12. Wiener Landtag (8)
12. Wiener Landtag (8)
Dringliche Anfrage
Wien (OTS/RK) – Um 16 Uhr wurde die Tagesordnung für eine Dringliche Anfrage der Grünen Fraktion im Landtag an Landeshauptmann Michael Ludwig mit dem Thema „Umgehende Novellierung des Wiener Parteienförderungsgesetzes zur Schaffung umfassender Transparenz und damit einer Reduktion von Missbrauchs- und Korruptionsrisiken“ unterbrochen.
LAbg. David Ellensohn (GRÜNE) machte eingangs auf den Start des Rechtsstaats und Antikorruptionsvolksbegehrens in der kommenden Woche aufmerksam und rief zur Unterzeichnung des Begehrens auf. Die Anfrage an den Landeshauptmann begründete er wie folgt: Es gehe beim Thema um Korruption – „das pure Gift für die Demokratie“. Jeder Einzelne, der sich korrumpieren lasse, würde all jene unterstützen, die behaupten, „die sind alle gleich, alle gleich korrupt“, sagte Ellensohn. „Mit Korruption hauen wir den Laden für alle zusammen.“ Er würde sich die Aufzählung einer sehr langen Liste von einschlägigen Polit-Verurteilungen ersparen, Korruption sei in seinen Augen vor allem ein Problem der zwei staatstragenden Parteien SPÖ und ÖVP. Der Bund habe nun ein neues Gesetz vorgelegt, „und Wien ist aufgefordert ebenfalls aktiv zu werden, denn Wien hat nicht die Pflicht mit der Begutachtung zu warten, bis acht Bundesländer und die Bundesregierung was beschlossen haben“. Die Grünen hätten bei der letzten Landtagssitzung keine Anträge eingebracht, sondern gemeinsame Gespräche angeboten, doch in den vergangenen zwei Monaten sei nichts passiert. Die Vorschläge des Bundes seien: strengere Prüfrechte für den Rechnungshof; neue scharfe Spendenregeln; Wahlkampfkosten frühzeitiger bekannt geben; genauere Rechenschaftsberichte der Parteien mit Vermögens- und Schuldenangaben. Ellensohn brachte drei Anträge ein: die Wahlkampfkosten-Obergrenze solle auf drei Millionen Euro gesenkt, Strafen bei Überschreitung der Wahlkampfkosten-Obergrenze sollen verankert und die EU-Whistleblower-Richtlinie umgesetzt werden. Der Bundesrechnungshof würde Inserate von Ministerien prüfen sowie von nur einem einzigen Bundesland – von Wien, das mehr für Inserate ausgebe als die anderen acht Bundesländer zusammen, sagte Ellensohn. „Wenn die Stadt in parteinahen Zeitungen inseriert, ist das eine Erhöhung der Parteienförderung und verdeckte Parteienfinanzierung“, kritisierte Ellensohn. Seit 2010 hätten die Grünen versucht, „das hohe Inserate-Aufkommen der Stadt zu drücken“, was ab dem Jahr 2015 gelungen sei. Es habe in der vergangenen Koalition mit der SPÖ Vereinbarungen gegeben: Okto-TV und Radio Orange würden finanziell unterstützt, „dafür konnte die SPÖ für viel Geld beim Fellner inserieren“, sagte Ellensohn. Den ganz großen Parteien wie der SPÖ in Wien müsse „ganz genau auf die Finger geschaut werden“. Wien solle in der Frage der Korruptionsbekämpfung doch vorangehen, „legen wir gemeinsam ein Anti-Korruptionsgesetz vor, dass nicht hinter Tirol und Vorarlberg liegt, sondern eventuell besser ist“, schloss Ellensohn, der nochmals dazu aufrief das Antikorruptionsvolksbegehrens zu unterschreiben.
