Parlament: TOP im Nationalrat am 05. Juli 2023
Parlament: TOP im Nationalrat am 05. Juli 2023
ORF-Reformpaket, Gewaltschutz, Auto-Beschlagnahme bei Rasen, Energiekostenzuschuss, Rehabilitationsfreistellung
Am ersten der drei Plenartage vor dem Sommer wird der Nationalrat am Mittwoch unter anderem über die Reformpläne für den ORF beraten. Zur Debatte stehen auch mehr Mittel für Schutzunterkünfte für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder. Weitere Gesetzesvorschläge betreffen die Möglichkeit zur Beschlagnahme des Autos von unbelehrbaren Raser:innen, den Energiekostenzuschuss und den Rechtsanspruch auf Freistellung für Eltern, die ihre Kinder zu einem Rehaaufenthalt begleiten.
AKTUELLE STUNDE
Die Sitzung beginnt um 9.00 Uhr mit einer Aktuellen Stunde, für die die NEOS den Titel „Steuern und Abgaben auf Arbeit senken. Damit sich Menschen wieder etwas aufbauen können, Herr Finanzminister“ gewählt haben.
KINDERRECHTE-VOLKSBEGEHREN
Fünf Forderungen enthält das „Kinderrechte-Volksbegehren“, das österreichweit von 172.015 Personen unterzeichnet wurde. Im Konkreten sprechen sich die Unterzeichner:innen dafür aus, die gesamte UN-Kinderrechtskonvention in den Verfassungsrang zu heben, eine staatliche Unterhaltsgarantie einzuführen, das Kinderbetreuungsgeld signifikant zu erhöhen, die tägliche Turnstunde an Schulen zu realisieren und den Import von Produkten, die mit Kinderarbeit in Zusammenhang stehen, zu verbieten. Bei den fünf Punkten handle es sich um seit langem geforderte Maßnahmen, welche allesamt ihrer überfälligen Umsetzung harren und keiner gesonderten Begründung bedürfen, halten die Initiator:innen fest.
Bei einem Expert:innen-Hearing im Familienausschuss brachten die Abgeordneten aller Fraktionen ihre Unterstützung für die Rechte von Kindern und Jugendlichen zum Ausdruck. Konkrete Beschlüsse wurden allerdings nicht gefasst.
VOLKSBEGEHREN „RECHT AUF WOHNEN“
Maßnahmen zur Umsetzung eines „Rechts auf Wohnen“ fordern die Proponent:innen des gleichnamigen Volksbegehrens. Dieses hat mit der Unterstützung von 134.664 Menschen die Hürde zur Behandlung im Nationalrat genommen. Im Rahmen eines Expert:innen-Hearings wurden die Anliegen vorab im Bautenausschuss diskutiert. Die Republik solle alle Staatsbürger:innen ab einem bestimmten Alter beim Erwerb oder Erhalt von Wohneigentum etwa durch zinsenlose Darlehen auf Antrag unterstützen, wird gefordert. Zudem solle der Staat jedem Menschen auf Antrag eine kostenfreie Unterkunft zur Verfügung stellen, solange dieser sich keine Unterkunft leisten kann.
VOLKSBEGEHREN GIS-GEBÜHR ABSCHAFFEN
Abschließend beraten wird der Nationalrat auch über ein im November 2022 eingelangtes Volksbegehren, das die Abschaffung der ORF-Gebühren zum Ziel hat. Lediglich eine streng zweckgewidmete Gebühr zur Finanzierung des Radioprogramms Ö1 können sich die Unterzeichner:innen vorstellen. Insgesamt haben 364.346 Personen bzw. 5,73 % der Wahlberechtigten die Initiative unterschrieben.
Begründet wird die Forderung unter anderem mit der Programmqualität des ORF und parteipolitischer Einflussnahme bei der Besetzung von Führungspositionen und des Stiftungsrats. So bezweifeln Initiator Dominik Schmied und seine Mitstreiter:innen etwa, dass der ORF seinen öffentlichen Bildungsauftrag erfüllt. Zudem wird auf die Abschaffung wichtiger Sportübertragungen verwiesen. Der Verfassungsausschuss hat zum Volksbegehren ein Experten-Hearing abgehalten, wobei von vielen Seiten die Bedeutung eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks hervorgehoben wurde. Zudem wurde das neue Finanzierungsmodell für den ORF – ab 2024 wird die GIS-Gebühr von einer Haushaltsabgabe abgelöst – von den Experten unter die Lupe genommen. Die Initiator:innen des Volksbegehrens verzichteten auf eine Teilnahme am Hearing.
