Lohn- und Sozialdumping: Sozialausschuss beschließt Novelle

Lohn- und Sozialdumping: Sozialausschuss beschließt Novelle

Opposition kritisiert Abschaffung des Kumulationsprinzips, Regierungsfraktionen erachten Änderung als notwendig

Wien (PK) – Das Kumulationsprinzip bei Verwaltungsstrafen wegen Lohn-und Sozialdumpings wird abgeschafft. Der Sozialausschuss hat heute einer entsprechenden Regierungsvorlage mehrheitlich zugestimmt. Heftige Kritik kam von der Opposition. SPÖ und FPÖ bemängelten, dass die Strafen geringer werden, den NEOS fehlen höhere Strafen für Wiederholungstäter. Arbeitsminister Kocher hingegen zeigte sich überzeugt, dass die Abschreckung vor Lohn- und Sozialdumping durch die Änderung nicht kleiner wird. Denn anders als zuvor könnten die nun festgelegten Strafen auch umgesetzt werden.

Ebenso auf den Weg gebracht hat der Ausschuss die Bau-ID-Karte, die Lohndumping und illegale Beschäftigung am Bau verhindern soll.

Lohn- und Sozialdumping: Kumulationsprinzip bei Verwaltungsstrafen wird abgeschafft

Mit den Stimmen von ÖVP und Grünen wurde im Ausschuss eine von der Regierung vorgelegte Novelle zum Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (943 d.B.) beschlossen. Eckpfeiler ist die Abschaffung des Kumulationsprinzips bei Verwaltungsstrafen für Unternehmen, die gegen die Bestimmungen des Gesetzes verstoßen. Konkret sollen die Strafen künftig unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien gestaffelt werden. Demnach sollen Geldbußen von bis zu 250.000 € für Unterentlohnung drohen, wenn die Summe des vorenthaltenen Entgelts über 100.000 € liegt. Ist die Unterentlohnung bewusst erfolgt und wurde den Beschäftigten durchschnittlich mehr als 40% des Entgelts vorenthalten, steigt die Strafdrohung auf 400.000 €. Bei geringerer Schadenshöhe bzw. voller Kooperation des Arbeitgebers sollen die Maximalstrafen demgegenüber sinken.

Wer Lohnunterlagen nicht bereithält oder übermittelt bzw. Lohnkontrollen vereitelt, muss laut Entwurf mit Strafen bis zu 20.000 € bzw. 40.000 € rechnen. Davon sind grundsätzlich auch ArbeitnehmerInnen betroffen. Auch Verstöße gegen Meldepflichten in Zusammenhang mit der Entsendung ausländischer Arbeitskräfte nach Österreich sollen demnach mit bis zu 20.000 € geahndet werden können.

Ausdrücklich klargestellt wird, dass bei Entsendungen ausländischer Beschäftigter nach Österreich nach 12 bzw. 18 Monaten grundsätzlich österreichisches Arbeitsrecht und heimische Kollektivverträge anzuwenden sind. Bei kürzeren Entsendungen ist in Zukunft außerdem nicht nur – wie schon bisher – der heimische Mindestlohn (inklusive Sonderzahlungen) zu zahlen. Den betroffenen Beschäftigten steht vielmehr auch der übliche Aufwandsersatz für Reise-, Unterbringungs-und Verpflegungskosten bei Reisebewegungen innerhalb Österreichs zu.

Was das sogenannte Montageprivileg betrifft, kommt es hingegen zu Lockerungen: Demnach sollen Montagearbeiten für im Ausland hergestellte Betriebsanlagen, zugehörige Arbeiten zur Inbetriebnahme samt Schulungen sowie etwaig notwendige Reparatur- und Servicearbeiten durch nach Österreich entsendete ausländische ArbeitnehmerInnen künftig jeweils – und nicht insgesamt – drei Monate von der Pflicht zur Lohngleichstellung ausgenommen sein.

Die Regierung will mit der Änderung einem Urteil des EuGH aus dem Jahr 2019 Rechnung tragen. Dieser hatte die österreichischen Strafdrohungen zum Teil als unverhältnismäßig und unionsrechtswidrig gewertet.

Opposition kritisiert Gesetzesänderung scharf

Massive Kritik an der vorliegenden Novelle kam von der SPÖ. Die Änderungen, die jetzt vorliegen, seien nicht das, was sie sich vorgestellt haben, sagte Sozialsprecher Josef Muchitsch und wies etwa auf eine deutliche Senkung der Höchststrafen und fehlende Mindeststrafen hin. Zudem hält er den maximalen Strafrahmen für die Vereitelung von Kontrollen in der Höhe von 40.000 € im Verhältnis zur Maximalstrafe von 400.000 € für Unterentlohnung für viel zu gering. „Das ist ein super Geschäft für organisierte Betrüger“, meinte er, Lohn- und Sozialdumping werde künftig verbilligt. Auch die Ausweitung des „Montageprivilegs“ sieht Muchitsch kritisch. Die SPÖ hofft in diesem Sinn, bis zur Beschlussfassung im Plenum noch Änderungen zu erreichen.

Sowohl Markus Koza (Grüne) als auch Laurenz Pöttinger (ÖVP) verteidigten allerdings den vorliegenden Entwurf. Auch er halte das Kumulationsprinzip theoretisch für ein intelligentes, sagte Koza, hohe Strafdrohungen würden aber nichts nutzen, wenn sie nicht zur Anwendung kommen. Und das alte System habe bei weitem nicht so gewirkt wie erhofft. So seien die verhängten Strafen bei durchschnittlich 7.900 € pro Fall gelegen, obwohl im Schnitt 103 ArbeitnehmerInnen betroffen waren, wie die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage zeige. Bei der ersten richtigen Anwendung des Kumulationsprinzips sei dann der EuGH eingeschritten.

