Parlament: TOP im Nationalrat am 21. September 2022
Parlament: TOP im Nationalrat am 21. September 2022
Volksbegehren, Transparenz bei Corona-Hilfen, Kinderbetreuungsgeld, Rot-Weiß-Rot-Karte, Rechnungshofberichte
Mit einer ersten Debatte über sechs Volksbegehren startet der Nationalrat in die Tagungsperiode 2022/23. Außerdem sollen mehrere Gesetzesbeschlüsse gefasst werden, wobei die von ÖVP und Grünen vorgelegten Anträge mehr Transparenz bei Corona-Hilfen, die Gewährung von Kinderbetreuungsgeld für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine und weitere Erleichterungen beim Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte für qualifizierte Arbeitskräfte aus nicht EU-Ländern zum Inhalt haben. Auch der Bundesrechnungsabschluss 2021 wird zur Diskussion stehen, sofern der Budgetausschuss seine Vorberatungen zeitgerecht abschließt. Von Seiten des Rechnungshofs liegen dem Plenum mehr als ein Dutzend Berichte zu Finanz- und Gesundheitsthemen vor.
AKTUELLE STUNDE
Die Sitzung beginnt um 09.00 Uhr mit einer Aktuellen Stunde, in der die SPÖ über die Auswirkungen der “Rekordinflation” auf Pensionsbezieher:innen diskutieren will. Sie fordert, die Pensionen an die aktuelle Teuerung anzupassen, um Armut zu verhindern und Kaufkraft zu erhalten.
AKTUELLE EUROPASTUNDE
Für die daran anschließende Aktuelle Europastunde hat die FPÖ das Thema “Wohlstand und Sicherheit für Österreich statt EU-Sanktionen und Masseneinwanderung” gewählt.
ERSTE LESUNGEN VON SECHS VOLKSBEGEHREN
Ersten Debatten unterzieht der Nationalrat mehrere Volksbegehren, die die Hürde von 100.000 Unterschriften, die es zur Behandlung im Parlament braucht, genommen haben. Nach diesen sogenannten Ersten Lesungen gelangen die Volksbegehren dann zur tiefergehenden Erörterung in die zuständigen Fachausschüsse. Zur Verhandlung stehen Anliegen zu folgenden Themen: Verhinderung von Tierleid bei Schlachtviehtransporten, Verschärfung der Korruptionsbekämpfung, bedingungsloses Grundeinkommen und Verbesserung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Außerdem widmen sich zwei Initiativen dem Protest gegen die inzwischen abgeschafften COVID-19-Impfpflicht.
Maximal zwei Stunden dürfe eine Fahrt zum Schlachthof bei Lebendtiertransporten dauern, betonen die Unterstützer:innen des diesbezüglichen Volksbegehrens und fordern, dass eine europäische Regelung gegen die Qual langer Transportfahrten eingeführt wird. Um eine wirksame Antikorruptions- und Transparenz-Gesetzgebung geht es in der Initiative zur Korruptionsbekämpfung, die unter anderem einen Verhaltenskodex für Politiker:innen ähnlich jenem des öffentlichen Dienstes vorsieht. Eine Verringerung der Ungleichheit in Österreich, die Abschaffung von Armut und eine Steigerung der Gesundheit und Lebensfreude erwarten sich die Unterzeichner:innen des Volksbegehrens für ein Grundeinkommen ohne Gegenleistung. Die Zunahme psychischer Belastungen bei Kindern und Jugendlichen während der Corona-Pandemie thematisiert das Volksbegehren zur Verbesserung der psychischen Gesundheit von Minderjährigen. Zentrale Forderung darin ist, leicht zugängliche, unbürokratische und flächendeckende Präventionsangebote zu schaffen, etwa durch ausreichend Schulpsycholog:innen.
Noch vor den Beschlüssen im Nationalrat und Bundesrat im Juli 2022, die das Aus für die COVID-19-Impfpflicht besiegelten, wurden diesbezügliche Volksbegehren eingeleitet. So sprachen sich erneut 246.878 Personen für ein dezidiertes “NEIN zur Impfpflicht” aus, weil damit der Staat das “Volk zur Teilnahme an einem gentechnischen Experiment zwingen” wolle. Insbesondere minderjährige Kinder müssten von der Verpflichtung zur COVID-19-Mehrfachimpfung ausgenommen werden. Im zweiten Volksbegehren zu diesem Thema, “Impfpflichtabstimmung: NEIN respektieren”, wird ein verfassungsrechtliches Verbot der Impfpflicht eingefordert.
