Familienausschuss stellt Weichen für die Aufhebung der Indexierung der Familienbeihilfe

Familienausschuss stellt Weichen für die Aufhebung der Indexierung der Familienbeihilfe

Österreich leistet nach EuGH-Urteil Nachzahlungen bei herabgesetzten Familienbeihilfen

Wien (PK) – Der Familienausschuss hat in seiner heutigen Sitzung auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) reagiert, wonach die Indexierung der Familienbeihilfe in Österreich einen Verstoß gegen Unionsrecht darstellt. Seit Anfang 2019 war die Familienbeihilfe für EU-Bürgerinnen und -Bürger, die in Österreich arbeiten, für ihre nicht hier lebenden Kinder an die Lebenshaltungskosten des jeweiligen Heimatlandes angepasst. Mit einem Initiativantrag der Koalitionsfraktionen und einem im Ausschuss eingebrachten Abänderungsantrag wurde nun dem Urteil Rechnung getragen. Die Reparatur der Gesetze wurde von allen Fraktionen außer der FPÖ mitgetragen.

Laut Familienministerin Susanne Raab soll die Abwicklung bei Vorliegen von Kontodaten automatisiert erfolgen. In Fällen, in denen eine geringere Familienbeihilfe ausbezahlt wurde, werde es Nachzahlungen. Bei bereits ausbezahlten höheren Familienbeihilfen soll es keine Rückforderungen geben.

In seinem Urteil stellte der EuGH fest, dass die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag als Familienleistungen im Sinne der EU-Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit nicht aufgrund des Wohnorts von Berechtigten oder deren Angehörigen gekürzt werden dürfen. Die Familienleistungen, die ein Staat Erwerbstätigen gewähre, deren Angehörige in diesem Staat leben, müsse daher exakt gleich hoch sein wie jene, die Erwerbstätige mit Familienangehörigen in anderen Staaten bekommen. Die österreichische Indexierung verstoße aus diesem Grund gegen Unionsrecht.

Der EuGH sah auch eine nicht gerechtfertigte mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit. Laut dem EU-Höchstgericht verstößt die Indexierung auch gegen die Verordnung über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union. Wanderarbeitnehmer seien in gleicher Weise wie inländische Arbeitnehmer an der Festsetzung und Finanzierung der Beiträge beteiligt, die der Familienbeihilfe und den Steuervergünstigungen zugrunde liegen, ohne dass es auf den Wohnort der Kinder ankomme.

Änderungen im Familienlastenausgleichsgesetz und Einkommensteuergesetz sollen EU-konforme Rechtslage herstellen

Familienleistungen und Kinderabsetzbeträge für in Österreich arbeitende EU-Bürger wurden ab dem 1. Jänner 2019 an die Lebenserhaltungskosten in dem Land, in dem die Kinder leben, angepasst. Die EU-Kommission wertete das als einen Verstoß gegen die EU-Vorschriften über die Arbeitnehmerfreizügigkeit und reichte im Mai 2020 beim EuGH Klage ein. Nachdem dieses nun sein Urteil gefällt hat, nimmt Österreich nun eine Anpassung an das EU-Recht vor.

Ausgangspunkt der Verhandlungen im Familienausschuss war ein Antrag der Abgeordneten Norbert Sieber (ÖVP) und Barbara Neßler (Grüne) zur Novellierung des Familienlastenausgleichsgesetzes und des Einkommensteuergesetzes (2678/A). Hier waren vorerst nur kleine Änderungen bzw. redaktionelle Anpassungen vorgesehen. Mit einem Abänderungsantrag der Koalitionsfraktionen im Ausschuss werden nun die Regelungen geschaffen, die festlegen, dass es keine Indexierung der Familienbeihilfe für Kinder gibt, die sich in Ländern der EU, einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums oder in der Schweiz aufhalten. Nachzahlungen bei verringerter Familienbeihilfe erfolgen bei Vorliegen der Kontodaten automatisch. Im Fall einer erhöhten Familienbeihilfe wird es aufgrund des Prinzips des Vertrauensschutzes keine Rückforderungen geben.

