Oppositionsparteien verweigern Zustimmung zu Erdgas-Lenkungsmaßnahmen-Verordnung des Klimaschutzministeriums
Oppositionsparteien verweigern Zustimmung zu Erdgas-Lenkungsmaßnahmen-Verordnung des Klimaschutzministeriums
Notwendige Zweidrittelmehrheit im Hauptausschuss fehlt
Wien (PK) – Im Hauptausschuss des Nationalrats haben sich heute SPÖ, FPÖ und NEOS gegen die 1. Erdgas-Lenkungsmaßnahmen-Verordnung des Klimaschutzministeriums ausgesprochen. Damit ist die notwendige Zweidrittelmehrheit zu deren Inkrafttreten nicht gegeben. Ziel der Verordnung ist die Erhöhung der österreichischen Versorgungssicherheit mit Erdgas durch den Einsatz anderer Energieträger, insbesondere durch Großabnehmer und Wärmeerzeuger. SPÖ und FPÖ argumentierten ihre Ablehnung damit, dass es dadurch zu keinen preisdämpfenden Effekten komme. Die NEOS sprachen von einer „Verordnung für den Verbund“ zur Reaktivierung des Kohlekraftwerks Mellach.
Die Regierungsparteien bezeichneten die Ablehnung durch die Oppositionsparteien als „parteitaktische Spielchen“. Die Frage von Übergewinnen und Strompreisen sei „eine andere Debatte“. Aufgrund des anhaltenden russischen Angriffskriegs müsse sich Österreich auf alle Szenarien vorbereiten, weshalb Lenkungsmaßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit nötig seien, betonte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.
Erdgas-Lenkungsmaßnahmen-Verordnung zielt auf Erdgas-Großabnehmer ab
Aufgrund des Risikos von signifikanten Liefereinschränkungen bis hin zu einem völligen Lieferstopp von russischem Erdgas, soll die bestmögliche Absicherung der österreichischen Versorgung mit Gas gewährleistet werden, heißt es in der vom Hauptausschuss letztlich abgelehnten Verordnung (186/HA). Im Sinne der energiepolitischen Vorsorge sollten bestimmte Unternehmen dazu angewiesen werden, Vorkehrungen zu treffen, um im Bedarfsfall von Erdgas auf andere Energieträger wechseln zu können. Darüber hinaus sollten die Verpflichteten dazu aufgerufen werden, mit Erdgas sorgsam umzugehen.
Laut dem Verordnungstext wären davon Großabnehmer mit einer Höchstleistung von mehr als 50.000 kWh pro Stunde sowie Erzeuger, die Kraft-Wärmekopplungsanlagen mit einer Engpassleistung von zumindest 50 MW (thermisch) oder einer jährlichen Wärmeabgabe von zumindest 300 GWh betreiben, betroffen. Dasselbe gilt für Fernwärmeunternehmen mit hydraulisch zusammenhängenden Fernwärmenetzen mit einer gesamten maximalen Netto-Heizleistung aller damit verbundenen Heizwerke und Heizkraftwerke von zumindest 50 MW (thermisch) oder einer jährlichen Wärmeabgabe von zumindest 300 GWh getrennt je nach Fernwärmenetz.
Sofern dies technisch, wirtschaftlich und rechtlich möglich ist, sollten diese Unternehmen ehestmöglich die Voraussetzungen schaffen, um ab 1. Oktober 2022 eine Erdgassubstitution für vier Monate ganz oder teilweise aufrechtzuerhalten. Bei der Entscheidung, mit welchem anderen Energieträger Erdgas substituiert wird, seien insbesondere Fragen der Kosteneffizienz, der Nachhaltigkeit und des Beitrags zur Energieträgerdiversifizierung miteinzubeziehen. Für die durch die Umrüstung entstandenen Mehrkosten war eine Entschädigung seitens des Bundes geplant. Laut den Verordnungserläuterungen wären dafür rund 250 Mio. € vorgesehen.
