Holzmärkte im Umbruch

Holzmärkte im Umbruch

Forstökonomische Tagung der Land&Forst Betriebe Österreich

Wien (OTS) – Bei der von den Land&Forst Betrieben Österreich veranstalteten Forstökonomischen Tagung, die Covid-19-bedingt erstmals als Webinar abgehalten wurde, wurden die Holzmärkte im Umbruch gemeinsam mit hochkarätigen Fachexperten aus mehreren Ländern und auch mehreren Blickwinkeln beleuchtet und diskutiert.

Felix Montecuccoli, Präsident der Land&Forst Betriebe Österreich, begrüßte die mehr als einhundert online zugeschalteten Gäste und betonte: „Die Holzmarktsituation ist aktuell eine ganz außergewöhnliche. Am Markt herrscht ein Überangebot und es handelt sich somit um einen ausgeprägten Käufermarkt. Forstbetriebe müssen für die Zukunft ihr Verhalten und ihre Organisation ändern, denn so wie bisher werden viele Forstbetriebe in Zukunft nur schwer über die Runden kommen. Die Grundlage für die Entwicklung in der Zukunft liegt ganz klar in einem fundierten Wissen – in Zahlen, Daten und Fakten – hierzu bietet die heutige Forstökonomische Tagung einen ganz wesentlichen Baustein.“

„Von der Erwerbswirtschaft zur Liebhaberei?“ Dieser Frage ging Universitätsprofessor Walter Sekot (BOKU) in seinem Vortrag nach. Er erläuterte anhand des Forstberichtes die wirtschaftliche Lage der Betriebe und kam zu der Erkenntnis: „Es kann immer noch schlimmer kommen, als man vorher gedacht hat. Der Klimawandel und die damit zusammenhängenden Kalamitäten werden zentrale Herausforderungen bleiben. ‚Muddling-through‘ – also das ‚Sich-Durchwurschteln‘ – funktioniert in Forstbetrieben vergleichsweise sogar sehr lang, hat aber dort seine Grenzen, wo man ökonomisch nicht nur am Sand ist, sondern unter der Erde liegt. Die schwierige wirtschaftliche Entwicklung ist aktuell geprägt von Covid19, einem hohen Schadholzanteil und abstürzenden Holzpreisen.“ Als Perspektiven für die Zukunft schlug er u.a. vor, das Holzmarketing dauerhaft zu verbessern, Kosten dauerhaft zu senken, Nebeneinkünfte nachhaltig zu steigern und Nebenbetriebe auf nachhaltige Gewinnträger zu beschränken. Er stellte aber gleichzeitig in Frage, wie viel Potential hier tatsächlich vorhanden sei.

„Neben dem bewährten ‚muddling through‘ gibt es drei Basisoptionen für Waldeigentümer: 1. Ignorieren, wenn man es sich auch langfristig leisten kann. 2. Liquidieren, bevor früher oder später vielleicht auch die Grundstückspreise unter Druck geraten und die Liquidation einen Einmal-Effekt bei den Einnahmen ist und natürlich steuerliche Folgewirkungen nach sich zieht oder 3. Investieren in eine besonders ungewisse Zukunft der Waldwirtschaft“, erläuterte Sekot die strategischen Weichenstellungen. Zu guter Letzt brachte er noch neue Ideen wie zum Beispiel Fundraising (Waldsponsoring, Waldpatenschaften oder Crowdfunding) ein. Er relativierte aber auch, dass dies im Erfolgsfall zwar den finanziellen Stress senken, aber gleichzeitig zusätzliche neue Stressfaktoren aufbauen würde.

Experten aus Deutschland, Tschechien und Österreich analysierten die Holzbilanzen in den jeweiligen Ländern. Den Beginn machte Lukas Freise, Arbeitsgemeinschaft Rohholz e.V. (AGR) zur Holzmarktsituation in Deutschland. Er gab einen Überblick über die Erzeugerpreise von Rundholz, über die Nadelschnittholzproduktion bis hin zur Außenhandelsbilanz von Holz und Holzprodukten. „Laubschnittholzprodukte und andere Holzprodukte verzeichnen zum Teil deutliche Rückgänge analog zur Corona Weltwirtschaftskrise. Niedrige Nadelrundholzpreise sind die Grundlage für den Export von Nadelschnittholz aus Deutschland in die USA, während der Export nach Europa deutlich rückläufig ist. China stellt nach wie vor ein Ventil für Rundholzexporte dar und die Baukonjunktur bildet national wie international einen Gegenpol zu Umsatzrückgängen,“ fasste Lukas Freise seine Ausführungen zusammen.

Sein Ausblick für die Zukunft fiel nicht sehr positiv aus:
Klimawandel und Kalamitäten machen vor allem den Fichtenwäldern stark zu schaffen. In den letzten 2,5 Jahren ist in Deutschland der Fichtenbestand massiv abgebaut worden und dieser Bestand wird in Zukunft am Markt fehlen. Regional gebe es natürlich Unterschiede aber grundsätzlich wird diese schwierige Situation die Forstwirtschaft noch viele Jahre beschäftigen. Freise ist überzeugt, dass die Veränderungen der Holzwirtschaft sehr stark von der Weltkonjunktur abhängen. Der allgemeine Abwärtstrend wird sich aller Voraussicht nach noch bis Ende des Jahres fortsetzen. Die positiven Signale für einen Wiederaufschwung der Wirtschaft sind leider wieder getrübt worden.