BUNDESRECHNUNGSABSCHLUSS 2021
Schließt der Budgetausschuss seine für Dienstag vorgesehenen Beratungen ab, wird auch der Bundesrechnungsabschluss 2021 auf der Tagesordnung der Plenarsitzung stehen. Demnach prägten im Jahr 2021 die Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie den Bundeshaushalt. Auf der anderen Seite stand eine sich rasch erholende heimische Wirtschaft mit einem realen Wachstum von +4,5%, die eine gute Ausgangsbasis für die Entwicklung des Bundeshaushalts bildete und für die positive Entwicklung des Steueraufkommens maßgeblich verantwortlich war, analysiert der Rechnungshof. Erholung gab es 2021 ebenfalls am Arbeitsmarkt. Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten stieg um 2,5% und die Arbeitslosenquote ging um 1,9 Prozentpunkte auf 8% zurück.
Wie stark die Auswirkungen der Pandemie im Bundeshaushalt zu Buche schlagen, zeigen folgende Zahlen: Aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds wurden im vergangenen Jahr 15,09 Mrd. € ausbezahlt, um 6,62 Mrd. € mehr als 2020. Den Anstieg verursachten insbesondere die Zahlungen an die COFAG und für den Gesundheitsbereich. Aus Sicht des Rechnungshofs sollte sich der Fokus staatlicher Maßnahmen nunmehr ändern. Von einer breit angelegten Unterstützung während der Pandemie sei nun zu einer zielgerichteten, treffsicheren und temporären Unterstützung überzugehen. Im Rahmen der mittelfristigen Haushaltsplanung erinnert der Rechnungshof an erforderliche strukturelle Reformen in den Bereichen Pflege, Bildung, Pensionen und Gesundheit.
Unter dem Strich ergab sich 2021 ein Defizit von 19,6 Mrd. € in der Ergebnisrechnung. Obwohl um 3,98 Mrd. € besser als im Jahr 2020 (-23,63 Mrd. €), war es immer noch weit unter dem Vorkrisenniveau, als 2019 ein Ergebnisplus von 819,08 Mio. € erzielt werden konnte. Der Nettofinanzierungssaldo lag bei -17,95 Mrd. € und fiel um 12,8 Mrd. € besser aus als der Voranschlag (-30,7 Mrd. €).
Auf gesamtstaatlicher Ebene erzielte Österreich im Jahr 2021 ein öffentliches Defizit von -5,9% des BIP und damit gegenüber dem Jahr 2020 (-8,0% des BIP) eine Verbesserung um 2,1%. Der gesamtstaatliche Schuldenstand blieb durch weitere Schuldenaufnahmen hoch und lag bei 82,8% des BIP im Jahr 2021. Österreich verfehlte damit die Maastricht-Kriterien (öffentliches Defizit von unter 3% des BIP und öffentlicher Schuldenstand von maximal 60% des BIP) abermals, heißt es im Bericht. Der Rechnungshof pocht dazu weiterhin auf Strukturreformen mit dem nächsten Finanzrahmen. Kritik äußert er außerdem dahingehend, dass von den stark angestiegenen Werkleistungen nur 26% gesondert dargestellt worden seien.
MEHR TRANSPARENZ BEI COVID-19-FÖRDERUNGEN
Ebenso aus dem Budgetausschuss auf die Tagesordnung kommen wird voraussichtlich ein Gesetzesvorschlag von ÖVP und Grünen, der rechtliche Grundlagen für die Veröffentlichung von Corona-Hilfen des Bundes schafft. Damit sollen COVID-19-Förderungen für Betriebe über einem Schwellenwert von 10.000 € pro Jahr in der Transparenzdatenbank gelistet werden. Angegeben werden sollen neben dem ausbezahlten Betrag auch die Firmenbezeichnung und Postleitzahl. Verstärkte Transparenz und öffentliche Kontrolle überwiegen aus Sicht von ÖVP und Grünen gegenüber den Interessen des Einzelnen auf Geheimhaltung seiner Daten. Veröffentlicht werden sollen Leistungen aus dem COVID-19-Ausfallbonus, dem Verlustersatz, Fixkostenzuschuss, Lockdown-Umsatzersatz und COVID-19-Zahlungen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe. Betroffen sind Leistungen, die seit dem 31. Dezember 2019 ausbezahlt wurden. Geplant ist die monatliche Aktualisierung der Daten.
