Nationalrat: Hochschullehrgang für Elementarpädagogik einstimmig beschlossen

Nationalrat: Hochschullehrgang für Elementarpädagogik einstimmig beschlossen

Hintergründe von Schulabmeldungen sollen erforscht werden

Wien (PK) – Mehrere Vorlagen des Unterrichtsausschusses passierten heute den Nationalrat. So wurde eine Novelle zum Gesetz über fachliche Anstellungserfordernisse für ElementarpägagogInnen einstimmig beschlossenen. Damit möchte die Bundesregierung dem anhaltenden Personalmangel in österreichischen Kindergärten entgegentreten. Ebenfalls Einstimmigkeit gab es für den Antrag aller Fraktionen, der den Bildungsminister ersucht, die Ursachen für die hohe Zahl an Schulabmeldungen zu analysieren. Mehrheitlich unterstützten die Abgeordneten einen gemeinsamen Antrag von ÖVP, Grünen und NEOS, der sich für Schritte gegen Gender-Stereotype im Schulunterricht ausspricht. Keine Zustimmung fanden mehrere Anträge der Opposition.

Nationalrat beschließt Novelle über fachliche Anstellungserfordernisse für ElementarpägagogInnen

Einigkeit über alle Fraktionen im Nationalrat erzielte eine Novelle zum Gesetz über fachliche Anstellungserfordernisse für ElementarpägagogInnen. So soll als Reaktion auf den anhaltenden Personalmangel in österreichischen Kindergärten ein neuer Abschluss an der Pädagogischen Hochschule die bisherigen Ausbildungen für ElementarpädagogInnen bzw. für Inklusive ElementarpädagogInnen ergänzen. Laut Regierung ermöglicht dieser Hochschulabschluss einen Quereinstieg in die Elementarpädgogik für „facheinschlägig vorgebildete Personen“. Generell wird mit dem Novellenvorschlag der Begriff Elementarpädagogik für die entsprechende Berufsgruppe einheitlich festgelegt. Man trage damit der Weiterentwicklung der früher für „Kindergartenpädagogik“ ausgewiesenen Bildungsanstalten Rechnung, heißt es in den Erklärungen zur Regierungsvorlage. Bis 1. September 2022 sollten die Bundesländer als zuständige Gebietskörperschaften die Neuregelungen umsetzen.

Im Nationalrat unterstrich die ÖVP-Mandatarin Agnes Totter die Bedeutung von Kindergärten als erste Bildungsinstitution, in der wichtige Grundsteine für ein gelingendes Leben gelegt würden. Es fehle jedoch an wertvollem Personal, weshalb der Vorstoß die Ausbildungsmöglichkeiten zu erweitern ein wichtiger Schritt sei, der dem Zeitgeist entspreche. Dies dürfe jedoch nicht die einzige Maßnahme zur Attraktivierung dieses Berufsfeldes bleiben, zeigte sich Petra Vorderwinkler (SPÖ) überzeugt. Auch die Arbeitsbedingungen und Gehälter müssten verbessert und der Praxisanteil in der Ausbildung ausgebaut werden.

Der Freiheitliche Mandatar Hermann Brückl folgte dieser Argumentationslinie und wies auf die „unbefriedigende Personalsituation“, die das gesamte Schulsystem betreffe, hin. Diese werde sich allein durch diese Initiative nicht auflösen. Neben besseren Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten bedürfe es einer bundesweit einheitlichen Regelung und einer Attraktivierung des Berufsfeldes auch für Männer. Ergänzend regte er eine Förderung privater Initiativen wie Betriebskindergärten an, die sich vor allem für Mütter massiv positiv auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie auswirkten.

Ebenfalls für bundeseinheitliche Regelungen, eine höhere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen für ElementarpädagogInnen setzte sich Sibylle Hamann von den Grünen ein und merkte an, dass viele Menschen, die die Ausbildung absolvieren, nicht im Berufsfeld bleiben würden. Die Akademisierung der Ausbildung und die Umbenennung der Berufsbezeichnung von „KindergärtnerInnen“ auf „ElementarpädagogInnen“ bedeute jedoch eine dringend notwendige Aufwertung bzw. einen Bewusstseinswandel, der dieser Tendenz entgegenwirken könne. NEOS-Abgeordnete Martina Künsberg Sarre betonte, dass ihre Fraktion der Regierungsvorlage „mit einigem Bauchweh“ zustimme, denn sie gestalte sich generell als zu unambitioniert. So seien die Berufsgruppen, welche für den Quereinstieg in die Elementarpädagogik angedacht sind, zu eng gefasst.

