EU-Unterausschuss: Diskussion um künftige EU-Wirtschaftspolitik

EU-Unterausschuss: Diskussion um künftige EU-Wirtschaftspolitik

Abgeordnete erörtern mit Wirtschaftsministerin Schramböck europäische Strategien zu Handel, Industrie und Wettbewerb

Wien (PK) – Die Mitglieder des Ständigen Unterausschusses in EU-Angelegenheiten beschäftigten sich heute mit der Überprüfung der EU-Handelspolitik, der Aktualisierung der EU-Industriestrategie von 2020 und der Modernisierung des Wettbewerbsrechts. Besonderer Fokus liegt dabei auf der Beschleunigung des grünen und digitalen Wandels sowie auf notwendigen Resilienz- und Wiederaufbaumaßnahmen resultierend aus den Erfahrungen der Krisenmonate. Dazu richteten sie Fragen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. Die FPÖ und NEOS hatten mit Anträgen auf Stellungnahme keinen Erfolg.

Eine offene, nachhaltige und entschlossene Handelspolitik:
Vorbereitung auf die Welt im Jahre 2030

In einer Mitteilung hat die EU-Kommission Vorschläge für eine neue EU-Handelsstrategie vorgestellt. Sie soll auf neue globale Herausforderungen reagieren und auch die Folgen der COVID-19-Krise berücksichtigen. Die neue Strategie hat eine widerstandsfähige und nachhaltige EU-Wirtschaft für die Zeit nach der Pandemie zum Ziel. Handels- und Investitionsbeziehungen mit wichtigen Handelspartnern sollen gestärkt werden, während gleiche und faire Wettbewerbsbedingungen gefördert werden sollen.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck betonte in diesem Zusammenhang den 2021 geschaffenen Handels- und Technologierat EU-USA (Trade and Technology Council – TTC). Das Gremium ermögliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit den USA und würde neue Exportchancen für Europa und Österreich mit sich bringen. Insbesondere sei das Forum wichtig, um gemeinsame Standards mit den USA zu formulieren. Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP) stimmte der Ministerin bei. Der TTC trage dazu bei, transatlantische Beziehungen zu stärken. Durch seine Ansiedlung auf höchster Ebene zwischen der Administration Biden und der EU-Administration ermögliche er es abseits von Populismus, vernünftig Kooperationen zu etablieren.

Für Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) geht der TTC nicht weit genug. Dieser könne kein Freihandelsabkommen ersetzen. Daher brachte er einen Antrag auf Stellungnahme ein. Darin forderten die NEOS die Ministerin dazu auf, sich für die rasche Aufnahme von Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika einzusetzen. Der Antrag fand keine Mehrheit. Auch ein Antrag auf Stellungnahme der FPÖ blieb in der Minderheit. Darin forderten die Freiheitlichen die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, zukünftige Wirtschaftspartnerschaften und Handelsabkommen zwischen der EU und afrikanischen Staaten an migrationspolitische Konditionen zu koppeln. So soll die die Rückführung von MigrantInnen durch wirtschaftspolitische Maßnahmen erleichtert werden.

Michel Reimon (Grüne) führte aus, dass er nichts davon halte, Handelspolitik an Migrationspolitik zu koppeln. Auch das voreilige Abschließen von Freihandelsabkommen lehnte er ab. Stattdessen sei es wichtig, Handelspolitik an ein Lieferkettengesetz und Fair-Trade-Richtlinien zu koppeln. Eva Maria Holzleitner (SPÖ) knüpfte daran an und erkundigte sich nach dem Stand der Verhandlungen bezüglich eines Lieferkettengesetzes und den Freihandelsabkommen TTIP und Mercosur.

Die beiden Freihandelsabkommen stehen aktuell auf europäischer Ebene nicht zur Verhandlung, entgegnete die Wirtschaftsministerin. Die französische Ratspräsidentschaft hätte andere Schwerpunkte gesetzt. Bezüglich des Lieferkettengesetzes stehe sie in enger Abstimmung mit der Justizministerin. Es sei jedoch wichtig, eine europäische Lösung abzuwarten, um eine mögliche Wettbewerbsverzerrung zu verhindern. Die zukünftige EU-Handelsstrategie habe das Potential, ein gewichtiger Hebel zur Förderung und Bewerbung der hohen europäischen Umwelt-, Sozial- und Klimastandards sowie von Menschenrechten und Gender Equality zu sein, so Schramböck.

Aktualisierung der neuen Industriestrategie von 2020: Ein stärkerer Binnenmarkt für die Erholung Europas

Weiter widmete sich der Ausschuss einer Mitteilung der Kommission zur Aktualisierung der EU-Industriestrategie von 2020. Am Tag nach der Präsentation der ursprünglichen Strategie erklärte die Weltgesundheitsorganisation COVID-19 zur Pandemie. Bei der nun aktualisierten Strategie steht im Mittelpunkt, was zusätzlich noch zu tun ist und welche Lehren aus der Pandemie gezogen werden müssen. Zentral dabei ist es, den Binnenmarkt besser für Krisen zu rüsten, den grünen und digitalen Wandel voranzutreiben, und die offene strategische Autonomie der Union zu verbessern.