Koza machte zudem geltend, dass eine Strafdrohung von 40.000 € für die Vereitelung von Kontrollen das Siebenfache sei, was bisher in der Praxis verhängt wurde. Er sagte aber Nachbesserungen zu, sollte sich das als notwendig erweisen.

ÖVP-Abgeordneter Pöttinger betonte, dass man die Höhe der Strafen nicht unterschätzen dürfe. „Das sind erhebliche Summen“, bekräftigte er, zumal immer wieder Fehler bei der Lohnverrechnung passieren könnten. Zudem sei es notwendig, auf die EuGH-Entscheidung zu reagieren. Insgesamt sieht er ein praxistaugliches Modell.

Seitens der FPÖ äußerte Dagmar Belakowitsch die Vermutung, dass es sich beim vorliegenden Entwurf um ein „Lex Hygiene Austria“ handle. Es sei aber nicht klug, diesem Unternehmen „die Mauer zu machen“, warnte sie den Arbeitsminister. Schließlich könnten „wieder Untersuchungsausschüsse kommen“. Belakowitsch warf Koza außerdem vor, die Gesetzesnovelle „schönzureden“. Sie selbst zeigte sich „fassungslos“ darüber, dass das alte Gesetz, das ihrer Meinung nach ohnehin schon zahnlos war, nun weiter abgeschwächt werde. Schließlich gehe es nicht nur um den Schutz von seriösen Unternehmen, sondern auch um die Verhinderung der Ausbeutung von Arbeitskräften.

Peter Wurm (FPÖ) kritisierte das Gesetz aus Arbeitgebersicht als unfair, denn es benachteilige im Wettbewerb jene, die ordentlich arbeiten. Dem hielt Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) entgegen, dass die Wirtschaft gefordert hatte, dass man weg von den Pauschalierungen komme. Das Ziel sei, jene Unternehmen zu treffen, die nicht gerecht entlohnen.

Fiona Fiedler (NEOS) kritisierte unter anderem, dass Wiederholungstäter nicht höher bestraft würden. Zudem forderte sie die Einführung einer europäischen Sozialversicherungsnummer, um Kontrollen zu erleichtern.

Arbeitsminister Martin Kocher betonte, dass die Novelle aufgrund des EuGH-Urteils und EU-Richtlinien notwendig sei. Das Kumulationsprinzip sei aufgrund dieses Urteils nicht mehr möglich. Kocher zeigte sich überzeugt, dass die Abschreckung durch dieses Gesetz nicht kleiner werde, sondern eher größer, weil nun die Strafen auch umgesetzt werden können.

Bau-ID-Karte soll Lohndumping und illegale Beschäftigung am Bau verhindern

Um eine verbesserte Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping sowie von illegaler Beschäftigung geht es auch in einer mit breiter Mehrheit beschlossenen Novelle zum Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (1773/A). ÖVP, SPÖ und Grüne hatten gemeinsam die Einrichtung eines IT-Systems zur Ausstellung spezieller Identitätskarten für am Bau beschäftigte Personen beantragt. Demnach wird die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) ermächtigt, ein derartiges System zu betreiben, wobei die Abwicklung über eine eigene GmbH (Bau-ID GmbH) erfolgen soll. Zielgruppe des Vorhabens sind alle Unternehmen und Beschäftigten, die auf Baustellen arbeiten, die Teilnahme am System wird allerdings sowohl für ArbeitgeberInnen als auch für ArbeitnehmerInnen freiwillig sein.

Mit der ID-Karte sollen ArbeitnehmerInnen dann zum Beispiel ihre bei der BUAK erworbenen Ansprüche einsehen können, zudem müssen sie Qualifizierungsnachweise wie etwa einen Kranführerschein nicht mehr in Papierform mitführen. Ist auch der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin mit im Boot, wird der bzw. die jeweilige Baustellenverantwortliche außerdem täglich vor Ort überprüfen können, ob die Beschäftigten ordnungsgemäß bei der Sozialversicherung und bei der BUAK angemeldet sind.

Josef Muchitsch (SPÖ) berichtete von mehr als drei Jahre andauernden Verhandlungen mit den Bausozialpartnern und zeigte sich erfreut, dass diese Vorlage nun mehr Transparenz am Bau ermögliche. Er gestand ein, dass es noch ein langer Weg bis zur Umsetzung sei, das IT-Projekt müsse erst gestartet werden. Er hoffe jedoch, dass es in den nächsten 24 Monaten die ersten Bau-ID-Karten geben werde.

Laurenz Pöttinger (ÖVP) bezeichnete es als wichtig, dass die Karte freiwillig und unentgeltlich sei. Peter Wurm (FPÖ) zeigte sich erfreut, dass dieses Projekt nun österreichweit umgesetzt werde. In Tirol gebe es eine ähnliche Initiative bereits seit vielen Jahren. Fiona Fiedler (NEOS) hingegen zeigte sich kritisch. Sie bezeichnete insbesondere die geplante Umsetzung durch die Bau-ID GmbH als fragwürdig, da es sich um eine zusätzliche, von anderen Institutionen losgelöste Einrichtung handle. (Fortsetzung Sozialausschuss) kar/gs

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