Bildungsminister Heinz Faßmann betonte den gemeinsamen Wunsch von Regierung und Opposition nach einem quantitativen Ausbau und einer qualitativen Anhebung der elementarpädagogischen Einrichtungen. Er legte im Plenum deren besondere Bedeutung auch für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie dar, welche im Lichte des demografischen Wandels nochmals neu akzentuiert werde. Eine Steigerung der Frauenerwerbsquote werde in Zukunft schlichte Notwendigkeit sein. Auch er verwies auf die Problematik, dass die 3.000 jährlichen AbsolventInnen von elementarpädagogischen Ausbildungen grundsätzlich für die Reproduktion des Personals in diesem Bereich ausreichen würden, aber zu viele in andere Berufsfelder wechseln würden. Um die Attraktivität der Arbeitsbedingungen so zu erhöhen, dass ein größerer Anteil von diesen dem Bildungssystem erhalten bleibt, benötige es ein effektives Zusammenspiel von Bund, Ländern und Gemeinden.

Schulabmeldungen: Ursachenforschung einstimmig beschlossen

Im Schuljahr 2021/22 habe sich die Zahl an Schulabmeldungen mit 7.515 Kindern (bis zur neunten Schulstufe) im Vergleich zu den Vorjahren verdreifacht. Da bei der Abmeldung keine näheren Gründe für häuslichen Unterricht angegeben werden müssten, fordern alle fünf Parlamentsparteien in einem Antrag, die Motivationen und Hintergründe für die Abmeldungen zu erheben und analysieren. Der Antrag wurde einstimmig angenommen.

Man solle die Gründe für die Schulabmeldungen nicht schon jetzt analysieren und vorweg nehmen, sondern auf die Ergebnisse der Erhebung warten, appellierte Bildungsminister Heinz Faßmann. Es gebe etwa durchaus auch Eltern, denen die Corona-Maßnahmen in den Schulen nicht weit genug gehen würden und deswegen ihre Kinder zuhause unterrichten, meinte er in Richtung der FPÖ.

Der Staat gebe den BürgerInnen mit dem häuslichen Unterricht eine Freiheit, erklärte Rudolf Taschner (ÖVP). Der Unterricht könne zwar durchaus gelingen, oft sei das aber nicht der Fall. Man müsse daher Eltern auf die Risiken hinweisen, zeigte sich der ÖVP-Bildungssprecher überzeugt. Das Distance Learning habe gezeigt, dass die Schule nicht nur als Ort des Lernens sondern auch als sozialer Lebensraum wichtig sei, waren sich die ÖVP-Abgeordneten Gertraud Salzmann und Romana Deckenbacher einig.

Dem pflichtete Sibylle Hamann vom Koalitionspartner Grüne bei. Es sei ihr um jedes aus der Schule abgemeldete Kind leid. Diese müssten auf ein soziales Umfeld, auf weltanschauliche Vielfalt und ein Stück Unabhängigkeit von der eigenen Familie verzichten. Die Analyse der Abmeldungen sei wichtig, um zu wissen, wie man diese Familien erreichen könne. Generell müsse man mit diesen den Kontakt und das Gespräch suchen, war Hamann überzeugt. Das Gespräch zu suchen, sei sehr wichtig und erfolgsversprechend meinte auch Martina Künsberg Sarre (NEOS) und verwies auf die Stadt Wien, wo mit sämtlichen Familien abgemeldeter Kinder Gespräche geführt worden seien und viele von ihnen wieder die Schule besuchen würden.

