Vorstoß für Familienstimmrecht

Vorstoß für Familienstimmrecht

Bei der Denkwerkstatt St. Lambrecht dreht sich drei Tage lang alles um Nachhaltigkeit über Generationen hinweg.

Wien/St. Lambrecht (OTS) – „Wir belasten die erwerbstätige Bevölkerung immer mehr.“ Von diesem Befund leitete der Vizepräsident der Gesellschaft für Zukunftssicherung und Altersvorsorge, Walter Tancsits, die Forderung nach einer Systemänderung im Wahlrecht ab. Eltern sollten für ihre Kinder eine zusätzliche Stimme erhalten. Ins gleiche Horn stieß der Ex-Direktor des Instituts für Ehe und Familie, Günter Danhel. Für ihn sei das Familienstimmrecht prioritär.

Mit diesen provokanten Denkanstößen wurde am Mittwochabend die Denkwerkstatt St. Lambrecht eröffnet, bei der bis Freitag Sozial- und Wirtschaftsexperten im steirischen Benediktinerstift diskutieren. Bei der Tagung geht es heuer um das Thema Humankapital & Nachhaltigkeit in unterschiedlichen Facetten wie Pflege, Familie und Arbeiten.

Die Vorstöße für ein Stimmrecht der Eltern für ihre Kinder sind eine Antwort darauf, dass politische Entscheidungen zunehmend unter dem Druck der wachsenden Zahl an älteren Menschen und Pensionisten stehen. Zuletzt hat die türkis-grüne Bundesregierung eine sozial gestaffelte Pensionserhöhung mit einer deutlich stärkeren Anhebung für Pensionen bis 1000 Euro brutto im Monat vereinbart. Tancsits ging bei dem Auftakt der Denkwerkstatt St. Lambrecht unter der Moderation des Sozialrechtlers der Universität Wien, Wolfgang Mazal, der wissenschaftlicher Leiter der Denkwerkstatt St. Lambrecht ist, sogar noch ein Stück weiter. Tancsits meinte, man solle auch über eine Stimmgewichtung zugunsten der erwerbstätigen Bevölkerung diskutieren.

Was die Nachhaltigkeit betrifft, geht es bei der Tagung um ein breites Spektrum von der Pflege bis zu gesünderen Arbeitsplätzen und von den Familien bis zum Wohnen. Walter Pöltner, der erst vor kurzem mit Ende des Jahres seinen Rückzug als Vorsitzender der Alterssicherungskommission der Bundesregierung in der „Wiener Zeitung“ angekündigt hat, betonte unter Hinweis auf Untersuchungen, dass in Betrieben vor allem ein Mix von jüngeren und älteren Mitarbeitern wichtig sei, damit Beschäftigte länger arbeiten. Daher solle das in einem „Generationenvertrag im Betrieb“ festgeschrieben werden. Wenn sich das in einem Unternehmen positiv auswirke, solle das belohnt werden. Generell empfahl der Ex-Sektionschef und Kurzzeit-Sozialminister der Expertenregierung: „Das Prinzip soll sein Beratung und Belohnung statt Bestrafung.“

Neben Rehabilation für Jüngere und Erwerbstätige, damit diese länger im Erwerbsleben bleiben, trat Pöltner auch verstärkt für Rehabilitation bei älteren Menschen ein. „um vorzeitig Pflegefälle zu verhindern“, ergänzte er zur Erläuterung. Zugleich dämpfte er die Freude über das im Durchschnitt auf knapp über 60 Jahre gestiegene tatsächliche Pensionsantrittsalter bei unselbständig Erwerbstätigen. Das sei insofern „Fake“, weil ehemals vorzeitige Pensionierungen wegen Invalidität sei 2014 nun ein Rehabilitationsgeld erhielten – damit werden sie nicht mehr eingerechnet.

Familienexperte Danhel forderte besonders mehr Freiheit für die Familien, speziell auch bei der Kinderbetreuung. Konkret sprach er von einer „Lebensorganisationsdiktatur“ in Anspielung darauf, dass die Politik darauf abziele, Kinder möglichst früh in Betreuung zu geben. Dieses Modell werde bevorzugt.

Tancsits, Obmann der Heim Wohnbaugenossenschaft, führte auch die steigenden Ausgaben für das Wohnen als Problem fehlender Nachhaltigkeit an. Denn wenn ein Drittel des Lebenseinkommens für Wohnen aufgewendet werde müsse, bleibe für Anderes weniger Geld. Die „Schere“ gehe auseinander: die Leistbarkeit von Wohnraum sinke; die Nachfrage nach Wohnraum steige durch Homeoffice und Abwanderung ins Grüne: auch durch Spekulation stiegen die Immobilienpreise.

Bernhard Wisleitner, Coach für Wirtschaft und Arbeit, ortet bei der Pflege nicht nur die Herausforderung durch notwendiges Geld zur Finanzierung. Es gehe vor allem auch um Verbesserungen der Rahmenbedingungen für Betroffene. „Es geht um die Verteilung der Belastung“, betonte er. Für Pflegekräfte müsse es eine Unterstützung bei der täglichen Arbeit geben, Angehörige müssten mehr begleitet werden. „Ja, wir brauchen mehr Geld für die Pflege, aber es ist nur ein Teilaspekt“, sagte Wisleitner.

Rückfragen & Kontakt:
Prof. Dr. Johannes M. Martinek
Mobil: 0043 664 3145509
j.martinek@denkwerkstatt-stlambrecht.org

Gesellschaft für Zukunftssicherung und Altersvorsorge – Denkwerkstatt St. Lambrecht,
Wiedner Hauptstraße 57, 1040 Wien
www.denkwerkstatt-stlambrecht.org

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