Leitartikel „Der Preis der Macht“ vom 19. April 2022 von Peter Nindler
Leitartikel „Der Preis der Macht“ vom 19. April 2022 von Peter Nindler
Innsbruck (OTS) – Die Regierungsbeteiligung mit der ÖVP hat die Grünen personell und inhaltlich abgenützt. Der „Wahlkampf“ um die Spitzen- kandidatInnen ist deshalb einer, bei dem es auch um Befindlichkeiten der Basis geht. Eine politisch riskante Gratwanderung.
Von Peter Nindler
Regierungsverantwortung geht an die Substanz von Klein-Parteien: Das mussten die Wiener Grünen im Herbst 2020 schmerzlich zur Kenntnis nehmen, innerhalb der Tiroler Grünen wird diese Diskussion ebenfalls seit Jahren geführt. Vor allem, wenn gleichzeitig der große Koalitionspartner wie 2018 in Tirol die ÖVP und in Wien die SPÖ gestärkt wird. Seit 2013 sitzt die Ökopartei in der Tiroler Landesregierung, nach zehn Jahren haben die Gegensätze zwischen ÖVP und Grünen wieder politisch die Oberhand gewonnen. Die Kompromisse – besonders in Umweltfragen, in der Verkehrs- und Energiepolitik – werden von den Koalitionären deshalb als wenig sexy gegenüber ihrer eigenen Klientel gewertet. Doch das ist der Preis der Macht, den auch die Grünen zahlen.
Andererseits sollte – wenn nicht jetzt, wann dann? – zehn Monate vor der Landtagswahl das politische Profil geschärft werden. Bei den Grünen steht das in enger Verbindung mit der Wahl der neuen SpitzenkandidatInnen für die Landtagswahl. Wobei die Ökopartei in Personalentscheidungen oft der Fehleinschätzung unterliegt, dass sie glaubt, sie müsse damit ihre eigenen Befindlichkeiten befriedigen, statt Wahlen zu gewinnen. Plötzlich geben die Kleinkrämer die Richtung vor, die lokale Schnappatmung verhindert dadurch den Blick aufs Große und Ganze.
So bleibt der von Anfang an erhoffte Rückenwind in der Regierung mit der übermächtigen Volkspartei mehr als überschaubar. Bei den Gemeinderatswahlen schafften es die Grünen nicht einmal, in der Bezirksstadt Landeck anzutreten. In der Landeshauptstadt Innsbruck gelingt es dem grünen Bürgermeister Georg Willi nicht, die von den Mitte-rechts-Parteien ausgerufene politische Blockade zu überwinden. Existieren die Grünen mit ihrem Mandat überhaupt noch in der Landwirtschaftskammer? Und der prestigeträchtige Schulterschluss mit den Umweltinitiativen und NGOs kam nicht einmal ansatzweise zustande. Deshalb ist die Personaldecke entsprechend dünn.
Um diese Fragen geht es in den nächsten Monaten allerdings nicht, sondern um grüne Perspektiven für Tirol und um Mobilisierung. Ein Wahlkampf ist schließlich kein Kindergeburtstag. Ob die Grünen überhaupt ernsthaft über eine neuerliche Regierungsbeteiligung verhandeln können, wird maßgeblich davon abhängen, ob sie zumindest 13 bis 14 Prozent bei der Landtagswahl erreichen – 2018 waren es nur 10,7 Prozent.
Dafür benötigen sie jedenfalls Wahlkämpfer mit eigenständiger politischer Luft zum Atmen und kein parteiinternes Moderatoren-Team.
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