Bain-Studie zur Kundenloyalität im Retail-Banking in Deutschland

Bain-Studie zur Kundenloyalität im Retail-Banking in Deutschland

Corona-Krise verschärft Handlungsdruck

München (ots) – * Der Großteil der Deutschen nutzt digitale Kanäle inzwischen auch
für Beratung und Service

* Hausbanken sind durch stille Abwanderung ihrer Klientel bedroht, mehr als die Hälfte kauft auch beim Wettbewerb

* Nachhaltigkeit bietet viele Chancen, den ESG-Bestrebungen ihrer Bank stehen zahlreiche Kunden hierzulande jedoch kritisch gegenüber

* Retail-Banken müssen ihren digitalen Vertrieb ausbauen, hybride Beratungs- und Betreuungsmodelle etablieren und ihre ESG-Kompetenz
erweitern

Bei Transaktionen ist das Retail-Banking schon seit Jahren ein digitales Geschäft. Temporäre Lockdowns und anhaltende Kontaktbeschränkungen beschleunigen den Wandel. Tatsächlich setzt die Mehrzahl der Bankkundinnen und -kunden in Deutschland inzwischen auch bei Beratung, Abschluss und Service auf digitale Interaktionen. Dies hat die internationale Unternehmensberatung Bain & Company in ihrer jüngsten Studie zur Kundenloyalität im Retail-Banking in Deutschland ermittelt. Befragt wurden dafür hierzulande rund 7.600 Kunden und Kundinnen größerer Privat- und Direktbanken, Sparkassen sowie genossenschaftlicher Institute.

Strukturen entschlossen anpassen

„Der digitale Vertrieb wird zum Dreh- und Angelpunkt für den Erfolg im Retail-Banking“, stellt Bain-Partner und Branchenexperte Dr. Nikola Glusac fest. „Hybride Beratungs- und Betreuungsmodelle gewinnen immer mehr an Bedeutung.“ Die Kundschaft selbst entscheide, wann, wie und wo sie mit ihrer Bank interagieren wolle. Für die Kreditinstitute gelte es nun, ihre Strukturen beherzt anzupassen. „Nach jahrelanger digitaler Aufbauarbeit haben Banken durch das veränderte Kundenverhalten jetzt die Chance, ihre Effizienz nachhaltig zu steigern“, so Glusac.

Gleichzeitig müssen die digitalen Angebote der Banken den Kundenerwartungen nicht nur jetzt in der Pandemie entsprechen, sondern auch nach der Corona-Krise. Noch besteht hier vielerorts Verbesserungsbedarf. Die mit dem Net Promoter ScoreSM (NPS®) messbare Kundenloyalität stagnierte im Krisenjahr 2020 – und das branchenweit und je Institut. Bain-Partner und Bankenkenner Dr. Markus Bergmann warnt: „Wenn die Loyalität zur Hausbank sinkt, wird die Kundschaft offener für alternative Angebote und ist eher bereit, die Bank zu wechseln.“

Ausflüge zur Konkurrenz stoppen

Bislang machten Kundinnen und Kunden selbst in Zeiten von Plattformökonomie und wachsender digitaler Durchdringung nur gelegentliche Ausflüge zur Konkurrenz. Im vergangenen Jahr kauften allerdings 59 Prozent der im Rahmen der Studie Befragten auch beim Wettbewerb – lediglich in Großbritannien lag der Prozentsatz noch höher (Abbildung). Als Gründe werden vor allem ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis oder Produkt, mehr Service oder auch eine komfortablere App des Konkurrenzinstituts genannt. Dabei wurden besonders oft margenträchtige Produkte wie Kredite und Geldanlagen fremdgekauft, was für die Hausbanken besonders schmerzlich ist. „Diese Abwanderung verschärft den Handlungsdruck und gefährdet zunehmend das Geschäftsmodell im traditionellen Retail-Banking“, betont Bain-Partner Glusac.

Allerdings sind die Studienteilnehmer keineswegs abgeneigt, ihrer Hausbank eine neue Chance zu geben. Drei von vier Befragten, die auf ein direktes Angebot des Wettbewerbs eingegangen sind, geben an, dass sie das Produkt im Falle einer gleichwertigen Offerte auch bei ihrer Bank gekauft hätten. „Voraussetzung dafür ist jedoch eine wettbewerbsfähige Kostenstruktur“, erklärt Branchenexperte Bergmann. „Die Hausbanken können die Abwanderung stoppen, wenn ihre Produkte ökonomisch attraktiv sind und sie ihre Klientel zudem zum richtigen Zeitpunkt ansprechen.“