Auch Leistungen aus dem NPO-Unterstützungsfonds sollen öffentlich gemacht werden. Gewährte Förderungen über 1.500 € pro Kalenderjahr sollen auf der Webseite des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport veröffentlicht werden. Um leichter auffindbar zu werden, soll das Gesetz außerdem umbenannt werden und künftig “NPO-Fonds-Gesetz” heißen.
Weiters wird der Budgetausschuss über zwei NEOS-Anträge beraten. Zum einen geht es den NEOS-Abgeordneten darum, den Kreis der Einsichtsberechtigten in die Transparenzdatenbank deutlich zu erweitern sowie Förderungen an Unternehmen und Vereine bereits ab einer Fördersumme von 2.000 € öffentlich einsehbar zu machen. Zum anderen fordern sie, die künftigen Pensionsverpflichtungen im gesetzlichen Pensionssystem und im Beamtenpensionssystem als Pensionsrückstellungen im Bilanzteil der entsprechenden Budgetuntergliederungen des Bundesrechnungsabschlusses zu verbuchen, um das größer werdende “Pensionsloch” darzustellen.
ANSPRUCH AUF KINDERBETREUUNGSGELD FÜR KRIEGSFLÜCHTLINGE AUS DER UKRAINE
Aufgrund einer vom Nationalrat beschlossenen Fristsetzung steht eine von ÖVP und Grünen vorgeschlagene Novelle zum Kinderbetreuungsgeldgesetz auf der Tagesordnung. Durch die Novelle soll den vor dem Krieg geflüchteten Ukrainer:innen Zugang zu dieser Familienleistung eröffnet werden, sofern sie die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Als “Vertriebene” im Sinne des Asylgesetzes und der Vertriebenen-Verordnung haben die Betroffenen ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht in Österreich bis vorerst 3. März 2023, bereits im Juli wurde beschlossen, ihnen Familienbeihilfe zu gewähren. Auch die Regelung zum Kinderbetreuungsgeld soll rückwirkend ab 12. März gelten und mit dem Tag der Beendigung des Aufenthaltsrechtes, spätestens jedoch am 4. März 2024, außer Kraft treten.
ANTRAGSTELLUNG FÜR ROT-WEISS-ROT-KARTE IM INLAND
Auch für einen weiteren von den Koalitionsparteien eingebrachten Gesetzesantrag liegt eine Fristsetzung vor. Er hat eine Änderung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes zum Inhalt und zielt auf weitere Erleichterungen beim Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte ab. So sollen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels auch im Inland eingebracht werden können, sofern die Einreise nach Österreich rechtmäßig erfolgt ist. Laut Begründung sollen zur Förderung qualifizierter Migration Drittstaatsangehörige – mit oder ohne Visum – berechtigt werden, auch im Inland einen Antrag für sämtliche Säulen der Rot-Weiß-Rot-Karte zu stellen. Dabei gehe es neben besonders Hochqualifizierten auch um Fachkräfte in Mangelberufen, Schlüsselkräfte, Stammsaisonniers und Studienabsolvent:innen.
RECHNUNGSHOF-BERICHTE ZU CORONA-HILFEN
Im umfangreichen Rechnungshof-Block stehen zunächst drei Berichte zu Corona-Hilfen des Bundes zur Diskussion. So geht aus einem im April dieses Jahres vorgelegten Prüfbericht hervor, dass bis Juni 2021 insgesamt rund 34,48 Mrd. € an Hilfen ausgezahlt worden waren, wobei der Bund mit 33,49 Mrd. € den überwiegenden Teil stemmte. Neben Kurzarbeitsbeihilfen im Ausmaß von 8,58 Mrd. € haben etwa auch Ausfallbonus, Umsatzersatz, Fixkostenzuschuss, Härtefallfonds und Einnahmenverzichte deutliche budgetäre Spuren hinterlassen. Eingeplant waren Hilfen von insgesamt mehr als 73 Mrd. €, nicht alle wurden jedoch schlagend.
Wie der Rechnungshof in seinen Berichten festhält, waren die österreichischen Maßnahmen aufgrund der Rahmenbedingungen sehr komplex. Die milliardenschweren Hilfen sind an unterschiedliche Zielgruppen und Bereiche gegangen und in verschiedenen Leistungsarten umgesetzt worden. Allein zwischen März und September 2020 waren dem Rechnungshof 89 finanzielle Corona-Hilfsmaßnahmen des Bundes gemeldet worden. Nicht immer lief die Abstimmung zwischen den Gebietskörperschaften und anderen Beteiligten reibungslos, auch verwies der Rechnungshof auf zum Teil unübersichtliche Zahlungsabwicklungen. Für die rasche Abwicklung künftiger Hilfszahlungen riet Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker im Rechnungshofausschuss, einen Notfallplan mit klaren Kriterien aufzustellen.
