36. Wiener Gemeinderat (9)
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Sachkrediterhöhung für die Errichtung einer ganztägig geführten Volksschule und einer ganztägig geführten Mittelschule in Wien 22
GRin Mag.a Mag.a Julia Malle (GRÜNE) sprach gleich zu Beginn die Personalnot im Bildungsbereich an. Diese „sei so schlimm wie noch nie“. Es dürfe nicht länger darüber hinweggesehen werden, dass immer mehr junge Lehrkräfte „ausbrennen“. Malle berichtete von ihrer eigenen Erfahrung an der Universität, wo die Studierenden noch vor Abschluss „kurz vor dem Burnout“ stünden. Dies sei auch in der Verantwortung des Bildungsstadtrats, richtete Malle ihre Worte an Bildungsstadtrat Wiederkehr. Sie schlug vor, den „bürokratischen Aufwand“ für Lehrkräfte weitestgehend zu reduzieren – etwa durch eine Vollzeitkraft an Schulen, die dabei unterstützend wirken solle. Eine weitere Forderung sind moderne Arbeitsplätze mit Computern und ausreichend drahtloses Internet. Malle berichtete von Lehrkräften, die zwar mit Laptops ausgestattet seien, jedoch kein W-Lan zur Verfügung hätten. Weitere Belastungen entstünden durch „zahlreiche soziale Krisen“, die durch Sozialarbeitskräfte an Schulen entschärft werden sollten. Die Stadt Wien könne auch mehr dafür tun, Lehrkräften Aufstiegschancen, etwa im mittleren Management, zu bieten. Malle warb um Unterstützung für den Antrag der Grünen zur Unterstützung von Lehrer*innen und integrativen Mehrschulklassen, der „strukturelle Verbesserungen“ bewirken könne.
GR Harald Zierfuß (ÖVP) amüsierte sich über eine Aussendung der Bildungsdirektion, in der diese die Schulen gefragt habe, wie viele Lehrer*innen diese im kommenden Schuljahr zur Verfügung hätten. Zierfuß bezweifelte, dass es in Wien „so gute Arbeitsbedingungen“ gäbe, denn dann hätte Wien schließlich kein Problem mit der Abwanderung von Lehrpersonal. Er schlug eine Evaluierung der Situation für Lehrer*innen vor, um diese verbessern zu können. Wien könne es sich nicht leisten, gutes und engagiertes Lehrpersonal zu verlieren, unterstrich Zierfuß. Bezüglich Ausweichquartieren äußerte er den Wunsch, dass Eltern künftig bereits im Vorfeld „richtig informiert“ und bei der Entscheidung berücksichtigt werden. Abschließend warb er für Zustimmung zum Antrag seiner Fraktion bezüglich der Einbindung des Schulforums zur Information von Eltern zu Schulbelangen und Ausweichquartieren ihrer Kinder.
Abstimmung: Die Erhöhung des Sachkredits zum Zweck der Errichtung einer ganztägig geführten Volks- und Mittelschule fand einstimmige Zustimmung. Die Anträge der Opposition erreichten keine Mehrheit.
SACHLICHE GENEHMIGUNG FÜR DIE UNTERBRINGUNG VON KINDERN UND JUGENDLICHEN IN VOLLER ERZIEHUNG IN NICHT-STÄDTISCHEN SOZIALPÄDAGOGISCHEN EINRICHTUNGEN
GRin Mag.a Ursula Berner, MA (GRÜNE) beklagte eine „jahrelange Unterfinanzierung“ in der Krisenpflege für Kinder von 0-3 Jahren, die nun „mit einem Notpflaster“ behoben werden solle. Berner erinnerte daran, dass in Fällen, in denen die MA 11 beschließe, ein Kind aus einer Familie zu nehmen, bereits im Vorfeld „sehr viel passiert“ sei. Derzeit gebe es zu wenige Krisenpflegeeltern. Dafür gebe es Gründe: Es sei ein „24-Stunden-Job“, denn traumatisierte Kinder seien rund um die Uhr eine Herausforderung. Die Stadt Wien zahle dafür lediglich 1.500 Euro „Aufwandsentschädigung“, was sich auch in späteren Pensionen der Frauen niederschlage. Die „eigentliche Versorgungsarbeit“ bleibe unbezahlt. Das Entgelt sei „unterhalb der Armutsgrenze“. Hier sei es „kein Wunder“, wenn sich „niemand für diesen Job findet“. Das Modell der Krisenpflege basiere noch „auf dem letzten Jahrhundert“. Dies sei ein „Systemfehler“, so Berner. Es könne „nicht sein“, dass die Versorgungsarbeit in diesem Bereich an Private ausgelagert werde. Damit entfalle der Einfluss der MA 11 auf das Recruiting und die Standards in den Institutionen. Hier fehle es an Offenlegungspflichten. Anstatt dass die Stadt Wien „ordentliche Anstellungsverhältnisse“ anbiete, würde sie „auslagern“. Statt des zum Beschluss vorgelegten „Notpflasters“, bräuchten Kleinkinder Stabilität und nicht „ständig wechselnde Betreuungspersonen“. Neben „Missbrauch von Steuermitteln“ seien in den letzten Jahren auch immer wieder Missbrauchsfälle von Pädagogen gegenüber Kindern aufgetreten. Berner verwies hier auf „sensible Bewerbungsprozesse“, die aus drei Säulen bestünden: Abschreckung von potenziellen Täter*innen, Verifizierung von Angaben und „Vorbeugen und Ablehnen“ mit Probezeiten und einer „Whistleblowing Policy“. Dies sei in keiner der aktuellen Ausschreibungen der Stadt ersichtlich. Daher bringe ihre Fraktion den Antrag ein, „safer recruitment“ im Bewerbungsprozess der Stadt zu verankern.