Lhptm Dr. Michael Ludwig (SPÖ) stellte an den Beginn seiner Beantwortung die Frage der Zulässigkeit der Dringlichen Anfrage. Diese würde sich nämlich, wie bereits die Bezeichnung der vorliegenden Anfrage zeige, auf Fragen zur Landesgesetzgebung und nicht – wie rechtlich vorgesehen – der Landesvollziehung beziehen. „In dem Sinne fragen Sie mich zu einer Thematik, die eigentlich von Ihnen selbst als Mitglieder des gesetzgebenden Organs Landtag zu beantworten wäre“, sagte Ludwig in Richtung der grünen Fraktion. Dennoch stelle er sich der Debatte „zu diesem wichtigen Thema, das ja auch im Rahmen des Programms unserer Fortschrittskoalition entsprechend behandelt wird“, sagte der Landeshauptmann. „Die Fortschrittskoalition bekennt sich zu Transparenz, Kontrolle und Nachvollziehbarkeit, denn diese Attribute sind zentrale Bestandteile einer lebendigen Demokratie mit mündigen Bürgerinnen und Bürgern.“ Starke Kontrollmechanismen seien ein Garant dafür, dass die Stadt und ihre Betriebe auch weiterhin in „hoher Qualität für die Wienerinnen und Wiener arbeiten und kontinuierlich einen verantwortungsvollen Umgang mit öffentlichen Mitteln an den Tag legen“. Eine Reform der Untersuchungskommissionen und Untersuchungsausschüsse sei bereits gelungen.
Zu den ersten drei Fragen betreffend die Änderung des Parteiengesetzes auf Bundesebene sagte der Landeshauptmann, dass sobald das Gesetz auf Bundesebene beschlossen bzw. novelliert werde, würden die Expert*innen des Hauses die Vorlage einer Prüfung unterziehen und etwaige Änderungen erarbeiten. „Überdies gehe ich davon aus, dass die Gesetzesvorlage dann wie bisher in bewährter Tradition mit einem möglichst breiten politischen Konsens, idealerweise mit einem ‚All-Parteien-Konsens‘, beschlossen wird“, sagte Ludwig. Auf die Fragen zu einem eigenen Landes-Rechenschaftsbericht, die verpflichtende Veröffentlichung von Parteispenden und das Sponsern von Wahlkämpfen antwortete Ludwig:
„Die Vorlage eines eigenen Landesrechenschaftsberichts wird ebenso wie strengere Regelungen zu den von Ihnen hier genannten Punkten im Zuge der Ausarbeitung bzw. Anpassung der Wiener Regelungen zu prüfen sein.“ Zu den beiden Fragen Senkung der Wahlkampfkosten-Obergrenze und Sanktionen bei Überschreitung der Wahlkampfkosten-Obergrenze sagte Ludwig, dass im Koalitionsprogramm bereits ausgeführt sei, dass ein Betrag in der Höhe von fünf Millionen Euro angepeilt werde, sowie ganz konkrete Überlegungen zu Sanktionen im Regierungsprogramm enthalten seien. „Dabei sollte man jedoch keinesfalls außer Acht lassen, dass in Wien immer die Wahlen auf Gemeinde- und Bezirksebene, damit letztlich die Wahlen von 24 allgemeinen Vertretungskörpern, gleichzeitig stattfinden, was die Relationen zum Bund doch etwas zurechtrückt“, erläuterte Ludwig. Zur Prüfung der widmungsgemäßen Verwendung der öffentlichen Gelder für Wahlkampfkosten, werde noch Gegenstand einer genaueren Evaluierung sein. Kleinparteien auf Bezirksebene würden schon bisher die hohen Kosten für die Prüfung beklagen, so Ludwig. Zur Frage einer Beschränkung der Verwendung von bestimmten Werbemaßnahmen im Wahlkampf auf drei Wochen vor der Wahl meinte der Landeshauptmann, dass die Konzentration auf eine kurze Zeitspanne Kleinparteien benachteiligen könnte, ein Fairness-Abkommen für die Verwendung zum Beispiel von Dreiecksständern „jedenfalls gut vorstellbar“ sei. Dass der Wiener Stadtrechnungshof analoge Prüfrechte zum Rechnungshof des Bundes betreffend die Einhaltung der Wahlwerbekosten-Obergrenze, solle laut Ludwig geprüft werden. Zur Frage der Rückzahlung von widmungswidrig oder missbräuchlich verwendete Fördermitteln sagte Ludwig, dass diese immer zurückbezahlt werden müssten, bei grober Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz könnten als Sanktion – wie schon bisher – die Bestimmungen des Strafrechts zur Anwendung gelangen.
