Finanzausschuss-Hearing zu Volksbegehren „Für uneingeschränkte Bargeldzahlung“
Finanzausschuss-Hearing zu Volksbegehren „Für uneingeschränkte Bargeldzahlung“
Expert:innen für Diskussion über Annahmeverpflichtung von Bargeld
Der Finanzausschuss hielt zum Volksbegehren „Für uneingeschränkte Bargeldzahlung“, das von 530.938 Menschen unterschrieben worden ist, ein öffentliches Expert:innen-Hearing ab. Darin wurde über die Forderung Bargeldzahlungen verfassungsgesetzlich zu verankern beraten. Ziel des Volksbegehrens ist der Erhalt der Bargeldzahlung, und zwar, wie die Initiator:innen fordern, „ohne Beschränkung“. Als einer der Proponenten des Volksbegehrens nutzte Josef Binder die Sitzung dafür, Motivationen und Gründe für die Initiative zu erklären. Gerade in Zeiten der Digitalisierung, die Bürger:innen immer mehr zu „gläsernen“ Menschen mache, stehe Bargeld für Freiheit, so Binder. Schon um der Verschuldung des oder der Einzelnen vorzubeugen, müssten Geldscheine und Münzen übergeordnetes gesetzliches Zahlungsmittel bleiben. Obergrenzen bei zulässigen Bargeldzahlungen werden abgelehnt, weil sie aus Sicht der Unterzeichner:innen des Volksbegehrens nicht vor kriminellen Aktivitäten wie Geldwäsche schützen würden. Binder zufolge findet Kriminalität vor allem bei digitalen Währungen statt (1794 d.B.). Proponentin Sabine Hatzl setzte sich dafür ein, Bargeld zu behalten. Wichtig sei die Wahlmöglichkeit, unterstrich sie und berichtete über Kreditkartenbetrug und Unsicherheiten in der digitalen Welt.
Als Experten bzw. Expertinnen standen Bernd Lausecker vom Verein für Konsumenteninformation, Friedrich Schneider (em. Professor der Johannes-Kepler-Universität Linz), Matthias Schroth von der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Brigitte Unger (Universität Utrecht sowie OeNB-Generalrätin) und Gabriele Zgubic von der Arbeiterkammer Wien Rede und Antwort. Einigkeit herrschte zur großen Bedeutung des Bargelds für die Österreicher:innen. Da es zur Annahmeverpflichtung von Bargeld keine aktuelle Rechtslage gibt, sprachen sich die Expert:innen dafür aus, diese neu zu überdenken. Zudem warnten sie vor künftigen Gebühren bei unbaren Zahlungsmitteln.
LAUSECKER: BARGELD HAT HOHE BEDEUTUNG FÜR VERBRAUCHER:INNEN
Bargeld sei als gesetzliches Zahlungsmittel im Verständnis der Bürger:innen fest verankert, unterstrich Bernd Lausecker die große Bedeutung des Bargelds für die Österreicher:innen. Bestimmte Gruppen würden bewusst auf unbare Zahlungen verzichten, unterstrich er und zeigte auch Fälle des unfreiwilligen Verzichts auf.
Bargeld ermögliche den Schutz der Privatsphäre und schütze wirtschaftlich schwache Menschen vor Spontankäufen. „Was man nicht mit hat, kann man nicht ausgeben“, sei eine wichtige Devise für viele Menschen, betonte Lausecker. Erste bargeldlose Supermärkte gebe es bereits in Österreich, strich Lausecker hervor. Kritisch werde es, wenn es sich um Nahversorger handle. Zudem warnte Lausecker vor künftigen Gebühren bei unbaren Zahlungsmitteln.
SCHNEIDER: BARGELD-OBERGRENZEN SCHÜTZEN NICHT VOR KRIMINELLEN AKTIVITÄTEN
Friedrich Schneider sprach über den Freiheitsaspekt von Bargeld und dessen Möglichkeit, die Privatsphäre zu wahren. Bargeld zu fälschen „lohnt sich praktisch nicht mehr“. Die Kosten für Bargeld liegen in Österreich bei 0,3 % des BIP, dagegen seien die Kosten der elektronischen Zahlung schwer einsehbar, so Schneider. Durch Missbrauch würden die Kosten bei einem Vielfachen des Bargelds liegen, sagte er.