Barbara Neßler (Grüne) zeigte sich zufrieden mit der Reparatur des Gesetzes, die den Forderungen der Grünen entspreche. Zufrieden mit der Rücknahme der Indexierung zeigten sich auch Petra Wimmer (SPÖ) und Michael Bernhard (NEOS). Beide unterstrichen, dass das EuGH-Urteil zu erwarten war, da von Anfang an klar gewesen sei, dass die von der ÖVP-FPÖ-Regierung beschlossene Regelung nicht EU-rechtskonform sein könne. Obwohl viele Expertinnen und Experten darauf hingewiesen hätten, sei die damalige Bundesregierung aus populistischen Erwägungen der Rechtsauskunft eines einzigen Experten gefolgt, kritisierte Bernhard. Diese Sichtweise vertrat auch Selma Yildirim (SPÖ). Es sei bedauerlich, dass Österreich damals auf den Zug des Populismus innerhalb der EU aufgesprungen sei.

Die Bundesministerin müsse nun dafür sorgen, dass die betroffenen Familien rasch ihr Geld erhalten, forderten die SPÖ-Abgeordneten Wimmer und Selma Yildirim. Yildirim wollte wissen, ob dazu bereits mit den betroffenen Ländern Kontakt aufgenommen worden sei und ob Vorsorge dafür getroffen sei, dass die Finanzämter den zu erwartenden Anfall an Nachzahlungen auch bewältigen können. Eva Maria Holzleitner (SPÖ) fragte, wie die Abwicklung des Familienbonus erfolgen werde und wollte wissen, warum in den Fällen, in denen aufgrund der Indexierung eine höhere Familienbeihilfe ausbezahlt wurde, keine Rückforderung erfolge.

Seine Fraktion sehe die Frage der Indexierung naturgemäß anders, betonte FPÖ-Abgeordneter Christian Ries. Das EuGH habe zwar Recht gesprochen, Gerechtigkeit sei damit aber nicht hergestellt worden. Familienleistungen seien für die Abdeckung der Lebenshaltungskosten des Kindes gedacht, weshalb eine Indexierung gerecht wäre.

Ausschussobmann Norbert Sieber (ÖVP) betonte, das EuGH-Urteil sei zur Kenntnis zu nehmen und es werde ihm nun auch im Gesetz Rechnung getragen. Er halte aber weiter daran fest, dass eine Anpassung der Familienbeihilfe an den Wohnort gerecht wäre. Die Regelung sei auch nicht von Österreich „erfunden“ worden, sondern man habe auf eine EU-weite Debatte reagiert. Vor allem habe Großbritannien die Indexierung eingefordert.

Raab: Nachzahlungen erfolgen automationsunterstützt

Auf die Fragen der Abgeordneten der SPÖ teilte Familienministerin Susanne Raab mit, dass die Abwicklung der Nachzahlungen faktisch keine Belastung für die Finanzämter darstellen werde. Beim Vorliegen von Kontodaten erfolge die Überweisung automationsunterstützt, das gelte für die überwiegende Zahl der rund 81.000 Fälle. Nur in 281 Fällen müsse aktiv ein Antrag gestellt werden. Bei höheren Familienbeihilfen erfolge zum einen keine Rückforderung, weil es sich um geringe Beträge handle, zudem gelte hier der Vertrauensschutz für im guten Glauben bezogene Leistungen. Was den Familienbonus betreffe, so müsse dieser aktiv im Rahmen der Steuererklärung in Anspruch genommen werden. Dazu nehme ihr Ressort bereit Kontakt mit den Botschaften der betroffenen Länder auf und stelle die entsprechenden Informationen bereit.

Anträge der Opposition miterledigt

Mit in Verhandlung standen zwei Anträge der SPÖ-Frauen-, Kinder- und Jugendsprecherin Eva Maria Holzleitner (SPÖ), in dem die Rücknahme der Indexierung der Familienbeihilfe gefordert wird (415/A(E)) bzw. die Aufhebung der Indexierung der Familienbeihilfe (2282/A(E)) gefordert wurde. Auf die Aufhebung der Indexierung der Familienbeihilfe zielte auch ein Antrag des Abgeordneten Michael Bernhard zur Novellierung des Familienlastenausgleichsgesetzes und des Einkommensteuergesetzes ab (470/A). Die Anträge gelten mit dem Beschluss des Initiativantrags der Koalition als miterledigt. (Schluss Familienausschuss) sox

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