ORF-REFORMPAKET
Das von der Regierung vorgeschlagene ORF-Reformpaket sieht unter anderem eine Umwandlung der GIS-Gebühr in eine Haushaltsabgabe und eine Ausweitung des digitalen Angebots des ORF vor. So darf der Sender künftig etwa reine Online-Angebote bereitstellen. Gleichzeitig wird die Abrufdauer von Sendungen in der ORF-Mediathek verlängert. Im Gegenzug sind eine deutliche Reduktion der Textmeldungen auf der Überblicksseite von orf.at und stärkere Werbebeschränkungen im Radio- und im Online-Bereich in Aussicht genommen. Außerdem wird der ORF zu Sparmaßnahmen, etwa beim Personal, und zu mehr Transparenz verpflichtet. Ebenso ist er angehalten, stärker mit Privatsendern zu kooperieren, sofern diese das wünschen. Sowohl der Spartensender Sport+ als auch das Radiosymphonieorchester sollen bis zumindest Ende 2026 erhalten bleiben.
Die Höhe der neuen ORF-Haushaltsabgabe wird für die Jahre 2024 bis 2026 mit monatlich 15,3 € festgeschrieben, was deutlich unter der derzeitigen GIS-Gebühr von 18,59 € liegt. Zudem verzichtet der Bund künftig auf den Kunstförderungsbeitrag, der gemeinsam mit der GIS-Gebühr eingehoben wird. Damit würden 2,9 Millionen Menschen in Österreich entlastet, machte Medienministerin Susanne Raab im Verfassungsausschuss geltend. Sie hob zudem die Notwendigkeit hervor, dem ORF im digitalen Zeitalter mehr Möglichkeiten einzuräumen, ohne dadurch die Medienvielfalt in Österreich zu gefährden. Auch die Abgeordneten von ÖVP und Grünen zeigten sich mit dem Paket zufrieden.
Keine Zustimmung kam hingegen von der Opposition: Sie kritisierte unter anderem, dass die Reform nicht für eine Stärkung der Unabhängigkeit des ORF genutzt wird. Die FPÖ wandte sich außerdem dagegen, in Zeiten der Teuerung eine neue „Massensteuer“ einzuführen.
ORF-REFORMANLIEGEN DER OPPOSITION
Mitverhandelt mit der Regierungsvorlage werden zahlreiche Entschließungsanträge der Opposition, deren Erfolgsaussicht angesichts ihrer Ablehnung im Verfassungsausschuss jedoch gering ist. So tritt die SPÖ etwa dafür ein, den ORF-Spartensender Sport+ dauerhaft – also über das Jahr 2026 hinaus – zu erhalten und dessen Inhalte nicht in ein Online-Programm zu verlagern.
Der FPÖ geht es unter anderem um eine vollständige Abschaffung der „ORF-Zwangsgebühren“ und ein Verbot des ihrer Meinung nach ideologisch motivierten Binnen-I im öffentlich-rechtlichen Sender. Zudem übt sie massive Kritik an einem „Maulkorb-Erlass“ zum neuen Finanzierungsmodell des ORF, mit dem ORF-Generaldirektor Roland Weißmann und FM4-Chefin Doroteja Gradištanac ihrer Meinung nach in die Unabhängigkeit der journalistischen und programmgestaltenden Mitarbeiter:innen des ORF eingegriffen haben. Den NEOS ist eine Schärfung und Neudefinition des öffentlich-rechtlichen Auftrags des ORF unter Einbindung der Zivilgesellschaft ein Anliegen. Weitere Entschließungsanträge der Opposition waren im Ausschuss vertagt worden, werden in der Diskussion aber sicher auch eine Rolle spielen.