Was den Härtefallfonds im Speziellen betrifft, verweist der Rechnungshof auf Unklarheiten bei der Definition von Förderkriterien und der Berechnung der Förderhöhe. Das Ziel, über sämtliche Branchen hinweg rasch eine breite finanzielle Unterstützung zu gewähren, habe man aber in hohem Ausmaß erfüllt, urteilt er.
Aktuelle Zahlen lieferte Finanzminister Magnus Brunner im Ausschuss: Bis Juni 2022 sind ihm zufolge insgesamt 44,8 Mrd. € für Corona-Hilfen aufgewendet worden. Größtmögliche Klarheit über den Einsatz der Fördermittel schaffen soll die Transparenzdatenbank, zudem plant Brunner eine externe Evaluierung der Hilfsmaßnahmen.
BANKENABWICKLUNG IN ÖSTERREICH
Im Jahr 2019 hat der Rechnungshof geprüft, wie der geordnete Marktaustritt von Kreditinstituten in Österreich organisiert ist.Im Zentrum stand dabei die Tätigkeit der Finanzmarktaufsichtsbehörde, die vorrangig für die Umsetzung der EU-weiten Regelungen auf nationaler Ebene zuständig ist. Sie hat in Abstimmung mit der Österreichischen Nationalbank und dem Finanzministerium die Abwicklungspläne für insgesamt 451 österreichische Kreditinstitute zu erstellen. Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker regte dabei unter anderem eine Verkürzung der Planungszyklen sowie den Aufbau einer umfassenden Expertise bei der FMA an, um kritische Tätigkeiten eigenständig erfüllen zu können.
Laut Finanzminister Magnus Brunner wurde ein Teil der Empfehlungen des Rechnungshofs bereits umgesetzt. Zudem ist eine Arbeitsgruppe dabei, ein Konzept für die Optimierung der Zusammenarbeit zwischen FMA und OeNB zu entwickeln. Bezüglich der im Bericht angesprochenen Abbauinstitute Heta, KA Finanz AG und immigon legte Brunner aktuelle Zahlen vor: Demnach hat die infolge der Pleite der Kärntner Hypo Alpe Adria notwendige Abwicklung der Heta die Steuerzahler:innen nach derzeitigem Stand 5,6 Mrd. € gekostet. Die Belastungen bei der KA Finanz AG würden sich auf 6,5 Mrd. € (davon 2,5 Mrd. € Darlehen) und bei der immigon auf rund 1 Mrd. € belaufen. Letztere waren aus der Kommunalkredit bzw. dem Volksbankensektor hervorgegangen. Die Opposition kritisierte im Ausschuss unter anderem die “absurd hohen” Bonuszahlungen für die Geschäftsführer der ABBAG, die unter anderem für die Abwicklung der Heta zuständig war.
TÄTIGKEITSBERICHT 2021 DES RECHNUNGSHOFS
Zusammen mit dem Thema Bankenaufsicht wird eine Reihe weiterer RH-Berichte verhandelt. Aus dem Tätigkeitsbericht 2021 geht unter anderem hervor, dass der Rechnungshof im vergangenen Jahr 61 Berichte veröffentlicht hat. Dabei waren sechs der abgeschlossenen Prüfungen auf Wunsch von außen, etwa einzelner Parteien, durchgeführt worden. Dem Nationalrat wurden 46 Berichte – inklusive Bundesrechnungsabschluss und Einkommenserhebung – vorgelegt.
Nach wie vor hoch ist der Wirkungsgrad der ausgesprochenen Empfehlungen. Je nach Zählvariante liegt er zwischen 80,3% (Follow-Up-Prüfungen) und 86,5% (Nachfrageverfahren). Demnach hat die Nachfrage bei 80 geprüften Stellen ergeben, dass von den im Jahr 2020 ausgesprochenen 2.100 Empfehlungen im vergangenen Jahr 762 zur Gänze und weitere 279 teilweise umgesetzt waren. Bei 775 Empfehlungen gab es eine Zusage zur Umsetzung, 284 waren nicht erfolgreich. Etwas schlechter ist die Bilanz der Follow-Up-Prüfungen: Von 234 Empfehlungen waren demnach bei der Nachschau 46 (19,7%) nicht umgesetzt.