Über den tschechischen Holzmarkt in Zeiten von Klima- und Coronakrise referierte Martin Fojt vom tschechischen Verband der Forstbetriebe SVOL CZ. Er resümierte: „Der Holzeinschlag in Tschechien ist von 2011 bis 2019 – vorrangig verursacht durch den Borkenkäfer – sehr stark gestiegen und hat sich nahezu verdoppelt. Für 2020 prognostizieren wir einen Einschlag von ca. 33 Millionen Festmeter (Normaljahr 16 Millionen Festmeter), davon 95 Prozent Schadholz. Es ist also keine geplante Holznutzung mehr möglich. Bedingt durch diesen hohen Einschlag wurden 2019 mehr als 16 Millionen Festmeter großteils nach Deutschland und Österreich exportiert, weil in Tschechien die Verarbeitungskapazitäten der Sägeindustrie nur bei 12 Millionen Festmeter liegen. Mit diesem Überangebot verbunden ist natürlich auch ein Preisverfall bei Nadelholzsortimenten – seit 2017 um minus 35 Prozent“

Fojt beschrieb in seinem Vortrag auch das Unterstützungsprogramm der tschechischen Regierung für private Waldbesitzer. Eine erste Auszahlung von 105 Millionen Euro, periodenbezogene Fixsätze je Festmeter Schadholz, wurde von Dezember 2019 bis Juni 2020 bereits realisiert. Eine zweite Auszahlung ist ab November 2020 mit 10,97 Euro/fm für Schadholz geplant. Ohne diese Unterstützung würden viele Forstbetriebe nicht mehr existieren. Auch er betonte, dass ein Waldumbau stattfindet und machte darauf aufmerksam, dass diese beschleunigte Veränderung im Wald auch großen Einfluss auf die Artenzusammensetzung der Wälder und auf die Ökonomie der Forstwirtschaft haben wird. Abschließend stellte er die Frage in den Raum: „Können Forstbetriebe ohne Fichte überleben?“

Dem Holzmarkt in Österreich widmete sich Kasimir Nemestothy (LKÖ). Er gab einen Überblick über das Gesamtbild der Holzströme in Österreich, beginnend von der Holzeinschlagsmeldung über Importe und Exporte bis hin zur Verarbeitung von Holz in diversen Produktionsstufen. Seit der ersten verfügbaren österreichischen Waldinventur 1960/1970 konnte der Holzvorrat in Österreich um 50 Prozent erhöht werden. Weiters verdeutlichte Nemestothy die Möglichkeiten der Substitution: So konnten seit 1970 ca. 80 Milliarden Liter Heizöl EL durch Scheitholz substituiert werden

Vor allem ging Nemestothy auf die Veränderung der Energieholzverfügbarkeit in der Zukunft ein und erläuterte: „Es wird zu einem höheren Anteil an Energieholz kommen. Dies hat mehrere Ursachen: Mehr Schadereignisse durch die Klimakrise, weniger Fichten-und mehr Laubholz sowie die Intensivierung der Waldbau- und Pflegemaßnahmen zur Erhöhung der Resilienz und zur Risikominimierung. Gleichzeitig kommt es aufgrund sinkender Heizgradtagessummen, einer Intensivierung der Gebäudesanierung und der Erneuerung des Kesselbestandes zu einem reduzierteren Holzeinsatz in bestehenden und erneuerten Holzheizungen, Nahwärmeanlagen und KWK Anlagen. Somit bleibt auf Seiten der Forstwirtschaft zu hoffen, dass es neue Möglichkeiten der energetischen Nutzung geben wird – so zum Beispiel Biotreibstoffe, Holzgas etc.“

Gerd Ebner, Chefredakteur des Fachmagazins Holzkurier, analysierte die Schadholzbilanz in Mitteleuropa und ihre Folgen für Waldbesitzer und Abnehmer und begann seine Ausführungen mit dem Statement: „2020 wird uns wohl ewig in Erinnerung bleiben“. Zur Schadholzbilanz in Mitteleuropa wagte Ebner den vorsichtigen Ausblick, dass 2019, 2020, 2021 der Peak sein könnten und sich die Situation anschließend wieder abschwächt. „So eine Situation wie aktuell hat es in diesem regional sehr begrenzten Raum – Deutschland, Österreich, Tschechien – mit über 100 Millionen Festmeter jährlich noch nie zuvor gegeben. Verdeutlicht wird dies durch Meldungen wie: ‚Bayerische Staatsforste erstmals mit Verlust‘ oder ‚Österreichische Bundesforste: 2020 wird schwierigstes Jahr in Unternehmensgeschichte‘. Auf der anderen Seite steht die Holzindustrie mit Meldungen über Plus bei Cash flow und Gewinnen,“ analysierte Ebner die aktuelle Situation.