TERRORINHALTE-BEKÄMPFUNGS-GESETZ
Zur Bekämpfung von Terrorpropaganda und anderen Terror-Inhalten im Internet hat die EU im April 2021 eine Verordnung beschlossen, die seit rund einem Jahr in allen Mitgliedstaaten gilt. Demnach sind Hostingdienste verpflichtet, terroristische Inhalte auf Basis von Behörden-Anordnungen innerhalb einer Stunde zu löschen und weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Verbreitung derartiger Inhalte zu unterbinden. Dazu können etwa geeignete technische und operative Maßnahmen zur Ermittlung terroristischer Inhalte oder Meldemechanismen für Nutzer:innen zählen. Gleichzeitig ist ein Beschwerdemanagement einzurichten. Zudem müssen sowohl Hostinganbieter als auch Inhalteanbieter die Möglichkeit haben, Behörden-Entscheidungen anzufechten.
Die sich aus dieser Verordnung für Österreich ergebenden Verpflichtungen sollen nun in einem eigenen „Terrorinhalte-Bekämpfungs-Gesetz“ geregelt werden, das vom Verfassungsausschuss mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen an das Plenum weitergeleitet wurde und am 1. September in Kraft treten soll. Demnach soll die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) die zuständige Behörde zur Erlassung von Entfernungsanordnungen sein, wobei eine Zusammenarbeit mit der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) in Aussicht genommen ist. Vorgesehen sind außerdem Transparenzberichte der Hostingdiensteanbieter und hohe Geldstrafen bis zu 1 Mio. €, wenn Entfernungsanordnungen nicht zeitgerecht nachgekommen wird. Entscheidungen der KommAustria können beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
Die FPÖ begründete die Ablehnung des Gesetzes im Verfassungsausschuss unter anderem damit, dass sie die EU-Verordnung für überschießend halte. Die NEOS sehen speziell eine Bestimmung in der Vorlage skeptisch, nach der die DSN die ihr übermittelten Daten nahezu ohne Beschränkung weiterverarbeiten kann.
NOVELLE ZUM PRIVATRADIOGESETZ
Einstimmig hat der Verfassungsausschuss eine von den Koalitionsparteien vorgeschlagene Novelle zum Privatradiogesetz und zum Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz gebilligt, mit der einige geltende Beschränkungen für Betreiber von Privatradios gelockert werden. Damit soll zum einen der Ausbau des Angebots an digitalen Radioprogrammen beschleunigt und zum anderen Betreibern von privaten Radiosendern die Finanzierung ihrer Programme erleichtert werden.
Neben einem analogen terrestrischen Programm werden einzelne Personen bzw. Personengesellschaften demnach künftig bis zu sechs – anstatt derzeit zwei – digitale terrestrische Hörfunkprogramme in einem Versorgungsgebiet ausstrahlen können, wobei gleichzeitig nicht mehr als 20 % der auf einer Multiplex-Plattform zur Verfügung stehenden Datenrate belegt sein dürfen. Ähnliches gilt – unter Beibehaltung der sonstigen Beschränkungen – für Medienverbünde. Die Gefahr, dass die Programmvielfalt durch die Lockerungen bedroht ist, sehen ÖVP und Grüne nicht. Sie weisen in den Erläuterungen darauf hin, dass sich die Ausspielkanäle durch DAB+, 5G-Broadcast und digitale Streamingkanäle vervielfacht hätten und die Regulierungsbehörde bei der Frequenzzuteilung weiterhin angehalten sei, auf Programm- und Meinungsvielfalt Bedacht zu nehmen.
VEREINBARUNG FÜR MEHR GEWALTSCHUTZMITTEL UND SCHUTZUNTERKUNFTSPLÄTZE FÜR FRAUEN UND KINDER
Im Rahmen einer 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern sollen mindestens 180 zusätzliche Plätze für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder (90 Frauenplätze und ebenso viele Kinderplätze) geschaffen werden. Dafür sollen mit einem Zweckzuschuss des Bundes ab November 2023 bis Ende 2026 jährlich 3 Mio. € zur Verfügung gestellt werden. Vorgesehen ist damit einhergehend der Ausbau des Beratungs- und Betreuungsangebots in den Unterkünften. Zudem soll eine bundesweite Steuerungsgruppe im Bundeskanzleramt eingerichtet werden. Die Regierungsvorlage dürfte im Plenum gute Chancen haben: Im Gleichbehandlungsausschuss stimmten die Abgeordneten einhellig dafür.