Besonders die hohe Anzahl an abgemeldeten Volksschulkindern würde ihr Sorgen bereiten, betonte Nurten Yilmaz (SPÖ). Die gute Nachricht sei aber, dass laut Medienberichten rund 500 bisher abgemeldete Kinder wieder in ihre Schulen zurückgekehrt seien. Aus seiner Erfahrung steige die Zahl der Kinder im häuslichen Unterricht immer, wenn es im Schulsystem nicht zu 100% klappe, erklärte Klaus Köchl (SPÖ) und plädierte für Ganztagesschulen, damit alle Kinder die gleichen Möglichkeiten erhalten. Gut ausgebildete Kinder seien der Garant für weniger Arbeitslosigkeit und den Erhalt des Pensionssystems.

Der Grund für Schulabmeldungen liege in der Verunsicherung der Bevölkerung durch die Regierung während der Corona-Pandemie, waren sich die FPÖ-Abgeordneten Hermann Brückl und Gerald Hauser einig. SchülerInnen dürften im häuslichen Unterricht nicht diskriminiert werden, forderten sie in einem Entschließungsantrag. Außerdem sollen SchülerInnen Lehrmaterialien im häuslichem Unterricht im selben Ausmaß wie im Präsenzunterricht erhalten, forderte die FPÖ in einem weiteren Antrag. Zudem sollten sämtliche „Corona-Zwangsmaßnahmen“ im Bildungsbereich spätestens am „Tag der Freiheit“, dem 26. Oktober, beendet werden, appellierte Brückl mittels eines Antrags im Zuge der Debatte. Die drei FPÖ-Anträge fanden keine Mehrheit und wurden abgelehnt. Eine Aufstockung von Unterstützungspersonals an Schulen sei angesichts der Corona-Krise jetzt dringender denn je, forderten die NEOS in einem Entschließungsantrag, der ebenfalls keine Mehrheit fand. Belastungen wie Depressionen, Ängste und Zwangsstörungen seien bei Kindern und Jugendlichen stark angestiegen.

Nationalrat stimmt für Bekämpfung von Gender-Stereotypen im Schulunterricht

Eine Mehrheit ohne die Stimmen der Freiheitlichen fand eine von Regierungsfraktionen und NEOS eingebrachte Initiative zur Überwindung genderspezifischer Rollenbilder in Lehrmaterialien sowie in den Curricula angehender LehrerInnen. Die AntragstellerInnen erwarten sich dadurch ein gesteigertes Interesse bei Burschen und Mädchen für geschlechtsatypische Berufsfelder. Dementsprechend sei auf Gendersensibilisierung in den Ressourcen-, Ziel- und Leistungsplänen der Pädagogischen Hochschulen und der Universitäten zu achten. Diskutiert wurde auch ein im Ausschuss miterledigter Entschließungsantrag der NEOS, der den Bundesminister auffordert, eine Evaluation der Schulbücher, Lehr- und Lernmaterialien in Kindergärten und Schulen hinsichtlich stereotyper Geschlechterrollen durchzuführen.

ÖVP-Mandatarin Maria Theresia Niss diagnostizierte, dass veraltete Rollenbilder auf einer unbewussten Ebene wirken und somit schwer auszuräumen wären. In Österreich wären diese Stereotype noch besonders stark ausgeprägt, weshalb die Initiative auch eine derartige Relevanz habe. Es gehe darum ein zutiefst unfaires Gesellschaftsbild zu bekämpfen, so Niss. Nurten Yilmaz (SPÖ) schlug in die gleiche Kerbe und ergänzte, dass Sprache Bewusstsein schaffe. Sexismus finde man meist zwischen den Zeilen, wenn beispielsweise von klassischen Frauen- bzw. Männerberufen gesprochen werde. Mittels Schulbüchern könne diesen alten Mustern entgegengewirkt werden, da diese prägen würden, was die SchülerInnen schließlich als normal empfinden.

Sibylle Hamann (Grüne) unterstrich, dass die Zusammenarbeit bei diesem Antrag über die Fraktionen hinweg zeige, was für ein konstruktives Klima im Bildungsbereich herrsche. Gender-Stereotype seien überall und aus vielen Gründen schädlich. Vor allem weil sie Kinder daran hindern würden, ihr individuelles Potential voll auszuschöpfen, und somit auf individueller Ebene Menschen unglücklich machen und gesamtgesellschaftlich gesehen Ressourcen verschwenden, so Hamann. (Fortsetzung Nationalrat) pst/wit

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