Presserat präsentiert Jahresbericht und Fallstatistik für 2021

Presserat präsentiert Jahresbericht und Fallstatistik für 2021

Jahr 2021 bringt neue Rekordzahl an Fällen beim Presserat

Wien (OTS) – Im Jahr 2021 ist die Fallzahl im Vergleich zum Jahr 2020 nochmals deutlich angestiegen. Mehr Fälle als je zuvor – nämlich 647 – beschäftigten den Presserat im vergangenen Jahr (2020 waren es 418). Dies lag u.a. an den Berichten über COVID19, die auch in diesem Jahr zu einer besonders hohen Anzahl an Beschwerden führten.

„Die stark gestiegene Fallzahl lässt auf eine zunehmende Anerkennung des Presserats in der Bevölkerung schließen. Um unsere Funktionsfähigkeit auch in Zukunft zu gewährleisten, benötigen wir mittelfristig eine Erhöhung unserer finanziellen Mittel, die seit 2010 nicht erhöht wurden“ so Presserats-Geschäftsführer Alexander Warzilek.

Fallstatistik 2021

Wie bereits angemerkt behandelten die Senate des Presserats insgesamt 647 Fälle, in 31 Fällen stellten sie Verstöße gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse fest. Zum Vergleich: 2020 gab es bei 418 Fälle und 36 Ethikverstöße. Trotz gestiegener Fallzahl ist die Zahl der Ethikverstöße im letzten Jahr zurückgegangen – die Senate des Presserats werten das als positive Entwicklung.

Nachfolgend die Fallzahlen 2021 für einzelne Medien und in Klammer dazu jeweils die medienethischen Verstöße: „Kronen Zeitung“ 111 (9), „Wochenblick“ 14 (8), „Österreich, OE24“ 56 Fälle (6), „Heute“ 54 (5), „NÖN“ 5 (2), „Kurier“ 30 (1), „Der Standard“ 102 (1), „Ischler Woche“ 1 (1), „Falter“ 37 (0), „Kleine Zeitung“ 13 (0), „Die Presse“ 16 (0), „VN“ 7 (0), „Profil“ 7 (0) sowie „SN“ 4 (0).

In zwei Fällen wurden die Senate eigenständig aktiv; dabei wurden aber keine Ethikverstöße festgestellt.

Medienethische Entscheidungen des Jahres 2021

Die meisten Ethikverstöße betrafen Persönlichkeitsverletzungen (Punkt 5 des Ehrenkodex), einige auch das Gebot, Werbung von redaktionellen Inhalten abzugrenzen.

Zu den Persönlichkeitsverletzungen zählten u.a. die Veröffentlichung von Bildern des zusammengebrochenen Fußballers Christian Eriksen während der Euro 2020 („krone.at“); die Veröffentlichung eines Videos einer Überwachungskamera, in dem ein Mann von mehreren Personen brutal zusammengeschlagen wurde („oe24.at/video“); die Bezeichnung einer Spitzensportlerin u.a. als „Glitzer-Neuzugang“ und „Bling-Bling-Neuzugang“ („Kronen Zeitung“) – diese Bezeichnungen wurden zudem als frauendiskriminierend gewertet (Punkt 7 des Ehrenkodex).

Darüber hinaus gab es mehrere Verstöße gegen das Gebot einer gewissenhaften und korrekten Recherche und Wiedergabe von Nachrichten. Diese Ethikverstöße betrafen vor allem die Zeitschrift „Wochenblick“, die insbesondere beim Thema Covid19 Falschnachrichten und Verschwörungserzählungen verbreitete.

Weiters gab es Verstöße gegen das Gebot zwischen Werbung und redaktionellen Inhalten zu unterscheiden, z.B. bei Beiträgen über „Casinos Austria“ in der „Kronen Zeitung“ und der Tageszeitung „Kurier“. Schließlich kritisierten die drei Senate im Rahmen einer allgemeinen Erklärung die Beeinflussung der Medien durch Inserate der Politik, nachdem beim Presserat mehrere Beschwerden wegen der Inseratenaffäre der Bundesregierung eingelangt waren.

Kein Ethikverstoß war nach Meinung des Presserats die Veröffentlichung einer Karikatur mit dem Titel „geilzeit“ im Jahresrückblick „Best of Böse“ der Wochenzeitung „Falter“, in dem die Lebensgefährtin von Sebastian Kurz als Heilige Maria mit entblößter Brust dargestellt wurde. Die Karikatur nahm zu mehreren politischen Themen Bezug, insbesondere auf den Umstand, dass für den Rückzug von Sebastian Kurz aus der Politik familiäre Gründe ausschlaggebend gewesen sein sollen und nicht politische Skandale. Für die Bewertung der satirischen Darstellung war es auch wesentlich, dass die Beziehung von Kurz und seiner Lebensgefährtin für dessen politische Erzählung eingesetzt wurde. Die Überschrift „geilzeit“ knüpfte schließlich an der „Geilomobil“-Wahlkampagne von Kurz an.

Auch die Veröffentlichung von politisch brisanten Chatnachrichten, in denen Spitzenpolitiker und Spitzenbeamte miteinander vertraulich kommunizierten, wurde vom Presserat nicht geahndet („krone.at“, „derstandard.at“). Die Senate 1 und 2 argumentierten hier, dass der Inhalt der Chats politisch brisant sei. Deren Wiedergabe sei von demokratiepolitischer Bedeutung und somit von öffentlichem Interesse.

Den Tätigkeitsbericht 2021, in dem einige der oben genannten Fälle genauer beschrieben werden, sowie eine detaillierte Fallstatistik finden Sie unter www.presserat.at.

Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.

Alexander Warzilek, Geschäftsführer, Tel.: 01-2369984-01

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