EINSATZ VON VIDEOTECHNOLOGIE IN VERWALTUNGSVERFAHREN UND BEI VERWALTUNGSGERICHTEN
Im Zuge der Corona-Pandemie erhielten Behörden und Verwaltungsgerichte die Möglichkeit, Verwaltungsverfahren bzw. Verwaltungsstrafverfahren unter bestimmten Umständen auch unter Einsatz von Videotechnologie durchzuführen, etwa wenn Zusammenkünfte vor Ort pandemiebedingt nicht möglich oder nicht geboten waren. Diese Bestimmungen sollen nun, in etwas abgewandelter Form, ins Dauerrecht übernommen werden. Sie hätten sich in der Praxis bewährt, wird eine in die Zuständigkeit von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler fallende Regierungsvorlage begründet. Zudem wird mit dem Gesetzentwurf der langjährigen Forderung Rechnung getragen, elektronisch eingebrachte Anbringen wie zum Beispiel Einsprüche gegen Bescheide hinsichtlich des Fristenlaufs mit Postsendungen gleichzustellen. Sie gelten künftig auch dann als rechtzeitig eingebracht, wenn sie am letzten Tag der Frist, auch außerhalb der Amtsstunden, versendet wurden.
Mit dem Einsatz von Videotechnologie soll insbesondere die Verfahrenseffizienz gefördert werden. In diesem Sinn sollen Behörden auch nur einzelne Personen per Video zu Verhandlungen zuschalten können. Betroffenen muss grundsätzlich jedoch stets die Möglichkeit geboten werden, persönlich zu erscheinen. Außerdem ist in Verwaltungsstrafverfahren jedenfalls das Grundrecht auf ein faires Verfahren zu gewährleisten und das Erfordernis der Öffentlichkeit zu beachten.
Im Verfassungsausschuss stimmten neben den Koalitionsparteien auch SPÖ und FPÖ der Regierungsvorlage zu. Auch die NEOS halten das Vorhaben grundsätzlich für begrüßenswert, sie kritisierten allerdings die legistische Qualität des Entwurfs und bemängelten unter anderem, dass Begriffe durcheinandergebracht würden.
BERICHT ZUR UMSETZUNG DER UN-ENTWICKLUNGSZIELE
Aufgrund eines einstimmigen Beschlusses des Verfassungsausschusses wird im Plenum auch ein Bericht von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler über den Stand der Umsetzung der UN-Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) in Österreich zur Diskussion stehen. Dem Bericht zufolge liegt Österreich bei der Umsetzung der sogenannten „Agenda 2030“ weltweit an fünfter Stelle, wobei unter anderem gezielte Maßnahmen gegen Armut in der Corona-Pandemie und andere pandemiebedingte Entlastungsinitiativen von Bund und Ländern geltend gemacht wurden. Auch wird auf Investitionen in die Schwerpunktbereiche Digitalisierung, Ökologisierung und Gesundheit sowie die noch bis 2025 laufende COVID-19-Investitionsprämie für Unternehmen und andere Maßnahmen zur Sicherstellung von nachhaltigem wirtschaftlichen Wachstum nach der Pandemie verwiesen. Ebenso steige das allgemeine Bildungsniveau stetig.
Als ein gravierendes Umweltproblem wird hingegen die voranschreitende Bodenversiegelung in Österreich genannt. Zudem besteht laut Bericht noch großer Handlungsbedarf, was die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt betrifft. Global aktuelle SDG-Themen sind dem Bericht zufolge die Resilienz gegenüber multiplen Krisen wie kriegerische Konflikte, aber auch die Energie- und Klimakrise, die Teuerung und die steigende Ungleichheit. Der Bericht wurde im Ausschuss gegen die Stimmen der FPÖ zur Kenntnis genommen.