Für die nächsten drei Jahre stellt der Rechnungshof einen Prüfschwerpunkt “Next Generation Austria” in Aussicht, um zu prüfen, wie zukunftsfit Österreich ist. Konkret soll laut Rechnungshofpräsidentin Kraker etwa die Krisenfestigkeit von Systemen, die Nachhaltigkeit des Pensionssystems und der Bereich Flächenwidmungen unter die Lupe genommen werden.
Weitere Prüfberichte des Rechnungshofs, die in diesem Zusammenhang debattiert werden, betreffen Follow-Up-Überprüfungen in Bezug auf die Erhebung von Verbrauchssteuern, die Löschung von Abgabenrückständen, Prüfungen von Unternehmen des Bundes, Genderaspekte im Einkommensteuerrecht und das Management ausgewählter IT-Projekte nach dem IT-Programm E-Finanz.
HAFTUNGSRÜCKLAGEN DES BUNDES
Auch das Rücklagensystem des Bundes wurde vom Rechnungshof einer Prüfung unterzogen, wobei insbesondere das Finanzministerium, das Sozialministerium und das Wirtschaftsministerium im Fokus standen.Ziel war es, die Entwicklung des Rücklagensystems in den Jahren 2009 bis 2017 darzustellen und die Ablauforganisation bei den Rücklagenentnahmen, die Effizienz und Effektivität der Haushaltssteuerung sowie den Reformbedarf zu beurteilen. Die Rücklagen stiegen seit 2009 kontinuierlich an und erreichten 2016 einen Höchststand mit rund 20,6 Mrd. €.
Im Rechnungshofausschuss wies Finanzminister Magnus Brunner darauf hin, dass der Bund das Rücklagensystem mit den ersten beiden Etappen der Haushaltsrechtsreform ab den Jahren 2009 und 2013 grundlegend geändert habe. Derzeit arbeitet das Ressort ihm zufolge an einem neuen Reformpaket, wobei der erste Schritt noch heuer präsentiert werden soll. Von Seiten des Rechnungshofs wird unter anderem empfohlen, Rücklagenentnahmen nur bei unvorhersehbaren Erfordernissen vorzunehmen und vorhersehbare Rücklagenentnahmen in das Bundesfinanzgesetz aufzunehmen. Auch müsste die Ablauforganisation zeitlich gestrafft werden, um einen effizienten Verwaltungsablauf mit Planungssicherheit für die betroffenen Ministerien zu ermöglichen. Bei der Neugestaltung des Systems sei auf das Spannungsfeld zwischen restriktiven und flexiblen Elementen zu achten, so Rechnungshofpräsidentin Kraker.
Ebenfalls in diesem Diskussionsblock behandelt werden Rechnungshofberichte betreffend den EU-Finanzbericht 2017 und 2018, die Veranlagungsstrategien und das Asset-Management der Bundespensionskasse, die Umsatzsteuer bei internationalen digitalen B2C-Dienstleistungen, die Österreichische Entwicklungsbank sowie die Erstattung der Kapitalertragsteuer nach Dividendenausschüttungen.
PANDEMIEBEWÄLTIGUNG UND PANDEMIEMANAGEMENT
Zwei weitere Rechnungshofberichte befassen sich mit der Verbesserung des Pandemiemanagements in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Dabei empfiehlt der Rechnungshof, die Datenerhebung und -kommunikation ebenso zu verbessern wie die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden und Akteur:innen. Gesundheitsminister Johannes Rauch kündigte im Rechnungshofausschuss eine Berücksichtigung der RH-Empfehlungen an. Dazu sollen unter anderem das Epidemiegesetz und der Epidemieplan überarbeitet, die technische Infrastruktur der Datenerhebung verbessert und das Berufsbild des Gesundheitsdienstes optimiert werden.
In seinem Bericht “Gesundheitsdaten zur Pandemiebewältigung im ersten Jahr der COVID-19-Pandemie” sieht der Rechnungshof etwa Optimierungsbedarf bei der Erfassung der Krankheitsverläufe, der Absonderungsmaßnahmen sowie bei der Auslastung von Krankenanstalten. Den Stellen des Bundes und der Länder empfiehlt der Rechnungshof, Daten aufeinander abgestimmt zu veröffentlichen. Die Rechnungshof-Prüfer:innen stellten erhebliche Unterschiede in der Umsetzung des Epidemiegesetzes auf lokaler Ebene fest. Daher sollte der Prozessablauf optimiert und eindeutige Meldepflichten sowie klare Vorgaben für eine einheitliche Bescheidpraxis festgelegt werden. Die Prüfer:innen orteten personelle Engpässe beim Contact-Tracing, bei der telefonischen Gesundheitsberatung 1450 sowie beim amtsärztlichen Personal.
