Neue Studie: 58 Prozent von explodierenden Miet- und Wohnkosten betroffen
Neue Studie: 58 Prozent von explodierenden Miet- und Wohnkosten betroffen
Verarmung droht: Mietervereinigung Österreichs und Gewerkschaft vida fordern Entlastungspaket für Einkommensschwächere und Familien
Wien (OTS) – Wohnen wird immer teurer, steigende Mieten und Betriebskosten fressen die Einkommen der österreichischen ArbeitnehmerInnen auf. So lassen sich die Ergebnisse einer heute von der Gewerkschaft vida und der Mietervereinigung Österreichs (MVÖ) in einer Pressekonferenz präsentierten neuen Studie auf den Punkt bringen. In der von Reichmann Research Consulting (RRC) durchgeführten Studie zeigt sich deutlich mehr als die Hälfte (58 Prozent) der Befragten von den Preissteigerungen der letzten Jahre im Bereich des Wohnens und Mietens sehr bzw. ziemlich betroffen. Angesichts dieses alarmierenden Ergebnisses fordern vida und MVÖ von der Bundesregierung ein Entlastungspaket ein. Dieses müsse gesetzliche Regeln zur Eindämmung der Immobilien- und Bodenspekulation, eine Mietrechtsreform samt Preisobergrenzen sowie eine Steuerreform mit sozial gerechten Maßnahmen gegen Klimawandel und Armut durch zu hohe Energiekosten umfassen, betonen die stv. vida-Vorsitzende, vida-Bundesfrauenvorsitzende Olivia Janisch, und Georg Niedermühlbichler, Präsident der Mietervereinigung Österreichs.
Bei der repräsentativen RRC-Studie im Auftrag der vida und der MVÖ wurden per Online-Umfrage im Zeitraum September 2021 aktuelle Aspekte zum Thema Mieten und Wohnen unter österreichweit 2.402 Mitgliedern von vida und der MVÖ erhoben. Zu den Befragten zählen MieterInnen von Privat-, Genossenschafts- bzw. Gemeindewohnungen sowie EigenheimbesitzerInnen.
Als Verantwortliche für die Preissteigerungen nennen rund zwei Drittel (67 Prozent) die Spekulation mit Immobilien, exakt die Hälfte (50 Prozent) sieht die Verantwortung dafür bei der Politik. Mehr als ein Drittel aller Befragten sieht hier explizit die Bundesregierung in der Verantwortung, jede/r Fünfte die jeweilige Landesregierung. Mangelnder öffentlicher Wohnbau wird von 30 Prozent als Preistreiber bei Wohnen und Mieten angesehen, jeweils etwa ein Viertel sieht eine Mitschuld bei den Bauträgern sowie den Immobilienmaklern.
Die Erhebung weist unter den Befragten einen hohen Grad an erwarteter Ungerechtigkeit hinsichtlich der Lastenverteilung bei den Kosten für die Bewältigung der Klimakrise auf. Zwischen der Erwartung „Wer wird die Hauptlast tragen?“ sowie dem Anspruch „Wer soll die Hauptlast tragen?“ besteht eine Diskrepanz. Unter derzeitigen Gesichtspunkten werden die normalen Leute – vor allem ArbeitnehmerInnen, sozial Schwache, kleine LandwirtInnen sowie PensionistInnen als hauptsächliche Kostenträger gesehen. Die Frage, wer die Hauptlast tragen soll, wird ebenso eindeutig beantwortet: In erster Linie werden hier Konzerne, die industrialisierte Landwirtschaft sowie Vermögende in der Pflicht gesehen.
„Die Bundesregierung muss den Studienergebnissen und den genannten Erwartungshaltungen mit einem Entlastungspaket für Mieten und Wohnen Rechnung tragen“, fordern Janisch und Niedermühlbichler. Dazu zählt, dass Wohnen in der Verfassung als Grundrecht verankert und sozialen und gesellschaftspolitischen Aspekten im Bereich Wohnen gegenüber der Wettbewerbsfreiheit und Profitgier eindeutigen Vorrang eingeräumt werden müsse. Wie in Wien sollten mit einer bundesweiten neuen Widmungskategorie „Geförderter Wohnbau“ die Kosten für Bauland und die Grundstückspekulation begrenzt werden. „Das wirkt sich preisdämpfend auf den Wohnungsmarkt aus“, konstatiert der MVÖ-Präsident.
Die MVÖ fordert zudem eine klare Preisobergrenze für alle Mietverhältnisse, womit der Wildwuchs an „Mietzuschlägen“ unterbunden werden soll. In einem Zu- und Abschlagkatalog sollten sämtliche Zuschläge auf maximal 25 Prozent vom Richtwert gedeckelt werden. „Wohnen ist ein Grundbedürfnis, das für alle leistbar sein muss. Die Bundesregierung steht hier in der Pflicht, da das Mietrecht Bundessache ist“, fordert Niedermühlbichler ein Mietrecht für alle ein, da es derzeit für die Mehrzahl der privaten Mietverhältnisse keinen gesetzlichen Preisschutz gebe. Das bedeutet Miethöhe, Ablösesummen, Betriebskostenabrechnungen und Schadensbehebungen seien hier ungeregelt. Der MVÖ-Präsident plädiert auch für ein Ende von befristeten Mieten. Diese würden den MieterInnen wichtige Rechte nehmen, dafür Unsicherheiten schaffen und zudem die Gesamtwohnkosten steigern: Alle paar Jahre fallen dadurch Kosten für u.a. Umzug, Kaution, MaklerIn und Ummeldung an.
„Durch die Steuerreform der Bundesregierung wird Mieten und Wohnen für die Durchschnittsösterreicherinnen und -österreicher nicht spürbar billiger“, stellt Janisch fest. Sie kritisiert, dass über die Höhe des Klimabonus die Postleitzahl entscheide und der erhöhte Familienbonus Familien, die ihn tatsächlich bräuchten, nicht helfen werde. Zudem hätten die Frauen bei der Reform einmal mehr das Nachsehen: „Unbezahlte, zumeist von Frauen übernommene Care-Arbeit, wie Kinderbetreuung und Pflege von Familienangehörigen, fallen aus der Berechnung der Entlastung heraus. Und für genau das, wie der Ausbau von Kindergärten, Horten und Pflegeeinrichtungen, was Frauen entlasten würde, gibt es keine zusätzlichen Budgetmittel“, prangert die vida-Bundesfrauenvorsitzende an.
Die Regierung habe es bei der Steuerreform zudem wieder verpasst, über eine Vermögenssteuer auch von den Reichen einen Beitrag für Klimaschutz und Armutsbekämpfung einzuheben. Dabei brauche es in Österreich dringend Budgetmittel gegen Armut durch zu hohe Energiekosten. „Schließlich müssen gegen die drohende Verarmung von Teilen der Bevölkerung Sozialbudgets, Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Mindestsicherung genauso wie Miet- und Heizkostenschüsse erhöht werden, um einkommensschwächere Personen und Familien von den explodierenden Miet- und Wohnkosten zu entlasten“, bekräftigt Janisch.
Gewerkschaft vida/Öffentlichkeitsarbeit
Hansjörg Miethling
Tel.: 0664 6145 733
E-Mail: hansjoerg.miethling@vida.at
www.vida.at
Mietervereinigung Österreichs (MVÖ) / Öffentlichkeitsarbeit
Martin Ucik
Tel.: 050195-3406
E-Mail: m.ucik@mietervereinigung.at
www.mietervereinigung.at
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