BESCHLAGNAHME VON AUTOS VON EXTREMEN RASER:INNEN
Als abschließender Teil des Maßnahmenpakets gegen Rasen im Straßenverkehr sollen künftig – zusätzlich zu einer Geldstrafe – die Fahrzeuge unbelehrbarer Lenker:innen beschlagnahmt werden können. Mit einer Beschlagnahme müssen Personen rechnen, die wiederholt sehr hohe Geschwindigkeitsüberschreitungen begehen – konkret Geschwindigkeiten, die 60 km/h über dem zulässigen Tempo im Ortsgebiet und über 70 km/h im Freiland liegen. Bei mehr als 80 km/h (Ortsgebiet) bzw. 90 km/h (Freiland) an Geschwindigkeitsüberschreitungen soll unter bestimmten Umständen schon ein einmaliger Verstoß zum Verfall des Fahrzeugs führen können. Vorgesehen ist ein dreistufiges System, das von der vorläufigen Beschlagnahme über die Beschlagnahme bis zum Verfall des Fahrzeugs reicht. Die entsprechende Novelle der Straßenverkehrsordnung erhielt im Ausschuss die Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen.
INTEGRATION DES INFRASTRUKTURTEILS DER GRAZ-KÖFLACHER BAHN UND BUSBETRIEBS GMBH IN ÖBB INFRASTRUKTUR AG
Der Teilbetrieb Infrastruktur der Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb GmbH soll an die ÖBB-Infrastruktur AG (GKB-Infrastruktur-Übertragungsgesetz) übertragen werden. Die Verkehrsministerin, die das entsprechende Gesetzesvorhaben vorgelegt hat, verspricht sich davon im Zeitraum 2024 bis 2027 Einsparungen von insgesamt rund 201,8 Mio. €. Die geringeren Betriebskosten der ÖBB-Infrastruktur AG gegenüber der GKB und die Übertragung der Finanzierung der Investitionen in die Annuitätenfinanzierung der ÖBB-Infrastruktur AG sollen zu den Entlastungen des Bundesbudgets führen. Das Gesetzesvorhaben sieht vor, dass zwischen GKB und ÖBB-Infrastruktur AG ein Spaltungs- und Übernahmevertrag abgeschlossen wird. Die GKB wird dabei weiter bestehen bleiben. Das geplante GKB-Infrastruktur-Übertragungsgesetz sieht auch eine Reihe von Bestimmungen vor, mit denen die Ansprüche der Bediensteten des Teilbetriebs Infrastruktur der GKB gesichert werden sollen. Weitere Bestimmungen zielen darauf ab, dass die erwarteten Synergieeffekte für den Bund eintreten. Im Ausschuss stimmten ÖVP und Grüne für die Regierungsvorlage.
Wenig Chance auf Erfolg dürfte hingegen die SPÖ mit ihrer Forderung haben, die Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb Gmbh (GKB) weiterhin als eigenes Bahnunternehmen im Eigentum des Bundes zu betreiben. Die Details sollten laut Sozialdemokrat:innen in einem eigenen „Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb Gmbh Gesetz (GKB-Gesetz)“ geregelt werden. Die Eigentümerrechte wären dabei von der Verkehrsministerin bzw. dem Verkehrsminister auszuüben, während die Finanzierung der Infrastruktur durch den Bund erfolgen sollte. Im Ausschuss blieb der Antrag in der Minderheit.
SANKTIONEN ZUR VORRATSPFLICHT BEI ERDÖL-PFLICHTNOTSTANDSRESERVE
Mit einem Antrag von ÖVP und Grünen zur Änderung des Erdölbevorratungsgesetzes soll im Fall eines Verstoßes gegen die Vorratspflicht zur Erdöl-Pflichtnotstandsreserve dem Sanktionsregime eine ausreichend abschreckende Wirkung verliehen werden. Vorratspflichtige sind etwa Importeure von Erdöl, Erdölprodukten, Biokraftstoffen oder Rohstoffen zur direkten Erzeugung von Biokraftstoffen. Im Falle eines verwaltungsstrafrechtlichen Verstoßes bei der Vorratspflicht sollen dem Vorratspflichtigen künftig Geldstrafen bis zu 116.240 € bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen drohen, wenn er in einem Kalendermonat der Bevorratungsperiode seiner Vorratspflicht nicht nachkommt. Grünes Licht gaben dafür im Wirtschaftsausschuss ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS.
