Opposition kritisiert intransparente Konstruktion der COFAG und kündigt Aufklärung an
Opposition kritisiert intransparente Konstruktion der COFAG und kündigt Aufklärung an
Debatte der Dringlichen Anfrage der SPÖ im Nationalrat
Nachdem Finanzminister Magnus Brunner von SPÖ-Mandatarin Julia Herr in einer Dringlichen Anfrage mit dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zur COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG) konfrontiert wurde (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1085/2023), untermauerten auch die beiden anderen Oppositionsfraktionen FPÖ und NEOS die Vorwürfe in der Plenarsitzung des Nationalrats. Die SPÖ geht von einem „der größten Finanzskandale der Zweiten Republik“ aus. Die NEOS orten Intransparenz und Freunderlwirtschaft, die FPÖ will das Thema im Rahmen eines Untersuchungsausschusses aufarbeiten, auch die SPÖ deutete weitere Aufklärungsschritte an. ÖVP und Grüne relativierten die VfGH-Erkenntnisse.
SPÖ WILL SCHRITTE ZUR AUFKLÄRUNG SETZEN
Kai Jan Krainer (SPÖ) kritisierte den Umgang mit Transparenz des Finanzministers aufgrund seiner Aussagen. Es sei schlichtweg falsch, dass 90 % der COFAG-Hilfen an kleine und mittlere Unternehmen gegangen seien, wie Brunner behauptete, sagte Krainer. Von den KMUs seien zwar 90 % der Anträge gestellt worden, die Großbetriebe hätten aber zwei Drittel der Gelder erhalten. Der Rechnungshof habe das aufgezeigt, verwies der SPÖ-Mandatar auf den entsprechenden Prüfbericht. Brunner habe zu verantworten, dass an die Großkonzerne insgesamt 1 Mrd. € zuviel ausbezahlt wurden. Die SPÖ habe bereits beim Beschluss des ABBAG-Gesetzes, in dem die Konstruktion der COFAG geregelt ist, mit einem Abänderungsantrag auf die problematischen Punkte hingewiesen. Genau diese seien nun vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden, sagte Krainer. Seine Fraktion werde nun Licht ins Dunkel bringen, was mit den Geldern passiert sei, kündigte er weitere Aufklärungsschritte an. Auch Christoph Matznetter (SPÖ) meinte, Aufklärung sei dringend notwendig. Die Regierungsparteien werden die „Rechnung zahlen“. Karin Greiner (SPÖ) kritisierte, dass die Abwicklung der Förderungen nicht der Finanzverwaltung überlassen wurde. Außerdem wollte sie vom Finanzminister wissen, wann endlich zu Unrecht erhaltene Zahlungen rückgefordert werden. Viel Aufklärungsbedarf ortete Reinhold Einwallner (SPÖ), der die COFAG wie auch Krainer zuvor als „Blackbox“ bezeichnete. Katharina Kucharowits (SPÖ) sprach von einem „Bankomat für Millionär:innen und Milliardär:innen“.
ÖVP UND GRÜNE RELATIVIEREN
Nicht jedes VfGH-Urteil würde einen Skandal bedeuten, war Christian Stocker (ÖVP) um Beschwichtigung bemüht. Den Vorwurf der Intransparenz wies er zurück und spielte den Ball an die Bundeshauptstadt weiter. In Wien würde alles abseits der Öffentlichkeit ablaufen, meinte er in Richtung der SPÖ-Mandatar:innen. Von den COFAG-Auszahlungen hätten viele – auch SPÖ-nahe – Betriebe profitiert, weil rasch und unbürokratisch ausbezahlt wurde. Die COFAG habe eine große Anzahl an Betrieben gefördert, die SPÖ aber würde Neid und Missgunst schüren und die Wirtschaft im Land schlechtreden wollen, meinte Stocker. Auch Kurt Egger (ÖVP) wertete die Dringliche Anfrage der SPÖ als Anlass, um von den eigenen Sorgen abzulenken. Karlheinz Kopf (ÖVP) betonte, es habe glasklare Richtlinien zur Behandlung der Anträge in der COFAG gegeben, die für alle Antragsteller:innen gleichermaßen gegolten hätten. Zudem gebe es einen fachlich höchst kompetenten Aufsichtsrat. Andreas Hanger (ÖVP) sieht die vier gesetzlich festgelegten Kriterien für die COFAG – nämlich, dass Hilfen rasch, effizient, transparent und nachvollziehbar ausgezahlt werden sollen – als erfüllt.