Außerdem habe der Bund die im Pandemiefall notwendigen organisatorischen und personellen Voraussetzungen nicht sichergestellt. Das ist das Fazit des Rechnungshof-Berichts “Pandemiemanagement der Gesundheitsbehörden im ersten Jahr der COVID-19-Pandemie”. Zwar sei der jeweilige Gesundheitsminister bzw. die jeweilige Gesundheitsministerin für das Pandemiemanagement zuständig, im ersten Pandemiejahr sei aber zwischen Bund und Ländern oft unklar geblieben, wer welche Verantwortung zu tragen habe. Der Bericht möchte aufzeigen, welche Lehren für ein effizienteres und wirksameres Pandemiemanagement zu ziehen sind. Insbesondere sieht der Rechnungshof Bedarf für ein modernisiertes Epidemiegesetz, ausreichend Personalressourcen und einen neuen nationalen Pandemieplan. Die Zusammenarbeit aller wesentlichen Akteur:innen müsse künftig gewährleistet werden.
ÄRZT:INNENAUSBILDUNG
Gemeinsam mit den beiden Berichten zum Pandemiemanagement stehen Berichte zur Ärzt:innenausbildung und zur Arzneimittelbeschaffung zur Diskussion. Der Bericht zur Ärzt:innenausbildung wurde vom Rechnungshof im Auftrag des Nationalrats erstellt, der das Prüforgan Anfang 2019 um eine breite Überprüfung des österreichischen Gesundheitssystems ersucht hat. Dabei lag der Fokus auf dem Studium der Humanmedizin und der post-promotionellen Ärzt:innenausbildung, und zwar vor allem in den Bereichen Allgemeinmedizin, Psychiatrie und Kinder- und Jugendheilkunde.
Empfohlen werden von den Prüfer:innen unter anderem Maßnahmen gegen die hohe Drop-out-Rate und eine bessere Abstimmung zwischen den in die Ausbildung involvierten Stellen. So sind letztlich mehr als 30% der Studienabsolvent:innen nach dem Medizinstudium nicht in Österreich in einem Arztberuf tätig. Auch brauche es mehr Transparenz bei der Lehrpraxisförderung sowie geeignete Instrumente, um die Schätzungen über den Bedarf an Allgemeinmediziner:innen künftig treffsicherer zu machen. Im Bereich der Kinder- und Erwachsenenpsychiatrie hebt der Rechnungshof die Bedeutung einer wirksamen und bedarfsorientierten Nachwuchssteuerung hervor.
Was das Vorhaben eines “Facharzts für Allgemeinmedizin” betrifft, liegt laut Gesundheitsminister Johannes Rauch bereits ein Konzept am Tisch.
ARZNEIMITTELBESCHAFFUNG
Beim Rechnungshofbericht zum Thema Arzneimittelbeschaffung handelt es sich um einen Follow-up-Bericht, wobei sich die Prüfer:innen auf die Länder Salzburg und Tirol und die dortigen Landes- bzw. gemeinnützigen Kliniken konzentriert haben. Dabei stellt der Rechnungshof sowohl dem Gesundheitsministerium als auch den beiden Ländern grundsätzlich ein gutes Zeugnis aus, beinahe alle zentralen Empfehlungen sind zumindest teilweise umgesetzt worden bzw. in Umsetzung begriffen.
Allerdings gibt es nach Ansicht des Rechnungshofs in einigen Punkten durchaus noch Luft nach oben. Das betrifft etwa die Möglichkeit von Wirkstoffverschreibungen und Generikasubstitution sowie die Einhaltung vergaberechtlicher Bestimmungen. Außerdem braucht es aus seiner Sicht auf Dauer eingerichtete Bewertungsinstanzen für besonders teure Arzneimittel, die überwiegend in Krankenanstalten eingesetzt werden. Dem Gesundheitsministerium empfehlen die Prüfer:innen angesichts nach wie vor bestehender globaler Lieferengpässe bei Arzneimitteln, die bisher gesetzten Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit fortzuführen, auf ihre Wirksamkeit zu prüfen und bei Bedarf auszuweiten. Zum Thema Wirkstoffverschreibung ist laut Gesundheitsminister Rauch eine Verordnung in Ausarbeitung. (Schluss) gs/mbu/rei
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
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