Die Sägeindustrie habe in den letzten drei Jahren sehr gut verdient und mit Ausnahme eines Einbruchs im März/April 2020, ist auch 2020 ein gutes Jahr für diese. Der Schnittholzpreis hat sich vom Rundholzpreis nach oben entkoppelt. Deutschland, Tschechien und Österreich schafften es zum drittgrößten Nadelschnittholzexporteuer der Welt. Man spricht von einem Super-Circle wenn die Märkte in USA und China gleichzeitig boomen, zusätzlich kommen immer weitere neue Märkte, wie zum Beispiel Indien, Pakistan, Australien, hinzu. „Aber dieser Aufschwung ist nicht im Wald angekommen. Ganz im Gegenteil, hier besteht tendenziell eine Abwärtsbewegung. Auch der Sägerundholzpreisindex erreichte im 3. Quartal 2020 einen historischen Tiefstwert. Ein Lichtblick besteht aber darin, dass für das 4. Quartal eine Preissteigerung zu erwarten ist und Sägewerke große Investitionen angekündigt haben,“ so Ebner abschließend. Außerdem führte er an, dass österreichische und deutsche Säger in den USA neue Werke errichten.

Zum Thema Zukunft brachte Alexander Petutschnigg den Webinar-Teilnehmern die Innovationen und Forschungsfortschritte des Holztechnikums Kuchl näher. Er ist überzeugt: „In neuen technologischen Einsätzen und in der Optimierung der kaskadischen Nutzung stecken neue Potentiale. Die Produktionskapazitäten von Brettschichtholz sind stetig im Wachsen und diese bieten einen interessanten Baustoff für Holzbauten. Brettsperrholz hat sich im Bau bewährt und durchgesetzt – vor allem für größere Gebäude, denn auch Schall- und Brandschutztechnisch ist hier alles möglich.“

Petutschnigg zeigte einen Einblick in die Forschung, die Möglichkeiten und die Konstruktionen, die mit Holz möglich sind und erforscht werden: „Die Forschung im Holztechnikum Kuchl schreibt internationale Erfolgsgeschichte. Wir forschen mit allen Bestandteilen des Holzes: Rinde, Inhaltsstoffe, Extraktstoffe, Gewebestrukturen etc. Daraus entstehen preisgekrönte Forschungsprojekte und Innovationen, wie zum Beispiel die Entwicklung von Dämmmaterialien ähnlich wie Styropor, Tanninschäume als Basis für Dünger oder Absorber oder auch ein 3D-Druck aus Holz.“ Diese Forschungsinitiativen und die daraus resultieren Potentiale für den Werkstoff Holz geben der Branche Hoffnung für die Zukunft.

In seinen Schlussworten betonte LFBÖ-Präsident Felix Montecuccoli:
„Der Holzmarkt ist fest im Griff der klimabedingten Kalamitäten und das wird sich so bald nicht ändern. Ökonomische Nachhaltigkeit kann unter den bestehenden Marktbedingungen und Kalamitäten nicht mehr durch Holzproduktion alleine aufrechterhalten werden. Wir müssen alle Ressourcen, Rechte und Kompetenzen unternehmerisch nutzen. Verwaltungskosten können durch neue überbetriebliche Organisationsmodelle reduziert werden, Produktionskosten durch neue waldbauliche Konzepte und für zusätzliche Erträge ist Phantasie und Innovation gefragt. Jetzt müssen rasch die richtigen Weichen gestellt werden, um die Krise durchzuhalten. Wer durchhält und seinen Wald weiter pflegt, wird in naher Zukunft von gesteigerter Nachfrage nach Holz und Holzprodukten profitieren können. Auch wenn die Hiebsätze in Kalamitätsgebieten vorübergehend sinken, müssen wir den Zuwachs erhalten, um auch in Zukunft eine gesteigerte Nachfrage bedienen zu können. In Österreich haben wir uns gemeinsam mit Bundesministerin Köstinger bewusst für die Unterstützung der aktiven Waldbewirtschaftung nach den Kalamitäten im Rahmen des Waldfonds entschieden. Subventionen auf der Basis der Schadholzmenge alleine sind nicht zielführend, sondern am Markt kontraproduktiv.“

Die Land&Forst Betriebe Österreich sind die freiwillige Vereinigung österreichischer Landbewirtschafter, mit der Zielsetzung, Österreichs Wälder und Felder als betriebliche Grundlage und gesellschaftlichen Mehrwert zu erhalten und Bewusstsein für die Anliegen privater land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und deren Tätigkeit sowie Verantwortung zu schaffen. Die Mitgliedsbetriebe der Land&Forst Betriebe Österreich bewirtschaften zusammen mehr als ein Drittel des österreichischen Waldes und produzieren jede fünfte Tonne des österreichischen Getreides.

Die Vorträge der Veranstaltung stehen auf [www.landforstbetriebe.at] (https://landforstbetriebe.at/) zur Verfügung.

Land&Forst Betriebe Österreich
Mag. Renate Magerl
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www.landforstbetriebe.at

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