„Ich lade die Fraktionen ein, nach Inkrafttreten bzw. Vorliegen des neuen Parteiengesetzes auf Bundesebene Parteiengespräche auf Klubebene aufzunehmen, um sich mit notwendigen Änderungen des Wiener Parteienförderungsgesetzes näher zu befassen“, schloss Landeshauptmann Ludwig seine Beantwortung der Dringlichen Anfrage.
StRin Mag.a Judith Pühringer (GRÜNE) sprach über die Stärkung des Vertrauens in die Politik, „das ist ein wichtiges und dringliches Anliegen, das wir alle haben“. Vertrauen in der Bevölkerung würde auch durch Kontrolle, Transparenz und gläserne Parteikassen entstehen. Leider habe es trotz Angeboten in den letzten zwei Monaten keine Vorschläge und Gespräche von Seiten der Landesregierung zum Thema geben – „ganz ehrlich: Das finde ich persönlich sehr enttäuschend“, sagte Pühringer. Die „alte Politik“, die sich momentan in der Vorarlberger ÖVP zeige, brauche auch Wien nicht mehr. Vorschläge und Lösungen für stärkere Prüfrechte des Stadtrechnungshofs würde es genügend geben, „nutzen wir die Debatte heute, um endlich etwas Gemeinsames in Bewegung zu setzen. Es geht um Transparenz und auch darum Diskussionsräume für echte Debatten zu schaffen“, appellierte Pühringer. „Als gewählte Abgeordnete müssen wir alle konkrete Lösungen für die Probleme und Sorgen der Wienerinnen und Wiener finden, und um Transparenz in der Politik zu erreichen und nicht noch mehr Vertrauen zu verlieren“. Am Ende der Debatte und der Gesetzesfindung müssten nachvollziehbare Regeln am Tisch liegen, das müsse am Ende die Messlatte sein, so Pühringer.
LAbg. Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ) sagte zu den Aussagen von Landeshauptmann Ludwig, „wenn wir nur die Fragen zur Vollziehung des Landes beantworten, bleibt nicht mehr viel übrig, da ja in Wien die Gemeinde das meiste abdeckt“. Er hoffe, dass auch Anfragen der Freiheitlichen in Zukunft ausführlich beantwortet werden würden. „Lustig“ fand Kowarik die Tatsache, dass sein Vorredner Ellensohn ausgerechnet Okto-TV erwähnte, „das ist ja ein Musterbeispiel von Freunderlwirtschaft“. Zum Thema sagte Kowarik, dass im vorliegenden Vorschlag des Bundesgesetzes „einiges, was man unterstreichen kann“ zu finden sei. Bereits jetzt sei es verboten, politischen Parteien Unterstützungen von öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften wie der Gemeinde Wien zukommen zu lassen. So gesehen „ist es nicht in Ordnung“, dass das Wiener Magistrat für die Regierungsklubs im Landtag Initiativanträge schreibe, „das ist unzulässig und illegal“. Hier fehle es an der Trennung zwischen Gesetzgeber und Vollziehung. Kowarik stellte die Frage, wer denn die Parteien prüfen würde. Schon bis jetzt habe der Wiener Rechnungshof Einblicke in die Ausgaben der Parteien gehabt, aber nicht direkt, denn Wirtschaftsprüfer hätten den Rechenschaftsbericht der Parteien geprüft. Als Hilfsorgan des Nationalrates sei die Rechnungshofpräsidentin des Bundes „politisch“ bestellt, diese Bestellung würde Kowarik gerne auf eine breitere Basis stellen, etwa in Form einer Zweidrittel-Mehrheit. Der Stadtrechnungshof sei Teil der Vollziehung und habe deshalb eine andere Stellung als der Rechnungshof des Bundes. Den drei eingebrachten Anträgen der Grünen sicherte Kowarik seine Zustimmung zu. „Unterm Strich würde es mich freuen, dass es am Schluss nicht zehn verschiedene Regelungen im Bund und in den Ländern geben wird“, schloss Kowarik. (Forts.) nic
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