Krebspatient:innen in Österreich: Medizinische Versorgung gut, Information kann noch besser werden

Krebspatient:innen in Österreich: Medizinische Versorgung gut, Information kann noch besser werden

* Patient:innenbefragung und Stakeholder-Event Open Space zeigen Stärken und Defizite auf
* Dringender Handlungsbedarf in mehreren Feldern
* Pilotprojekt soll Telemedizin für Krebspatienten nutzen

Die Diagnose „Krebs“ trifft viele Patient:innen unvermutet und wirft eine Reihe von Fragen auf. Während der Therapie tauchen weitere Herausforderungen auf, die unter anderem die medizinische Information, die Lebensgestaltung und finanzielle Aspekte betreffen. Die Initiative All.Can hat darum einen Überblick über die Lebensrealität von Krebspatient:innen in Österreich erstellt: Dazu wurde zum einen eine Umfrage durch Spectra Marktforschung unter 400 Krebspatient:innen durchgeführt. Zum anderen versammelte All.Can 30 Stakeholder, darunter viele aus entsprechenden Selbsthilfegruppen, zu einem Open Space-Event, wo qualitative Aspekte rund um das Thema gemeinsam beleuchtet wurden. Die Ergebnisse aus beiden Quellen zeichnen ein zwiespältiges Bild der Lage von Krebspatient:innen in Österreich – und zeigen dringenden Handlungsbedarf auf, für den All.Can mithilfe des gesammelten Patient:innen-Feedbacks erste Lösungsansätze entwickeln wird.   

UMFRAGE ZEIGT DEFIZITE BEI INFORMATION AUS 

Die meisten Patient:innen stellen der Behandlung grundsätzlich ein positives Zeugnis aus: 84 % der Befragten bewerteten die medizinische Betreuung für Krebspatient:innen in Österreich als sehr gut oder gut. Und 57 % erklärten, dass die Betreuungsqualität auch durch die Erschwernisse der Covid-Pandemie nicht gemindert wurde. 58 % der Befragten gaben an, dass fast immer genügend Zeit bleibt, um Ärzt:innen Fragen im Gespräch zu stellen. 53 % der Teilnehmer:innen haben erlebt, dass sie stark in die ärztliche Therapieentscheidung eingebunden waren. Von diesen war ein Großteil mit dieser Intensität der Einbindung auch zufrieden. Andererseits: 44 % der Patient:innen fühlten sich wenig bis gar nicht in die ärztliche Entscheidung der Krebsbehandlung eingebunden. Die ärztlichen Informationen vor Beginn der Krebsbehandlung waren für 63 % der Krebspatient:innen nach Informationsmenge und für 77 % nach Verständlichkeit der Informationen zufriedenstellend. Wenig überraschend haben jene Teilnehmer:innen, die mit der Informationsmenge überfordert waren, die Informationen häufig auch als schwer verständlich erlebt. Insgesamt hätten sich 53 % generell mehr Informationen vor der Krebstherapie gewünscht. 

Claas RÖHL, Präsidiumsmitglied von All.Can und Obmann der Patientenorganisation „NF Kinder“, interpretiert diese Zahlen vorsichtig positiv: „Wir sehen, dass beim subjektiven Empfinden von Betreuungs- und Informationsqualität das ‚Glas mehr als halb voll‘ ist. Im Umkehrschluss wird aber deutlich, dass doch ein signifikanter Anteil der Patient:innen sich markante Verbesserungen wünscht. Deutlich wird anhand dieser Zahlen auch: Einbindung schafft persönliche Sicherheit und bessere Bewältigungschancen. Daher muss der Anteil jener Patient*innen, die sich subjektiv gut eingebunden fühlen, signifikant angehoben werden.“

Und Röhl ergänzt: „Für mich sind die Defizite bei den Informationen zur Krebstherapie ein klarer Auftrag Patientenorganisation besser in die Erstellung dieser Informationen und auch in die Behandlungsentscheidungen einzubeziehen. So könnten etwa in gemeinsamen Workshops Onkolog:innen gemeinsam mit Patientenvertreter:innen Verbesserungsmaßnahmen erarbeiten und beispielsweise Guidelines für die Erstellung von Patient:inneninformationen, aber auch für das shared decision making entwickeln, um damit flächendeckend sicherzustellen, dass es zu einer Verbesserung durch einen einheitlich, geregelten Ablauf kommt.“ 

MEHR UNTERSTÜTZUNG WÄHREND DER KREBSTHERAPIE GEFORDERT 

Die Phase ihrer Krebstherapie konfrontiert Patient:innen mit einer Fülle an Herausforderungen, die oft gleichzeitig zu bewältigen sind. So gaben 37 % der Befragten an, psychische Belastungen sehr stark erlebt zu haben. Für 36 % waren körperliche Belastungen besonders schwierig. 34 % erlebten Auswirkungen auf das persönliche Umfeld als sehr belastend. Subjektiv am stärksten belastet fühlten sich Patient:innen unter 50 Jahren sowie Frauen.  