Abstimmung: Die sachliche Genehmigung. Der Antrag der Grünen wurde einstimmig dem zuständigen Ausschuss zugewiesen.
ABSCHLUSS EINER RAHMENVEREINBARUNG FÜR SECHS UNTERSCHIEDLICHE WOHNFORMEN AN JE DREI RAHMENVEREINBARUNGSPARTNERINNEN
GRin Sabine Keri (ÖVP) betonte, dass „wenn es um die Sorge um die Jüngsten in unserer Gesellschaft“ gehe, man nicht auf das Geld, sondern die Qualität achten solle. Sie verwies auch darauf, dass Kinder, die in Einrichtungen unterkommen, „Ruhe und Erholung“ bräuchten. Es könne „nicht gutgehen“, wenn Kinder im Alter von drei bis 18 Jahren „zusammengewürfelt“ werden. Dreijährige bräuchten mehr Betreuung als eine unbekannte und unruhige Umgebung, in der lediglich darauf geachtet werde, dass „niemandem etwas passiert“. Es brauche zwar Fremdunterbringung, jedoch mit nicht mehr als vier Kindern an einem Ort – so sei es möglich, Kinder „altersadäquat“ unterzubringen. Dies würde auch die Arbeitsbedingungen der Betreuer*innen verbessern und die Personalsituation entschärfen, so Keri.
Abstimmung: Die Rahmenvereinbarung erhielt eine einstimmige Zustimmung. Der Antrag der ÖVP zu „mehr Qualität statt Quantität“ erhielt keine Mehrheit.
FÖRDERUNGEN IM BEREICH KULTUR
GRin Mag.a Laura Sachslehner, BA (ÖVP) erklärte, aus welchen Gründen sie den vorliegenden Poststücken nicht zustimmen wolle. Die Kulturförderung der Stadt sei eine „Blackbox“, so Sachslehner. Millionen versickerten, ohne dass jemand wisse, was damit passiert sei. So zeige der Fall des Volkstheaters, dass Geld in „ein Fass ohne Boden“ geworfen werde. Sachslehner wies auf personelle Überschneidungen bei den zu fördernden Vereinen DanceWEB, Impulstanz und Wiener Tanzwochen hin. Alle diese Vereine suchten um Förderungen an und hätten diese auch erhalten – etwa für das gemeinsam ausgerichtete Impulstanz Festival. In Summe seien dies 2,8 Millionen Euro, die von der Stadt beigesteuert würden. Es sei ein „untragbares Sittenbild“, wie hier mit Steuergeld umgegangen werde. Sachslehner brachte einen Antrag ein, der „endlich“ für mehr Transparenz sorgen solle. Sie schließt mit einem Appell an die verantwortliche Stadträtin, „endlich aufzuräumen“.
GR Dr. Gerhard Schmid (SPÖ) wies darauf hin, dass er bei den Veranstaltungen der genannten Vereine „nur ÖVP-Politiker*innen“ gesehen habe. Viele von Ihnen seien Förderer und Unterstützer dieser Vereine. Die Förderungen an die Vereine seien sowohl vom Bundes- als auch vom Stadtrechnungshof seit vielen Jahren geprüft worden. Jedes Jahr lockten die Festivals „hunderttausende Besucher*innen“ an. Ein Festival wie das Impulstanz-Festival stehe im „Fokus der Öffentlichkeit“ und könne sich keine Verfehlungen leisten, so Schmid abschließend.
GRin Mag.a Ursula Berner, MA (GRÜNE) bezeichnete das Impulstanz-Festival als „sehr wesentlich für unsere Stadt“. Es sei eine „großartige Form“ eines modernen Festivals. Sie plädierte dafür, dass die Stadt „sich selbst ernstnimmt“. So bemängelte sie die Vorhaben in Richtung „Fair Pay“, wenn diese nicht ausreichend ausfinanziert seien. Sie sah wesentliche Fragen einer Kulturstrategie nicht beantwortet. Sie verwies darauf, dass Vereine, die mit „realen Forderungen“ im Bezug auf Fair-Pay an die Stadt herantraten, „enttäuscht“ worden seien. Sie forderte, die Evaluationen ernst zu nehmen, eine Erhöhung des Kulturbudgets, Ausbau von Arbeitsstipendien, Proberäumen und die Adaption von Förderrichtlinien hinsichtlich der „Bekämpfung des Prekariats“, wovon auch der von der grünen Fraktion eingebrachte Antrag handle.
Abstimmungen: Die Förderungen wurden beschlossen. Zwei Anträge der ÖVP fanden keine Mehrheit, ebenso der Antrag der Grünen. (Forts.) jaz
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