut Bericht hatte ein einziges Sammel- und Verwertungssystem einen Marktanteil von deutlich über 60 %.
Alois Kainz (FPÖ) hielt dazu an, die Pfandhöhe bei Plastikpfandflaschen in Anlehnung an Glasflaschen von geplanten 25 Cent pro Flasche auf 9 Cent anzugleichen. Zudem erkundigte er sich nach dem nicht ausbezahlten Pfand. Gewessler betonte: Es gibt noch keine Erfahrungswerte zu dem sogenannten Pfandschlupf. In Deutschland liege er mit zwei bis drei Prozent sehr gering. In der Pfandverordnung sei geregelt, dass das verbliebene Geld das System finanziere. Gewessler hielt dem Vorschlag der FPÖ entgegen, dass die Einsatzhöhe verträglich sein müsse und gleichzeitig eine möglichst hohe Rücklaufquote erzielen soll. Die geplante Höhe von 25 Cent wurde durch Studien belegt. Das Pfand für Flasche und Dose komme ab 1.1.2025. (Schluss Rechnungshofausschuss) gla
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