Wider die befristeten Dienstverhältnisse
Wider die befristeten Dienstverhältnisse
Vielleicht sollten Universitätsleitungen und Gesetzgeber einmal ihre Sachargumente auf den Tisch legen. Die Rechtslage ist KEIN Sachargument.
Was treibt nun die Universitäten als Nachfrager nach wissenschaftlich Beschäftigten und was die Gesetzgebung, eine fast schon unüberschaubare Anzahl von Varianten von Beschäftigungsverhältnissen mit ihren teilweise beliebig erscheinenden unterschiedlichen Anstellungsdauern zu kultivieren – und zu verteidigen?
Da läuft einem zuerst das Schlagwort „Innovation durch Fluktuation“ über den Weg. Aber dieses Schlagwort beinhaltet eine Art Goldgräbermentalität seitens der Universität: Begabte Menschen werden in das Sieb des eigenen Ansehens geschüttet, um die Nuggets exzellenter Einfälle respektive Publikationen herauszufiltern.
Befristungen bilden, sehr ökonomisch gesehen, dann Randbedingungen für das Schaffen der betreffenden Personen, unter denen die produktiven bzw. kreativen Kräfte stärker mobilisiert werden, als ohne Randbedingung. Das aber macht nur dann Sinn, wenn sich die „Erfolge“ kalkulierbar mit einer bestimmten Rate zur eingesetzten Energie einstellen!
Tun sie aber bekanntlich nicht! Und in dem Maße, in dem kreative Leistungen strikt an bestimmte Individuen gebunden sind, lassen sich die Personen nicht ersetzen, wenn ein Vorhaben in der eingeräumten Zeit nicht abgeschlossen werden konnte. Der Träger des Wirtschaftsnobelpreises 2009, Oliver Williamson, spricht von „Faktorspezifizität“, etwas salopp gesagt eine Art von Unersetzlichkeit einer Person mit besonderen Befähigungen.
Zwischenbefund: Die Anstellungspolitik von Universitäten trägt der Faktorspezifizität in keiner Weise Rechnung, denn die Praxis, eine Person nach und nach vom befristeten Dienstverhältnis zum Werkvertrag und zurück zu einer Drittmittelstelle zu binden, um damit die Hürden unsinniger Regularien auszutricksen, ist ja nur Ausweg, aber keine seriöse Lösung. Dass DienstnehmerInnen auf so etwas eingehen, ist ja wohl in erster Linie der Zwangslage geschuldet, in die sie durch befristete Verträge von vorneherein gebracht werden.
Ein zweites wichtiges Argument gegen die Praxis der Befristungen ist das, dass Universitäten sich der Möglichkeit begeben, die Ausbildungsinvestitionen, die mit der Eröffnung eines Arbeitsplatzes verbunden sind, nach einer gewissen Zeit in irgendeiner Weise zu lukrieren. Also auch in diesem Sinn sind a priori erfolgende Befristungen hanebüchen.
Die einzig zulässige Form einer Befristung ist jene, die den Weiterbestand eines Vertrages erfolgsabhängig macht. Das ist legitim, erfordert aber natürlich institutionalisierte Vorkehrungen, verursacht also mit anderen Worten, administrative Kosten.
Es ist aus guten sachlichen Gründen überhaupt nicht einzusehen, was die zahllosen Varianten befristeter Verträge den Nachfragern nach akademischen Beschäftigten, den Universitäten nämlich, bringen sollten.
Eine grundlegende Reform ist überfällig!
ao. Univ.-Prof. i. R., Mag.Dr. Wolfgang Weigel,
Dr. Stefan Schön
Pressesprecher des Verbands des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals der österreichischen Universitäten (ULV)
schoen@mdw.ac.at
+4369911240984
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