Ein Fünftel der Betroffenen fühlte sich – seit Beginn der Corona-Pandemie – schlechter medizinisch betreut. Begründet wird dies häufig mit Terminverschiebungen oder den Corona-Maßnahmen.

Mehr Informationen seitens der Ärzt:innen wünschen sich die Betroffenen vor allem im Hinblick auf finanzielle Fragen, psychische Belastungen sowie was den möglichen Verlust persönlicher Unabhängigkeit betrifft. 

Gefragt nach dem für sie wichtigste Unterstützungsangebot, gaben 27 % der Krebspatient:innen psychoonkologische, psychologische oder psychotherapeutische Beratung an. Weitere 11 % nannten Physiotherapie bzw. Bewegungstherapie. Grundsätzlich ist die Zufriedenheit der Befragten mit den bereits angebotenen Unterstützungsangeboten hoch. 

Prof. Dr. Gabriela KORNEK, Ärztliche Direktorin des AKH Wien und Obfrau der Initiative ‚Leben mit Krebs‘, erklärt dazu: „Die Einbindung der Patient:innen am Beginn der Therapie ist wesentlich – aber nicht genug. Es braucht ganz offensichtlich auch während der Behandlungsphase umfassende Unterstützungsangebote für jenen beachtlichen Anteil an Betroffenen, die auf diese Unterstützung angewiesen sind.“  

LÖSUNGSANSÄTZE DER EXPERT:INNEN 

Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse aus dem Kreis der Betroffenen organisierte All.Can den Open Space-Event mit 30 Stakeholder:innen. Er bot diesen die Gelegenheit, Probleme und Lösungsansätze aus ganz unterschiedlichen Perspektiven zusammenzutragen und zu klaren Trends zu verdichten. Das Fazit aus diesem mehrstündigen Workshop: Konkrete Schritte für die Verbesserung in der täglichen Information und Betreuung wären leicht umsetzbar, dazu braucht es je nach Ansatz das politische und/oder finanzielle Commitment.  

Die drei wichtigsten Ansätze aus diesem Prozess:

* Mehr psychologische Unterstützung, die auch breit kommuniziert wird, sodass das Angebot von mehr Betroffenen in Anspruch genommen wird
* Ausbau technologischer Lösungen (smart healthcare), die schon vorhanden sind, und die Möglichkeiten Digitalisierung im onkologischen Bereich 
* Konkrete Schritte zur Verstärkung im Bereich onkologisches Pflegepersonal (z.B. Rekrutierung, Ausbildung, Vermittlung) 

All.Can wird sich in Österreich in den kommenden Monaten dafür einsetzen, um konkrete Verbesserungspotenziale aufzuzeigen und Lösungsschritte zu initiieren. Ein erstes Projekt wird derzeit für Österreich evaluiert: 

TELEMEDIZIN FÜR KREBSPATIENT:INNEN

Um Betroffenen rasch und ohne weitere Wege zu helfen, widmet sich dieses Projekt den Möglichkeiten der Telemedizin. So könnten in einem Krankenhaus ein bis zwei Cancer Nurses für diese Aufgabe geschult und dann in der Patient:innenberatung eingesetzt werden – als medizinische Bezugspersonen, die zu ihrem Themenbereich beraten und Informationen für weitere Termine mit Fachexperten. Ebenso könnten sie an andere Abteilungen oder Expert:innen wie Psycho-Onkologen weitervermitteln. Die Erfahrung zeigt: Durch die virtuelle Beratung können in der gleichen Zeit mehr Patient:innen qualitativ betreut werden. Zudem wird durch die virtuelle Begegnung das Ansteckungsrisiko von vulnerablen Krebspatienten reduziert. Damit sind solche Angebote der Telemedizin speziell auch für jene Patient:innen relevant, die in ihrem Umfeld keinen Zugang zu ausgebildeten Cancer Nurses haben.

Weitere Informationen unter www.all-can.at
 

Mag. Robert Bauer, accelent communications
robert.bauer@accelent.at
0043 664 737 265 93

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