Letzteres betonte auch die Wirtschaftsministerin. Die Europäische Union müsse unabhängiger werden und selbst mehr Knowhow entwickeln. Gleichzeitig muss sie aber offen bleiben und neue Wege für mehr Export finden, fasste sie zusammen. Christoph Matznetter (SPÖ) wies darauf hin, dass die aktualisierte Industriestrategie zwar die Lehren aus der Corona-Pandemie berücksichtige, allerdings nicht die aus dem Krieg in der Ukraine. Österreichs Abhängigkeit vom russischen Gas sei dem völlig unregulierten Markt geschuldet. Man müsse sich daher in Europa die Frage stellen, wie weit der Staat eingreifen muss, um die kritische Infrastruktur sicherzustellen.

Auch Elisabeth Götze (Grüne) kritisiert die fehlende Abbildung der aktuellen Energiekrise. Ziel müsse ein völliger Ausstieg aus fossilen Brennstoffen sein. Dazu müsse Österreich die Technologieführerschaft übernehmen. So wäre es möglich, sich einen Wettbewerbsvorteil zu sichern, erklärte die Abgeordnete. Die FPÖ warnte in dem Zusammenhang vor einem möglichen Wettbewerbsnachteil durch den Einfluss der Klimapolitik auf die Industrie. Der Umstieg auf umweltfreundliche Produktion sei sehr teuer, sie sehe darin eine Gefahr für die Industrie, so Abgeordnete Petra Steger (FPÖ).

Keine großen Bedenken diesbezüglich hat Wirtschaftsministerin Schramböck, wie sie erklärte. Österreich sei extrem fortschrittlich, was den Umstieg auf erneuerbare Energie betreffe. Dadurch werde das Land auch zunehmend unabhängiger. Trotzdem sei es wichtig, die Unternehmen zu entlasten, betonte sie mit Verweis auf die bereits erfolgten Steuerentlastungen und die Liquiditätsgarantie. Am allerwichtigsten sei es jedoch, neue Märkte zu erschließen. Eine gemeinsame, koordinierte EU-Industriepolitik sei im Interesse der wirtschaftlichen Resilienz und der globalen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie, stellte die Ministerin fest. Sie begrüßt die Vorlage der überarbeiteten Industriestrategie für Europa und spricht sich insbesondere für starke Maßnahmen zur Förderung des grünen und digitalen Wandels und eine strategisch autonomere und krisenfeste EU-Industriepolitik aus.

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) betonte die Bedeutung des Ausbaus von wertebasierten Handelsbeziehungen mit demokratischen Staaten. In einem weiteren Antrag auf Stellungnahme forderten die NEOS Bundesministerin Schramböck dazu auf, im Rat anzuregen, bestehende Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit Partnerländern fortzusetzen sowie neue strategische Partnerschaften zu analysieren. Auch dieser Antrag blieb in der Minderheit.

Eine Wettbewerbspolitik für neue Herausforderungen

Die dritte Mitteilung der EU-Kommission zur Wirtschaftspolitik, die heute auf der Tagesordnung des Ausschusses stand, beschäftigt sich mit der Überprüfung der Instrumente der Wettbewerbspolitik. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Instrumente der Wettbewerbspolitik, wie die Fusionskontrolle, das Kartellrecht und die Kontrolle von staatlichen Beihilfen, weiterhin zweckdienlich sind. Neue Vorschriften, wie das Gesetz über digitale Märkte und die Verordnung über drittstaatliche Subventionen, werden ergänzend angeführt und sollen Lücken beim Instrumentarium schließen.

Der Prozess für eine Überarbeitung des EU-Wettbewerbsrechts wird von Ministerin Schramböck begrüßt. In manchen Mitgliedstaaten gebe es hier eine andere Haltung, aus ihrer Sicht sei aber eine Modernisierung des Wettbewerbsrechts erforderlich, um den geänderten Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen. Europa werde nicht durch niedrigste Preise den Wettbewerb gewinnen können, sondern durch Qualität der Produkte und Produktionsverfahren sowie Innovation. Wettbewerbsfähigkeit müsse auch mit dem Klimaschutz in Europa Hand in Hand gehen, so die Ministerin. Was den Grenzausgleichsmechanismus betrifft, sei dieser aus ihrer Sicht noch nicht klar, meinte Schramböck. Was man nicht wolle sei, dass sich die Produktion in Europa verteuere. Im Hinblick auf das Lieferkettengesetz gelte es, darauf zu achten, dass es etwa für KMU nicht überbordend wird. (Schluss EU-Unterausschuss) kuc

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