INFORMATIONSMASSNAHMEN FÜR GÜNSTIGSTES STROMPRODUKT FÜR VERBRAUCHER:INNEN
Mit Stimmenmehrheit von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen befürworteten die Abgeordneten im Ausschuss eine Initiative der Koalitionsparteien, mit der es zu mehr Informationsmaßnahmen im Hinblick auf das günstigste Stromprodukt für Verbraucher:innen kommen soll. Konkret soll mit den Änderungen im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz unter anderem der Tarifkalkulator der E-Control weiter verbessert werden, Vergünstigungen beim Strom bereits durch eine Anpassung der Teilbeträge und nicht erst bei der Jahresabrechnung berücksichtigt sowie auf die Anbieterwechselmöglichkeit hingewiesen werden.
So sollen etwa Lieferanten verpflichtet werden, jährlich ein Informationsschreiben über Wechselmöglichkeiten samt Hinweis auf den Tarifkalkulator an Kund:innen zu senden. Bei Bindungsfristen soll über das bevorstehende Ende sowie über die Wechselmöglichkeit informiert werden. Außerdem müssen Lieferanten zu diesen Schreiben jeweils auf ein günstigeres anwendbares Standardprodukt hinweisen, wenn ein solches bei ihnen vorhanden ist, so die Vorlage. Mitbeschlossen wurde im Ausschuss ein Abänderungsantrag von ÖVP und Grünen, um die elektronische Zustellung von Informationsschreiben zu ermöglichen und erhöhte Informationspflichten für Lieferanten zu sogenannten „Floater-Tarifen“ festzulegen.
ENERGIEKOSTENZUSCHUSS UND STROMPREISKOSTEN-AUSGLEICH
Mit einem Antrag der Koalitionsparteien zum Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz, der mehrheitlich mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und Grünen den Wirtschaftsausschuss passierte, soll zum Energiekostenzuschuss für energieintensive Betriebe eine Kombinierbarkeit mit dem Strompreiskosten-Ausgleichsgesetz 2022 (SAG) geschaffen werden. Das jüngst beschlossene SAG sieht für energieintensive Unternehmen in bestimmten Sektoren einen Ausgleich für die hohen Strompreiskosten im Kalenderjahr 2022 über CO2-Kosten bzw. Versteigerungserlöse vor. Bisher war eine Kombination ausgeschlossen, das soll nun geändert werden.
ENERGIEKOSTENZUSCHUSS FÜR NON-PROFIT-ORGANISATIONEN
Ein neues Gesetz für einen Energiekostenzuschuss für Non-Profit-Organisationen sieht in den Jahren 2023 und 2024 Unterstützungsleistungen für Energiemehrkosten für jene Organisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit aus dem gemeinnützigen und kirchlichen Bereich vor, die nicht im Sinne der entsprechenden Regelung im Umsatzsteuergesetz unternehmerisch tätig sind. Insgesamt wird dafür ein Betrag von bis zu 140 Mio. € zur Verfügung gestellt. Der Berechtigtenkreis wird – angelehnt an das NPO-Fondsgesetz – näher definiert, wobei insbesondere politische Parteien von der Förderung ausgeschlossen werden. Die Koalitionsparteien brachten den Antrag im Wirtschaftsausschuss ein, wo er auch mit den Stimmen von ÖVP und Grünen angenommen wurde. Zur näheren Ausgestaltung der Förderung sind laut Vorlage noch Richtlinien zu erlassen.
ENERGIEKOSTENZUSCHUSS FÜR NEUE SELBSTSTÄNDIGE
Mit der Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG) auf Antrag von ÖVP und Grünen soll das Energiekostenzuschuss-Pauschalfördermodell für Kleinst- und Kleinbetriebe auch auf den Personenkreis der Neuen Selbstständigen übertragen werden. Damit soll für diese Gruppe ein einmaliger Energiekostenzuschuss von 410 € ermöglicht werden. Gelten soll die Förderung für jene Neuen Selbstständigen, die im Zeitraum von Februar bis Dezember 2022 durchgehend nach GSVG pflicht- bzw. krankenversichert waren, sofern die endgültige oder vorläufige monatliche Beitragsgrundlage für den Monat Dezember 2022 die Höchstbeitragsgrundlage (6.615 €) nicht erreicht. Vorgesehen ist für sie als Energiekostenzuschuss eine einmalige Gutschrift in Höhe von 410 € auf das Versicherten-Beitragskonto im vierten Quartal 2023.