Jakob Schwarz (Grüne) war darum bemüht, die Diskussion „auseinanderdröseln“, wie er sagte. Die COFAG habe nicht die gesamten Corona-Hilfen abgewickelt, sondern nur einen Teil. Dem Verfassungsgerichtshof sei es bei seinem Urteil nicht um den wirtschaftlichen Aspekt oder die Treffsicherheit der Hilfsgelder gegangen, sondern um die gesetzliche Basis und die Frage, ob die wesentlichen Aufgaben überhaupt ausgelagert werden hätten dürfen. Daher seien fünf Regelungen als verfassungswidrig aufgehoben worden, stellte er klar. Die von SPÖ-Mandatar Krainer genannten vorgeschlagenen Änderungen hätten eine andere Zielsetzung gehabt und seine Fraktion das zugrundeliegende ABBAG-Gesetz in Form einer Sammelnovelle immerhin mitbeschlossen. Für Elisabeth Götze (Grüne) gelte es, aus dem aus ihrer Sicht richtungsweisenden Erkenntnis des VfGH die richtigen Lehren zu ziehen, etwa mit Blick auf andere Förderinstrumente. Eine Lehre könnte auch sein, dass in mehr Personal für Behörden investiert werden müsse, um Krisensituationen bewältigen zu können.
FPÖ UND NEOS BEMÄNGELN TRANSPARENZ
Den Aspekt der Intransparenz hob auch Christian Hafenecker (FPÖ) in seinem Redebeitrag hervor. Der Umgang des Finanzministers mit dem Interpellationsrecht zeuge davon, meinte er. Die Bundesregierung sei geprägt von Korruption und Vetternwirtschaft, meinte er. Die COFAG sei nur „die Spitze des Eisbergs“. Es sei unverschämt gewesen, dass während der Corona-Zeit aus einer Krise Kapital geschlagen wurde. Die 20 Mrd. € des Budgetdefizits seien da mit der Gießkanne verteilt worden. Der Fall Kika/Leiner sei beispielhaft für die Tricks, die bei der COFAG zur Anwendung gebracht wurden, meinte Hafenecker. Die Agentur sei wohlweislich der parlamentarischen Kontrolle entzogen worden und die Konstruktion bewusst so gewählt worden, mutmaßte er. Mit Blick auf den Rechnungshofbericht bezeichnete Wolfgang Zanger (FPÖ) die COFAG als „größte, teuerste und intransparenteste Fehlkonstruktion, die Österreich je gesehen hat“. Man habe den Steuerzahler:innen das Geld aus den Taschen genommen und damit die „Freunderl“ gefüttert, lautete auch sein Vorwurf. Gerhard Kaniak (FPÖ) meinte, die Agentur sei vorsätzlich aus der öffentlichen Verwaltung ausgegliedert worden, um „Günstlinge“ auf hochdotierten Posten unterbringen zu können. Die Gebarung der „grün-schwarzen-Blackbox“ müsse durchleuchtet werden, meinte er wie auch FPÖ-Fraktionskollege Gerald Hauser, der sagte, das Thema im Rahmen eines Untersuchungsausschusses aufarbeiten zu wollen. „Aufklärung müsse und werde folgen.“
Transparenz und Kontrolle waren auch für Karin Doppelbauer (NEOS) die zentralen Begriffe in dieser Debatte. Die Konstruktion der COFAG habe ihre Fraktion von Anfang an kritisiert und gesagt „so geht das nicht“. Durch sie seien Intransparenz und Freunderlwirtschaft in einen rechtlichen Rahmen gegossen worden. Da die Unternehmen ja keinen Bescheid über die Auszahlung bekommen hätten, müssten sie nun privatrechtlich klagen, was sehr kostspielig sei. Bei einer Abwicklung über die Finanzämter wäre das nicht der Fall. Auch Michael Bernhard (NEOS) meinte, es wäre besser gewesen, wenn die Behörde verantwortlich gewesen wäre. Trotzdem hätten die Finanzämter viel Arbeit übernommen, ging Doppelbauer auf eine Erkenntnis des Rechnungshofs ein. Das VfGH-Urteil sei ihrer Meinung nach weitrechend, weil es nun allgemein zu diskutieren gelte, was überhaupt ausgelagert werden dürfe, und was nicht. Auch NEOS-Fraktionskollege Nikolaus Scherak sprach sich dafür aus, das Urteil ernst zu nehmen. Eine Missachtung des Verfassungsgerichthofs sei brandgefährlich. Gerald Loacker (NEOS) wies darauf hin, dass Grünen-Abgeordnete Elisabeth Götze im Beirat der COFAG sitze. Aus seiner Sicht geht es sich nicht aus, dass Mandatar:innen eine solche Funktion mit Verschwiegenheitspflicht übernehmen. Er übte zudem Kritik an den Entscheidungen des Aufsichtsrats der COFAG und warf den Regierungsparteien vor, Fehler nicht zuzugeben. (Fortsetzung Nationalrat) fan/kar
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