Presserat präsentiert Jahresbericht und Fallstatistik für 2022
Presserat präsentiert Jahresbericht und Fallstatistik für 2022
Weiterhin hohe Fallzahl, aber weniger Ethikverstöße
Im Jahr 2022 ist die Fallzahl im Vergleich zum Jahr 2021 zwar gesunken, aber noch immer überdurchschnittlich hoch. Insgesamt beschäftigten den Presserat 435 Fälle (zum Vergleich: 2019 waren es 297, 2020 418 und 2021 647 Fälle).
„Die weiterhin hohe Fallzahl lässt auf eine immer größere Bekanntheit und Akzeptanz des Presserats schließen. Der Presserat hat sich also sehr gut etabliert“, so Eike Kullmann, Präsident des Österreichischen Presserats. „Umso wichtiger ist es, dass mit der neuen Qualitäts-Journalismus-Förderung auch der Presserat mit mehr finanziellen Mitteln dotiert und unser ordentlicher Geschäftsbetrieb abgesichert wird.“
FALLSTATISTIK 2022
Wie bereits angemerkt behandelten die Senate des Presserats im vergangenen Jahr insgesamt 435 Fälle, in 24 Fällen stellten sie Verstöße gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse fest. Zum Vergleich: 2021 gab es 31 Ethikverstöße, 2020 noch 36. Folglich ist die Zahl der Ethikverstöße deutlich zurückgegangen – die Senate des Presserats werten das als positive Entwicklung.
Nachfolgend die Fallzahlen 2022 für einzelne Medien und in Klammer dazu jeweils die medienethischen Verstöße: „Kronen Zeitung“ 62 Fälle (6), „Österreich, OE24“ 32 (4), „Wochenblick“ 11 (3), „Bezirksblätter“ 12 (2), „Heute“ 58 (2), „Wiener“ 2 (1), „TT“ 5 (1), „OÖ Nachrichten“ 7 (1), „VN, Neue VT“ 9 (1), „Die Presse“ 11 (0), „Kleine Zeitung“ 17 (0), „Kurier“ 29 (0), „Der Standard“ 73 (0).
In zwei Fällen wurden die Senate eigenständig aktiv.
MEDIENETHISCHE ENTSCHEIDUNGEN DES JAHRES 2022
Die meisten Ethikverstöße betrafen Persönlichkeitsverletzungen (Punkt 5 des Ehrenkodex), einige auch das Gebot, zurückhaltend über Suizide zu berichten (Punkt 12 des Ehrenkodex).
Zu den Persönlichkeitsverletzungen zählten u.a. die Veröffentlichung eines unzureichend verpixelten Portraitfotos einer verunglückten Familie („OE24“); die Veröffentlichung grausamer Details zu einem Femizid („Neue VT“); die Nennung der Wohnadresse eines Femizidopfers („Österreich“) sowie die Veröffentlichung eines verstörenden Videos, in dem die Vergewaltigung einer Frau gezeigt wurde („wochenblick.at“).
Weiters erkannten die Senate Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot (Punkt 7 des Ehrenkodex), etwa durch die Bezeichnung von Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten als „Kakerlaken“, „Müll“ und „Abschaum“ (Magazin „Krone.TV“). Zudem wurde bei einer sexistischen Fotostrecke zu einem Artikel über Femizide eine Diskriminierung von Frauen festgestellt („wiener-online.at“).
In diesem Jahr gab es auch wieder mehrere Verstöße gegen das Gebot einer gewissenhaften und korrekten Recherche und Wiedergabe von Nachrichten (Punkt 2.1 des Ehrenkodex). Diese Ethikverstöße betrafen u.a. die „Kronen Zeitung“ wegen einer irreführenden Schlagzeile über einen „russischen Raketeneinschlag“ in Polen. Ebenso wurde die mittlerweile eingestellte Zeitschrift „Wochenblick“ gerügt, weil sie ein Bild mit Contergan-geschädigten Kindern bei einem Beitrag über die Covid-Impfung veröffentlichte.
Außerdem gab es Verstöße gegen das Gebot, Werbung und redaktionelle Inhalte nicht zu vermischen, z.B. bei Beiträgen zu Handelsketten in der „Tiroler Tageszeitung“. Schließlich wurden im Jahr 2022 auch einige Verstöße gegen Punkt 12 des Ehrenkodex festgestellt (zurückhaltende Suizidberichterstattung). Diese betrafen u.a. Berichte auf „krone.at“ über die Ärztin Lisa-Maria Kellermayr und den Ex-FPÖ Politiker Hans-Jörg Jenewein.
Darüber hinaus kritisierte der Senat 2 in einer allgemeinen Erklärung, dass publik gewordene Absprachen zwischen Chefredakteuren und verschiedenen politischen Akteuren den Grundsätzen des Ehrenkodex für die österreichische Presse diametral entgegenstehen. Überdies veröffentlichten die drei Senate auch noch eine gemeinsame Stellungnahme, in der zu einer sensiblen Wortwahl bei Femizidberichten aufgefordert wurde.
Den Tätigkeitsbericht 2022, in dem einige der oben genannten Fälle genauer beschrieben werden, sowie eine detaillierte Fallstatistik finden Sie unter www.presserat.at.
_Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig._
Alexander Warzilek, Geschäftsführer, Tel.: 01-2369984-01
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