FORT- UND WEITERBILDUNGSMÖGLICHKEITEN VON SELBSTSTÄNDIGEN
ÖVP und Grüne schlagen vor, den Bericht „KMU im Fokus“, der jährlich dem Nationalrat vorgelegt wird, ab dem Berichtsjahr 2023 um ein Kapitel „Fort- und Weiterbildung von Selbstständigen“ zu ergänzen. Es soll beinhalten, welche Maßnahmen zur Förderung der Fort- und Weiterbildung von Selbstständigen aktuell in Österreich bestehen und wie diese angenommen werden. Darüber hinaus soll beleuchtet werden, welche Maßnahmen es zur Förderung der Fort- und Weiterbildung von Selbstständigen aktuell in anderen europäischen Ländern gibt und welche davon in Österreich umgesetzt werden könnten. Der Entschließungsantrag fand im Wirtschaftsausschuss die Zustimmung von ÖVP, SPÖ und Grünen.
ARBEITSFREISTELLUNG ZUR BEGLEITUNG VON KINDERN BEI REHAAUFENTHALTEN
Einstimmig hat der Sozialausschuss eine Novellierung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes und begleitende Gesetzesänderungen an das Plenum geschickt. Das Paket sieht einen Rechtsanspruch auf eine bis zu vierwöchige Freistellung für Arbeitnehmer:innen vor, die ihr minderjähriges Kind zu einem von der Sozialversicherung bewilligten stationären Rehaaufenthalt begleiten. Die Freistellung kann zwischen den Elternteilen geteilt, aber nicht gleichzeitig in Anspruch genommen werden, außer wenn die Teilnahme beider Elternteile an der Rehamaßnahme therapeutisch notwendig ist. Für die Dauer der Freistellung soll den Arbeitnehmer:innen Pflegekarenzgeld gebühren. In Kraft treten soll die Regelung mit 1. November 2023.
Zufrieden mit den neuen Bestimmungen ist auch die SPÖ, wiewohl sie selbst ursprünglich eine Entgeltfortzahlung während der Arbeitsfreistellung vorgeschlagen hatte. Der entsprechende SPÖ-Antrag gilt nun mit dem Beschluss im Sozialausschuss als miterledigt.
Weiters wird mit dem vorliegenden Paket die Gebührenbefreiung von Arbeitgeber-Anträgen auf Vergütung des Entgelts von Mitarbeiter:innen, die Sonderbetreuungszeit in Anspruch genommen haben, verlängert.
ERLEICHTERTE ERTEILUNG VON BESCHÄFTIGUNGSBEWILLIGUNGEN
Das AMS kann Unternehmen in Österreich in Ausnahmefällen für Nicht-EU-Bürger:innen auch dann eine Beschäftigungsbewilligung erteilen, wenn diese keine Rot-Weiß-Rot-Karte oder einen anderen mit einer Beschäftigungsbewilligung verbundenen Aufenthaltstitel besitzen. Eine besondere Bedingung dafür – die einhellige Zustimmung des unter anderem mit Sozialpartner-Vertreter:innen besetzten Regionalbeirats – soll nun infolge eines Urteils des Verfassungsgerichtshofs entfallen. Voraussetzung für eine positive Beurteilung des AMS ist allerdings, dass die Beschäftigungsbewilligung aus besonders wichtigen Gründen notwendig ist oder öffentliche bzw. überbetriebliche gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung erfordern. Explizit werden dabei etwa der Erhalt von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer:innen und die nachweisliche Qualifikation der betroffenen Person als Arbeitskraft in einem Mangelberuf genannt.
Die Gesetzesnovelle erhielt im Sozialausschuss die Zustimmung von ÖVP, Grünen und NEOS. Die FPÖ sprach sich hingegen entschieden dagegen aus, die Tore für ausländische Arbeitskräfte noch weiter zu öffnen. Zudem sehen sie und die SPÖ außerdem die Sozialpartnerschaft ausgehebelt, da Beschäftigungsbewilligungen künftig auch gegen den Willen der Arbeitnehmer:innenvertretung erteilt werden können. (Fortsetzung TOP im Nationalrat) kar/mbu/gs
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
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