Mit mobilem Auftritt überzeugen

Innerhalb der digitalen Kanäle wird dem Mobile-Banking ein immer höherer Stellenwert beigemessen. Seit 2016 steigt die Zahl der mobilen Interaktionen über Smartphone oder Tablet in Deutschland um knapp 8 Prozent pro Jahr, während sie im Online-Banking in einer ähnlichen Größenordnung sinkt. „Wenn Hausbanken ihre Kundinnen und Kunden binden und neue gewinnen wollen, führt an der kontinuierlichen Optimierung ihrer Apps und der dahinterliegenden Prozesse kein Weg vorbei“, so Bergmann. „Je überzeugender der mobile Auftritt einer Bank ist, desto weniger befasst sich die Kundschaft mit Alternativen. Und ihre Bereitschaft, schnell und einfach ein weiteres Produkt zu erwerben, wächst ebenfalls.“

Chancen konsequent nutzen

Auch am Thema Nachhaltigkeit führt kein Weg mehr vorbei. So würden 42 Prozent der Studienteilnehmer mit höherer Wahrscheinlichkeit ein Produkt bei ihrem Kreditinstitut kaufen, wenn dieses ESG-konform (Environmental, Social, Governance) agiere. Allerdings wird die Nachhaltigkeitsleistung der Banken in Deutschland kritischer bewertet als in anderen europäischen Ländern. „Nur mit einer ganzheitlichen Ausrichtung auf Nachhaltigkeit können Banken ihre Kundschaft überzeugen und so davon profitieren, dass die Nachfrage nach nachhaltigen Kapitalanlagen und Finanzierungen steigt“, ist Bain-Partner Glusac überzeugt.

Ähnlich wie die Digitalisierung wird Nachhaltigkeit das Retail-Geschäft über das Jahr 2021 hinaus prägen und der gebeutelten Branche viele Möglichkeiten eröffnen. „Voraussetzung ist jedoch“, so Glusac, „dass die Banken ihre Chancen jetzt konsequent nutzen, entschlossen handeln und – allen voran – ihren digitalen Vertrieb optimieren.“

Die Abbildung zum Thema finden sie hier:
https://www.bain.com/de/insights/retail-banken-bangen-um-die-loyalita
et-ihrer-kunden/

Über die Studie

Bain & Company ermittelt weltweit einmal jährlich die Loyalität privater Bankkundinnen und -kunden, ihre Produktnutzung und die hierfür verwendeten Kanäle. Die Befragung erstreckt sich auf alle wichtigen Institutsgruppen. Privat- und Direktbanken zählen in Deutschland ebenso dazu wie Genossenschaften und Sparkassen. Aussagen zu Einzelinstituten werden nur getroffen, wenn mehr als 200 Antworten vorliegen. Für die aktuelle Studie wurden rund 56.000 Personen in 11 Ländern befragt, darunter rund 7.600 in Deutschland. Auf Anfrage lassen sich Auswertungen für einzelne Länder und Institutsgruppen erstellen.

Über den Net Promoter ScoreSM (NPS®)

Bain misst die Kundenzufriedenheit seit mehr als zehn Jahren branchen- und länderübergreifend mit dem Net Promoter ScoreSM (NPS®). Diese Kennzahl ergibt sich aus den Antworten auf eine einzige Frage:
„Auf einer Skala von 0 bis 10, wie wahrscheinlich ist es, dass Sie diese Bank einem Freund oder Kollegen weiterempfehlen?“ Die Antworten werden drei Kategorien zugeordnet. Dabei hat sich gezeigt, dass nur Werte von 9 und 10 für wirklich loyale Kunden stehen („Promotoren“), 7 und 8 passiv Zufriedene sind und Bewertungen von 6 an abwärts als Kritiker eingestuft werden müssen. Wird der Anteil der Kritiker von dem der Promotoren subtrahiert, ergibt sich der NPS.

Bain & Company

Bain & Company ist eine international führende Unternehmensberatung, die Entscheiderinnen und Entscheider weltweit bei der Zukunftsgestaltung unterstützt. Mit unseren 60 Büros in 37 Ländern sind wir in unmittelbarer Nähe unserer Kunden. Wir arbeiten gemeinsam mit ihnen daran, den Wettbewerb zu übertreffen und neue Standards in den jeweiligen Branchen zu setzen. Partner aus unserem Ökosystem digitaler Innovatoren ergänzen unsere Expertise und sorgen mit dafür, dass wir für unsere Kunden bessere, schnellere und nachhaltigere Ergebnisse erzielen. In den kommenden zehn Jahren werden wir weltweit mehr als eine Milliarde US-Dollar in Pro-Bono-Projekte investieren. Wir unterstützen Organisationen, die sich den aktuellen Herausforderungen in den Bereichen Bildung, Umwelt sowie wirtschaftliche Entwicklung stellen und sich für Gleichberechtigung in jeder Hinsicht engagieren. Seit unserer Gründung 1973 messen wir unseren Erfolg am Erfolg unserer Kunden und sind stolz darauf, dass wir die höchste Weiterempfehlungsrate in der Beratungsbranche haben.

Erfahren Sie mehr unter: www.bain.de, www.bain-company.ch

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