Gewessler: Müssen uns auf alle Szenarien vorbereiten
Aufgrund des Kriegs in der Ukraine müsse sich Österreich auf alle Szenarien vorbereiten, weshalb Lenkungsmaßnahmen zur Sicherung der Versorgungssicherheit nötig seien, bekräftigte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler . Die Verordnung sei auf Basis des auch durch die Oppositionsparteien mitbeschlossenen Energielenkungsgesetzes formuliert worden. Dabei gehe es vor allem um die Herstellung der Substitutionsfähigkeit sowie um einen Sparaufruf, der jedoch nicht rechtsverbindlich sei. Anstatt der Weitergabe der durch die Umrüstung entstehenden Mehrkosten an die Kund:innen, habe man eine Erstattung durch den Bund angedacht, ergänzte Gewessler.
Die von der Ministerin vorgelegte Verordnung ändere nichts an der Preissituation, kritisiere SPÖ-Mandatar Alois Schroll. Die Bürger:innen würden mit ihrem Steuergeld noch zusätzlich „Krisengewinner, die Milliardengewinne machen, unterstützen“, weshalb es seitens der SPÖ keine Zustimmung gebe. Das sah Alois Stöger (SPÖ) ähnlich. Es gehe um Versorgungssicherheit vor Marktinteressen. Österreich müsse sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen. Für Kai Jan Krainer (SPÖ) erfüllt die Verordnung den „ÖVP-Grundsatz: Gewinne privatisieren, Verluste verstaatlichen“.
Laut Axel Kassegger (FPÖ) ist die Verordnung ein weiterer Beleg, „der die vollkommene Hilflosigkeit der Bundesregierung zeigt“. Der FPÖ-Abgeordnete konnte keinen dämpfenden Effekt auf die „Preissteigerungsspirale“ erkennen. Wichtig sei stattdessen die Rücknahme der Sanktionen gegen Russland. „Ziehen Sie die Notbremse und kehren Sie zu einer vernünftigen Außen- und Energiepolitik zurück“, forderte Kassegger.
Auch den NEOS sei die Versorgungssicherheit ein Anliegen, man habe bereits seit Februar auf die rasche Füllung der Erdgasspeicher gedrängt, betonte Karin Doppelbauer (NEOS). Maßnahmen zur Substituierung seien zwar sinnvoll, die Industrieunternehmen würden aber nicht planen, auf andere Energieträger umzusteigen. Doppelbauer sprach von einer „Verordnung für den Verbund“, um das Kohlekraftwerk Mellach zu reaktivieren. Die Republik könne jedoch als Miteigentümerin auf den Verbund einwirken, die Umstellung eigenhändig zu vollziehen.
„Wir müssen alles tun, um den Gasverbrauch in Österreich so niedrig wie möglich zu halten, unterstrich Lukas Hammer (Grüne). Ministerin Gewessler „tut das wozu sie verpflichtet ist und versucht, auf den schlimmsten Notfall vorzubereiten“. Die Argumente der Opposition bezeichnete Hammer als „Themenverfehlung“ und „parteitaktische Spielchen“. Es gehe in der Verordnung nicht um das Abschöpfen von Übergewinnen, sondern um die Verpflichtung von Erdgas-Großabnehmern, Alternativen einzusetzen.
Dem konnte Andreas Ottenschläger (ÖVP) beipflichten. Die Frage von Übergewinnen und Strompreisen sei „eine andere Debatte“. Es gehe um die Gewährleistung der höchstmöglichen Versorgungssicherheit. Die Konsequenz einer fehlenden Zustimmung zu Substitutionsmaßnahmen sei eine Zunahme von Kurzarbeit und von Arbeitslosenzahlen. Er habe „bis zuletzt den Funken Hoffnung gehabt, dass die SPÖ staatstragende Verantwortung übernimmt und mitstimmt“, so der ÖVP-Mandatar in Richtung der Sozialdemoktrat:innen.
Verteidigungsministerin informiert über dringliche Entsendung eines Experten nach Gambia
Ebenfalls auf der Tagesordnung des Hauptausschusses stand ein Bericht von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, der über die Entsendung eines Experten des Bundesheeres nach Gambia informiert. Dieser Experte unterstützt nach den örtlichen Überschwemmungen für die Dauer von drei Wochen die lokalen Behörden und koordiniert UN-Hilfeleistungen vor Ort. Der Bericht wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS mehrheitlich zur Kenntnis genommen. (Schluss) med
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