Schneider beschäftigte sich auch mit dem Zusammenhang von Bargeld und organisierter Kriminalität, Pfusch sowie Terrorismus. Es gebe keine Studien, wonach Bargeld ein wesentlicher Faktor für terroristische Anschläge sei, betonte Schneider. Ebenso gebe es bei der organisierten Kriminalität keinen Nachweis, dass Bargeld die Ursache für heimische Kriminalität sei. Besonders Gebrauchtwägen werden meist noch bar bezahlt, betonte er. Aber die Geldwäsche sei in Österreich vergleichsweise „schwierig“. Obwohl es „praktisch“ sei, Pfuscher:innen mit Bargeld zu bezahlen, liegen die Ursachen für Pfusch nicht beim Bargeld, betonte Schneider. Vielmehr seien zu hohe Abgaben und die Strukturen für den Pfusch in Österreich ausschlaggebend.
SCHROTH: DISKUSSION ÜBER ANNAHMEVERPFLICHTUNG VON BARGELD FÜHREN
Die OeNB stehe allen Zahlungsmitteln neutral gegenüber, betonte Matthias Schroth. Österreich sei ein bargeldaffines Land. Die Österreicher:innen würden Bargeld als optimales Zahlungsmittel vor Karte, Smartphone und Smartwatch ansehen, so Schroth. Die Erfolgsgeschichte des Bargelds in Österreich begründete der Experte mit der „sehr guten Infrastruktur“. Es gebe hierzulande eine große Versorgungsdichte an Bankomaten ohne Bankomatgebühren, verglich Schroth mit anderen Ländern. Angesichts der voranschreitenden Digitalisierung werden jedoch Bankfilialen geschlossen, es gelte daher die Infrastruktursicherheit sicherzustellen, so Schroth. Dabei gehe es nicht nur um die Verbraucher:innen und deren Möglichkeit Geld abzuheben, auch Klein- und Mittelbetriebe würden Einzahlungsgeräte in der Nähe benötigen, unterstrich er.
Eine Diskussion über eine Annahmeverpflichtung von Bargeld in Österreich sei angesichts der veralteten und fehlenden Rechtslage erforderlich, so Schroth. Auf EU-Ebene gebe es dazu heterogene Ansichten. In manchen Ländern gebe es Annahmeverpflichtungen, informierte Schroth. Der Experte berichtete auch über Schweden, das auf die bargeldlose Zahlung gesetzt habe, nun aber versuche die Tendenz einzubremsen und die Bankomatendichte zu behalten, um die Bargeldversorgung sicherzustellen.
UNGER SIEHT INTERPRETATIONSSPIELRÄUME BEI BARGELDOBERGRENZE UND WARNT VOR DROGEN-MAFIA
Brigitte Unger sprach von der „Liebe der Österreicher:innen zum Bargeld“. „Aber auch Kriminelle lieben Bargeld“, warnte sie vor der organisierten Drogenmafia, „die immer noch mit Säcken von Bargeld agiert“. Sie gab eine Geldwäscheschätzung für Österreich ab: Jährlich werden 2,5 Mrd. € aus heimischer Kriminalität geschaffen, weitere 7,7 Mrd. € fließen durch Österreich durch, sagte sie. Würde Österreich, anders als die anderen EU-Mitgliedstaaten, keine Bargeld-Obergrenze einführen, befürchtete Unger ein höheres Kriminalitätsaufkommen in Österreich. Dabei warnte sie eindringlich vor Aktivitäten der Drogenmafia.
Nach dem Motto „Pfusch und Puff bezahlt man nicht mit Kreditkarte“, erkannte Unger Interpretationsspielräume bei der Bargeld-Obergrenze. Anstelle einem Verbot der Barzahlung, setzte sie sich für die Umsetzung als Betragsgrenze für eine Identitätsfeststellung ein.
ZGUBIC WARNT VOR KÜNFTIGER BEPREISUNG VON BARGELDABHEBUNGEN
Die Österreicher:innen bezahlen gerne uneingeschränkt mit Bargeld, setzte sich Gabriele Zgubic für Wahlfreiheit ein. Aus ihrer Sicht gelte es einen niederschwelligen, kostenlosen Zugang zu Bargeld sicherzustellen. Obgleich die Bankomatenversorgung in Österreich gut sei, erkannte die Expertin Lücken im ländlichen Raum. In Österreich gebe es 9.000 Bankomaten, davon würden 7.246 von heimischen Banken gebührenfrei betrieben, die restlichen Bankomaten seien mit Gebühren verbunden, sagte sie und forderte eine Mindestinfrastruktur im ländlichen Raum. Kostenloses Abheben müsse gewährleistet werden, warnte Zgubic vor künftiger Bepreisung von Bargeldabhebungen. Geschäfte des täglichen Lebens müssten weiterhin mit Bargeld möglich sein, unterstrich sie. (Fortsetzung Finanzausschuss) gla
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